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Entscheidungen zum Urheberrecht

Zusammenfassungen: Österreich - Deutschland - International - Alle
Übersichtsliste: Österreich - Deutschland - International - Alle

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UrhG § 19a, § 87
BGH, Urteil vom 22.04.2009, I ZR 216/06

Der Fernsehsender RTL klagt den Anbieter von "Shift.TV" einen "internetbasierten Persönlichen Videorecorder" zur Aufzeichnung von Fernsehsendungen. Deren Kunden können aus von der Beklagten empfangenen Satelliten-Programmen Sendungen auswählen und gegen Entgelt auf Speicherplatz am Server der Beklagten speichern und von jedem Internetzugang abrufen.

Das Erstgericht gab der Unterlassungsklage weitgehend statt, das Berufungsgericht bestätigte.

Der BGH hebt das Berufungsurteil auf und verweist die Sache an das Berufungsgericht zurück. Es sei zu klären, ob die Beklagte oder – für den Fall, dass das Aufnahmeverfahren vollständig automatisiert ist – deren Kunden die Sendungen der Klägerin auf den "Persönlichen Videorecordern" aufzeichnen. Falls die Beklagte die Sendungen im Auftrag ihrer Kunden auf den "Persönlichen Videorecordern" abspeichert, verstößt sie – so der BGH – gegen das Recht der Klägerin, ihre Sendungen auf Bild- oder Tonträger aufzunehmen. Da sie ihre Leistung nicht unentgeltlich erbringe, könne sie sich in diesem Fall nicht auf das Recht ihrer Kunden stützen, Fernsehsendungen zum privaten Gebrauch aufzuzeichnen. Falls dagegen der Aufzeichnungsprozess vollständig automatisiert sei mit der Folge, dass der jeweilige Kunde als Hersteller der Aufzeichnung anzusehen sei, liege zwar im Regelfall eine vom Gesetz als zulässig angesehene Aufzeichnung zum privaten Gebrauch vor. Die Beklagte verletze dann aber das Recht der Klägerin, ihre Funksendungen weiterzusenden, wenn sie die mit den Satelliten-Antennen empfangenen Sendungen der Klägerin an die "Persönlichen Videorecorder" mehrerer Kunden weiterleite. Denn in diesem Fall greife sie in das Recht der Klägerin ein, ihre Sendungen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

"Halzband" - Haftung des eBay-Accountinhabers
BGH, Urteil vom 11.03.2009, I ZR 114/06

» MarkenG § 14
Bei eBay wurde unter dem Mitgliedsnamen des Beklagten unter der Überschrift "SSSuper ... Tolle ... Halzband (Cartier Art)" ein Halsband zum Mindestgebot von 30 € angeboten. Die Klägerinnen sahen darin eine Verletzung von Marken-, Urheber- und Wettbewerbsrecht. Der Beklagte führte aus, er sei für das beanstandete Angebot nicht verantwortlich, weil seine aus Lettland stammende Ehefrau sein Mitgliedskonto bei eBay ohne sein Wissen zum Verkauf persönlicher Gegenstände benutzt habe. Erst- und Berufungsgericht wiesen die Klage ab, weil der Beklagte keine Kenntnis davon gehabt habe und daher für allfällige Rechtsverletzungen nicht verantwortlich gemacht werden könne.

Der BGH hebt das Berufungsurteil auf. Der Beklagte hafte mangels Vorsatzes für die von seiner Ehefrau möglicherweise begangenen Rechtsverletzungen zwar nicht als Mittäter oder Teilnehmer. Es komme jedoch eine Haftung des Beklagten als Täter einer Schutzrechtsverletzung sowie eines Wettbewerbsverstoßes in Betracht, weil er nicht hinreichend dafür gesorgt habe, dass seine Ehefrau keinen Zugriff auf die Kontrolldaten des Mitgliedskontos erlangte. Benutze ein Dritter ein fremdes Mitgliedskonto bei eBay, nachdem er an die Zugangsdaten dieses Mitgliedskonto gelangt sei, weil der Inhaber diese nicht hinreichend vor dem Zugriff Dritter gesichert habe, müsse der Inhaber des Mitgliedskontos sich so behandeln lassen, wie wenn er selbst gehandelt hätte. Der selbständige Zurechnungsgrund für diese Haftung bestehe in der von dem Inhaber des Mitgliedskontos geschaffenen Gefahr einer Unklarheit darüber, wer unter dem betreffenden Mitgliedskonto bei eBay gehandelt habe und im Falle einer Vertrags- oder Schutzrechtsverletzung in Anspruch genommen werden könne.

