Internet4jurists

adnet.at

OGH, Beschluss vom 14.5.2001, 4 Ob 106/01v

ABGB § 43, UWG § 8

*****   Zusammenfassung   *****

Adnet ist eine Dorfgemeinde im Land Salzburg, die im Internet unter der Website www.adnet.salzburg.at zu finden ist. Der Beklagte registrierte bereits zu einem Zeitpunkt, als die Gemeinde noch nicht daran interessiert war, die Domain "adnet.at" und betreibt darunter eine Website mit Informationen über den Ort Adnet und seine Umgebung sowie das von seiner Frau betriebene "Dorf-Café Adnet".

Das Erstgericht wies die Unterlassungs-EV ab, das Rekursgericht bestätigte.

Der OGH gibt dem außerordentlichen Revisionsrekurs keine Folge. Kein Wettbewerbsverhältnis liegt vor, wenn zwar beide Parteien unentgeltlich Information über denselben Ort anbieten, im übrigen aber auf völlig verschiedenen Gebieten tätig sind. Aufklärende Hinweise auf der Homepage (Verweis auf Homepage des Beklagten) sind geeignet, eine sonst bestehende Verwechslungsgefahr zu beseitigen. Durch § 8 UWG wird nur insoweit eine neue Grundlage für den Schutz geographischer Angaben im Sinne des TRIPS-Abkommens geschaffen, als bei einigen Tatbeständen auf das Tatbestandsmerkmal eines Handelns zu Zwecken des Wettbewerbs verzichtet wird. Alle übrigen Tatbestandsmerkmale müssen aber verwirklicht sein.

*****   Entscheidung   *****

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten - Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gemeinde Adnet, vertreten durch Dr. Clemens Thiele, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Karl Baumgartner, Inhaber der Firma AVIDUS Art & Web-Design, Adnet Nr. 141, vertreten durch Dr. Klaus Perner, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Unterlassung, Beseitigung und Leistung (Streitwert im Provisorialverfahren 350.000 S), infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der Klägerin gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 2. April 2001, GZ 2 R 52/01 g-10, den

Beschluss

gefasst:

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Klägerin wird gemäß §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm 8 510 Ahs 3 ZPO).

Begründung:

Die Klägerin macht als erhebliche Rechtsfrage geltend, dass die angefochtene Entscheidung der Rechtsprechung widerspreche, wonach bei der Prüfung der Frage, ob eine durchgreifende Branchen- und Warenverschiedenheit besteht, der Inhalt der Websites zu berücksichtigen sei. Das Rekursgericht habe den Inhalt der Websites nicht geprüft.

Richtig ist, dass bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr durch den Gebrauch eines Zeichens als Domain-Name auf den Inhalt der Website abzustellen ist (ecolex 2001/53 = EvB1 2001/20 = MR 2000, 322 = ÖBl 2001, 26 = RdW 2001/32 = wbl 2000/386 - gewinn.at; 4 Ob 327/OOt - cyta.at). Die Klägerin beruft sich auf diese Rechtsprechung nicht nur im Zusammenhang mit der von ihr behaupteten Verwechslungsgefahr, sondern auch im Zusammenhang mit dem vom Rekursgericht verneinten Wettbewerbsverhältnis zwischen den Streitteilen. Sie meint, dass ein Wettbewerbsverhältnis zu bejahen sei, weil sowohl ihre Website als auch die des Beklagten Informationen über den Ort Adnet enthält. Die Klägerin behauptet aber nicht, dass diese Informationen entgeltlich angeboten würden.

Damit ist schon nach ihrem Vorbringen das Bestehen eines Wettbewerbsverhältnisses zwischen den Streitteilen ausgeschlossen: Ein Wettbewerbsverhältnis setzt voraus, dass sich der Verletzer zumindest durch die konkrete Wettbewerbshandlung in irgendeiner Weise zu dem Betroffenen in Wettbewerb stellt, so dass eine gegenseitige Behinderung im Absatz eintritt (ecolex 1997, 680 = ÖB1 1998, 26 - Entec 2005 mwN). Dafür reicht es nicht aus, dass die Parteien unentgeltlich Informationen über denselben Ort oder dieselbe Region anbieten, wenn sie im übrigen auf völlig verschiedenen Gebieten tätig sind.

