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Anstelle eines Jahresrückblickes

Über das internetrechtlich turbulente Jahr 2005

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Das Jahr 2005 war für Internet4jurists ein Jahr der Stagnation. Der geplante Relaunch ist ins Stocken gekommen und viele Aufsätze zu wichtigen Themen wurden nicht geschrieben oder jedenfalls nicht vollendet. Ich war dieses Jahr in meiner beruflichen Tätigkeit als Richter für ein Großverfahren freigestellt. Das bedeutete eine völlig neue Art von Arbeit und ein Verfahren, das man auch beim Verlassen der Amtsräumlichkeiten nicht aus dem Kopf bekam. Umfang und Komplexität verhinderten eine eingehende Beschäftigung mit anderen Dingen. Dem ist letztendlich auch der geplante Jahresrückblick zum Opfer gefallen. Dafür ist zumindest die Website jetzt wieder auf dem aktuellen Stand – soweit das bei einem derartigen Themenumfang überhaupt möglich ist. Judikatur, Literatur und Gesetze geben annähernd den aktuellen Stand wider und einige Kapitel wurden auch themenmäßig erweitert. Außerdem habe ich beschlossen, um in Zukunft noch rascher auf aktuelle Geschehnisse reagieren zu können, laufende Beiträge in Blogform zu verfassen.

Anstelle eines Jahresrückblickes nur eine kurze Auflistung der wichtigsten Themen im Jahr 2005.

Das Jahr begann mit einer verwirrenden Judikatur zur Auskunftspflicht der Access-Provider, der der OGH erst im Juli mit einer sehr pragmatischen, aus Grundrechtssicht aber enttäuschenden Entscheidung ein Ende setzte. Das Problem wurde auf die formelle Beurteilung der IP-Adressen als Basisdaten verkürzt, die Folgen für die allgemeine Situation im Internet außerhalb der Tauschbörsenanbieter wurden nicht einmal angedacht.

Im Frühjahr wurde dann die Mediengesetz-Novelle beschlossen und die Diskussion um Impressum- und Offenlegungspflicht beschäftigte mich nicht nur im Rahmen von Internet4jurists, sondern hatte auch Einladungen zur ars electronica und zur langen Nacht der Forschung zur Folge.

Kaum war im Juli in London der Bombenrauch verflogen, begann ein intensives Lobbying zur Einführung einer Datenspeicherpflicht für alle Kommunikationskanäle. Telekommunikation und Internet wurden wieder einmal in einen Topf geworfen und vielen ist heute, nachdem die EU-Richtlinie am 14.12.2005 beschlossen wurde, noch nicht klar, was das für die Grundrechte in Europa bedeutet. Meiner Meinung nach ist die Richtlinie, was die Erfassung der Internetdaten betrifft EMRK-widrig und muss sofort beim EGMR angefochten werden, was vermutlich auch passieren wird. Völlig unklar ist, wieso hier das europäische Parlament, das lange Zeit dagegen opponiert hat, letztlich umgefallen ist und den Weg zum virtuellen Polizeistaat Europa freigegeben hat.

Zuletzt kam im Herbst eine TKG-Novelle mit einer Kehrtwendung bei der E-Mail-Werbung und einer interessanten legistischen Finte, nämlich einem Versuch einer authentischen „Interpretatio contra legem“. Leider ist es nicht das erste Mal, dass der Gesetzgeber vermeidet Klartext zu schreiben und die unangenehmen Dinge auf die Vollzugsorgane abwälzt.

Ich wünsche allen Lesern von Internet4jurists Gesundheit und Zufriedenheit im neuen Jahr 2006.

31.12.2005

Franz Schmidbauer

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