Klingeltöne für Mobiltelefone
BGH, Urteil vom 18.12.2008, I ZR 23/06

» UrhG § 14
» AGBG § 9
» BGB § 307
Die Schweizer Beklagte bietet das Musikstück "Rock my life" als Klingelton an und hat dazu auch einen Vertrag mit der Schweizer Wahrnehmungsgesellschaft SUISA abgeschlossen. Komponist und Verlag wollen der Beklagten das verbieten lassen, da die Verwendung als Klingelton auch in das Bearbeitungsrecht eingreife. Das Erstgericht verurteilte, das Berufungsgericht bestätigte.

Der BGH gibt der Revision teilweise Folge und weist die Klage des Verlages ab. In der Verwendung eines - nicht für diesen Verwendungszweck geschaffenen - Musikwerkes als Klingelton liegt eine Entstellung oder eine andere Beeinträchtigung des Werkes i.S. des § 14 UrhG, die geeignet ist, die berechtigten geistigen oder persönlichen Interessen des Urhebers am Werk zu gefährden. Komponisten räumen der GEMA zwar nicht mit dem Abschluss eines Berechtigungsvertrages in der Fassung des Jahres 1996, wohl aber mit dem Abschluss eines Berechtigungsvertrages in der Fassung der Jahre 2002 oder 2005 sämtliche Rechte ein, die zur Nutzung ihrer Musikwerke als Klingeltöne für Mobiltelefone erforderlich sind. Wird das Musikwerk so zum Klingelton umgestaltet, wie dies bei Einräumung der Nutzungsrechte üblich und voraussehbar war (§ 39 UrhG), bedarf es für die Nutzung eines Musikwerks als Klingelton lediglich einer Lizenz der GEMA und keiner zusätzlichen Einwilligung des Urhebers. Die Berechtigungsverträge können aber nicht durch einen Beschluss der Mitgliederversammlung einseitig geändert werden; die entsprechende Klausel im Vertrag ist unwirksam. Die Beklagte konnte daher von der SUISA nicht mehr Rechte erwerben, als der Komponist eingeräumt hat, und der Verlag kann nicht etwas untersagen, wozu er gar kein Recht hat.

"Metall auf Metall"-Sampling
BGH, Urteil vom 20.11.2008, I ZR 112/06

» UrhG § 24, § 85
Die Kläger sind Mitglieder der Musikgruppe "Kraftwerk". Diese veröffentlichte im Jahre 1977 einen Tonträger, auf dem sich unter anderem das Stück "Metall auf Metall" befindet. Die Beklagten zu 2 und 3 sind die Komponisten des Titels "Nur mir", den die Beklagte zu 1 mit der Sängerin Sabrina Setlur auf im Jahre 1997 erschienenen Tonträgern eingespielt hat. Dabei kopierten die Beklagten eine etwa zwei Sekunden lange Rhythmussequenz aus dem Titel "Metall auf Metall" elektronisch ("Sampling") und unterlegten sie dem Titel "Nur mir" in fortlaufender Wiederholung. Die Kläger nehmen die Beklagten auf Unterlassung, Schadensersatz, Auskunftserteilung und Herausgabe der Tonträger in Anspruch mit der Begründung, die Beklagten hätten ihre Rechte als Tonträgerhersteller verletzt. Das Berufungsgericht gab der Klage statt.

Der BGH hebt das Urteil auf. Das Berufungsgericht habe zwar im Ergebnis zu Recht angenommen, dass die Beklagten in das Tonträgerherstellerrecht der Kläger eingegriffen haben. Die Bestimmung des § 85 Abs. 1 UrhG schütze die zur Festlegung der Tonfolge auf dem Tonträger erforderliche wirtschaftliche, organisatorische und technische Leistung des Tonträgerherstellers. Da der Tonträgerhersteller diese unternehmerische Leistung für den gesamten Tonträger erbringe, gebe es keinen Teil des Tonträgers, auf den nicht ein Teil dieses Aufwands entfalle und der daher nicht geschützt wäre. Ein Eingriff in die Rechte des Tonträgerherstellers sei deshalb bereits dann gegeben, wenn einem fremden Tonträger kleinste Tonfetzen entnommen werden. Das Berufungsgericht habe es jedoch versäumt zu prüfen, ob die Beklagten sich auf das Recht zur freien Benutzung berufen könnten. Nach § 24 Abs. 1 UrhG dürfe ein selbständiges Werk, das in freier Benutzung des Werkes eines anderen geschaffen worden sei, ohne Zustimmung des Urhebers des benutzten Werkes veröffentlicht und verwertet werden. Danach könne auch die Benutzung fremder Tonträger ohne Zustimmung des Berechtigten erlaubt sein, wenn das neue Werk zu der aus dem benutzten Tonträger entlehnten Tonfolge einen so großen Abstand halte, dass es als selbständig anzusehen sei. Eine freie Benutzung sei allerdings in zwei Fällen von vornherein ausgeschlossen: Sei derjenige, der die auf einem fremden Tonträger aufgezeichneten Töne oder Klänge für eigene Zwecke verwenden möchte, befähigt und befugt, diese selbst einzuspielen, gebe es für eine Übernahme der unternehmerischen Leistung des Tonträgerherstellers keine Rechtfertigung. Eine freie Benutzung komme ferner nicht in Betracht, wenn es sich bei der erkennbar dem benutzten Tonträger entnommenen und dem neuen Werk zugrunde gelegten Tonfolge um eine Melodie handle (§ 24 Abs. 2 UrhG). Das Berufungsgericht hat nun zu prüfen, ob die Beklagten sich hinsichtlich des Eingriffs in das Tonträgerherstellerrecht der Kläger auf das Recht zur freien Benutzung berufen können.

