Pornographiegesetz |
Bundesgesetz vom 31. März 1950 über die Bekämpfung unzüchtiger Veröffentlichungen und den Schutz der Jugend gegen sittliche Gefährdung StF: BGBl. Nr. 97/1950 idF BGBl. I Nr. 112/2007
§§ 1 2 3 4 5 7 8 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19
Artikel I
Gerichtliche Straf- und Verfahrensbestimmungen
§ 1. (1) Eines Verbrechens macht sich schuldig, wer in gewinnsüchtiger Absicht
a) unzüchtige Schriften, Abbildungen, Laufbilder oder andere unzüchtige Gegenstände herstellt, verlegt oder zum Zwecke der Verbreitung vorrätig hält,
b) solche Gegenstände einführt, befördert oder ausführt,
c) solche Gegenstände anderen anbietet oder überläßt, sie öffentlich ausstellt, aushängt, anschlägt oder sonst verbreitet oder solche Laufbilder anderen vorführt,
d) sich öffentlich oder vor mehreren Leuten oder in Druckwerken oder verbreiteten Schriften zu einer der in den lit. a bis c bezeichneten Handlungen erbietet,
e) auf die in lit. d bezeichnete Weise bekanntgibt, wie von wem oder durch wen unzüchtige Gegenstände erworben oder ausgeliehen oder wo solche Gegenstände besichtigt werden können.
(2) Die Tat wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr bestraft. Neben der Freiheitsstrafe kann eine Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen verhängt werden.
(3) Wurde die Tat mit Beziehung auf ein Druckwerk verübt, so sind die für das Vergehen nach § 516 StG. geltenden Bestimmungen des Preßgesetzes über den Verfall des Druckwerkes, die Unbrauchbarmachung der zu seiner Herstellung dienenden Platten und Formen, die vorläufige Beschlagnahme und das Strafverfahren in Preßsachen überhaupt dem Sinne nach anzuwenden.
§ 2. (1) Eines Vergehens macht sich schuldig, wer wissentlich
a) eine Schrift, Abbildung oder sonstige Darstellung, die geeignet ist, die sittliche oder gesundheitliche Entwicklung jugendlicher Personen durch Reizung der Lüsternheit oder Irreleitung des Geschlechtstriebes zu gefährden, oder einen solchen Film oder Schallträger einer Person unter 16 Jahren gegen Entgelt anbietet oder überläßt,
b) eine solche Schrift, Abbildung oder sonstige Darstellung auf eine Art ausstellt, aushängt, anschlägt oder sonst verbreitet, daß dadurch der anstößige Inhalt auch einem größeren Kreis von Personen unter 16 Jahren zugänglich wird,
c) einer Person unter 16 Jahren ein solches Laufbild oder einen solchen Schallträger vorführt oder eine Theateraufführung oder sonstige Darbietung oder Veranstaltung der bezeichneten Art zugänglich macht.
(2) Die Tat wird, sofern sie nicht nach anderen Bestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen bestraft.
§ 3. (1) Im Strafurteil wegen eines nicht mit Beziehung auf ein Druckwerk begangenen Verbrechens nach § 1 sowie im Strafurteil wegen Vergehens nach § 2 sind die Gegenstände, auf die sich die mit Strafe bedrohte Handlung bezieht, für verfallen zu erklären, und zwar ohne Rücksicht darauf, wem sie gehören.
(2) Im Strafurteil wegen Vergehens nach § 2 kann vom Verfall abgesehen werden, wenn er an der strafbaren Handlung Unbeteiligte unbillig hart träfe.
(3) Personen, die ein Recht an den im Abs. 1 bezeichneten Gegenständen geltend machen, sind, wenn dies ausführbar ist, zur Hauptverhandlung zu laden. Sie haben in der Hauptverhandlung und dem nachfolgenden Verfahren, soweit es sich um den Verfall handelt, die Rechte des Angeklagten. Doch wird durch ihr Nichterscheinen das Verfahren und die Urteilsfällung nicht gehemmt. Auch können sie gegen ein in ihrer Abwesenheit gefälltes Urteil keinen Einspruch erheben. Die Frist zur Anmeldung von Rechtsmitteln beginnt für sie mit der Verkündung des Urteils, auch wenn sie dabei nicht anwesend waren.
§ 4. (1) Ist die Verfolgung einer bestimmten Person nicht durchführbar oder ihre Verurteilung aus einem Grunde, der die Bestrafung ausschließt, nicht möglich, so ist, wenn der öffentliche Ankläger dies beantragt, im selbständigen Verfahren auf Verfall (§ 3) zu erkennen.
