Das Internet4jurists Weblog 2009
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2009-12-15 Sternstunde des Internets
Am heutigen Tag werden in doppelter Hinsicht wichtige Weichen für das
Internet gestellt. In beiden Fällen sind deutsche Gerichte die Weichensteller.
Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied einen Fall, bei dem es um die Haftung
für Internet-Archive ging. Die verurteilten Mörder des Münchner Schauspielers
Walter Sedlmayr, die zwischenzeitig ihre Haft zum Teil verbüßt
haben und auf Bewährung entlassen wurden, klagten verschiedene Websitebetreiber,
in deren Archiven immer noch ihre vollen Namen im Zusammenhang mit der
Berichterstattung über den damals aufsehenerregenden Fall aufschienen, auf
Unterlassung. In dem nunmehr vom BGH entschiedenen Fall gegen das
Deutschlandradio bejahten die Unterinstanzen den Unterlassungsanspruch im
Hinblick auf das Persönlichkeitsrecht der Verurteilten. Der BGH wies die Klage
ab. Eine solche Reichweite des Persönlichkeitsschutzes hätte einen
abschreckenden Effekt auf den Gebrauch der Meinungs- und Medienfreiheit. Müssten
die Beiträge in Online-Archiven permanent auf ihre Rechtmäßigkeit hin
kontrolliert werden, bestehe die Gefahr, dass die Medien ganz von der
Archivierung absehen oder in den Beiträgen Inhalte weglassen würden. Personeller
und zeitlicher Aufwand seien immens. Das ist zwar kein Freibrief und die
rechtliche Beurteilung kann in jedem Fall unterschiedlich ausfallen, aber
immerhin ist damit das Schlimmste abgewendet. Die Folgen einer solchen
Überwachungspflicht wären verheerend. Archive würden dadurch zu einem völlig
unabsehbaren Haftungsrisiko. Artikel, die zum Zeitpunkt des Erscheinens
rechtlich völlig in Ordnung waren, müssten laufend überprüft werden. Je nach weiterer Entwicklung (späterer Freispruch,
Verjährung usw.) müssten archivierte Artikel im nachhinein entweder umgeschrieben
oder gelöscht werden. Auf den Ausgang der weiteren Verfahren, die in dieser Sache anhängig
sind (BGH, EuGH), darf gespannt gewartet werden.
Das Bundesverfassungsgericht führte die mündliche Verhandlung über die Klage
von rund 35.000 Bürgern gegen die deutsche Umsetzung der EU Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung.
In zwei Provisorialentscheidungen hat das Gericht die Vorratsdatenspeicherung
zwar nicht für unzulässig erklärt, aber die Herausgabe der Daten wesentlich
eingeschränkt (nur über richterlichen Beschluss und nur bei schweren
Straftaten). Die Entscheidung wird erst im Frühjahr erwartet, aber es ist
anzunehmen, dass sich das Gericht kritisch mit der Vorratsdatenspeicherung
auseinandersetzt. In Österreich wird derzeit (verspätet) an der Umsetzung der
Richtlinie gebastelt. Auch hier wird bereits die Speicherung der Daten
an sich von vielen sehr kritisch beurteilt. Sie soll nach dem vorliegenden
Gesetzesentwurf nur zur Verfolgung schwerer Delikte erfolgen. Allerdings stehen
die neuen Regelungen zur Herausgabe dieser Daten noch aus. Und hier drängen
Justizministerium (interessanter Aspekt: die deutsche Justizministerin gehört zu
den Klägern gegen die Vorratsdatenspeicherung) und Innenministerium auf eine möglichst weitgehende
Auskunftspflicht, möglichst ohne Strafuntergrenze (also auch bei
Bagatelldelikten), die Polizei auch für eine Herausgabe ohne Richterbeschluss
und die Musikindustrie will die Daten überhaupt ohne beides. Dass das rumänische
Verfassungsgericht die dortige Umsetzung bereits für verfassungswidrig erklärt
hat, scheint in Österreich niemanden besonders zu beeindrucken. Eine
Entscheidung des deutschen Bundesverfassungsgerichtes hätte da wohl mehr
Gewicht. Es ist allerdings zu befürchten, dass die Regierung die
Vorratsdatenspeicherung noch vorher beschließt, auch wenn sich die
Koalitionsparteien über den Auskunftsrahmen noch nicht einig sind. Ich halte es
für möglich, dass das Parlament die heiße Kartoffel wieder einmal den Gerichten
zuschiebt und die Auskunftsregeln einfach so belässt, wie sie sind. Das wäre
zwar nicht unbedingt eine Katastrophe, würde aber zu jahrelanger
Rechtsunsicherheit führen, weil der Fall dann sicher wieder zum EuGH gehen
müsste. Für diesen ergibt sich jetzt auch eine neue Situation, weil es seit 1.
