Bundesgesetz, mit dem ergänzende Regelungen über das Vorgehen der Zollbehörden im Verkehr mit Waren, die ein Recht am geistigen Eigentum verletzen, erlassen werden (Produktpirateriegesetz 2004 – PPG 2004) BGBl I 56/2004
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Bearbeitung Franz Schmidbauer
§ 1. (1) Anträge auf Tätigwerden nach Artikel 5 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1383/2003 über das Vorgehen der Zollbehörden gegen Waren, die im Verdacht stehen, bestimmte Rechte geistigen Eigentums zu verletzen, und die Maßnahmen gegenüber Waren, die erkanntermaßen derartige Rechte verletzen (im Folgenden EG-Produktpiraterie-Verordnung 2004), ABl. Nr. L 196 vom 2. August 2003 S 7, sind vom Zollamt Villach entgegenzunehmen und zu bearbeiten.
(2) So weit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, gilt das Zollrecht gemäß § 2 Abs. 1 ZollR-DG.
§ 2. (1) Im Fall eines Antrags nach Artikel 5 Abs. 4 der EG-Produktpiraterie-Verordnung 2004 (Gemeinschaftsantrag), der auch in Österreich Anwendung findet und nicht in deutscher Sprache gestellt wurde, hat der Rechtsinhaber dem Zollamt Villach erforderliche Übersetzungen auf seine Kosten zur Verfügung zu stellen.
(2) Kosten, die dem Bund daraus entstehen, dass die Waren nach Artikel 9 oder 11 der EG-Produktpiraterie-Verordnung 2004 unter zollamtlicher Überwachung bleiben, sind dem Bund vom Rechtsinhaber zu ersetzen.
(3) Werden vorübergehend verwahrte Waren in Durchführung einer Maßnahme nach Artikel 9 oder 11 der EG-Produktpiraterie-Verordnung 2004 bei einer Zollstelle gelagert, sind die gemäß § 104 Abs. 1 ZollR-DG zu entrichtenden Verwaltungsabgaben durch den Rechtsinhaber zu entrichten.
§ 3. (1) Bei Vorliegen der Voraussetzungen nach Artikel 4 der EG-Produktpiraterie-Verordnung 2004 unterrichtet das Zollamt Villach den Rechtsinhaber, sofern dieser bekannt ist oder leicht festzustellen ist.
(2) Abs. 1 findet auch dann Anwendung, wenn es für Zollorgane bei Tätigwerden im Rahmen der ihnen sonst obliegenden Aufgaben offensichtlich ist, dass es sich bei den Waren um solche handelt, die ein Recht am geistigen Eigentum verletzen. Artikel 4, Artikel 9, Artikel 11 und Artikel 13 Abs. 1 der EG-Produktpiraterie-Verordnung 2004 sind in diesen Fällen anzuwenden.
§ 4.
(1) Wurde die Überlassung der Ware gemäß Artikel 9
Abs. 1 der EG-Produktpiraterie-Verordnung 2004 ausgesetzt oder diese
beschlagnahmt, so ist dies dem Anmelder (Artikel 4 Z 18 Zollkodex) oder dem
Besitzer im Sinne des Artikels 38 des Zollkodex schriftlich mitzuteilen. In
diese Mitteilung gemäß Artikel 9 Abs. 2 der
EG-Produktpiraterie-Verordnung 2004 sind folgende Hinweise aufzunehmen:
a) dass die durch ein Gericht in einem Straf- oder Zivilrechtsverfahren zu
treffende Entscheidung, ob diese Waren tatsächlich ein Recht am geistigen
Eigentum verletzen, unterbleiben kann, wenn der Anmelder, der Besitzer oder der
Eigentümer der Waren und der Rechtsinhaber einer sofortigen Vernichtung unter
zollamtlicher Überwachung gemäß Artikel 11
Abs. 1 der EG-Produktpiraterie-Verordnung 2004 zustimmen;
b) dass diese Zustimmung zur Vernichtung durch den Anmelder, den Besitzer oder
den Eigentümer als erteilt gilt, wenn der Vernichtung nicht innerhalb von zehn
Arbeitstagen oder im Fall leicht verderblicher Waren innerhalb von drei
Arbeitstagen ab der Zustellung der Mitteilung schriftlich durch den Anmelder
oder durch den Besitzer oder durch den Eigentümer widersprochen wird.
Der Anmelder, der Besitzer oder der Eigentümer der Waren kann die Erklärung,
dass einer sofortigen Vernichtung unter zollamtlicher Überwachung gemäß
Artikel 11 Abs. 1 der EG-Produktpiraterie-Verordnung 2004 ausdrücklich
zugestimmt wird, direkt der Zollbehörde übermitteln.
(2) Wird einer sofortigen Vernichtung unter zollamtlicher Überwachung nicht zugestimmt, ist die Ware nach Maßgabe des Artikels 13 der EG-Produktpiraterie-Verordnung 2004 zu überlassen.
