Haftung der Auktionsplattform für Insolvenz des Anbieters
OGH, Urteil vom 16.4.2009, 2 Ob 137/08y
***** Zusammenfassung *****
Die Klägerin erwarb über die Online-Auktionsplattform der Beklagten ein Heizsystem. Den Einlieferern wurden von der Beklagten „Werbeguthaben" in Höhe der jeweiligen Ladenpreise der angebotenen Artikel zur Verfügung gestellt. Dafür sollte Beklagte berechtigt sein, die inkassierten Beträge einzubehalten. Ein Geldfluss von der Beklagten an die Einlieferer war nur in Ausnahmefällen vorgesehen. Die Klägerin zahlte den Kaufpreis am 30. 3. 2006 an die Beklagte, die ihr dafür ein „Bezugs-Zertifikat" ausstellte. Vor Auslieferung ging die Verkäuferin in Konkurs. Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Rückzahlung des Kaufpreises, diese wendet ein, dass sie das Meistbot für Werbeeinschaltungen der Verkäuferin verwendet habe.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, das Berufungsgericht gab statt.
Der OGH stellt das abweisende Ersturteil wieder her. Die AGB des Betreibers einer Online-Auktionsplattform schaffen den nötigen Rechtsrahmen für die Durchführung der Auktionen. Sie regeln das Nutzungsverhältnis (zwischen Betreibern und Nutzern) und das Marktverhältnis (zwischen Einlieferern und Bietern) gleichermaßen. Das Vertragsverhältnis zwischen dem Betreiber und dem Bieter folgt den Regeln des Auftragsrechts. Für die Annahme einer Zession oder eines Treuhandverhältnisses müssten entsprechende Tatsachenfeststellungen getroffen werden. Die bloße Übertragung des Inkassos auf den Plattformbetreiber begründet keine Treuhandschaft und erweckt auch nicht den Anschein einer solchen, sondern ist ein Anwendungsfall des § 1424 ABGB. Die Vereinbarung der Vorleistungspflicht des Käufers bei Online-Versteigerungen (Vorkasseklausel) ist grundsätzlich mit Treu und Glauben und der berechtigten Bewertung der im Spiel befindlichen Interessen zu vereinbaren und hält einer Klauselkontrolle Stand. Die Abwicklung des Vertrags erfolgt ohne Zutun des Plattformbetreibers, der im Regelfall lediglich Vermittler ist. Zwischen dem Einlieferer und der Klägerin als Höchstbieterin, also im sogenannten „Marktverhältnis", kommt ein rechtsgültiger Kaufvertrag zustande. Eine vertragliche Sorgfaltspflicht des Plattformbetreibers von Online-Auktionen zur Überprüfung der Bonität der Einlieferer besteht grundsätzlich nicht. Eine andere Beurteilung ist nur dann geboten, wenn der Plattformbetreiber von der Insolvenz eines Einlieferers erfahren haben oder zumindest mit häufigen Beschwerden über Probleme bei der Vertragsabwicklung mit einem bestimmten Einlieferer konfrontiert worden sein sollte.
***** Entscheidung *****
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Solé, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Barbara A*****, vertreten durch Dr. Reinhard Köffler und andere Rechtsanwälte in Villach, gegen die beklagte Partei A***** GmbH & Co KG, *****, vertreten durch Dr. Wolfgang Gewolf und andere Rechtsanwälte in Klagenfurt, wegen 9.611 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgericht vom 16. November 2007, GZ 1 R 228/07k-15, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Klagenfurt vom 6. April 2007, GZ 20 C 2318/06k-9, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass das Urteil des
Erstgerichts wiederhergestellt wird.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.881,31 EUR
(darin 285,55 EUR USt und 1.168 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des
Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin erwarb im März 2006 bei einer von der beklagten Partei
veranstalteten Online-Auktion um das Höchstgebot von 9.611 EUR ein
Kombi-Heizsystem, das von der O***** GmbH angeboten worden war und das sie
beim Anbieter zuvor besichtigt hatte. Den von der Klägerin akzeptierten
Allgemeinen Geschäftsbedingungen der beklagten Partei war folgender Text
vorangestellt:
„Hinweis: Die nachstehenden Bestimmungen sind die allgemeinen, offiziellen
Teilnahmeregeln der www.k*****, welche das Vertragsverhältnis zwischen dem
Teilnehmer (d. h. Lieferanten, dem Lieferanten, welcher den
Auktionsgegenstand in die Auktion einbringt) und den natürlichen und
juristischen Personen, welche den von der A***** GmbH & Co KG (nachfolgenden
A*****) zur Verfügung gestellten Auktionsplattform bzw die entsprechende
Software nutzen (nachstehend Bieter). Außerdem bestimmen die Allgemeinen
Geschäftsbedingungen die wesentlichen Grundsätze, die für die Nutzung der
Webseiten gelten, die von der A***** betrieben werden.
