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OGH, Beschluss vom 24.5.2005, 4 Ob 78/05g

ECG § 16, UWG § 2

*****   Zusammenfassung   *****

Die Klägerin mit Sitz in Malta und Betriebsstätte in Graz bietet im Internet Telefonmehrdienstleistungen, Telefonerotik und Life-Cam-Darbietungen unter der Domain phonesex.at an. Die Erstbeklagte ist eine direkte Konkurrentin, die Zweitbeklagte deren Hostprovider. Sie verstieß auf ihrer Website gegen das Preisauszeichnungsgebot.

Das Erstgericht gab der Unterlassungsklage gegen die Erstbeklagte statt und wies gegen die Zweitbeklagte ab; das Berufungsgericht bestätigte.

Der OGH gab dem außerordentlichen Revisionsrekurs keine Folge. Der von der Klägerin über angebliche Rechtsverletzungen informierte Diensteanbieter kann nur dann auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wenn die beanstandete Rechtsverletzung auch für einen juristischen Laien ohne weitere Nachforschungen offenkundig war. Ob dies der Fall ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und bildet daher regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO. Im vorliegenden Fall ist jedenfalls nicht bloß maßgebend, ob ein Verstoß gegen das E-Commerce-Gesetz offenkundig war, sondern es kommt auch darauf an, ob ein juristischer Laie den Verstoß gegen das Irreführungsverbot des § 2 UWG hätte erkennen müssen. Wenn die inkriminierte Website zum Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz bereits länger als ein Jahr nicht mehr abrufbar war, besteht kein berücksichtigungswürdiges Interesse der Klägerin an einer Urteilsveröffentlichung mehr.

zur OLG-Entscheidung

*****   Entscheidung   *****

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß als Vorsitzende, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Gitschthaler als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E*****, vertreten durch Dr. Franz Unterasinger, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagten Parteien 1. V*****, vertreten durch Zauner & Mühlböck Rechtsanwälte KEG in Linz, und 2. T*****, vertreten durch Hasberger - Seitz & Partner, Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 21.802,32 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 21. Februar 2005, GZ 4 R 336/04t-46, womit das Urteil des Landesgerichts Krems an der Donau als Handelsgericht vom 28. September 2004, GZ 6 Cg 59/02i-40, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtssatz

Die außerordentliche Revision der Klägerin berührt keine erhebliche Rechtsfrage. Der Oberste Gerichtshof hat sich mit der Haftung von Diensteanbietern im Internet für Rechtsverletzungen der Gestalter (Betreiber) der vermittelten Inhalte bereits befasst und auch in diesen Fällen die zur Gehilfenhaftung entwickelten und in Fällen der Haftung der Domain-Namensverwalterin weiterentwickelten Grundsätze der Rechtsprechung angewendet (4 Ob 66/04s = ecolex 2004/375 [Tonninger]-Mega-Sex; 4 Ob 134/01m = ÖBl 2003, 22 - Das versteckte Mikrofon mwN; 4 Ob 166/00s = SZ 73/140 - fpo.at; 4 Ob 176/01p = SZ 74/153 - fpo.at II). Danach kann der von der Klägerin über angebliche Rechtsverletzungen informierte Diensteanbieter nur dann auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wenn die beanstandete Rechtsverletzung auch für einen juristischen Laien ohne weitere Nachforschungen offenkundig war. Ob dies der Fall ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und bildet daher regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO. Im vorliegenden Fall ist jedenfalls nicht bloß maßgebend, ob ein Verstoß gegen das E-Commerce-Gesetz offenkundig war, sondern es kommt auch darauf an, ob ein juristischer Laie den Verstoß gegen das Irreführungsverbot des § 2 UWG hätte erkennen müssen.

Die Urteilsveröffentlichung soll nach Lehre und ständiger Rechtsprechung eine durch den Wettbewerbsverstoß hervorgerufene unrichtige Meinung richtigstellen und verhindern, dass diese Meinung weiter um sich greift. Sie dient der Aufklärung des Publikums über einen bestimmten Gesetzesverstoß, der auch in Zukunft noch nachteilige Auswirkungen besorgen lässt. Normzweck ist demnach das Bedürfnis, den entstandenen Schaden gutzumachen und den Verletzten vor weiteren Nachteilen zu bewahren, nicht hingegen die Bestrafung des Verletzers (Ciresa, Handbuch der Urteilsveröffentlichung² Rz 51 ff mwN; 4 Ob 226/01s = ÖBl 2002/12, 91 - onlaw mwN). Das Gericht hat nach pflichtgemäßem Ermessen zu beurteilen, ob die besonderen Umstände des Einzelfalls, insbesondere ein berücksichtigungswürdiges Interesse der siegreichen Partei, das Veröffentlichungsbegehren rechtfertigen. Unter Berücksichtigung der Umstände bei Schluss der Verhandlung erster Instanz - die Website war zu diesem Zeitpunkt bereits seit mehr als einem Jahr nicht mehr aufrufbar - hat da Berufungsgericht ein berücksichtigungswürdiges Interesse der klagenden Partei an der Urteilsveröffentlichung verneint, weil eine Aufklärung des Publikums zwecks Verhinderung des Umsichgreifens einer unrichtigen Ansicht nicht mehr erforderlich sei. Seine Auffassung bedeutet keine im Rahmen eines außerordentlichen Rechtsmittels aufzugreifende Fehlbeurteilung.

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