Das Internet4jurists Weblog 2008
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2008-06-02 Digitales Faustrecht
Nach einem ORF-Artikel vom 2.6.2008 wurde eine Internet-TV-Station mit einer
DOS-Attacke lahm gelegt. Diese ging nicht
etwa von irgendwelchen Cyber-Banditen aus, sondern erfolgte im Auftrag der
Musik- und Filmindustrie, weil die TV-Station angeblich nicht nur eigene Inhalte
über das Tauschbörsen-Netzwerk BitTorrent vertreibt, sondern angeblich auch
fremde Werke und damit gegen das Urheberrecht verstößt. Wenn dieses Beispiel
Schule macht, erleben wird bald den wilden Westen im Internet. Nicht mehr
anzeigen oder klagen, sondern einfach zuschlagen..... Nach österreichischem
Recht müsste das eigentlich eine Störung der Funktionsfähigkeit eines
Computersystems nach § 126b
StGB sein.
2008-04-21 Gängelung des Konsumenten
Die Filmindustrie brüstet sich mit ihren Erfolgen im Kampf gegen die
Raubkopierer, worunter sie allerdings pikanterweise immer wieder primär die
Tauschbörsenuser versteht. Als besonders verwerflich wird immer wieder
dargestellt, dass Filme schon nach der Premiere im Internet zirkulieren. Was
aber soll der arme Konsument machen, wenn er den seit Monaten intensiv
beworbenen Film möglichst bald sehen will? Nach Amerika fahren? Den Kinostart in
Österreich abwarten? Und was ist, wenn er eigentlich nicht ins Kino gehen will,
sondern den Film auf seiner - ihm ebenfalls von der Werbung eingeredeten -
Heimkinoanlage ansehen will? Soll er sechs Monate warten, bis sich die
Filmindustrie bequemt, den Film endlich zu überhöhten Preisen auf DVD zu
verkaufen oder 12 Monate bis ein moderates Preisniveau erreicht ist? Wenn der
Filmliebhaber nicht ein ausgesprochener Geduldsmensch ist, bleibt ihm gar nichts
übrig, als sich den Film vorläufig aus dem Internet herunterzuladen bis er ihn
endlich kaufen darf. Die Konsumentenschützer sollten endlich aufwachen und
Schluss machen mit dieser Gängelung des Konsumenten. Die
Forderung muss lauten, dass ein Werk ab dem Erscheinen dem Konsumenten in jeder
von ihm gewünschten Form zugänglich gemacht werden muss. Und wenn das die
Filmindustrie nicht schafft, muss man die Selbsthilfe tolerieren.
2008-04-13 Feigenblatt mal drei?
Die Arbeitsgruppe Online-Durchsuchung (Bericht
beim BMJ) hat vorgeschlagen, dass unter anderem als wirksamerer Rechtsschutz
ein Drei-Richter-Senat zur Entscheidung zuständig sein soll. Ich halte das
grundsätzlich für ein Signal in die richtige Richtung. Die letzten Reformen im
Strafprozess gingen leider in eine ganz andere Richtung. So werden
Grundrechtseingriffe nach der seit 1.1.2008 geltenden Strafprozessordnung mehr
oder minder vom HR-Richter (Haft- und Ermittlungsrichter) mit Stampiglie
bewilligt. Es wäre vorgesehen, dass der Staatsanwalt, der nunmehr Herr des
strafrechtlichen Vorverfahrens (nunmehr Ermittlungsverfahren) ist, einen
detailliert begründeten Antrag stellt, der vom HR-Richter bewilligt wird oder
eben nicht. Da aber Auskunftsersuchen an Provider für Internet-unerfahrene
Staatsanwälte kompliziert sind, hat das BMJ dafür Formulare für die
verschiedenen Arten von Anordnungen an die Provider zur Verfügung gestellt. Eine
Anforderung einer Auskunft über Verkehrs-, Zugangs-, Standort- oder Inhaltsdaten
erfolgt also einfach derart, dass der Staatsanwalt ein Antragsformular ausfüllt,
auf das vom HR-Richter ein Bewilligungsvermerk gesetzt wird. Das ist immerhin
ein Unterschied zum Sicherheitspolizeigesetz, wo das Formular von der Polizei
ausgefüllt wird und ohne Umweg über den Richter zur Polizei geht. Effektiver
Grundrechtsschutz ist aber auch das nicht. Vor dem 1.1.2008 war zumindest für
die Überwachung der Kommunikationsinhalte ein Drei-Richter-Senat, die sogenannte
Ratskammer, zuständig, diese wurde aber der Verfahrensbeschleunigung geopfert.