Dezember 2009 mit der EU-Grundrechtscharta auch eine Grundrechtsnorm für die
EU-Staaten gibt. Daneben besteht aber immer noch
die zweite Anfechtungslinie. Die Vorratsdatenspeicherung muss nämlich auch nach
der EMRK auf eine Vereinbarkeit mit den Menschenrechten beurteilt werden und
dafür ist der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) zuständig. Und wenn
dieses Gericht bei seiner ständigen Rechtsprechung bleibt, ist die geplante
Vorratsdatenspeicherung geradezu der typische Fall von unverhältnismäßigem
Grundrechtseingriff. Die EU-Staaten, die die Vorratsdatenspeicherung umsetzen,
müssten daher eigentlich konsequenter Weise aus der EMRK austreten oder laufende
Verurteilungen in Kauf nehmen. Ob sich dieser Downgrade bei den Grundrechten für die Vorratsdatenspeicherung,
deren Wirksamkeit ohnedies von Experten bezweifelt wird und die von gewieften
Verbrechern leicht ausgetrickst werden kann, auszahlt, ist die Frage, die sich
jeder einzelne Bürger stellen muss, dem die Grundrechte ein Anliegen sind.
2009-05-09 Kinderporno-Sperren - wehret den Anfängen!
Der Kaiser würde im Grab rotieren, wenn er das Internetzeitalter mitbekäme
und könnte vor lauter "ja, dürfen's denn das" Sagen gar nicht mehr zur Ruhe
kommen. Aber wir müssen gar nicht den Kaiser bemühen, seine Mentalität lebt in
den Köpfen unserer Politiker weiter. Es geht auch hier um ein schlichtes
Machtproblem: Was man nicht kontrollieren kann, muss man fürchten. Also weg
damit. Zuallererst die bösen Dinge im Internet. Beginnen wir mit den
Kinderpornoseiten, denn da traut sich niemand etwas dagegen zu sagen. Wer will
sich schon dem Verdacht aussetzen, ein Freund von Kinderpornos zu sein? Wenn das
Sperrinstrumentarium dann einmal vorhanden ist, kann man den Einsatz sukzessive
ausdehnen: Zuerst die Neonazis, dann die Raubkopierer, dann die
Querulantenseiten. Und gegebenenfalls kann man es ja auch einmal gegen die
Opposition einsetzen. Merkt ja keiner, denn die Sperrliste ist geheim, muss
geheim sein, sonst wäre sie nutzlos. Anstelle der bekannten Stoppseite kann
man ja die Besucher der Oppositionsseiten auf eine unverfängliche Seite umleiten
wie "this site ist temporarily not available", ist ja nur bis zum Wahlabend!
Tatsache ist, dass, wer diese Sperrliste führt, totale Macht über die
Information im Cyberspace hat. Wie man in China sieht, gelingt das zwar nicht
hundertprozentig, aber den Durchschnittsuser kann man schon austricksen. Im Netz
aktive Kinderpornographen eher nicht. Die haben sich ohnedies längs in geheimen
Zirkeln organisiert, sie brauchen daher nicht den Umweg über eine Domain, die
Sperre geht somit von vornherein ins Leere. Aber Sachargumente haben
Politikerhirne noch nie beeindruckt, offenbar ist das jetzt auch in
Oberösterreich so. "Kinderpornographie" scheint momentan überhaupt ein
Begriff zu sein, der bei staatlichen Organen zu Hirnaussetzern führt. Wie wäre
es sonst verständlich, wenn in Amerika ein Staatsanwalt ein Verfahren wegen
Kinderpornographie einleiten will, weil sich zwei Vierzehnjährige im Bikini
gegenseitig mit dem Handy fotographiert haben? Also sollen die
oberösterreichischen Abgeordneten weiter davon träumen, dass man mit Netzsperren
Zugänge zu Pornoseiten kappen kann! Der Stammtisch wird es schon glauben. Man
kann nur hoffen, dass sich die Bundespolitiker bei ihren Kollegen in Deutschland
näher darüber informieren, was man mit Sperren erreichen kann und was nicht. Und
vor allem, welche Gefahren davon ausgehen!