rapidshare.com
LG Düsseldorf, Urteil vom 23.01.2008, 12 O 246/07

» UrhG § 97, § 19a
» TMG § 10
Die Klägerin bietet im Internet einen Dienst an, mit dem kostenlos Dateien anderen durch Bekanntgabe des Download-Links zur Verfügung gestellt werden können. Dies wurde auch zum Anbieten urheberrechtlich geschützter Musikstücke verwendet. Die Klägerin begeht die Feststellung, dass der abmahnenden Verwertungsgesellschaft kein Unterlassungsanspruch zusteht.
Das Gericht weist die Klage ab. Eine öffentliche Zugänglichmachung von Musikstücken im Sinne des § 19a UrhG liegt bei dem Geschäftsmodell der Klägerin dadurch vor, dass die streitgegenständlichen Titel in digitaler Form als Datei auf dem unter "rapidshare.com" zur Verfügung gestellten Speicherplatz abgelegt worden sind und zumindest jeder, der Kenntnis von dem jeweiligen zugeteilten Download-Link hat, auf diese Datei und damit auf das urheberrechtlich geschützte Musikwerk zugreifen kann. Da die entsprechenden Download-Links auf verschiedenen "Link-Resources" für sämtliche Internet-Nutzer, die diese Seiten aufsuchen, sichtbar gemacht werden, werden diese zum entsprechenden Zugriff in die Lage versetzt. Ab dem Moment der Veröffentlichung der Download-Links liegt damit eine öffentliche Zugänglichmachung gemäß § 19a UrhG vor. Der Betreiber von "rapidshare.com" haftet für die Urheberrechtsverletzungen als Störer, da er den einzelnen Nutzern die Infrastruktur für ihre Urheberrechtsverstöße zur Verfügung stellt. Er kann sich nicht auf ein etwaiges Haftungsprivileg aus § 10 S. 1 TMG berufen. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung betrifft diese Vorschrift lediglich die strafrechtliche Verantwortlichkeit sowie die Schadensersatzhaftung des Diensteanbieters. § 10 S. 1 TMG sagt dagegen nichts darüber aus, ob jemand als Störer auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann. Der Betreiber hat auch gegen Prüf- und Überwachungspflichten verstoßen. Nicht entlasten kann dabei der Einsatz verschiedener Filtersysteme, da diese nur absolut identische Dateien auffinden können. Für die Prüf- und Überwachungspflichten gilt vorliegend deshalb ein besonders hoher Maßstab, weil das gesamte Geschäftsmodell nicht erkennbar hauptsächlich auf legale Aktivitäten ausgelegt ist, wie dies z.B. bei eBay der Fall ist, sondern das Modell gerade den illegalen Musikdownload erleichtert. Daher hätte der Betreiber Maßnahmen wie die exakte Identifizierung der Nutzer über eine Registrierung oder ein Post-Ident-Verfahren ebenso in Betracht ziehen müssen wie die Einstellung der konkreten Ausgestaltung des Geschäftsmodells.

Keine Mithaftung des Anschlussinhabers bei Filesharing
OLG Frankfurt, Beschluss vom 20.12.2007, 11 W 58/07

» UrhG § 97
Eine Verwertungsgesellschaft klagt wegen Zurverfügungstellens von 290 Musikdateien den Beklagten als Inhaber einer bestimmten IP-Adresse. Der Beklagte bestritt, dass er oder seine Familienangehörigen Musik angeboten hätten. Nach Abgabe einer Unterlassungserklärung sprach das Erstgericht dem Beklagten die Kosten des Verfahrens zu.