Die Verwechslungsgefahr hat das Rekursgericht nicht nur aufgrund der durchgreifenden Waren- und Branchenverschiedenheit, sondern auch deshalb verneint, weil der Beklagte auf der Startseite seiner Homepage auf die Website der Klägerin verweist. Diese Beurteilung steht im Einklang mit der Rechtsprechung, wonach aufklärende Hinweise geeignet sind, die Verwechslungsgefahr zu beseitigen (ÖBl 2001, 18 [Augenhofer, ÖBl 2001, 59; Hauer, ÖB1 2001, 60] = RdW 2001/87 - Lego-Klemmbausteine).

Als weitere erhebliche Rechtsfrage macht die Klägerin geltend, dass das Rekursgericht die Entscheidung ortig.at nicht berücksichtigt und die Entscheidung bundesheer.at missverstanden habe. Der Inhaber der Domain "bundesheer.at" sei nicht im geschäftlichen Interesse tätig geworden. Der Beklagte beschränke sich hingegen keineswegs darauf, über die Gemeinde Adnet zu informieren, sondern biete seine Dienstleistungen an.

Der von der Klägerin aufgezeigte Unterschied ist für die Frage, ob der auf § 43 ABGB gestützte Unterlassungsanspruch der Klägerin im Sinne des § 381 Z 2 EO konkret gefährdet ist, ohne Bedeutung. In der Entscheidung ecolex 2000/98 (Schanda) = EvBI 2000/113 = MR 2000, 8 = ÖB1 2000, 134 (Kurz) = RdW 2000/296 = WB12000, 142 - ortig.at hat der erkennende Senat ausgesprochen, dass die Gefahr eines unwiederbringlichen Schadens besteht, wenn ein Ausfall an möglichen weiteren Kunden droht, weil dem - prioritätsälteren - Namensträger durch die Verwendung seines Namens zur Bezeichnung einer Domain der Zugang unter einer aus seinem Namen gebildeten Adresse verwehrt und er daher im Internet nicht rasch auffindbar sei. Eine derartige Gefahr wurde in der Entscheidung MR 2000, 325 = ÖB1 2001, 35 (Kurz) = wbl 2001, 43 - bundesheer.at verneint. Gegenstand dieser Entscheidung war eine private Internet Domain, auf deren Startseite eine "freie und unabhängige Plattform zum Thema 'Neutralität und Bundesheer"' angekündigt wurde. Gleichzeitig wurde darauf hingewiesen, dass es sich nicht um die offizielle Homepage des Bundesministeriums für Landesverteidigung handle und es wurde deren Internetadresse genannt.

Im vorliegenden Fall findet sich auf der Homepage des Beklagten nicht nur der Hinweis, dass es sich nicht um die offizielle Homepage der Klägerin handelt, vielmehr kann diese Homepage auch über einen Link aufgerufen werden. Dass das Rekursgericht bei dieser Sachlage die Gefahr eines unwiederbringlichen Schadens der Klägerin und damit die für die Erlassung einer einstweiligen Verfügung zur Sicherung des Unterlassungsanspruchs nach § 43 ABGB notwendige Gefährdung verneint hat, steht demnach im Einklang mit der Rechtsprechung.

Als weitere erhebliche Rechtsfrage macht der Kläger geltend, dass das Rekursgericht § 8 UWG nicht angewandt habe und dass zu dieser Bestimmung keine Rechtsprechung bestehe. Dies trifft zwar zu; eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO wird dadurch aber nicht begründet:

Der durch die MarkenrechtsNov 1999 BGBl I 1999/111 eingefügte § 8 UWG bestimmt, dass auf den Schutz geographischer Angaben im Sinne des TRIPS-Abkommens die §§ 1, 2, 4 und 7 UWG unabhängig davon anzuwenden sind, ob die in diesen Bestimmungen genannten Handlungen zu Zwecken des Wettbewerbs getätigt wurden. Durch § 8 UWG wird demnach nur insoweit eine neue Grundlage für den Schutz geographischer Angaben geschaffen, als bei einigen Tatbeständen auf das Tatbestandsmerkmal eines Handelns zu Zwecken des Wettbewerbs verzichtet wird. Alle übrigen Tatbestandsmerkmale müssen aber verwirklicht sein.