2009-04-29 Wir werd'n keinen Richter brauchen
Beim EU-Telekompaket scheinen die Würfel gefallen zu sein. Zuletzt haben sich
die Diskussionen an der Frage entzündet, ob die Sperre des Internetanschlusses
bei wiederholten Urheberrechtsverletzungen (die an sich schon eine völlig
unverhältnismäßige Maßnahme ist) durch einen Richter erfolgen muss oder ob auch
eine sonstige Behörde (wie die französische HADOPI) den Anschluss kappen können
soll.
Wenn man selbst Richter ist, erfüllt es einen mit einer gewissen Genugtuung,
wenn immer dann, wenn es um besonders schwierige Entscheidungen geht, nach dem
Richter gerufen wird. Die Richter sind es mittlerweile gewohnt, dass alle
Konflikte, die die Politik nicht lösen will, auf die Gerichte abgeschoben
werden. Umso hellhöriger muss man werden, wenn ausnahmsweise kein Richter
entscheiden soll, sondern eine andere Behörde. Und das noch dazu, wenn es darum
geht, eine Person oder eine ganze Familie von der Infrastruktur abzuhängen.
Offenbar fürchtet Frankreich, dass die Richter das neue Gesetz nicht mit der
gehörigen Schärfe vollziehen könnten. Diese Angst ist natürlich auch berechtigt.
Denn wenn ein Richter nur annähernd mit der Judikatur des Europäischen
Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) vertraut ist, könnte er nur in seltenen
Ausnahmefällen eine derartige Maßnahme verantworten. Schließlich führt das in
den meisten Fällen (Tauschbörsenuser sind meist Kinder und Jugendliche) zur
Sippenhaftung und die Eltern könnten den Internetanschluss dann auch beruflich
nicht mehr nutzen und die Geschwister nicht mehr für die Schule. Entweder die
französische Regierung ist für diese Probleme völlig blind oder sie vertraut
darauf, dass die Abschreckung so groß ist, dass es gar nicht zur Sperre kommt.
Aus mittlerweile vielen Fällen ist mir aber bekannt, dass die Leute oft gar
nicht wissen, dass auf ihrem PC ein Tauschbörsenprogramm läuft. Und wenn sie
meinen, es gelöscht zu haben, taucht es plötzlich wieder auf. Es ist daher ein
Irrtum, dass nur unverbesserliche Tauschbörsenuser in die Fänge von Hadopi
gelangen werden. Ganz im Gegenteil: Die Profis können das einfach umgehen,
erwischt werden die, die gar nicht wissen, wie ihnen geschieht.
Theoretisch könnte natürlich eine solche Behörde - die EU denkt jetzt in
Richtung eines Tribunales, also einer Kollegialbehörde mit richterlichem
Einschlag (Feigenblatt) - mit Fachleuten besetzt sein, sogar mit Fachleuten, die
mehr von Grundrechtseingriffen verstehen als der durchschnittliche Richter.
Realistischer Weise muss man allerdings davon ausgehen, dass das Wunschträume
sind. Der Vorteil eines solchen Tribunales für die Regierung liegt gerade darin,
dass es nicht wirklich unabhängig und damit mehr oder minder den Einflüsterungen
der Regierung zugänglich ist. Bei einem echten Richter muss man befürchten, dass
ihm das egal ist. Und das war den Regierenden schon immer ein Dorn im Auge. Ich
denke daher, dass man für solche Eingriffe jedenfalls einen Richter braucht. Im
übrigen bin ich aber der Meinung, dass das Kappen von Internetanschlüssen nur
bei Menschen zulässig ist, die über das Internet schwere Verbrechen begehen,
also eventuell bei Terroristen und Verbreitern von Kinderpornographie,
keinesfalls aber bei Urheberrechtsdelikten.