Indem Sie die Schaltfläche 'Ich habe die Teilnahmebedingungen gelesen und
verstanden. Ich erkläre mich mit ihnen einverstanden und möchte mich als
Auktionsteilnehmer registrieren.' (zu ergänzen: anklicken,) akzeptieren Sie
die nachfolgenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen der www.k***** und
anerkennen, dass bezüglich der über die Auktionsplattform angebotenen
Artikel kein Vertragsschluss zwischen der A***** und Ihnen als Bieter
stattfindet. Die vertraglichen Bindungen bezüglich der über die
Auktionsplattform angebotenen Artikel betreffen einzig Sie als Bieter und
den Teilnehmer. Allfällige Ansprüche aus der durchgeführten Auktion sind
seitens des Bieters direkt gegenüber dem Teilnehmer und nicht gegenüber der
A***** zu erheben."
Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen lauteten auszugsweise wie folgt:
„1. Online-Auktion
1.1 www.k***** ist eine Internetplattform (nachfolgend 'Auktionsplattform')
der A***** GmbH & Co KG (nachfolgend 'A*****'). Auf der Auktionsplattform
werden nach dem System einer Auktion von Dritten (nachfolgend 'Teilnehmer')
Artikel (Waren und Dienstleistungen) zum Kauf angeboten. Wer die
Auktionsplattform nutzt (nachfolgend 'Bieter'), erklärt sich mit diesen
Allgemeinen Geschäftsbedingungen einverstanden. Die A***** behält sich das
Recht vor, diese Allgemeinen Geschäftsbedingungen jederzeit anzupassen und
die Änderungen den Bietern zur Kenntnis zu bringen. Wo Dritte über die
Auktionsplattform weitergehende Leistungen anbieten, gelangen deren
Geschäftsbedingungen zur Anwendung.
1.2 Der Bieter nimmt das Angebot des Teilnehmers durch Abgabe seines Gebots
verbindlich an, er verpflichtet sich somit vorbehaltlich der nachfolgenden
Bestimmungen und des Zuschlags bei Auktionsende, den jeweiligen Artikel zu
den vereinbarten Bedingungen zu erwerben. [...]
1.3 Die A***** bietet durch diese Online-Auktion Firmen und Geschäften die
Möglichkeit, ihre Waren und Dienstleistungen zu bewerben und anzubieten. Die
A***** ist dabei weder direkt in den Kauf, den Verkauf oder den Tausch von
Produkten oder Dienstleistungen involviert, noch wickelt sie diese Geschäfte
im Auftrage der teilnehmenden Firmen oder Geschäfte ab. [...]
1.5 Für alle Artikel, die über die Auktionsplattform angeboten werden, gilt
die Beschreibung des Teilnehmers. Alle angebotenen Artikel sind fabriksneu.
Alle Artikel können unter der im Auktionskatalog und auf der Webseite
notierten Adresse der Firma bzw des Geschäfts besichtigt werden, was den
interessierten Bietern dringend empfohlen wird. Die A***** ist weder
Verkäuferin der Artikel noch übernimmt sie irgendeine Verantwortung im
Zusammenhang mit den Artikeln. Das Vertragsverhältnis entsteht mit Zuschlag
direkt zwischen dem Teilnehmer und dem Bieter. [...]
Die A***** steht selbst in keinem Vertragsverhältnis zum Bieter. Die A*****,
ihre Organe, Hilfspersonen und Erfüllungsgehilfen schließen deshalb jede
vertragliche Haftung aus. [...]
2. Bieter
[...]
2.12 Der verbindliche Vertragsabschluss erfolgt durch den automatischen
Zuschlag am Ende der Online-Auktion. Am Schluss jeder Auktion ermittelt der
Veranstalter den Meistbietenden (den Käufer) für jeden Artikel, der den
Mindestpreis erreicht hat, kontaktiert den Meistbietenden per E-Mail
und/oder Telefon, informiert ihn über den Zuschlag und fordert ihn auf, den
Artikel zu bezahlen.
3. Zahlungsbedingungen
3.1 Der Meistbietende ist zur vollständigen Zahlung innerhalb von maximal 7
Tagen nach Benachrichtigung durch die A***** verpflichtet. Kann ein Käufer
(Bieter) nicht kontaktiert werden oder trifft die Zahlung innerhalb von 7
Tagen nicht ein, behalten sich die A***** und die Teilnehmer (Verkäufer) das
Recht vor, den Meistbietenden ohne weitere Benachrichtigung zu
disqualifizieren (Rücktritt vom Vertrag und Geltendmachung des daraus
entstehenden Schadens durch den Teilnehmer) und dem Bieter mit dem
nächsthöheren Gebot den Zuschlag zu erteilen. [...]
3.2 Der Kaufpreis ist an die A***** zu zahlen, welche das Inkasso im
Interesse der Teilnehmer durchführt. In gewissen, gesondert ausgewiesenen
Fällen zahlt der Käufer den Kaufpreis direkt an den Teilnehmer, der den
Artikel zum Verkauf angeboten hat. Die A***** hat das Recht, nicht jedoch
die Pflicht, das Inkasso im Interesse des Teilnehmers durchzuführen.