Vielleicht wäre die Online-Durchsuchung ein Anlass, sie wieder zu aktivieren und
gleich auch mit anderen grundrechtssensiblen Maßnahmen zu betrauen.
Allerdings zeigt die Erfahrung, dass eine Entscheidung von drei Richtern
nicht unbedingt zu einer Verdreifachung des Rechtsschutzes führt. Mindestens
ebenso wichtig ist, dass die Richter für die Grundrechte sensibilisiert werden.
Die Gründung der Fachgruppe Grundrechte der Richtervereinigung war ein wichtiger
Schritt in diese Richtung. Überfällig ist aber auch eine Maßnahme des
Gesetzgebers. Die Grundrechtsbeschwerde ist noch immer auf Verletzungen des
Rechtes auf Freiheit beschränkt. Dass der OGH unter dem Druck der häufigen
Verurteilungen Österreichs beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR)
eine Grundrechtsbeschwerde neben dem Gesetz "erfunden" hat (13 Os 135/06m),
bietet dafür keinen Ersatz. Für eine Qualitätssteigerung bei
grundrechtssensiblen Entscheidungen benötigen die Gerichte eine eigene
Grundrechtsinstanz, die vor allem die in der digitalen Welt so wichtigen
Grundrechte Privatsphäre, Kommunikationsgeheimnis und Freiheit der
Meinungsäußerung schützt. Es fehlt hier in Österreich eine generelle
Grundrechtsinstanz wie in Deutschland das Bundesverfassungsgericht, was aber
nicht bedeutet, dass dafür ein neues Gericht geschaffen werden muss; es würde
bereits genügen, wenn man den OGH und den VfGH jeweils für ihren Bereich
entsprechende Entscheidungskompetenz einräumen und den Zugang in
Grundrechtsfragen erleichtern würde.
2008-04-04 Internet auf Musikindustrie's Gnaden
Wer ohne zu zahlen Musik herunterlädt, der soll von seinem Internetprovider
vom Netz genommen werden, so die Pläne der Musikindustrie. In Frankreich und in
England scheinen sie bereits auf fruchtbaren Boden zu fallen. Als nächstes wird
dann wahrscheinlich das Auto weggenommen, der Briefkasten beschlagnahmt und,
wenn das alles nichts nutzt, die Maus-Hand abgehackt. Auf die Idee, dass das
Internet mittlerweile zu den Infrastruktureinrichtungen gehört und dringender
benötigt wird als Telefon und Fernsehen, scheint noch niemand gekommen zu sein.
Aber da sieht man wieder einmal deutlich, woher der ganze Überwachungswahn
primär kommt!
2008-04-02 Die IP-Adresse, das unbekannte Wesen
Mit 1.1.2008 ist die große Strafprozessnovelle in Kraft getreten. Dabei
wurden auch die Bestimmungen über die Auskünfte und Überwachungen im Telefon-
und Internetverkehr neu geregelt; so finden sich die Regelungen des früheren
§ 149a im nunmehrigen
§ 135 StPO. Als "Auskunft über
Daten einer Nachrichtenübermittlung" ist nach
§ 134 StPO definiert die
Erteilung einer Auskunft über Verkehrsdaten, Zugangsdaten und Standortdaten.
Bezüglich des Begriffes "Zugangsdaten" wird auf
§ 92 Abs. 3 Z 4a TKG 2003 verwiesen.