2009-04-28 Spiel verdrängt Musik
Die Musikindustrie wird nicht müde auf die (gerade einmal zweistelligen)
Rückgänge bei den CD-Verkäufen hinzuweisen, die durch den Online-Vertrieb von
Musik noch lange nicht aufgewogen werden könnten. Sie rechtfertigt damit so
ziemlich jedes Mittel bei der Verfolgung der Tauschbörsenuser, die an allem
schuld sein sollen, und redet seit
Jahren der Einführung von Polizeistaatmethoden das Wort (momentan total in: die
Sperre von Internetanschlüssen von Wiederholungstätern). Dabei ist der Grund für
die Rückgänge völlig klar: Die Jugendlichen von heute hören viel weniger Musik! Und
wenn, dann als Hintergrundmusik für Spiele. Handy, Gameboy, Konsole und PC
beanspruchen einen Großteil der Freizeit und des Taschengeldes. Und in diesem
Bereich wird auch tatsächlich viel Geld ausgegeben. 17 Prozent Zuwachsraten in
einem Jahr sprechen für sich. Vielleicht sollte die Musikindustrie anstelle von
Musikvideos Musikspiele produzieren?
2009-04-22 Der schmale Urheberrechts-Grat
Videorekorder waren gestern, heute gibt es Internet-Videorekorder. Eine tolle
Sache: Man klickt in einem Online-TV-Programm die Sendungen an, die man
aufnehmen möchte und diese werden dann zum späteren Abruf gespeichert. Abrufen
kann man sie von jedem beliebigen Internetzugang aus. Jetzt hat der BGH das auf
die Klage eines Fernsehsenders hin verboten. Das klingt zunächst ziemlich
verrückt. Warum soll man eine Fernsehsendung nicht mehr für den eigenen privaten
Gebrauch aufnehmen dürfen? Wo ist der Unterschied zwischen dem alten
VHS-Rekorder oder dem neuen Festplattenrekorder und der Speicherung auf einer
Website? Das Problem liegt wieder einmal in den Tiefen des Urheberrechtes.
Danach ist zwar grundsätzlich eine Privatkopie zulässig (aus Sicht der
Urheberindustrie leider), diese ist aber eingeschränkt auf die "Herstellung zum
eigenen Gebrauch". Auch noch zulässig ist die unentgeltliche Herstellung zum
Gebrauch eines anderen (§ 42a UrhG), nicht aber die entgeltliche Herstellung zum
Gebrauch eines anderen. Die Urheberindustrie will nicht, dass ein anderer am
Geschäft mitnascht. Wer durch die Finger schaut, ist der Konsument. Denn die
Urheberindustrie verbietet zwar anderen ein Geschäft zu betreiben, bietet aber
selbst nichts Gleichwertiges an. Aber vielleicht sind sie einfach noch nicht so
weit. Viel eher steckt aber wieder ein anderes urheberrechtliches Problem
dahinter. Die Fernsehsender haben nämlich in der Regel nur die Senderechte, aber
nicht die Rechte zur Online-Zurverfügungstellung. Das Urheberrecht erweist sich
leider immer wieder inkompatibel mit dem Internet.
Der BGH hat die Sache zur weiteren Klärung aufgehoben. Wenn die Sache nämlich
technisch so angelegt ist, dass sich die Rolle des Websitebetreibers auf die
Zurverfügungstellung von Speicherplatz und Software beschränkt, könnte das
Geschäftsmodell doch noch zulässig sein. Dann wäre nämlich faktisch kein
Unterschied mehr zum Verkauf eines Hardware-Rekorders. Auch dort stellt der
Hersteller entgeltlich Hard- und Software zur Verfügung und der Käufer
programmiert die Aufnahme. Es gibt also immer wieder Mittel und Wege. Leider
kann sich diese kaum jemand leisten, sie führen nämlich meist über das
Höchstgericht.
2009-03-28 Cyber-Analphabetismus
Es wird in letzter Zeit im Zuge der Einsparungsmaßnahmen im
Unterrichtsministerium (zwei Arbeitsstunden mehr für die Lehrer) viel über die
Schulreform diskutiert. Als leidgeprüfter Vater von 5 Kindern bezweifle ich
aber, dass man dieses Schulwesen noch reformieren kann. Die einzig sinnvolle
Vorgangsweise wäre abschaffen und neu gründen, aber das vollkommen anders mit
zumindest teilweise anderen Lehrern. Ich möchte hier nicht in das verbreitete Lehrer-Bashing
einstimmen. Das trifft immer die Falschen, nämlich die, die sich
ohnedies bemühen, unter den gegebenen katastrophalen Arbeitsbedingungen das
Beste für ihre Schüler herauszuholen. Daneben gibt es allerdings auch genügend
unfähige oder unwillige Lehrer und vor allem unfähige und unwillige Direktoren
und Schulverwaltungen, was auch kein Wunder ist bei der Parteibuchwirtschaft.
