Entscheidungen zu den Grundrechten
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Foto eines Mordopfers
OGH,
Urteil vom 24.06.2003,
4 Ob 105/03z |
» EMRK Art 10 |
» UrhG § 46 |
» UrhG § 54 |
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Die Vereinigung der Berufsfotographen klagt die Kronenzeitung wegen Veröffentlichung eines Fotos eines Mordopfers. Der Pressefotograph hatte das Foto aus dem Pass abfotographiert.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren hinsichtlich Zahlung einer Lizenzgebühr und Unterlassung statt, das Berufungsgericht bestätigte.
Der OGH gab der Revision nicht Folge. Die neuere Rechtsprechung bezieht das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung nach Art. 10 EMRK in die Interessenabwägung ein und lässt unter bestimmten Voraussetzungen einen Eingriff in die Rechte des Urhebers zu. Diese Entscheidung ist die Fortsetzung der Judikatur aus den Entscheidungen Schüssels Dornenkrone, Medienprofessor und Geleitwort.
Diese Rechtsprechung lässt sich dahin zusammenfassen, dass aufgrund einer Interessenabwägung zu entscheiden ist, ob dem Grundrecht der freien Meinungsäußerung ein Vorrang vor Urheber- und Leistungsschutzrechten zukommt. Dem Interesse des Urhebers, über die Verwendung seines Werks zu bestimmen und diese nur gegen Entgelt zu gestatten, steht das Interesse desjenigen gegenüber, der durch Verwendung des Werks Tatsachen mitteilen oder Meinungen äußern will.
Ist der Urheber bereit, die Nutzung seines Werks gegen Entgelt zu gestatten, so kann das Grundrecht der freien Meinungsäußerung einen Eingriff in Urheber- oder Leistungsschutzrechte von vornherein nicht rechtfertigen, weil eine Einschränkung des Grundrechts durch das Urheberrecht als gesetzlich geschütztes Recht im Sinne des Art 10 Abs 2 EMRK insoweit jedenfalls gerechtfertigt ist. Grundvoraussetzung jeder Rechtfertigung eines Eingriffs in Urheber- oder Leistungsschutzrechte durch das Grundrecht der freien Meinungsäußerung ist damit, dass die wirtschaftlichen Interessen des Urhebers nicht berührt werden und das Grundrecht ohne Eingriff in das Urheber- oder Leistungsschutzrecht nicht ausgeübt werden kann.
Das Grundrecht der freien Meinungsäußerung vermag den Eingriff aber auch dann nicht zu rechtfertigen, wenn der Berechtigte die Nutzung seines Werks auch gegen (angemessenes) Entgelt nicht gestattet, oder wenn er dem Nutzer nicht bekannt ist und seine Identität in der kurzen Zeit, die für eine Veröffentlichung bei Wahrung der Aktualität zur Verfügung steht, nicht festgestellt werden kann.
Dem Interesse des Fotografen, die Nutzung des von ihm aufgenommenen Lichtbilds an seine Zustimmung zu binden (Ausschließungsrecht), steht das Interesse der Zeitung gegenüber, mit dem Bild einen Bericht über einen Mord zu illustrieren.
Anders als bei der - den Gegenstand der Verfahren 4 Ob 224/00w und 4 Ob 127/01g bildenden - Verwendung fremder Werke gleich einem Zitat hat die Veröffentlichung des Bildes in einem Fall wie dem vorliegenden keine Belegfunktion; sie dient (nur) der Information. Das Interesse, über den Kriminalfall nicht nur durch einen Wortbericht zu informieren, sondern die Aufmerksamkeit der Leser durch ein Bild des Mordopfers auf den Bericht zu lenken, wiegt nicht schwer genug, um einen Eingriff in die Rechte des Fotografen zu rechtfertigen.
Dass der Fotograf das Entgelt für die Passfotos erhalten hat, nimmt seinem finanziellen Interesse nicht die Schutzwürdigkeit:
Die Beklagte hat die Fotos mit der Veröffentlichung in ihrer Zeitung auf eine Art verwendet, die durch das Entgelt für die Passfotos nicht abgegolten ist. |
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