Demnach sind "Zugangsdaten" jene Verkehrsdaten, die beim Zugang eines
Teilnehmers zu einem öffentlichen Kommunikationsnetz beim Betreiber entstehen
und für die Zuordnung der zu einem bestimmten Zeitpunkt für eine Kommunikation
verwendeten Netzwerkadressierungen zum Teilnehmer notwendig sind. Darunter wird
man auch die IP-Adresse bzw. die Zuordnung der Personendaten des Providerkunden
zur IP-Adresse verstehen müssen. Aber verständlich ist es nicht, dass die
IP-Adresse nicht ausdrücklich genannt ist; schließlich ist sie ein Novum und ist
mit den bisherigen Telekommunikationsdaten nur bedingt vergleichbar. Manchmal
hat man den Eindruck, der Gesetzgeber drückt sich noch immer um die neuen
Sachverhalte des Internets herum. Damit liegt die Verantwortung wieder bei den
Gerichten, die damit auch nicht viel Freude haben. Der OGH reicht die heiße
Kartoffel wieder zurück an den Gesetzgeber (11 Os 57/05z) und der schweigt
weiter. Vermutlich wird der EuGH die Rechtsnatur der IP-Adresse oder richtiger
deren Grundrechtsaffinität klären müssen.
2008-03-01 Der Sündenfall war früher
Die Novelle des Sicherheitspolizeigesetzes, die gegen Jahresende durch den
Nationalrat gepushed wurde, hat für viel Aufregung gesorgt und wird es noch
weiter tun. Allerdings sind wieder einmal die Argumente zu hinterfragen. Der
eigentliche "Skandal" ist nämlich nicht, dass jetzt gewisse Daten bei den
Providern direkt abgefragt werden können, ohne dass ein Richter bemüht werden
muss. Das ist in gewisser Hinsicht dem Sicherheitspolizeigesetz immanent. Diese
Materie betrifft einen Bereich, in dem das Strafgericht gar nicht zuständig ist.
Insbesondere betrifft dies die Bereiche unmittelbare Gefahrenabwehr und erste
Hilfeleistung. Ich halte diese direkte Anfrage auch nicht für so schlimm;
immerhin erfolgt die Anfrage, etwa nach den Inhabern von IP-Adressen, hier durch
Staatsorgane, während im Bereich des § 87b UrhG Private Auskunft fordern können,
sodass dort überhaupt kein staatliches Organ mit der Genehmigung des
Grundrechtseingriffes befasst ist. Wer sich jetzt aufregt, dass die Polizei
Abfragen durchführen kann, der sollte bedenken, dass die
Verwertungsgesellschaften das bereits bisher gemacht haben.
Viel schlimmer aber als diese Provideranfrage, die immerhin das
Vier-Augen-Prinzip wahrt, ist der Umstand, dass die Polizei mit IMSI-Catchern
ausgerüstet wurde. Damit kann sie nämlich nicht nur genaue Standortbestimmungen
von Mobilfunkgeräten (Handys) durchführen, sondern auch gleich die Gespräche
mithören. Letzteres erlaubt zwar auch das SPG nicht, sodass es als Eingriff in
das Fernmeldegesetz verboten bleibt, aber die Einhaltung dieses Verbotes kann
von niemandem überprüft werden, weil der Betrieb eines IMSI-Catchers von den
Mobilfunkprovidern nicht wahrgenommen wird. Damit kann die Partei, die den
Innenminister stellt, jederzeit die Opposition oder auch den Koalitionspartner
abhören - und niemand merkt etwas davon. Der nächste Spitzelskandal ist somit
vorprogrammiert. Dass die Polizei mit IMSI-Catchern ausgerüstet wird, ist
allerdings nicht neu. In der SPG-Novelle vom Dezember 2007 wurde nur die
Ermächtigung erteilt, ein neues Gerät anzuschaffen, weil mit den bisher
vorhandenen der Datenfunk nicht abgefangen werden konnte....
2008-02-17 Stehlen im Internet?
Der Chefredakteur einer bekannten Tageszeitung hat in einem Interview gesagt,
dass er noch nie Musik aus dem Internet gestohlen hat. Es ist bedauerlich, dass
mittlerweile auch gebildete Leute der Gehirnwäsche der Musikindustrie erliegen. Deswegen
muss man es immer wieder sagen: Der Download aus Tauschbörsen ist kein Diebstahl. Es wird
niemandem etwas weggenommen. Nach Ansicht mancher Urheberrechtsjuristen ist es
eine unerlaubte Vervielfältigung (die aber mit Sicherheit auch nicht strafbar ist). Nach meiner
Meinung - und die hat immerhin den klaren Wortlaut des
§ 42 UrhG für sich - ist
der Download zu privaten Zwecken genauso zulässig wie das Aufnehmen aus dem
Radio. Die Einschränkung der Privatkopie auf legale Quellen ist eine neue
Regelung des deutschen Rechts, der österreichische Gesetzgeber hat bei der
letzten großen Novelle des Urheberrechtes im Jahr 2003 zwar auch die Zulässigkeit der
Privatkopie deutlich eingeschränkt, aber nicht hinsichtlich der Quellen. Es ist
daher mM völlig egal, ob man aus dem Rundfunk, einem der Tausenden
Internetradios (wo man die Rechtmäßigkeit der Veröffentlichung genauso wenig
überprüfen kann) oder aus einer Tauschbörse aufnimmt.