Solange man die nicht loswerden kann, ist jede Schulreform zum Scheitern
verurteilt.
Unterricht und Unterrichtsstoff haben sich in den letzten Jahrzehnten kaum
geändert. Das Internet haben die Schulen komplett verschlafen. Es wird
bestenfalls in irgendwelchen Kämmerchen akzeptiert. Das Einbinden in den
Unterricht findet großteils nicht statt. Das Internet ist böse und verdirbt die
Jugend. Man steht dieser Revolution hilflos gegenüber, ist darauf nicht
vorbereitet, hat es nicht gelernt. Hinzu kommt noch eine gewisse Technikfeindlichkeit unter den
Lehrern. Die meisten Lehrer haben vor dem Internet soviel Angst, dass sie sogar
die Fortbildung verweigern. Man kann den Schulen auf diesem Gebiet soviel Hilfe
anbieten wie man will, die Lehrer wollen damit nicht anecken. Auf diese Weise
haben die Schulen bereits 10 Jahre verschlafen und werden die nächsten zehn
Jahre hoffnungslos hinter der Entwicklung herhinken - bis schließlich die junge
Lehrergeneration nachrückt, die schon mit dem Internet aufgewachsen ist. Dass das so lang dauert, ist
allerdings eine Katastrophe für unsere Jugend und für die Zukunft unseres
Staates. Die Verwendung des Internets
müsste längst in jedem Unterrichtsfach selbstverständlich sein. Wichtiger als
eine zweite Fremdsprache wäre heute eine Skriptsprache, und zwar bereits in der
Unterstufe, in der Oberstufe müssten die Jugendlichen bereits selbstständig
damit arbeiten können. Aber wie soll ein Lehrer oder ein Schulpolitiker auf die
Idee kommen, so etwas zu fordern, wenn er nicht einmal weiß, was das ist und wozu
es gut ist? Ein moderner Informatikunterricht gehört heute in die schulische
Grundausbildung. Aber das, was dort, wo er, quasi als Vorzeigeprojekt viel zu
spät (meist erst in der Oberstufe), vorhanden ist, geboten wird, ist ein Witz.
Was Österreich dringend braucht, sind Schulabgänger, die die grundlegenden
Kulturtechniken beherrschen; was die Schulen derzeit produzieren, sind Cyber-Analphabeten.
2009-03-25 Datenroaming - Raubrittertum im Cyberspace
Nach den Handy-Tarifen will die EU jetzt auch die Wuchergebühren beim
Datenroaming eindämmen. Tatsächlich war es bisher nicht ratsam, beim
Auslandurlaub sein eigenes Notebook mit Datenkarte einzusetzen. Verwendete man
den mobilen Internetzugang nicht sehr sparsam, wurde die Providerrechnung
schnell höher als die Rechnung für das Urlaubsquartier. Und man konnte das auch
kaum dadurch umgehen, dass man sich vor Ort eine Datenkarte kaufte, denn solche
Karten gibt es meist nur mit einer Bindungsfrist von mindestens einem Jahr.
Blieb als Alternative WLAN, aber nur,wenn man Glück hatte und im Urlaubsquartier
oder zumindest in der Nähe eines zugänglich war. Und jetzt soll alles besser
werden? Nicht wirklich. Die Grenze für das Datenroaming wurde mit EUR 1 pro MB
angesetzt, und das auch nur im Verkehr von Provider zu Provider; gegenüber dem
Endkunden gibt es überhaupt keine Begrenzung. Das ist rund das 100-fache des
Inlandstarifes. Die EU hat es offenbar nicht eilig, die Grenzen im Cyberspace
abzubauen!
2009-03-18 Serverumzug
Heute ist Internet4jurists umgezogen. Nachdem der Speicherplatz beim
bisherigen Hoster knapp geworden ist und auch die Performance gelegentlich sehr
nachgelassen hat, habe ich nun bei 1 & 1 einen Server für mich alleine gemietet.
Damit ist sichergestellt, dass die Website immer verfügbar ist und die Seiten
schnellstmöglich angezeigt werden. Der Umzug mit 7 Domains und 10 Websites hat
auf Anhieb geklappt. Der Performancegewinn ist deutlich spürbar - hoffentlich
auch für Sie!