(2) Das Gericht entscheidet nach mündlicher Verhandlung durch Urteil. Die Bestimmungen der Strafprozeßordnung über die Hauptverhandlung, über das auf Grund der Hauptverhandlung gefällte Urteil und dessen Anfechtung sind entsprechend anzuwenden.
(3) Ergeben sich die Voraussetzungen für das selbständige Verfahren in der Hauptverhandlung über eine Anklage, so kann über den Antrag auf Verfall oder Unbrauchbarmachung in dem freisprechenden Erkenntnis oder, wenn es zu einem Urteil in der Hauptsache nicht kommt, in einem besonderen Urteil erkannt werden.
§ 5. Ist eine nach § 1 strafbare Handlung beim Betriebe eines Gewerbes oder einer anderen Unternehmung begangen worden, so kann im Strafurteil auch auf Entziehung des Gewerbes oder der Berechtigung zur Fortführung des Unternehmens auf bestimmte Zeit, und zwar höchstens auf die Dauer von fünf Jahren, erkannt werden, wenn der Unternehmer oder sein Stellvertreter von der strafbaren Handlung Kenntnis hatten oder es bei der Auswahl des Angestellten, der die Tat verübt hat, an der erforderlichen Sorgfalt fehlen ließen.
§ 7. Mit der Verurteilung wegen Vergehens nach § 2 sind dieselben Rechtsfolgen verbunden wie mit der Verurteilung wegen Übertretung des Betruges.
§ 8. (1) Unter den im § 5 bezeichneten Voraussetzungen haftet der Unternehmer für Geldstrafen, die vom Gericht gegen einen seiner Angestellten wegen einer im § 1 oder § 2 mit Strafe bedrohten Handlung verhängt worden sind, zur ungeteilten Hand mit dem Verurteilten.
(2) Über die Haftung ist in dem in der Hauptsache ergehenden Urteil zu erkennen. Personen, die für die Geldstrafe haften, sind zur Hauptverhandlung zu laden. Sie haben in der Hauptverhandlung und dem nachfolgenden Verfahren die Rechte des Angeklagten. Gegen den Ausspruch über die Haftung steht diesen Personen und der Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel der Berufung zu; die Vorschriften der Strafprozeßordnung über die Berufung im Punkte der Strafe sind hiebei dem Sinne nach anzuwenden. Im übrigen gilt § 3 Abs. 3 sinngemäß.
Artikel II
Verbreitungsbeschränkungen
§ 10. (1) Die Bezirksverwaltungsbehörde kann von Amts wegen oder auf Antrag einer Behörde sowie einer Person, die ein berechtigtes Interesse nachweist, für ihren Amtsbereich bestimmte Druckwerke - ausgenommen Laufbilder -, die geeignet sind, die sittliche, geistige oder gesundheitliche Entwicklung jugendlicher Personen, insbesondere durch Verleitung zu Gewalttaten oder zu strafbaren Handlungen aller Art, durch Reizung der Lüsternheit oder durch Irreleitung des Geschlechtstriebes, schädlich zu beeinflussen, von jeder Verbreitung an Personen unter 16 Jahren ausschließen und ihren Vertrieb durch Straßenverkauf oder Zeitungsverschleißer sowie ihr Ausstellen, Aushängen oder Anschlagen an Orten, wo sie auch Personen unter 16 Jahren zugänglich sind, überhaupt untersagen.
(2) (Anm.: Aufgehoben durch VfGH, BGBl. Nr. 46/1972)
(3) Aus Gründen, die in dem politischen, sozialen oder religiösen Inhalt liegen, darf eine Verbreitungsbeschränkung nicht angeordnet werden.
§ 11. (1) Die Bezirksverwaltungsbehörde hat über einen im § 10 Abs. 1 bezeichneten Antrag innerhalb von drei Tagen zu entscheiden und hierüber sowie über jede von Amts wegen angeordnete Verbreitungsbeschränkung unverzüglich dem Landeshauptmann zu berichten.
(2) Der Landeshauptmann kann auch unmittelbar von Amts wegen oder auf Antrag der im § 10 Abs. 1 genannten Behörden oder Personen die im § 10 vorgesehenen Verbreitungsbeschränkungen für das ganze Bundesland anordnen.
(3) In gleicher Weise kann das Bundesministerium für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Unterricht Verbreitungsbeschränkungen für das gesamte Bundesgebiet anordnen.
§ 12. (1) Gegen eine von der Bezirksverwaltungsbehörde angeordnete Verbreitungsbeschränkung kann vom betroffenen Herausgeber oder Verleger Berufung erhoben werden, die keine aufschiebende Wirkung hat.
(2) Die vom Landeshauptmann getroffenen Entscheidungen (Abs. 1 und § 11 Abs. 2) sind endgültig. Die Bestimmungen des Art. 109 des Bundes-Verfassungsgesetzes in der Fassung von 1929 bleiben hiedurch unberührt.