Das OLG gibt der Beschwerde keine Folge. Auch wenn Urheberrechtsverletzungen im Internet häufig vorkommen und darüber in den Medien umfangreich berichtet wird, ist der Inhaber eines Internetanschlusses nicht ohne weitere Anhaltspunkte für eine zu erwartende Rechtsverletzung verpflichtet, seine Familienangehörigen bei der Nutzung seines Anschlusses zu überwachen. Eine Pflicht, die Benutzung seines Internetanschlusses zu überwachen oder gegebenenfalls zu verhindern, besteht nur, wenn der Anschlussinhaber konkrete Anhaltspunkte dafür hat, dass der Nutzer den Anschluss zu Rechtsverletzungen missbrauchen wird.

Wiedergabe von "abstracts"
OLG Frankfurt, Urteil vom 11.12.2007, 11 U 75/06

» UrhG § 12, § 23, § 24
Die Beklagte gab auf ihrer Website verkürzte Buchrezensionen aus der Zeitung der Klägerin wieder, wobei diese Zusammenfassungen grundsätzlich von den Mitarbeitern der Beklagten selbst formuliert waren, aber einzelne, nach Auffassung des Abstract-Verfassers besonders aussagekräftige Passagen aus den Originalkritiken enthielten, die meist durch Anführungszeichen gekennzeichnet waren. Die Beklagte verwertete diese Abstracts auch dadurch, dass sie Internet-Buchhandlungen Lizenzen zu ihrem Abdruck erteilte. Das Erstgericht wies die Klage auf Unterlassung, Auskunfterteilung und Schadenersatz ab.

Das OLG gibt der Berufung keine Folge. Der Klägerin stehen keine Ansprüche aus Urheberrecht, Markenrecht oder Wettbewerbsrecht zu. Nach der Veröffentlichung eines Werkes ist jedermann grundsätzlich berechtigt, den Inhalt des Werkes öffentlich mitzuteilen oder zu beschreiben; dies muss jedenfalls insoweit gelten, als die Inhaltsbeschreibung nicht als unzulässige unfreie Bearbeitung anzusehen ist. Die Wiedergabe einer Kurzfassung von Buchrezensionen Dritter (Abstracts) kann zulässig sein, wenn das Abstract einen eigenständigen schöpferischen Gehalt aufweist. Dies hängt vor allem davon ab, wie weit sich das Abstract in Aufbau und Gliederung vom Original unterscheidet und in welchem Umfang Passagen aus dem Originaltext übernommen werden.

chefkoch.de - Haftung des Themenportalbetreibers für von Dritten eingestellte Inhalte
, Urteil vom 26.09.2007, 5 U 165/06

» UrhG § 97, 19a
» TMG §§ 7 bis 10
Der Kläger veröffentlicht auf der Website Marions Kochbuch eigene Speisefotographien. Der Beklagte betreibt auf der Website www.chefkoch.de eine kostenlos abrufbare Sammlung von Rezepten, die vor allem von Dritten hochgeladen werden. Dabei kam es schon in der Vergangenheit immer wieder dazu, dass auch Bilder des Klägers ohne sein Wissen und seine Zustimmung eingestellt wurden. Auf Abmahnungen gab die Beklagte mehrfach Unterlassungserklärungen ab.

Das Erstgericht gab der Unterlassungs- und Schadenersatzklage statt.

Das OLG gibt der Berufung nicht Folge. Das Forum der Beklagten ist dadurch gekennzeichnet, dass sich diese durch die Gestaltung der Website die fremden Inhalte zu eigen machen. Die Rezepte werden auch vor Freischaltung geprüft und der Betreiber lässt sich umfangreiche Nutzungsrechte einräumen. Indem die Beklagte zu 1. auf der Grundlage ihres Geschäftsmodells eine derartige unbegrenzte Möglichkeit Dritten im eigenen kommerziellen Interesse zur Verfügung stellt, hat sie auch die erforderlichen Schutzmaßnahmen zu treffen und kann sich nicht auf eine faktische Unmöglichkeit berufen. Als mögliche Überprüfungsmaßnahme wäre etwa denkbar, dass vor der Einstellung/Übernahme eines Lichtbilds der Nutzer der Beklagten jeweils konkret mitteilen muss, wann dieses Lichtbild von welcher Person (gegebenenfalls mit Anschrift und Kameratyp) hergestellt worden ist. Ein schützenswertes Interesse der Beklagten, dass ihre Nutzer unter einem Pseudonym Rezepte bzw. Lichtbilder einstellen können, ist in rechtlicher Hinsicht nicht anzuerkennen; hiefür bestehe bei diesem Modell auch keine Notwendigkeit. Auch im Hinblick auf die bereits mehrfach erfolgten Rechtsverletzungen sei eine Unterbindung weiterer Rechtsverletzungen zu fordern. Die Verantwortlichkeit der Beklagten beschränkt sich deshalb nicht auf eine reine Störereigenschaft. Die Beklagte ist vielmehr Täterin einer Urheberrechtsverletzung.