2009-03-16 Doch kein Betrug?
Mehr als zwei Jahre konnten die Abo-Fallen-Betrüger frei werken, abgesehen
von einigen Verbandsklagen, denen man sich aber leicht durch Umschichtung auf
eine neue Gesellschaft oder Umzug auf einen Briefkasten im Ausland entziehen
konnte. Endlich hat es vorige Woche so ausgeschaut, als würde die Staatsgewalt
wirksamere Geschütze auffahren, und schon kommt der Rückschlag. Dabei hatte das
OLG Frankfurt vor kurzem in einem ähnlichen Fall in einem Zivilverfahren
arglistige Täuschung angenommen. Und nun weist das LG Frankfurt eine
Strafanklage der Staatsanwaltschaft ab? Eine relevante Täuschung liege nicht
vor, der Konsument solle halt genauer hinschauen! Dieser versteckte Hinweis auf
den mündigen Konsumenten mag grundsätzlich schon richtig sein, aber müsste dem
Gericht nicht die Vielzahl der Getäuschten zu denken geben? Das Problem ist ja,
dass Leistungen, wie sie auf den betroffenen Websites angeboten werden,
normalerweise im Internet nie kostenpflichtig sind. Der durchschnittliche Surfer
kommt daher gar nicht auf die Idee, dass er näher nachlesen sollte. Genau darauf
basiert der Trick der Fallensteller. Kann es da vielleicht sein, dass das
Gericht mit den Besonderheiten des Internets nicht vertraut war. Es bleibt zu
hoffen, dass die Staatsanwaltschaft auch diesen Fall in die höhere Instanz
bringt.
2009-03-12 Abo-Fallen-Betrug
2006 hat der Spuk im Internet angefangen: Ein Netz an Websites mit diversen
Gratisangeboten, die sich unversehens in kostenpflichtige Abos verwandelten. Und
dann Rechnungen, Mahnungen, Klagsdrohungen. Die Brüder Schmidtlein haben es
vorgemacht, zahlreiche andere folgten. Und viele haben bezahlt. Weil sie
unsicher waren, weil sie Prozesskosten fürchteten oder einfach weil es sich bei
den geforderten Beträgen einfach nicht auszahlte zum Rechtsanwalt zu gehen. Ich
habe schon im November 2006 ein strafrechtliches Vorgehen wegen gewerbsmäßigem
Betrug gefordert, aber damals wurden erste Verfahren noch eingestellt. Anzeigen
in Österreich wurden in der Regel wegen des Tatortes nach Deutschland
abgetreten.
Nun scheint endlich Bewegung in die Strafverfolgung gekommen zu sein.
Hausdurchsuchungen und Kontosperrungen sind sicherlich wesentlich effizienter
als irgendwelche Unterlassungsklagen gegen Strohfirmen, wo das Urteil nicht das
Papier wert ist, auf dem es gedruckt ist.
2009-02-26 Tatort Internet
Heute fand im Rahmen der
IRIS 2009 eine Podiumsdiskussion, veranstaltet von
der Fachgruppe UBIT
der Wirtschaftskammer, zum Thema "Tatort Internet - Wie wir mit illegalen
Downloads umgehen" statt. Das Thema war irgendwie ärgerlich, weil es
unterstellt, dass Downloads automatisch illegal wären, aber offenbar war das
provokanat gemeint, denn das Podium war sehr ausgewogen und qualitativ gut
besetzt. Die Urheberseite vertraten Ferdinand Morawetz von Walt Disney Austria
bzw. dem Verein für Antipiraterie (VAP)
und Karl Moestl, DJ und Betreiber des Labels
Defusionrecords. Die Seite der
Gegner oder vielmehr der Vertreter eines alternativen Systems Gerfried Stocker
von Ars Electronica und Magnus Erikson von
Pirate Bay. Moderiert wurde von
Holger Bleich von der Computerzeitschrift
ct. Diese Konstellation ließ eine sehr
emotionale Diskussion erwarten.
von links: Morawetz, Moestl, Bleich, Stocker und Erikson
Tatsächlich verlief aber die Diskussion sehr ausgewogen, wenn sich auch sehr
deutlich abzeichnete, dass die Dinosaurier, sehr gut verkörpert von Morawetz,
der mit den üblichen Argumenten die Tauschbörsenuser in einen Topf mit
Kinderpornographen und Chinesenmafia warf, keine Überlebensaussichten mehr
haben. Der zweite Vertreter der Musikszene, Karl Moestl, hat sich bereits ein
Standbein im Internet geschaffen und verzichtet bald gänzlich auf CD-Verkauf.