Übrigens sagte der Chefredakteur dann noch, dass er auch noch nie Musik im
Internet gekauft hat. Und da sind wir beim nächsten Thema. Es gibt nämlich
Untersuchungen, dass Tauschbörsennutzer überproportional viel Musik kaufen. Das
klingt auch plausibel und deckt sich auch mit meinen Beobachtungen. Tauschbörsen
haben nämlich auch einen vielfach unterschätzten Werbefaktor. Wenn man dort
etwas findet, das einem wirklich gefällt, will man auch das Original haben, sei
es aus Sammlerleidenschaft, sei es aus Qualitätsgründen. So gesehen entlasten
die Tauschbörsen das Werbebudget der Musikindustrie Und auf noch etwas weist die
Aussage hin: Wer den Umgang mit Tauschbörsen nicht kennt, kommt kaum auf die
Idee Online-Musik zu kaufen. Der Werbefaktor ist also ein doppelter.
2008-01-29 Auskunftspflicht - die österreichischen Fragen sind
nicht beantwortet
Heute hat der EuGH das
lange erwartete Urteil im spanischen Fall Promusicae
gefällt (siehe 28.1.). Leider hat er sich dabei auf die Kernfrage beschränkt und
ist auf die von der Generalanwältin in den Schlussanträgen aufgeworfenen Fragen
nicht eingegangen. Die Entscheidung lautet schlicht, dass die
EU-Mitgliedsstaaten in einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens
(Urheberrechtsverletzung in Tauschbörse) im Hinblick auf einen effektiven Schutz
des Urheberrechts keine Pflicht zur Mitteilung personenbezogener Daten im Rahmen
eines zivilrechtlichen Verfahrens vorsehen müssen.
Damit ist für die österreichische Rechtslage nichts gewonnen. Diese
Entscheidung bedeutet jedenfalls nicht, dass
§ 87b Abs. 3 des österreichischen
Urheberrechtsgesetzes, der eine Pflicht zur Auskunftserteilung des Vermittlers -
darunter wird durch den Verweis auf §
81 Abs. 1a auch der Accessprovider verstanden - direkt an den in seinen
Rechten Verletzten (ohne Gerichtsauftrag) vorsieht, nicht doch gegen das
Gemeinschaftsrecht verstößt. Der EuGH geht nämlich davon aus, dass eine
nationale Norm zulässig wäre, die die Herausgabe an ein Zivilgericht
anordnet. Auch Art 8 der
Rechte-Durchsetzungs-RL ordnet an, dass die zuständigen Gerichte Auskunft
verlangen können.
§ 87b des österreichischen
Urheberrechtsgesetzes geht aber weit darüber hinaus und ordnet die Herausgabe an
den Rechteinhaber direkt an. Damit wird aber die Kontrolle des Gerichtes
ausgeschaltet und das ist offenbar nicht im Sinne des EuGH und berücksichtigt
jedenfalls nicht den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Erst wenn sich der
Provider weigert, die Daten freiwillig herauszugeben, kommt der Fall vor das
österreichische Zivilgericht; dann allerdings mit Kostenfolgen für den
Unterliegenden. Damit wird der Provider in die Rolle des Entscheidungsorgans
gedrängt, das über einen Grundrechtseingriff zu entscheiden hat und das ist wohl
eindeutig unzulässig. Das österreichische Vorabentscheidungsverfahren (siehe
gleich unten 4
Ob 141/07z) ist somit keinesfalls überflüssig geworden, sondern darf mit
Spannung erwartet werden.
Daneben wäre der österreichische Gesetzgeber gut beraten, die Entscheidung
nicht abzuwarten, sondern gleich die Auskunftspflichtregelung zu reparieren. Bei
dieser Gelegenheit könnte man auch gleich zur weiteren Steigerung der
Verhältnismäßigkeit eine Bagatellgrenze einziehen, d.h. eine Auskunftspflicht
(natürlich an das Straf- oder Zivilgericht) nur bei schweren
Urheberrechtsverletzungen vorsehen.