Suchmaschinenoptimierte Website
OLG Rostock, Beschluss vom 27.06.2007, 2 W 12/07

» UrhG § 2
Das Gericht wies eine sofortige Beschwerde gegen eine (nach Vergleichsschluss in der Sache) durch das LG Rostock getroffene Kostenentscheidung zurück und führte dazu aus, dass einer unter dem Gesichtspunkt der Suchmaschinenoptimierung erstellten Website insgesamt Urheberrechtsschutz als geschütztes Sprachwerk gem. § 2 Abs. 1 Nr 1 UrhG zukommen kann. Die Auswahl, die Einteilung und die Anordnung der Suchbegriffe aus der Alltagssprache auf den Webseiten und im Quelltext bilden hier die individuelle Schöpferische Eigenheit des vom Kläger gestalteten Internetauftritts. Die Gestaltung mit Mitteln der Sprache erreicht die für die Urheberrechtsschutzfähigkeit hinreichende Gestaltungshöhe, denn sie übersteigt deutlich das Schaffen eines durchschnittlichen Webdesigners, das auf einer routinemäßigen, handwerksmäßigen und mechanisch-technischen Zusammenfügung des Materials beruht.

Negativer Bild-Link
OLG München, Urteil vom 26.06.2007, 18 U 2067/07

» BGB § 1004, § 823
» KunstUrhG § 22, § 23
Werden dem privaten Bereich zuzuordnende und im Internet im Zusammenhang mit einer Freizeitaktivität veröffentlichte Bilder in einem Bericht angelinkt, der sich kritisch mit der anwaltlichen Tätigkeit des Abgebildeten auseinandersetzt, steht dem abgebildeten Anwalt ein Unterlassungsanspruch aus §§ 1004, 823 BGB, 22, 23 KunstUrhG zu, sofern der Link auf die Bilder als Untermauerung der kritischen Äußerungen eingesetzt wird. In diesem Fall liegt ein wirksames Einverständnis des Abgebildeten mit der Veröffentlichung der Bilder nicht vor. Selbst wenn man die Bebilderung noch als Beitrag zu einer allgemeinen Diskussion versteht, überwiegt das berechtigte Interesse des Abgebildeten an seiner Privatsphäre dasjenige eines Presseorganes an der Veröffentlichung, da das zur Schau gestellte Bild als Beleg für die kritischen Meinungsäußerungen aus dem (privaten) Zusammenhang gerissen wird.

Handel mit gebrauchten Softwarelizenzen
LG München I, Urteil vom 15.03.2007, 7 O 7061/06

» UrhG § 69c, § 16
Die Nutzungsrechte des Softwareherstellers (Klägerin) werden durch den Verkauf "gebrauchter" Lizenzen seitens des Beklagten verletzt. Nach § 69 c Nr. 1 UrhG ist die dauerhafte oder vorübergehende Vervielfältigung eines Computerprogramms dem Rechtsinhaber vorbehalten. Die Beklagte veranlasst ihre Kunden im Rahmen des von ihr unterhaltenen Vertriebsmodells die aktuelle Version der Software der Klägerin von der Homepage der Klägerin herunterzuladen - soweit diese nicht bereits im Besitz der aktuellen Version sind, oder soweit Lizenzen für zusätzliche Nutzer hinzugekauft werden in den Arbeitsspeicher der Rechner der zusätzlichen Anwender geladen wird. Beides stellt eine dem Rechtsinhaber vorbehaltene Vervielfältigung dar. Soweit die Software von der Homepage der Klägerin heruntergeladen wird, entsteht auf dem Server des Kunden ein Vervielfältigung, § 16 Abs. 1, § 69 c Nr. 1 UrhG. Aber auch das Laden des Programmes in die Arbeitsspeicher der Rechner der einzelnen Anwender beinhaltet eine Vervielfältigung nach §§ 16 Abs. 1, 69 c Nr. 1 UrhG. Eine analoge Anwendung des Erschöpfungsgrundsatzes ist schon deshalb abzulehnen, weil eine solche Ausdehnung seines Anwendungsbereiches vom Regelungszweck des Erschöpfungsgrundsatzes nicht gedeckt ist. Zweck des Erschöpfungsgrundsatzes ist es, die Verkehrsfähigkeit von mit Zustimmung des Urhebers in Verkehr gebrachten Waren sicherzustellen. Innerhalb des einheitlichen Wirtschaftsraumes soll das mit Zustimmung des Berechtigten in Verkehr gebrachte Werkstück ungeachtet des Urheberrechtsschutzes frei zirkulieren können. Beim vom Nutzer selbst hergestellten Vervielfältigungsstücken besteht kein vergleichbares Bedürfnis nach "Erhaltung" ihrer Verkehrsfähigkeit.