Für Gerfried Stocker ist die Revolution bereits vorbei und der weitere Kampf der
Musikindustrie sinnlos und Magnus Erikson will sowieso vom Urheberrecht in der
derzeitigen Form nichts mehr wissen und bezeichnet den derzeitigen Prozess in
Schweden als die letzte große Schlacht, weil die Musikindustrie das Netzwerk
aufgrund seiner dezentralen Struktur auch im Falle eines Prozesssieges nicht in
die Knie zwingen könne.
Das größte Problem ist aber - und das kam an diesem Abend nicht zur Sprache - das Porzellan (in Form diverser Grundrechtseingriffe),
das die Medienindustrie bei ihrem Überlebenskampf noch zerschlägt.
2009-02-10 EuGH bestätigt Vorratsdatenspeicherung?
Die Schlagzeile "EuGH bestätigt Vorratsdatenspeicherung" hat mich
sofort veranlasst, mich hinter den Computer zu setzen. Es ist aber dann mehr
geworden als ein kurzer Blog-Eintrag - zum
Artikel
2009-02-03 "Gratiswebseiten"-Betrug
Endlich hat ein Gericht eine mutige Entscheidung gefällt. Noch vor einem Jahr
hat die Staatsanwaltschaft in Deutschland das Verfahren gegen einen anderen
Fallensteller eingestellt, weil angeblich kein krimineller Vorsatz nachweisbar
gewesen sei. Ich habe schon 2006 ein strafrechtliches Vorgehen befürwortet und
verstehe eigentlich noch immer nicht, warum das, was da typischer Weise passiert
kein schwerer gewerbsmäßiger Betrug sein soll. Jetzt wurde zwar wieder das OLG
Frankfurt als Zivilgericht (Verfahren wegen unlauterem Wettbewerb) befasst, aber
schon die klagende Partei "Schutzverband gegen Wirtschaftskriminalität" weist
auf den richtigen Bezug hin. In seinem Urteil geht das OLG von einem "auf
Täuschung und wirtschaftliche Schädigung von Verbrauchern angelegtes Verhalten"
aus. Nachdem offenkundig ist, dass dies zum Zwecke der Bereicherung erfolgt,
müsste eigentlich der zuständige Staatsanwalt unverzüglich einen Haftbefehl
beantragen.
2009-01-29 studiVZ & Co und Medienerziehung
Heute durfte ich im Salzburg TV bei einer Diskussion über soziale Netzwerke
wie studiVZ und Facebook dabei sein. Anlass war die Präsentation einer Studie
über Social Networking Sites in Österreich. Darin wurde dargestellt, wie das
Publikum - vorwiegend Studenten - mit solchen Angeboten umgeht und wie die
Einstellung dazu ist. Das Resultat war, dass zwar gewisse Bedenken bestehen
wegen der damit verbundenen Gefahren und des mangelhaften Datenschutzes, dass
aber insgesamt wegen der tollen Möglichkeiten die Vorteile überwiegen. Was dabei
aus Zeitgründen nicht zur Sprache gekommen ist, sind die Netzwerke, die
vorwiegend jüngere Teilnehmer anziehen, wie schuelerVZ, aber auch die diversen
Online-Spiele oder Kommunikationsdienste wie ICQ. Während nämlich Erwachsene
grundsätzlich selbst beurteilen können sollten, was sie von sich preisgeben
können, ohne dass ihnen das in Zukunft einmal negativ vorgehalten wird (z.B.
anlässlich einer Bewerbung), können Kinder die Folgen in der Regel nicht
abschätzen. Umso wichtiger ist es, dass die Eltern die Online-Aktivitäten ihrer
Sprösslinge kennen und sie zu den elementarsten Vorsichtsmaßnahmen anleiten. Ein
gänzliches Verbot wäre der falsche Weg, da die Mitgliedschaft in einem dieser
Netze auch bei 12 bis 14-Jährigen schon fast vorausgesetzt wird. Da aber auch
viele Eltern überfordert sind, wäre es wichtig, dass diese Themen rechtzeitig in
der Schule behandelt werden. Und wenn sich die Lehrer auch nicht auskennen,
müssen sie halt jemanden in die Schule holen, der das für sie macht.