2008-01-28 Auskunftspflicht am Scheideweg
Morgen fällt der EuGH die Entscheidung im spanischen
Vorabentscheidungsverfahren Promusicae
C-275/06. Dabei geht es um die Frage der zivilrechtlichen Auskunftspflicht
der Accessprovider gegenüber Rechteinhabern, konkret um die Tauschbörsenfälle.
Zu diesem Thema hat der österreichische Oberste Gerichtshof vor kurzem dem EuGH
ebenfalls zwei Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt (4
Ob 141/07z). Die beiden Verfahren unterscheiden sich aber wesentlich. Im spanischen
Verfahren lautet die Frage vereinfacht, ob der Ausschluss der zivilrechtlichen
Auskunftspflicht gegen das Gemeinschaftsrecht verstößt; die spanische Rechtslage
sieht keine solche Auskunftspflicht vor, die Klägerin meint aber, dass die
europäischen Richtlinien zum Schutze der Urheber eine solche Auskunftspflicht
erfordern würden. In Österreich ist die Lage umgekehrt. Hier gibt es in Form des
§ 87b UrhG eine Regelung der zivilrechtlichen Auskunftspflicht, der OGH hat aber
Bedenken, dass diese gegen verschiedene Datenschutz-Richtlinien verstößt. Seine
Fragen lauten daher, ob ein Accessprovider unter den Vermittlerbegriff der
Info-RL fällt und, wenn ja, ob die einschlägigen Datenschutzrichtlinien eine
Weitergabe personenbezogener Daten an Private untersagen.
Wenn der EuGH morgen den Schlussanträgen der Generalanwältin folgt und
ausspricht, dass der Ausschluss der Weitergabe der Daten an Dritte zur
Verfolgung zivilrechtlicher Ansprüche mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist,
ist damit das österreichische Verfahren noch nicht erledigt, weil unter
Umständen der nationale Schutz des Urheberrechtes über den europäischen Standard
hinausgehen darf. Entscheidet der EuGH aber gegenteilig, ist damit auch die
österreichische Frage geklärt, weil dann sozusagen Spanien jene Norm schaffen
muss, die Österreich schon hat.
Insgesamt ist diese Entscheidung deswegen so wichtig, weil damit erstmals und
wahrscheinlich endgültig die Rechtsnatur der IP-Adresse bzw. deren Zuordnung zu
einer Person festgelegt wird. Man kann nur hoffen, dass damit die Gleichsetzung
mit der Telefonnummer ein Ende findet.
2008-01-28 Lehrerbeurteilung im Internet
Die Schüler schlagen zurück. Endlich dürfen sie auch einmal Noten austeilen.
Plattformen wie spickmich.de
oder meinprof.at boomen.
Dass das manchen Lehrern nicht besonders gefällt (besonders denen mit den
schlechtesten Noten), war klar. Nachdem die ersten Unterlassungsklagen
abgewiesen worden sind, bemühen die Lehrer jetzt den Datenschutz, um unliebsame
Kritik zu unterbinden (Heise-Artikel
vom 28.1.2008). Die Bewertungen von Dritten als personenbezogene Daten des
Lehrers zu werten ist schon originell. Das erinnert irgendwie an den Missbrauch
des Urheberrechtes zur Unterbindung von Preisvergleichen. Die Eltern können sich
jedenfalls (noch) freuen. Endlich müssen sie sich nicht mehr als Querulanten ansehen
lassen, wenn sie gegen einen unfähigen Lehrer vorgehen, der wie eine heiße
Kartoffel von einer Schule zur anderen gereicht wird, so als würde das das
Problem lösen (in Wirklichkeit verlagert man das Problem zu den Eltern, die sich
immer wieder aufs Neue zur Wehr setzen müssen, und die Kinder werden um ihre
Ausbildung betrogen. Dass die Benotung nicht zur Lehrerhatz ausartet, wird man
mit den Mitteln der Ehrenbeleidigungsklage und des Medienrechtes unterbinden
müssen. Dass diese Grundregeln eingehalten werden, dafür muss der Forenbetreiber
geradestehen. Die Einrichtung an sich zu untersagen wäre genauso spießig wie das Verbot
der Verbreitung einer Maturazeitung mit schulkritischen Äußerungen an einem
Salzburger Gymnasium. Das ist das falsche Signal an die Jugend. Es könnte
natürlich auch endlich die Politik ein Signal setzen und einheitliche Prüfungen
und Standards sowie Schulbewertungen und freie Schulwahl einführen, dann wäre die Benotung amtlich.
