obertauern.at
OGH, Beschluss vom 13.11.2001, 4 Ob 260/01s
***** Zusammenfassung *****
Die Gemeinden Untertauern und Tweng, auf deren Gebiet sich der Ort bzw. das
Schigebiet "Obertauern" befindet, klagen einen Hotelier aus Obertauern, der
unter der Domain "obertauern.at" eine Informationsseite über den Ort betreibt
und auf der auch Hotelbuchungen möglich sind, und zwar nicht nur im Hotel des
Beklagten, sondern auch bei rund 40 anderen Hoteliers, wobei nicht feststeht,
dass der Beklagte irgendjemandem die Aufnahme in diese "Plattform" verwehrt
hätte. Der Beklagte weist auch auf seiner Homepage auf die Homepages der
Klägerinnen hin.
Das Erstgericht gab dem Sicherungsantrag statt. Das Rekursgericht wies ab. Das
Begehren sei weder namensrechtlich, noch wettbewerbsrechtlich gerechtfertigt.
Rechte würden allenfalls dem nicht verfahrensbeteiligten Fremdenverkehrsverband
Obertauern (FVVO) zustehen, dem der Beklagte die Domain auch früher einmal
angeboten habe (dass nicht der FVVO geklagt hat, dürfte daran liegen, dass der
Beklagte dessen Obmann ist!)
Der OGH weist den außerordentlichen Revisionsrekurs zurück. Für die Annahme eines Wettbewerbsverhältnisses zwischen privatwirtschaftlich tätigen Gemeinden und dem Inhaber der zugehörigen Namensdomain reicht es nicht aus, dass beide Parteien unentgeltlich Information über denselben Ort oder dieselbe Region anbieten, im übrigen aber auf völlig verschiedenen Gebieten tätig sind. Die zur Erfüllung des Tatbestands des Domain Grabbing gem § 1 UWG notwendige Behinderungs- und Schädigungsabsicht muss im Zeitpunkt der Registrierung des Domain-Namens vorliegen. Sie wird bei einem im selben Ort ansässigen Hotelier auch nicht vermutet, da dieser ein gewichtiges und berechtigtes Eigeninteresse am Erwerb des strittigen Domain-Namens hatte. Aufklärende Hinweise auf der Homepage des Domaininhabers, insbesondere ein Link auf die Homepage der klagenden Gemeinden und des namensgleichen Tourismusverbandes, sind geeignet, eine sonst bestehende Verwechslungsgefahr zu beseitigen. Von der Wirkung des aufklärenden Hinweises ist auch die Verwendung der zur Domain technisch zwingend zugehörigen E-Mail Adresse info@obertauern.at mitumfasst, wenn sie nicht isoliert, sondern ausschließlich im Zusammenhang mit der Website benützt und beworben wird.
- Rekursentscheidung 3 R 167/01a OLG Linz
- Anmerkung: Das Verfahren wurde in der Hauptsache nicht mehr weitergeführt.
***** Entscheidung *****
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Gemeinde Untertauern, vertreten durch den Bürgermeister D. K*****, 2. Gemeinde Tweng, vertreten durch den Bürgermeister F. P*****, beide vertreten durch Dr. Peter Zumtobel und andere, Rechtsanwälte in Salzburg, gegen die beklagte Partei H. G*****, Hotelier, vertreten durch Dr. Wolfgang Rohringer, Rechtsanwalt in Tamsweg, wegen Unterlassung, Beseitigung und Abgabe von Willenserklärungen (Streitwert im Provisorialverfahren 350.000 S), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 20. September 2001, GZ 3 R 167/01 a - 11, den
Beschluss
gefasst:
Der außerordentliche Revisionsrekurs der klagenden Parteien wird gemäß §§ 78, 402 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).