Schulversammlungen wären ein guter Anlass Lehrern, Eltern und Schülern Wissen zu
vermitteln, das sie bei der Nutzung der neuen Medien einfach haben sollten.
2009-01-25 Der HDCP-Wahnsinn
Im Zuge der Anschaffung eines neuen Computers wollte ich mir einen Eindruck
von HD-Filmen verschaffen. Ich besaß einen großen Monitor, der die HD-Auflösung
unterstützte. Ich achtete also darauf, dass die Grafikkarte den
Kopierschutzstandard für HD-Filme HDCP unterstützt und kaufte mir ein
BluRay-Laufwerk und eine Abspielsoftware, die HD unterstützt, und auch gleich
einige interessante BluRays. Umso größer war die Enttäuschung als der Player bei
BluRays den Dienst verweigerte. Schließlich stellte ich nach langem
Recherchieren, denn das stand weder im mitgelieferten Handbuch noch auf der
Website, fest, dass der kurz vorher gekaufte HP-Monitor kein HDCP unterstützt.
Also übersiedelte ich den Monitor ins Büro und kaufte mir einen Monitor, der
explizit den Kopierschutz unterstützte. Das Ergebnis war wieder dasselbe, obwohl
ein Tool bestätigte, dass die ganze Kette Grafikkarte - Monitor HDCP-kompatibel
war. Ich stöberte in diversen Foren und kaufte mir schließlich ein kleines
Programm, das in Österreich nicht verkauft werden darf, das man aber besitzen
darf und das jeglichen Kopierschutz umgeht. Das Programm installiert und sofort
liefen alle BluRays einwandfrei.
Soviel zum Thema Kopierschutz, der sich immer
wieder als Abspielschutz erweist, abgesehen davon, dass er auch unnötig hohe
Ressourcen bindet. Der Konsument muss viel Geld ausschließlich dafür bezahlen,
dass das HD-Signal auf dem Weg vom Player zum Bildschirm nicht abgefangen und
kopiert werden kann. So als hätten die Konsumenten nichts Besseres zu tun als
ständig BluRays zu kopieren! Weil das vielleicht ein paar tun, müssen alle dafür
büßen. Dabei ist der ganze Aufwand völlig für die Katz. Seit Jahren wird jeder
neue Kopierschutz innerhalb von Wochen geknackt und jeder, der wirklich kopieren
will, kann das mit minimalem Aufwand tun. Ich verstehe nicht, was dieser
Riesenaufwand, der sich bisher als völlig sinnlos erwiesen hat, aber den
redlichen Käufer verärgert, soll. Offenbar sind diese Werke so wertvoll, dass sie niemand sehen
darf. Wen wundert es da, dass sich BluRay trotz des Sieges über die HD-DVD nicht
durchsetzt? Auf das kleine Programm, dessen Name für die Musik- und
Filmindustrie eine Art "Gott-sei-bei-uns" ist und dessen Nennung so schrecklich
ist, dass sogar Verlage geklagt werden, weil sie ihn schriftlich wiedergeben,
komme ich später noch einmal zurück, da ich ohnedies gerade an einem Artikel zum
Thema Konsumentenrechte im Zusammenhang mit digitalen Medien arbeite. Dabei bin
ich zur Erkenntnis gelangt, dass man dieses Programm in Österreich nicht nur
besitzen, sondern für bestimmte Zwecke auch völlig legal einsetzen darf. Doch
dazu später.
2009-01-15 Neuer Anlauf
Im Laufe des Jahres 2008 ist meine Blog-Tätigkeit
zum Erliegen gekommen. Die Unfallfolgen vom Dezember 2007 haben sich über das
ganze Jahr 2008 hingezogen und meine Kräfte in meinem Hauptberuf gebunden. Jetzt
ist die Situation etwas besser geworden und ich sehe mich wieder in der Lage,
mehr Zeit in die Website zu investieren. Die hat das auch dringend nötig: Es
gilt viele Entscheidungen aufzuarbeiten. Daneben möchte ich auch den Blog wieder
beleben und laufend aktuelle Themen anreißen. Also, schauen Sie bei Gelegenheit
vorbei!
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