2008-01-27 Vorratsdatenspeicherung 2.0
Kaum ist in Deutschland die Vorratsdatenspeicherung in Kraft getreten, meldet
die Polizei schon weitere Forderungen an: Ausweispflicht für Internetcafés (Heise-Artikel
vom 23.1.2008) und Verbot unregistrierter Handykarten (Heise-Artikel
vom 26.1.2008). Ich habe das schon immer gesagt: Die Vorratsdatenspeicherung hat
nur Sinn, wenn auch die Schlupflöcher gestopft werden. Das bedeutet in weiterer
Folge auch Verbot von Anonymisierungsdiensten und überhaupt anonymen
Internetzugängen und anonymen Mailkonten. Ideal wäre natürlich, wenn man -
allenfalls im Zuge der Umstellung des Internetprotokolles auf IPv6 jedem
Erdenbürger ab der Geburt eine fixe IP-Adresse verpassen würde, die ihn
lebenslang begleitet und identifizierbar macht, vielleicht noch abgesichert
durch ein Chip-Implantat mit GPS-Ortung (letzteres tragen wird aber meistens
ohnedies in Form des Handys mit uns herum und die österreichische Polizei kann
jederzeit ohne Richterbeschluss darauf zugreifen). Dass die Polizei solche
Wünsche äußert, ist verständlich. Es würde ihre Arbeit vereinfachen. Das ist
auch in einem demokratischen Rechtsstaat völlig in Ordnung. Nicht in Ordnung
wäre es aber, wenn diese Wünsche alle erfüllt würden. Das Ziel des Staates ist
nämlich nicht nur die Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung, sondern auch
der demokratischen Grundfreiheiten. Und um diese ist es bekanntlich in einem
Polizeistaat schlecht bestellt.
2008-01-19 Cyberterrorismus
Der CIA warnt vor Stromausfall durch Hacker. Nun hat der CIA schon viel
von sich gegeben, was sich dann nicht bewahrheitet hat, aber dass das Internet
unzählige Gefahrenquellen birgt, steht außer Streit. Die Wirtschaft ist immer
mehr vom Datennetz abhängig und so ist es naheliegend, dass dieses auch zum Ziel
von Störaktionen wird. Der Schaden, der für die Wirtschaft durch Cyberattacken
entstehen könnte, übersteigt den Schaden von Bomben bei weitem. Es müssen ja
nicht nur Kraftwerke sein, das Verkehrssystem, Banken, Börsen, aber auch der
E-Government-Bereich (Grund- und Firmenbuch) könnten betroffen sein.
Wenn man dann liest, dass Tausende Computer im Internet von Trojanern befallen
sind, die nur darauf warten, zum Zwecke von Cyberattacken aktiviert zu werden,
drängt sich die Assoziation zu den "Schläfern" in der realen Terrorszene auf.
Auch hier stellt sich die Frage, wann sie wo zuschlagen werden. Ob aber eine
scheibchenweise Reduzierung unserer Grundrechte eine adäquate Antwort auf diese
Bedrohung ist, wage ich zu bezweifeln. Vielleicht sollte einfach einmal die
Sicherheit des Netzes neu überdacht werden?
2008-01-16 Vorratsdatenspeicherung aufgeschoben
Nachdem es noch im Herbst geheißen hat, dass die Umsetzung der
Vorratsdatenspeicher-Richtlinie, die hinsichtlich der Telefondaten bereits mit
15.9.2007 hätte erfolgen müssen, Anfang 2008 in Angriff genommen werde, hat nun
Minister Faymann verlautbaren lassen, dass auch weiterhin kein Entwurf vorgelegt
werde und die Entwicklung auf europäischer Ebene abgewartet werden solle. Das
ist sehr zu begrüßen, wenngleich die momentane rechtliche Situation auch nicht
besonders erfreulich ist (siehe Artikel). Trotzdem wird es notwendig
sein, sich weiter intensiv mit der Materie
auseinanderzusetzen: Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Und vielleicht kommt es
ja auch auf EU-Ebene noch zu einem Umdenken.