Begründung:
Ein Wettbewerbsverhältnis setzt voraus, dass sich der Verletzer zumindest durch die konkrete Wettbewerbshandlung in irgendeiner Weise zu dem Betroffenen in Wettbewerb stellt, so dass eine gegenseitige Behinderung im Absatz eintritt (ecolex 1997, 680 = ÖB1 1998, 26 - Entec 2005 mwN). Dafür reicht es nicht aus, dass die Parteien unentgeltlich Informationen über denselben Ort oder dieselbe Region anbieten, wenn sie im Übrigen auf völlig verschiedenen Gebieten tätig sind (4 Ob 260/O1s - adnet.at). Von dieser Frage hängt die Entscheidung jedoch nicht ab:
Die zur Erfüllung des Tatbestands des Domain Grabbing gem § 1 UWG notwendige Behinderungs- und Schädigungsabsicht im Zeitpunkt der Registrierung des Domain-Namens (EVB1 2001/20 = MR 2000, 322 = ÖB1 2001, 26 - gewinn.at; MR 2001, 245 <Korn> - täglichalles.at) ist nicht bescheinigt; sie ist auch nicht schon allein auf Grund der Funktion des Beklagten als Obmann des Fremdenverkehrsvereins Obertauern zu vermuten, zumal er (nach dem unstrittigen Vorbringen) dem Fremdenverkehrsverein den Erwerb des Domain-Namens zu einem Zeitpunkt empfohlen hat, als er selbst noch nicht darüber verfügte (vgl auch Beil. ./75 und ./76 in ON 5) und als in Obertauern ansässiger Hotelier ein gewichtiges und berechtigtes Eigeninteresse am Erwerb des strittigen Domain-Namens hatte (wodurch sich dieser Sachverhalt auch von dem zu MR 2001, 245 <Korn> - täglichalles.at entschiedenen Fall unterscheidet).
Soweit die klagenden Gemeinden ihren Anspruch auf § 2 UWG stützen, hat das Rekursgericht eine Irreführung durch den auf der Startseite der Homepage des Beklagten ersichtlichen Hinweis ausgeschlossen, dass diese Seite nicht von den Klägerinnen betrieben werde, dies unter gleichzeitiger Nennung der Internet-Adressen der Klägerinnen und des Fremdenverkehrsvereins Obertauern. Diese Beurteilung steht im Einklang mit der Rechtsprechung, wonach aufklärende Hinweise geeignet sind, die Verwechslungsgefahr zu beseitigen (ÖBl 2001, 18 [Augenhofer, ÖBl 2001, 59; Hauer, ÖB1 2001, 60] = RdW 2001/87 - Lego-Klemmbausteine; 4 Ob 106/O1a). Ob der aufklärende Hinweis im Einzelfall ausreichend deutlich ist, eine Irreführung zu vermeiden, betrifft keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO.
Das Rekursgericht hat einen Unterlassungsanspruch im Sicherungsverfahren
unter dem Aspekt des Eingriffs in fremde Namensrechte (§ 43 ABGB) mangels
Bescheinigung eines unwiederbringlichen Schadens verneint. Es hält sich damit im
Rahmen der Rechtsprechung
zu § 381 Z 2 EO im Zusammenhang mit Domain-Namen (ecolex 2000/98 <Schanda> =
EvBI 2000/113 = MR 2000, 8 = ÖB1 2000, 134 <Kurz> = RdW 2000/296 = WB1 2000, 142
- ortig.at; MR 2000, 325 = ÖB1 2001, 35 <Kurz> = wbl 2001, 43 -
bundesheer.at).
Die Verwendung der E-mail-Adresse "info@obertauern.at" ist im Zusammenhang mit
der Gefahr eines - Geldersatz nicht zugänglichen - Schadenseintritts bei den
Klägerinnen (ebenso wie in der Frage der
Irreführungseignung) ohne Bedeutung, weil der Beklagte diese Adresse schon nach
dem Vorbringen der Klägerinnen (und der technischen Vorgabe entsprechend, dass
gleichlautende Domain-Namen und E-mail-Adressen immer demselben Berechtigten
zustehen) nicht isoliert, sondern im Zusammenhang mit seiner Website benützt und
bewirbt (Klage S.8), weshalb auch sie von der Wirkung des aufklärenden Hinweises
mitumfasst ist. Somit hängt die
Entscheidung auch nicht von der namensrechtlichen Frage ab, ob "Obertauern" eine
geschützte geografische Angabe gern Art 22
TRIPS-Abkommen
ist. Ebenso ist unerheblich, ob der angefochtene Beschluss im Widerspruch zu
Entscheidungen des OLG Innsbruck steht.
Oberster Gerichtshof,
Wien, am 13. November 2001