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Speicherung und Herausgabe von Kommunikationsdaten

Anfang 2008 soll in Österreich die Vorratsdatenspeicherungs-Richtlinie 2006/24/EG umgesetzt werden.

Veröffentlichung im "Staatsbürger" der Salzburger Nachrichten

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Schon bisher war es den Telefonanbietern erlaubt, zu Verrechnungszwecken gewisse Verkehrsdaten zu speichern. Auf diese Daten darf derzeit mit richterlicher Genehmigung zugegriffen werden, wenn ein Delikt vorliegt, das mit mehr als sechs Monaten Freiheitsstrafe bedroht ist. Zweck der Richtlinie ist nun die verpflichtende Speicherung der Kommunikationsdaten aller Bürger für mindestens 6 Monate und höchstens 2 Jahre, damit sie im Falle eines kriminellen Geschehens ausgewertet werden können. Erfasst werden sollen im wesentlichen die Verkehrsdaten bei der Festnetztelephonie (wer mit wem wann telefoniert hat); bei der Mobilfunktelephonie auch die Standortdaten (Cell-ID), die Teilnehmerkennung (IMSI) und die Gerätekennung (IMEI); beim Internetzugang der jeweilige Inhaber einer IP-Adresse, An- und Abmeldezeiten beim Zugangsprovider und die Zugangskennungen sowie bei E-Mail und Internet-Telephonie auch noch die Benutzerkennungen der Empfänger. Begründet wurde die Notwendigkeit dieser Maßnahmen mit der drohenden Terrorgefahr, unmittelbarer Auslöser waren die Anschläge in Madrid und London.

Die Speicherung dieser personenbezogenen Daten greift in verschiedene Grundrechte ein (Datenschutz, Privatsphäre, Kommunikationsgeheimnis). Die Richtlinie war daher bereits bei der Beschlussfassung im europäischen Parlament sehr umstritten. Bisher war in Europa ein Eingriff in die Grundrechte der Bürger nur im begründeten Einzelfall im Rahmen einer gesetzlichen Regelung und auf richterliche Anordnung zulässig. Der Eingriff musste notwendig und verhältnismäßig sein. Dies entspricht auch der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR). Insoferne stellt die pauschale Speicherung aller Daten ohne konkreten Anlass einen Paradigmenwechsel im europäischen Grundrechtsverständnis dar.

Der Zugriff auf die auf Vorrat gespeicherten Daten ist nicht nur für verschiedene Gruppen von größtem Interesse, weil daraus detaillierte Kommunikations- und Bewegungsprofile erstellt werden können. Auch die Polizei ist daran interessiert, dass diese Daten nicht nur zur Verfolgung von Terroristen und der organisierten Kriminalität, sondern auch im Rahmen der Aufklärung gewöhnlicher Delikte zur Verfügung stehen. Strittig ist daher neben der Speicherdauer eine mögliche Strafuntergrenze für den Zugriff auf diese Daten. Im ersten Entwurf lag diese bei einem Jahr Freiheitsstrafe. In Diskussion ist auch, dass die Daten für Delikte, die über das Kommunikationsnetz begangen werden, ohne Untergrenze Verwendung finden sollen, damit es etwa auch möglich ist, Stalker oder Betrüger auszuforschen.

Eher unbemerkt hat sich aber auch die Musikindustrie bereits einen Zugang zu diesen Daten reserviert. Was in Deutschland derzeit heftig diskutiert wird, wurde in Österreich bereits in der Urheberrechtsnovelle 2006 umgesetzt, nämlich ein zivilrechtlicher Auskunftsanspruch gegen den Accessprovider (§ 87b UrhG). Dieser Anspruch soll auch in Zukunft die Verfolgung von Tauschbörsenusern ermöglichen. Im Ergebnis kann daher auf Daten, deren Speichernotwendigkeit mit der Terrorismusgefahr begründet wurde, auch zur Verfolgung von Bagatelldelikten zugegriffen werden. Verwertungsgesellschaften sind die Daten sogar "auf Zuruf" ohne richterliche Anordnung bekanntzugeben.

Die Offenlegung der IP-Adresse des Internetusers ist wesentlich problematischer als eine Rufnummernauskunft. Der Oberste Gerichtshof sah in diesem Vorgang zwar eine bloße Bekanntgabe von Stammdaten, die ohne Einschränkungen möglich sei. Dies geht aber an den Gegebenheiten im Internet vorbei. Die Zuordnung von Namen und Adresse zu einer anonymen IP-Adresse legt nämlich nicht nur die Identität des Internetusers offen, sondern kann auch seine virtuelle Vergangenheit enttarnen.

Während die Richtlinie hinsichtlich der Telephondaten bereits bis 15.9.2007 umzusetzen gewesen wäre, besteht hinsichtlich der Internetdaten ein Aufschub bis 15.3.2009. Dies führt zur Prolongierung der unbefriedigenden Situation. Internetprovider müssen zwar bis zu diesem Zeitpunkt keine Daten speichern. Haben sie aber Daten gespeichert, müssen sie diese auch bei bloßen Bagatelldelikten bekanntgeben. Zur Rechtfertigung des Grundrechtseingriffes ist hier einerseits eine klare Speicheranordnung und andererseits eine Einschränkung der Herausgabepflicht auf schwere Delikte zu fordern.

Weiterführende Informationen:

29.11.2007

Franz Schmidbauer

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