Ungesicherte WLan-Verbindung
LG Frankfurt, Urteil vom 22.02.2007, 2-3 O 771/06

» UrhG § 97, BGB § 1004
Der Anschlussinhaber haftet selbst als Störer, wenn er anderen über eine ungesicherte WLan-Verbindung den Download von urheberrechtlich geschützten Musikaufnahmen ermöglicht. Das Ausschalten des PC vor Antritt des Urlaubs genügt als Schutzmaßnahme hiergegen nicht aus. Es obliegt daher dem Anschlussinhaber, sich über mögliche Rechtsverletzungen zu informieren und die vorhandenen technischen Möglichkeiten zur Vorbeugung zu nutzen.

Nutzung eines Werks mittels Framing
LG München I, Urteil vom 10.01.2007, 21 O 20028/05

» UrhG § 19a
Ein Betreiber einer österreichischen Website band ein Foto eines Fisches vom Server des österreichischer Fischereiverbandes in seine Seiten ein, das wiederum von der Website eines deutschen Fotographen kopiert und auf dem eigenen Server gespeichert worden war. Der Fotograph klagte in Deutschland auf Unterlassung, Auskunfterteilung und Schadenersatz.

Das LG gibt der Klage im wesentliche statt. Die vom Nutzer der Seite nicht willkürlich beeinflusste, sondern allein vom Ersteller der Website veranlasste Zulieferung einer Datei von einem beliebigen Ort im Internet und die Einbindung mittels der Technik des "Framing" macht ein in dieser Datei verkörpertes Werk zugänglich und stellt ein öffentliches Zugänglichmachen im Sinne des § 19a UrhG dar. Der Inhaber der Domain, unter der die Webseite mit "Frames" abrufbar ist, muss auch die Verantwortung für das Bestehen der Nutzungsrechte an den wiedergegebenen Inhalten übernehmen. Zwei Verletzer, die ein geschütztes Werk in der Weise nutzen, dass der eine unberechtigt eine Dateikopie des Werkes zur Erstellung eines Webauftrittes auf seinem Server ablegt und der andere diese Kopie - ebenfalls ohne Einverständnis des tatsächlich Berechtigten - mittels "Framing" in seine Website einbindet, haften als Nebentäter jeweils auf den vollen Schaden der von ihnen veranlassten
  • Entscheidung bei JurPC
  • Anmerkung: In diesem Fall wurde das Foto zunächst von A kopiert und gespeichert und dann von B in seine Website mittels Framing (wahrscheinlich eher mittels img-Tag) eingebunden; es wurde somit quasi ein "gestohlenes" Foto auf die Website gestellt, was natürlich eine klare Verletzung des Zurverfügungstellungsrechtes darstellt, bei A allerdings auch einen Verstoß gegen das ausschließliche Vervielfältigungsrecht. Der übliche Vorgang beim Framen ist demgegenüber der, dass die Daten direkt vom Server des Berechtigten "entlehnt" werden, was allerdings nach dieser Entscheidung keinen Unterschied ausmacht, wenn nicht auf die fremde Urheberschaft hingewiesen wird.

Wetterdaten für Luftfahrzeugführer
OLG Köln, Urteil vom 15.12.2006, 6 U 229/05

» UrhG § 5, § 87a-c
Der Annahme einer nach § 87 a Abs. 1 UrhG geschützten elektronischen Datenbank steht nicht entgegen, dass die Daten ungeordnet in den physischen Speicher eingegeben werden, wenn der Datenbestand mit einem Abfragesystem verbunden ist, das zielgerichtete Recherchen nach Einzelelementen in dem Datenbestand ermöglicht. Der Datenbankschutz setzt eine Bearbeitung der in die Datenbank aufgenommenen Einzelinformationen nicht voraus. Eine Vervielfältigung von Teilen der geschützten Datenbank, welche die berechtigten Interessen des Datenbankherstellers unzumutbar beeinträchtigt, kann auch in einer nur vorübergehenden Vervielfältigung wie der Festlegung im Arbeits- oder Zwischenspeicher eines Computers und zeitnaher Löschung der Daten liegen.