(3) Das Zollamt Villach hat den Rechtsinhaber zu informieren, ob der Anmelder, der Besitzer oder der Eigentümer der Waren einer sofortigen Vernichtung unter zollamtlicher Überwachung zustimmt oder die Frist, innerhalb der der Anmelder oder der Besitzer oder der Eigentümer der Vernichtung widersprechen kann, ungenützt verstrichen ist.
(4) Die Abs. 1 bis 3 sind auch in den Fällen des Artikels 4 der EG-Produktpiraterie-Verordnung 2004 anzuwenden, wenn der Rechtsinhaber fristgerecht einen Antrag auf Tätigwerden gemäß Artikel 5 der EG-Produktpiraterie-Verordnung 2004 stellt.
§ 5. Eine nach Artikel 14 Abs. 1 der EG-Produktpiraterie-Verordnung 2004 geleistete Sicherheit unterliegt an Stelle der Waren dem Verfall, wenn von der zur Entscheidung in der Sache zuständigen Stelle rechtskräftig festgestellt wird, dass die Waren ein Geschmacksmusterrecht, ein Patent, ein ergänzendes Schutzzertifikat gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 1768/1992 über die Schaffung eines ergänzenden Schutzzertifikats für Arzneimittel, ABl. Nr. L 182 vom 2. Juli 1992 S 1, oder der Verordnung (EG) Nr. 1610/1996 über die Schaffung eines ergänzenden Schutzzertifikats für Pflanzenschutzmittel, ABl. Nr. L 198 vom 8. August 1996 S 30, oder ein Sortenschutzrecht verletzen.
§ 6. (1) Sind Waren nach § 4 zu vernichten, so hat die Zollbehörde Proben oder Muster zu entnehmen und als Beweismittel für ein allfälliges Gerichtsverfahren für die Dauer von sechs Monaten aufzubewahren. Die übrigen Waren sind auf Kosten und auf Verantwortung des Rechtsinhabers zu vernichten oder zu zerstören oder auf andere Weise ohne Kosten für die Staatskasse aus dem Marktkreislauf zu nehmen.
(2) Mit Zustimmung des Rechtsinhabers können die Waren auch karitativen Zwecken zugeführt oder auf andere Weise verwertet werden.
§ 7. (1) Wer Waren, die auf Grund des Verfahrens nach Artikel 9 der EG-Produktpiraterie-Verordnung 2004 als Waren erkannt wurden, die ein Recht am geistigen Eigentum verletzen, in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbringt, in den zollrechtlich freien Verkehr überführt, aus dem Zollgebiet der Gemeinschaft verbringt, ausführt, wiederausführt, in ein Nichterhebungsverfahren überführt oder in eine Freizone oder ein Freilager verbringt, begeht ein Finanzvergehen und ist von der Finanzstrafbehörde bei vorsätzlicher Begehung mit Geldstrafe bis zu 15 000 Euro, bei fahrlässiger Begehung mit Geldstrafe bis zu 4 000 Euro zu bestrafen. Bei vorsätzlicher Begehung ist neben der Geldstrafe auf Verfall nach Maßgabe des § 17 des Finanzstrafgesetzes zu erkennen.
(2) Wer, ohne hiedurch den Tatbestand eines anderen Finanzvergehens zu erfüllen, vorsätzlich eine Anzeige- und Offenlegungspflicht nach der EG-Produktpiraterie-Verordnung 2004 verletzt, begeht eine Finanzordnungswidrigkeit und ist von der Finanzstrafbehörde mit Geldstrafe bis zu 3 625 Euro zu bestrafen.
§ 8. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes sind hinsichtlich des § 5 der Bundesminister für Justiz im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen und hinsichtlich aller übrigen Bestimmungen der Bundesminister für Finanzen betraut.
§ 9. (1) Soweit in diesem Bundesgesetz auf Bestimmungen anderer Bundesgesetze verwiesen wird, ist dies als Verweisung auf die jeweils geltende Fassung zu verstehen.
(2) Alle in diesem Bundesgesetz verwendeten personenbezogenen Bezeichnungen gelten gleichermaßen für Personen sowohl weiblichen als auch männlichen Geschlechts.
§ 10. (1) Dieses Bundesgesetz tritt am 1. Juli 2004 in Kraft.
(2) Mit dem In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes tritt das Produktpirateriegesetz, BGBl. I Nr. 65/2001 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 71/2003, außer Kraft. Die Bestimmungen des Produktpirateriegesetzes sind letztmalig auf alle Fälle anzuwenden, in denen die Überlassung der Ware gemäß Artikel 4 oder Artikel 6 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 3295/1994 über Maßnahmen, welche das Verbringen von Waren, die bestimmte Rechte am geistigen Eigentum verletzen, in die Gemeinschaft sowie ihre Ausfuhr und Wiederausfuhr aus der Gemeinschaft betreffen, ABl. Nr. L 341 vom 30. Dezember 1994 S 8, in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 241/1999, ABl. Nr. L 27 vom 2. Februar 1999 S 1, ausgesetzt wurde oder in denen Waren nach diesen Bestimmungen beschlagnahmt wurden.