Dazu gehören beim Domain Grabbing die Behinderungs- und Schädigungsabsicht im Zeitpunkt der Registrierung der Domain (ecolex 2001/53 = EvBI 2001/20 = MR 2000, 322 = ÖB1 2001, 26 = RdW 2001/32 = wbl 2000/386 - gewinn.at); bei der dem Beklagten ebenfalls vorgeworfenen schmarotzerischen Rufausbeutung ein durch Mühe und Kosten begründeter (guter) Ruf eines Zeichens (ÖB1 1997, 83 - Football Association; ÖB1 1997, 72 - Schürzenjäger ua). Keine dieser Voraussetzungen ist nach dem festgestellten Sachverhalt im vorliegenden Fall verwirklicht. Der auf § 1 UWG gestützte Unterlassungsanspruch der Klägerin ist daher unabhängig davon nicht begründet, ob sich die Klägerin auf § 8 UWG berufen kann.

Soweit die Klägerin ihren Anspruch auf § 2 UWG stützt, erscheint eine Irreführung durch den Hinweis auf die offizielle Homepage der Gemeinde ausgeschlossen; auch in diesem Zusammenhang kann daher eine Prüfung unterbleiben, ob der Ortsname "Adnet" als geographische Angabe im Sinne des TRIPS-Abkommens verwendet wird.

Oberster Gerichtshof,
Wien, am 14. Mai 2001

 

Auszug aus dem TRIPS-Abkommen:

Geographische Angaben

Artikel 22

Schutz geographischer Angaben

1) Geographische Angaben im Sinne dieses Übereinkommens sind Angaben, die eine Ware als aus dem Hoheitsgebiet eines Mitglieds oder aus einer Gegend oder aus einem Ort in diesem Gebiet stammend kennzeichnen, wenn eine bestimmte Qualität, der Ruf oder eine sonstige Eigenschaft der Ware im wesentlichen auf ihrer geographischen Herkunft beruht.

(2) In bezug auf geographische Angaben bieten die Mitglieder den beteiligten Parteien die rechtlichen Mittel für ein Verbot

a) der Benutzung irgendeines Mittels in der Bezeichnung oder Aufmachung einer Ware, das auf eine das Publikum hinsichtlich der geographischen Herkunft der Ware irreführende Weise angibt oder nahelegt, daß die fragliche Ware ihren Ursprung in einem anderen geographischen Gebiet als dem wahren Ursprungsort hat;

b) jeder Benutzung, die eine unlautere Wettbewerbshandlung im Sinne des Artikels 10bis der Pariser Verbandsübereinkunft (1967) darstellt.

(3) Die Mitglieder weisen von Amts wegen, sofern ihr Recht dies erlaubt, oder auf Antrag einer beteiligten Partei die Eintragung einer Marke, die eine geographische Angabe enthält oder aus ihr besteht, für Waren, die ihren Ursprung nicht in dem angegebenen Hoheitsgebiet haben, zurück oder erklären sie für ungültig, wenn die Benutzung der Angabe in der Marke für solche Waren in diesem Mitglied derart ist, daß das Publikum hinsichtlich des wahren Ursprungsorts irregeführt wird.

(4) Der Schutz nach den Absätzen 1, 2 und 3 ist auch gegen eine geographische Angabe anwendbar, die zwar in bezug auf das Hoheitsgebiet, die Gegend oder den Ort, aus dem die Waren stammen, tatsächlich zutreffend ist, aber dem Publikum gegenüber fälschlich die Herkunft der Waren aus einem anderen Hoheitsgebiet darstellt.

nach oben