Es darf aber nicht vergessen werden, dass die momentane Lage auch nicht ideal
ist. Wenn nämlich ein Provider Daten speichert, treffen ihn nach derzeitiger
Gesetzes- und Judikaturlage weitgehende Auskunftspflichten unabhängig von der
Schwere des Deliktes, und zwar nicht nur gegenüber dem Strafgericht, sondern
nach dem neuen Sicherheitspolizeigesetz auch gegenüber der Polizei. Der
Widerspruch, dass wegen des damit verbundenen Grundrechtseingriffes unsere
Telekommunikationsdaten nach der EU-Vorgabe nur zur Ermittlung,
Feststellung und Aufklärung schwerer Straftaten (Art
1 Abs 1) gespeichert werden dürfen und müssen, andererseits aber einmal
gespeicherte Daten nach derzeitigem österreichischen Recht auch wegen
Bagatelldelikten und nach dem SPG sogar ohne Delikt bei bestimmten
Gefahrensituationen herauszugeben sind, wird also vorläufig weiterbestehen.
Für den Zugang zu den gespeicherten Daten ist ausschließlich der
nationale Gesetzgeber zuständig (Erwägungsgrund
25). Es drängt sich somit der Verdacht auf, dass der Exekutive der momentane
Zustand gar nicht so unwillkommen ist. Wenn nämlich die meisten Provider
speichern, dann haben Exekutive und Gericht praktisch unbegrenzten (ohne
Deliktsuntergrenze) Zugang zu diesen Daten. Eine Einführung der
Vorratsdatenspeicherung würde zwar dafür sorgen, dass alle Provider speichern
müssen, gleichzeitig müsste aber wohl für den Zugang eine Untergrenze eingeführt
werden, weil der Grundrechtseingriff dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
entsprechen muss. Im ersten Entwurf einer Umsetzung war daher auch vorgesehen,
dass die Daten nur bei Vorliegen eines Deliktes, das mit mehr als 1 Jahr
Freiheitsstrafe bedroht ist, herauszugeben sind. Der Schutz unserer
Kommunikationsdaten hängt daher wieder einmal ausschließlich vom Verhalten der
Provider ab. Sie allein entscheiden, welche Daten weitergegeben werden. Ein
typisches österreichisches Provisorium?
2008-01-12 Metamorphose der Auskunftspflicht
Im September habe ich einen Artikel
unter diesem Titel verfasst. Nun ist es Realität geworden: Der Musikindustrie
ist die Ausforschung der Tauschbörsenuser verwehrt. Der strafrechtliche Weg ist
durch den Wegfall der Vorerhebungen (jetzt Ermittlungsverfahren) bei
Privatanklagedelikten verbaut (§ 71 neu StPO) und der zivilrechtliche
Auskunftsanspruch wurde jetzt durch den OGH vorläufig blockiert. Er hat nämlich
das einzig Richtige gemacht und die Frage der zivilrechtlichen Auskunftspflicht
dem EuGH vorgelegt - und das kann dauern.
2008-01-02 Mit Handicap ins Jahr 2008
Leider starte ich das Jahr 2008 mit einer körperlichen Behinderung, die auch
meine Schreibfähigkeit arg beeinträchtigt. Der Gips am rechten Arm wird mich
noch längere Zeit begleiten und auch die Mobilisierung danach wird Monate in
Anspruch nehmen. Dazu kommt, dass sich mittlerweile im Büro ein veritabler
Rückstau gebildet hat, der irgendwann aufgearbeitet werden will. Ich werde daher
meine Ambitionen für Internet4jurists zurückschrauben müssen. Das ist doppelt
bedauerlich, weil sich derzeit juristisch sehr viel tut im Bereich des
Internets. Vorratsdatenspeicherung, Online-Durchsuchung und zuletzt noch die
Sicherheitspolizeigesetznovelle haben für Aufruhr gesorgt und werden es wohl
noch längere Zeit tun. Dass es hier teilweise um massive Grundrechtseingriffe
geht, macht es doppelt wichtig, sich intensiv damit zu beschäftigen. Die Frage
ist nur wann.....
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