Abstracts bei perlentaucher.de
LG Frankfurt, Urteil vom 23.11.2006, 2-03 O 172/06

» UrhG § 12, § 51
» UWG § 3, § 4
Die FAZ hatte perlentaucher.de geklagt, das täglich Feuilletonartikel der wichtigsten deutschsprachigen Zeitungen sowie Buchrezensionen zusammenfasst und Lizenzen für die Verwertung ihrer Abstracts weiterverkauft.

Das LG wies die Klage ab. Bei den Abstracts handle es sich um eine Sekundärnutzung urheberrechtlich geschützter Vorlagen in eigengestalteten Kurzfassungen, die dazu dienten, den Leser über den wesentlichen Inhalt der Originaltexte zu informieren. Es seien nur sehr kleine Teile der Originalkritiken wie einzelne Wörter, Sätze oder Satzteile übernommen worden, bei denen der Urheberrechtsschutz grundsätzlich daran scheitere, dass sie nicht ausreichend Raum für die Entfaltung von Individualität böten (nicht rk).

sexiest woman alive
OLG Hamburg, Urteil vom 13.09.2006, 5 U 161/05

» UrhG § 97
Der Kläger fertigte Fotos der Schauspielerin Jeanette Biedermann an, die von der 15-jährigen Beklagten aus dem Internet heruntergeladen und verkauft wurden. Das Erstgericht gab dem Unterlassungsbegehren Folge. Das OLG hatte nach Erledigung der Hauptsache nur mehr über die Kosten zu entscheiden. Dabei ging es vom Zurechtbestehen des Unterlassungsanspruches aus. Auch minderjährigen Internet-Nutzern ist bewusst, dass dieses Medium nicht dazu berechtigt, sich unerlaubt und gegen den Willen des Berechtigten fremde Güter anzueignen und daraus unbefugt Gewinn zu erzielen. Das verbreitet im Internet anzutreffende (konkludente) Einverständnis des Berechtigten mit einer kostenfreien Nutzung bezieht sich - sofern nichts Gegenteiliges erklärt ist - ausschließlich auf einen privaten Gebrauch. Es ist auch jugendlichen Nutzern klar, dass mit den erhaltenen Gütern selbst dann ohne Einwilligung keine Geschäfte gemacht werden dürfen, wenn kein Copyright-Vermerk vorhanden ist. Der Streitwert wurde angesichts des Alters der Beklagten und des geringen Umfanges der Geschäfte mit EUR 10.000 festgesetzt.

"Websiteklau" - wettbewerbsrechtliche Übernahme trotz fehlender Schöpfungshöhe
LG Köln, Urteil vom 20.07.2006, 28 O 798/04

» UrhG § 2
» UWG § 3, § 4
Für die Schutzfähigkeit eines Sprachwerks kommt es sowohl auf seine Art als auch auf seinen Umfang an; ist der Stoff des Sprachwerks frei erfunden, so erlangt es eher Urheberschutz als solche Texte, bei denen der Stoff durch organisatorische Zwecke oder wissenschaftliche und andere Themen vorgegeben ist, denn dort fehlt der im fraglichen wissenschaftlichen oder sonstigen Fachbereich üblichen Ausdrucksweise vielfach die urheberrechtsschutzfähige eigenschöpferische Prägung. Beim Kopieren von Texten und Werbegrafiken kann dennoch in Einzelfällen ein Unterlassungsanspruch aus Wettbewerbsrecht vorliegen, auch wenn ein solcher nach dem Urheberrecht nicht besteht. Eine Webseite kann demnach die erforderliche wettbewerbliche Eigenart aufweisen und damit gegen Nachahmung geschützt sein. Eine solche Eigenart liegt dann vor, wenn die konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale des Erzeugnisses geeignet sind, die angesprochenen Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hinzuweisen. Die Funktion des (ungeschriebenen) Tatbestandsmerkmals der wettbewerblichen Eigenart besteht darin, den Schutz vor Nachahmung auf solche Leistungsergebnisse zu beschränken, die unter Berücksichtigung der Interessen der Mitbewerber, der Verbraucher, der sonstigen Marktteilnehmer und der Allgemeinheit schutzwürdig sind.

Vergaberichtlinien
BGH, Urteil vom 06.07.2006, I ZR 175/03

» UrhG § 5
Die Klägerin gibt im Auftrag eines Ministeriums ein Handbuch verschiedener Normen und Vergaberichtlinien heraus. Die Beklagte hat diese Sammlung in ein eigenes Handbuch übernommen.

Das Erstgericht verurteilte die Beklagte zur Unterlassung, das Berufungsgericht wies ab.