§ 13. (1) Von der Anordnung einer Verbreitungsbeschränkung sowie ihrer Abänderung oder Aufhebung ist gegebenenfalls die antragstellende Behörde zu benachrichtigen.
(2) Die Anordnung sowie ihre Abänderung oder Aufhebung sind unverzüglich in jener Zeitung kundzumachen, in der amtliche Verlautbarungen der Behörde, die die Anordnung erlassen hat, erfolgen, erforderlichenfalls auch in einer anderen Zeitung, die Ankündigungen gegen Entgelt aufnimmt.
§ 14. (1) Wer einer auf Grund des § 10 oder des § 11 erlassenen Anordnung zuwiderhandelt, wird, sofern die Tat nicht nach anderen Bestimmungen einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde, im Amtsbereich einer Bundespolizeibehörde, von dieser, mit Geldstrafe bis zu 3000 S oder mit Arrest bis zu einem Monat bestraft. Bei erschwerenden Umständen können beide Strafen nebeneinander verhängt werden.
(2) Im Straferkenntnis können die Stücke des Druckwerkes, auf die sich die strafbare Handlung bezieht, für verfallen erklärt werden, sofern sie dem Täter oder einem Mitschuldigen gehören oder ihnen vom Verfügungsberechtigten überlassen worden sind.
Artikel III
Verbotene Ankündigungen
§ 15. (1) Es ist verboten, zum Zwecke der Anpreisung
a) in Ankündigungen von Schriften, Abbildungen oder sonstigen Darstellungen, Filmen, Schallträgern, Theateraufführungen oder sonstigen Darbietungen oder Veranstaltungen auf deren im Sinne des § 2 anstößigen Inhalt hinzuweisen;
b) in Ankündigungen von Druckwerken darauf hinzuweisen, daß die Verbreitung des Druckwerkes auf Grund der Bestimmungen des Artikels II Beschränkungen unterworfen war oder ist oder daß ein darauf abzielendes Verfahren anhängig ist oder anhängig gewesen ist.
(2) Wer diesem Verbot zuwiderhandelt, wird, sofern die Tat nicht nach anderen Bestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, vom Gericht mit Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen oder mit Freiheitsstrafe bis zu drei Monaten bestraft.
(3) Druckwerke, die in Ankündigungen einen nach Abs. 1 verbotenen Hinweis enthalten, können gemäß § 37 des Pressegesetzes vorläufig in Beschlag genommen werden.
Artikel IV
Übergangs- und Schlußbestimmungen
§ 16. Mit dem Wirksamkeitsbeginn dieses Bundesgesetzes treten außer Kraft:
a) der Artikel VI des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1929, BGBl.Nr. 440 (Strafgesetznovelle 1929);
b) die Verordnung der Bundesregierung vom 23. März 1934, BGBl. I Nr. 171, zum Schutze der Sittlichkeit und der Volksgesundheit.
§ 17. Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sind auch auf strafbare Handlungen anzuwenden, die vor seinem Wirksamkeitsbeginn begangen worden sind, wenn diese dadurch nicht einer strengeren Behandlung unterliegen als nach den bisher in Geltung gestandenen Vorschriften.
§ 18. Bis zum Inkrafttreten des im § 1 des Bundesverfassungsgesetzes, BGBl. Nr. 142/1946, angekündigten Bundesverfassungsgesetzes sind die Aufgaben, die nach § 11 Abs. 1 und 2 und nach § 12 Abs. 2 dem Landeshauptmann zukommen, von den Sicherheitsdirektionen zu besorgen.
§ 19. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes sind hinsichtlich der §§ 1 bis 4, 6 bis 9 und 15, 16 lit. a und 17 das Bundesministerium für Justiz, hinsichtlich des § 5 das Bundesministerium für Justiz und das Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau, je nach ihrem Wirkungskreis, hinsichtlich der §§ 10 bis 12 und 18 das Bundesministerium für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Unterricht, hinsichtlich der §§ 13 und 14 das Bundesministerium für Inneres und hinsichtlich des § 16 lit. b die Bundesregierung betraut.
Artikel XXIV
Übergangsbestimmung
(Anm.: Zu § 8, BGBl Nr. 97/1950
Die durch dieses Bundesgesetz geänderten Strafbestimmungen sind in Strafsachen nicht anzuwenden, in denen vor ihrem Inkrafttreten das Urteil in erster Instanz gefällt worden ist. Nach Aufhebung eines Urteils infolge Nichtigkeitsbeschwerde, Berufung, Wiederaufnahme oder Erneuerung des Strafverfahrens oder infolge eines Einspruchs ist jedoch im Sinne der §§ 1, 61 StGB vorzugehen.