nimfuehr.at
OGH, Beschluss vom 24.2.2009, 4 Ob 235/08z
***** Zusammenfassung *****
Der Inhaber des Namens "Nimführ", der Firma "Nimführ Immobilien" und der
Domain "nimfuehr-immo.at" klagt die österreichische Domain-Vergabestelle auf
Widerruf und Löschung der Domain "nimfuehr.at", mit der Begründung, dass der
Inhaber der Domain John Robertson aus Malaysia, hinter dem er einen Strohmann
vermutet, auf der Website unter der Domain Werbung aus dem Immobilienbereich
schalte und damit am guten Namen des Klägers schmarotze. Die Beklagte sei durch
Vergabe und Aufrechterhaltung der Domain "nimfuehr.at" für die Rechtsverletzung
mitverantwortlich, weil sie sich trotz Darlegung des Sachverhaltes weigere die
Domain zu sperren.
Das Erstgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung. Das Rekursgericht
gab dem Rekurs der Beklagten Folge und wies den Sicherungsantrag ab. Eine
Rufausbeutung gem.
§ 1 UWG liege nicht vor, weil ein
überragender Ruf des Klägers im Immobilienbereich nicht bescheinigt worden sei.
Auch eine Haftung als Gehilfe für die Verletzung des Namensrechtes scheide aus.
Gehilfe sei nur derjenige, der den Täter bewusst gefördert hat. Dieses
Bewusstsein fehle, wenn jemand die Störungshandlung nicht einmal in
tatsächlicher Hinsicht gekannt habe und eine Prüfungspflicht auf allfällige
Verstöße nicht in Frage komme. Der Beklagten sei eine komplexe juristische
Beurteilung in Streitfällen grundsätzlich nicht zumutbar. Für einen juristischen
Laien sei im gegenständlichen Fall eine Rechtsverletzung nicht offenkundig, weil
es möglich sei, dass der Domaininhaber ein Markenrecht habe oder die Domain
treuhändig für einen Namensgleichen halte. Der Kläger müsse sich daher an den
Domaininhaber wenden. Die Beklagte habe ihre Verpflichtung durch Setzen des
Wartestatus, mit dem eine Übertragung während der Auseinandersetzung verhindert
werde, erfüllt.
Der OGH weist den außerordentlichen Revisionsrekurs zurück. Die Entscheidung des OLG folge der bisherigen Judikatur zur Haftung der Domain-Vergabestelle. Der Umfang der Prüfpflicht der Vergabestelle ist normativ zu bestimmen und hängt nicht von der Tatfrage ab, ob sie über eine Rechtsabteilung verfügt oder nicht.
- OLG-Entscheidung
- Anmerkung: Im gegenständlichen Fall ist die Rechtsverletzung nicht nur für einen juristischen Laien ohne Nachforschung nicht offenkundig, sondern genauso für den Juristen. Nur durch Auseinandersetzung mit dem Domaininhaber kann geklärt werden, ob dieser irgendein Recht am Namen "Nimfuehr" geltend machen kann. Auch bei einem Wohnsitz in Malaysia wäre eine solche Klage in Österreich möglich. Problemen bei der Zustellung der Klage, wenn es überhaupt zu solchen kommt, wird in derartigen Fällen regelmäßig durch Bestellung eines Abwesenheitskurators begegnet. Da der Abwesenheitskurator über keine Informationen verfügt, kann er das Klagsvorbringen nicht erfolgreich bestreiten und mit dem rechtskräftigen Urteil muss die Domainvergabestelle löschen. Dagegen kann sich der Domaininhaber auch im nachhinein nicht mehr wehren; er wäre nämlich gegenüber der Domainvergabestelle verpflichtet, immer seine Zustelladresse bekanntzugeben.
***** Entscheidung *****
Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Manfred N*****, vertreten durch Dr. Walter Nimführ, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei Nic.at Betriebsgesellschaft mbH, *****, vertreten durch Freimüller/Noll/Obereder/Pilz & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Widerruf und Löschung einer Domain (Streitwert im Sicherungsverfahren 25.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 28. Oktober 2008, GZ 1 R 117/08w-11, den
Beschluss
gefasst:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Der außerordentliche Revisionsrekurs des Klägers berührt keine erhebliche Rechtsfrage.
Rechtliche Beurteilung
Die angefochtene Entscheidung folgt der Rechtsprechung zur Haftung der Domain-Vergabestelle für Rechtsverletzungen durch einen Domain-Inhaber (4 Ob 166/00s - fpo.at; 4 Ob 176/01p = SZ 74/153 fpo.at II; RIS-Justiz RS0114374, RS0114373). Danach ist zwar eine allgemeine Prüfpflicht der Vergabestelle vor bzw im Zusammenhang mit der Registrierung einer Second-level-Domain zu verneinen. Die Vergabestelle ist aber zum Handeln verpflichtet, wenn der Verletzte unter Darlegung des entsprechenden Sachverhalts ein Einschreiten verlangt und die Rechtsverletzung auch für einen juristischen Laien ohne weitere Nachforschung offenkundig ist. Sperrt sie in einem solchen Fall die Domain trotz Aufforderung nicht, kann sie auf Unterlassung und unter bestimmten Umständen auch auf Beseitigung in Anspruch genommen werden.
Entgegen der Auffassung des Klägers ist der Umfang der Prüfpflicht der Vergabestelle normativ zu bestimmen und hängt nicht von der Tatfrage ab, ob sie über eine Rechtsabteilung verfügt oder nicht. Die Beurteilung des Rekursgerichts, eine allfällige Verletzung des Klägers in seinem Namensrecht durch unbefugten Namensgebrauch des Domaininhabers sei keineswegs offensichtlich im Sinne der Rechtsprechung, hält sich im Rahmen des ihm in dieser Frage eingeräumten Ermessensspielraums. Allein der Umstand, dass der Domaininhaber einen Namen führt, der mit der Second-level-Domain nicht zeichengleich übereinstimmt, kann für die Annahme einer offensichtlichen, sich der Beklagten aufdrängenden Anmaßung des Namens des Klägers noch nicht ausreichen, weil ein solcher Sachverhalt keineswegs unüblich ist; andernfalls hätte nämlich die beklagte Vergabestelle in einer nahezu unbegrenzten Vielzahl von Fällen einen ihr nach allgemeinen prozessualen Regeln nicht obliegenden Entlastungsbeweis zu führen. Dass darüber hinaus unter der Domain Inhalte jener Branche aufrufbar sind, in der auch der Kläger geschäftlich tätig ist, ändert ohne das Hinzutreten von - hier nicht bescheinigten - Unlauterkeitselementen an dieser Beurteilung nichts.
Ein substantiiertes Vorbringen zu einem für die Beklagte offenkundigen Verstoß des Domaininhabers gegen §§ 2 oder 9 UWG hat der Kläger im Verfahren erster Instanz nicht erstattet. Im Übrigen hängt es von den Umständen des Einzelfalls ab und ist daher idR keine Rechtsfrage erheblicher Bedeutung, ob ein juristischer Laie die Rechtsverletzung auch ohne weitere Nachforschung erkennen kann (4 Ob 78/05g = ÖBl-LS 2005/2002; 4 Ob 229/06i [krit. Thiele, MR 2007, 109] = RIS-Justiz RS0114374 [T4]).