Der BGH weist die Revision zurück. Der Begriff des Erlasses in § 5 Abs. 1 UrhG ist kein verwaltungsrechtlicher, sondern ein urheberrechtlicher Begriff, der entsprechend dem Zweck der Vorschrift auszulegen ist. Zu den amtlichen Erlässen gehören deshalb auch allgemeine Regelungen, die zwar formal nur an andere Behörden gerichtet sind, denen aber zumindest eine gewisse Außenwirkung zukommt. Wegen des durch § 5 Abs. 1 UrhG geschützten Publizitätsinteresses der Allgemeinheit kann die Vorschrift auch eingreifen, wenn das Werk im urheberrechtlichen Sinn, das der Hoheitsträger zum Inhalt seiner - vom Gesetz als "amtliches Werk" bezeichneten - Willensäußerung gemacht hat, nicht aus dem Amt selbst herrührt und von dessen Mitarbeitern im dienstlichen Auftrag geschaffen worden ist, sondern von Mitarbeitern eines anderen Amtes oder privaten Urhebern. Entscheidend ist, ob und inwieweit die Verlautbarung dem Hoheitsträger als eigenverantwortliche Willensäußerung zuzurechnen ist.

Prince-Bootleg-DVD
LG Berlin, Urteil vom 09.05.2006, 16 O 235/05

» UrhG § 77, § 96
» TRIPS Art. 14
Die Beklagte vertrieb eine DVD mit einem illegalen Konzertmitschnitt aus dem Jahr 1983. Die Klägerin behauptet, die Beklagte habe die DVDs auch hergestellt und begehrt Unterlassung, Auskunft, Schadenersatz und Vernichtung.

Das Landgericht hat der Klage in allen Teilen stattgegeben. Der Künstler Prince bzw. der Rechteinhaber hat einen Anspruch auf Unterlassung der Vervielfältigung und/oder Verbreitung einer DVD mit einem illegalen Konzertmitschnitt. Da Art. 14 Abs. 1 TRIPS kein Verbreitungsrecht, sondern nur ein Verbietungsrecht gewährt, kann sich ein ausländischer Künstler nicht auf das Verbreitungsrecht nach § 77 Abs. 2 S. 1, 2. Alt. UrhG oder auf das Verwertungsverbot gemäß § 96 UrhG berufen. Da der Künstler Prince eine sog. absolute Person der Zeitgeschichte ist, besteht zwar für die Öffentlichkeit ein echtes Informationsbedürfnis an einer bildlichen Darstellung als Musiker. Diesem Interesse der Öffentlichkeit stehen aber die berechtigten Interessen des abgebildeten Künstlers an der Verbreitung seines Bildes entgegen, das vorliegend aufgrund der sehr schlechten Ton-Aufnahmequalität der DVD gegenüber seinen Fertigkeiten als Musiker eindeutig im Vordergrund steht.

Cybersky
OLG Hamburg, Urteil vom 08.02.2006, 5 U 78/05

» UrhG § 87
» UWG § 3
» UWG § 4
§ 87 Abs. 1 Nr. 1 UrhG umfasst auch das ausschließliche Recht, Funksendungen öffentlich zugänglich zu machen. § 87 Abs. 1 UrhG nimmt auf § 19a UrhG Bezug, der die Werkverwertung in digitalen Datennetzen betrifft und damit auch Übertragungs- und Wahrnehmungsformen mittels des Internets betrifft. Allein der Umstand, dass ein für rechtmäßige Zwecke geeignetes Produkt (vorliegend: Produkt zur Errichtung eines peer-to-peer Netzwerks zur Übertragung verschlüsselt gesendeter Fernsehprogramme im Internet) auch zum Rechtsmissbrauch durch Dritte verwendet werden kann, führt noch nicht zur Rechtsfolge eines allgemeinen oder auf bestimmte Nutzungsarten beschränkten Verbots. Anders ist dies aber, wenn der Anbieter des Produkts die Möglichkeit des Rechtsmissbrauchs in Produktankündigungen und in seiner Absatzwerbung herausstellt und die rechtswidrige Nutzungsmöglichkeit damit zur Zweckbestimmung der Ware bzw. Dienstleistung erhebt. Die Haftung des Anbieters des Produkts gründet sich dann nicht auf das rechtsverletzende Handeln Dritter, sondern auf seine eigenen Handlungen, mit denen er potentiellen Erwerbern die Möglichkeit zum Rechtsverstoß eröffnet oder nahelegt. Der als Störer in Anspruch genommene Hersteller des Produkts muss im Rahmen des Zumutbaren und Erforderlichen geeignete Vorkehrungen treffen, durch die die Rechtsverletzungen möglichst verhindert werden. Ein wirksamer Schutzmechanismus kann darin bestehen, dass die Software ein urheberrechtsverletzendes Einspeisen oder einen Transport der rechtsverletzenden Programme ausschließt.

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