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Strafrechtliche Haftung für Links
letzte Änderung 28.9.2006
Einführung
In Österreich gibt es seit dem Inkrafttreten des E-Commerce-Gesetzes den Haftungsausschluss des § 17 ECG. Dieser gilt zwar auch im Strafverfahren, aber nur unter den dort definierten Voraussetzungen. Darüber hinaus, d.h. wenn der Linksetzer von vorneherein über den strafrechtlich relevanten Inhalt auf der gelinkten Seite Bescheid gewusst hat oder wenn er nach Kenntnisnahme den Link nicht beseitigt hat, kommt eine Haftung als Beitragstäter für die Straftat auf der gelinkten Seite in Frage; diese setzt aber jedenfalls Vorsatz voraus.
Entscheidungen
Alvar Freude Link: OLG Stuttgart, Urteil vom 24.4.2006, 1 Ss 449/05
GG Art. 5, StGB § 86, § 86a
Alvar Freude, der Gründer und Betreiber von ODEM.org (Online-Demonstrations-Plattform für Menschen- und Bürgerrechte im digitalen Zeitalter) wurde vom AG Stuttgart verurteilt, weil er in einer Dokumentation über die politisch und juristisch umstrittenen Sperrverfügungen der Bezirksregierung Düsseldorf sowie in einer Satire zum gleichen Thema auch Links zu den zu sperrenden Seiten gesetzt hatte. Das Landgericht Stuttgart sprach ihn am 15.6.2005 in zweiter Instanz vom Vorwurf der Beihilfe zur Volksverhetzung frei und anerkannte den Dokumentations- und Satirecharakter des Werkes. Dagegen legte die Staatsanwaltschaft Revision ein.
Mit der bestätigenden Entscheidung des OLG ist der Freispruch rechtskräftig. Allerdings wies auch das OLG darauf hin, dass ein Link zu derartigen (NS-)Inhalten eindeutig strafbar sei und nur in ganz besonderen Ausnahmefällen nicht strafbar sei. Wer im Internet eine Dokumentation zur Sperrung von Links bereithält und diese mit Links zu Inhalten verfassungswidriger Organisationen versieht, von deren Inhalten er sich distanziert, ist gleichwohl grundsätzlich strafrechtlich für die Inhalte der von seiner Homepage aus aufrufbaren Seiten und Unterseiten verantwortlich. Die Verantwortlichkeit folgt daraus, dass der Täter in Kenntnis der Rechtswidrigkeit der Inhalte durch das Setzen der Links bewusst die Möglichkeit geschaffen hat, dass Dritte diese Inhalte der verlinkten Seiten und Unterseiten problemlos zur Kenntnis nehmen können. Der Täter bleibt trotz der grundsätzlichen strafrechtlichen Verantwortlichkeit nach §§ 86 Abs. 3, 86a Abs. 3 und 130 Abs. 6 StGB straflos, wenn sich ergibt, dass die ins Internet gestellte Dokumentation der staatsbürgerlichen Aufklärung oder einem ähnlichen Zweck dient und damit eine Sozialadäquanz zu bejahen ist oder wenn zwar der Schutzbereich der §§ 86, 86a, 130 StGB berührt ist, aber der Täter sich auf die Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG berufen kann. Dabei sind nur den Tatbestand des § 130 Abs. 3 StGB erfüllende Äußerungen vom Schutzbereich des Art. 5 GG ausgenommen.
- Entscheidung bei JurPC
- Heise-Artikel vom 24.4.2006
- Urteile 1. und 2. Instanz bei odem.org
- Heise-Artikel vom 19.4.2006
- Heise-Artikel vom 15.6.2005
- Heise-Artikel vom 7.10.2004
- Franz Schmidbauer, Der Link als Tatwerkzeug, Artikel auf Internet4jurists
Keine Rassendiskriminierung durch Links: BG Zürich, Urteil vom 10.9.2002
ETH Assistenzprofessor Martin Stricker, dessen Website Links enthielt, die (über Zwischenseiten) zu rassendiskriminierenden Texten führten, wurde vom Vorwurf der Rassendiskriminierung freigesprochen. Keine Verpflichtung, weiterführende Links zu überprüfen. Es kommt bei der Frage des Zu-eigen-Machens auf den konkreten Kontext des Links, seinen thematischen Bezug und die Art der Verlinkung an.
Ältere Entscheidungen
Nach einigen deutschen Entscheidungen haftet der „Halter" einer Website
jedenfalls dann für fremde Inhalte, wenn er von ihnen Kenntnis hat und ihm
die Sperrung dieser Angebote technisch möglich und zumutbar ist. Dies kann
sein ein beleidigender Eintrag (gegen einen Dritten) in einem Gästebuch oder
einfach ein Link auf die Seite eines Dritten, die beleidigenden (Steinhöfel
gegen Best,
LG Hamburg, 12. 5. 1998, 312 O 85/98) oder sonst strafbaren oder
unzulässigen Inhalt (beispielsweise auch Verstoß gegen Markenrecht)
enthält.
Das Landgericht Hamburg stellte dabei fest, dass auch eine
Haftungsausschlussklausel auf einer Webseite, die einen Link enthält, den
Linksetzer nicht notwendigerweise vor einer Mithaftung schützt, sofern er
sich die Aussagen des Zieldokuments erkennbar zu eigen macht und diese
unterstützt. Wenn der Linksetzer nichts von dem bedenklichen Inhalt weiß,
weil dieser etwa nachträglich geändert worden ist, ist die erfolglose
Abmahnung Voraussetzung für die Unterlassungsklage (LG Mannheim 1. 8. 1997,
7 O 291/97). Im Hamburger Fall hatte der Linksetzer bereits vor der Klage
eine Unterlassungserklärung unterfertigt.