3.3 Nach Erhalt des Kaufpreises wird dem Käufer ein Artikelzertifikat
ausgestellt, mit dem er den Artikel bei der teilnehmenden Firma bzw. dem
teilnehmenden Geschäft auslösen kann. Grundsätzlich gilt Selbstabholung.
Besondere Abmachungen bezüglich Lieferung müssen zwischen Käufer und
Verkäufer getroffen werden.
[...]
4. Schlussbestimmungen
4.1 Die gegenständlichen Allgemeinen Geschäftsbedingungen regeln die
vertraglichen Verhältnisse zwischen Bieter und Teilnehmer und die
Nutzungsbedingungen der Auktionsplattform. [...]"
Den Einlieferern wurden von der beklagten Partei „Werbeguthaben" in Höhe der
jeweiligen Ladenpreise der angebotenen Artikel zur Verfügung gestellt. Dafür
sollte die beklagte Partei berechtigt sein, die inkassierten Beträge
einzubehalten. Ein Geldfluss von der beklagten Partei an die Einlieferer war
nur in Ausnahmefällen vorgesehen. Die Klägerin zahlte den Kaufpreis am 30.
3. 2006 an die beklagte Partei, die ihr dafür ein „Bezugs-Zertifikat"
ausstellte. Sie vereinbarte ferner mit der Verkäuferin einen Liefertermin im
Herbst 2006, wovon sie die beklagte Partei nicht in Kenntnis setzte. Zum
Zeitpunkt dieser Vereinbarung war das Heizsystem bei der Verkäuferin
vorhanden; es wäre die sofortige Lieferung oder Abholung möglich gewesen.
Am 14. 8. 2006 wurde über das Vermögen der Verkäuferin der Konkurs eröffnet.
Mit der am 23. 11. 2006 beim Erstgericht eingebrachten Klage begehrte die
Klägerin von der beklagten Partei Zahlung von 9.611 EUR sA. Sie stellte
neben Teilen des eingangs wiedergegebenen Sachverhalts außer Streit, dass
die beklagte Partei „lediglich als Internet- bzw Auktionsplattform agiert"
habe und der Kaufvertrag über das Kombi-Heizsystem ausschließlich zwischen
ihr und der Verkäuferin zustande gekommen sei.
Die Klägerin brachte vor, laut Auskunft des Masseverwalters im Konkurs der
Verkäuferin sei für die Konkursgläubiger keine Quote zu erwarten. Die
Klägerin habe daher die beklagte Partei zur Rückzahlung des „Meistbots"
aufgefordert. Diese habe jedoch mit der Begründung abgelehnt, das „Meistbot"
für Werbeeinschaltungen der Verkäuferin verwendet zu haben. Durch dieses
grob fahrlässige Verhalten sei die Klägerin im Umfang des erlegten „Meistbots"
geschädigt worden. Bei Internet-Auktionen bestehe insbesondere für den
vorauszahlungspflichtigen Käufer ein erhebliches Risiko. Deshalb werde,
falls nicht eine Zug-um-Zug-Leistung durch Zusendung der Ware per Nachnahme
oder persönliche Abholung vereinbart sei, häufig ein Treuhandservice
angeboten. Im vorliegenden Fall habe die beklagte Partei die Treuhandschaft
übernommen oder jedenfalls einen diesbezüglichen Anschein erweckt. Die
Klägerin sei entsprechend dem Wortlaut der Schaltfläche auf der Website der
beklagten Partei als „Auktionsteilnehmer" registriert gewesen. Laut Punkt
3.2 AGB werde das Inkasso „im Interesse der Teilnehmer" durchgeführt. Das
gemäß Punkt 3.3 AGB ausgestellte „Bezugs-Zertifikat" enthalte den Hinweis,
dass es zu unterschreiben und dem Händler nach der ordentlichen Übergabe des
Produkts zu übergeben sei. Aufgrund der vertraglichen Regelung und der
Registrierung als „Auktionsteilnehmer" habe die Klägerin darauf vertrauen
dürfen, dass die beklagte Partei den Kaufpreis treuhändig entgegennehmen und
ihn erst nach Vorlage des „Bezugs-Zertifikats" durch den Händler an diesen
weiterleiten werde. Durch jede andere Auslegung der Vertragsbestimmungen
wäre die Klägerin erheblich schlechter gestellt als bei einer gewöhnlichen
Auktion, wo Leistung und Gegenleistung Zug um Zug zu erfolgen habe.
Hilfsweise werde daher Sittenwidrigkeit gemäß
§ 879 Abs 3 ABGB und die
Nichtigkeit all jener Vertragsteile geltend gemacht, aufgrund deren die
beklagte Partei zur Weiterleitung des Kaufpreises an die Verkäuferin bzw zu
dessen Verrechnung mit eigenen Forderungen gegen die Verkäuferin vor dem
Nachweis der Übergabe des Kaufobjekts an die Klägerin berechtigt gewesen
sei. Die Bezeichnung der Anbieter als „Teilnehmer" in Punkt 1.1 AGB
widerspreche überdies dem allgemeinem Sprachgebrauch und verstoße daher
gegen das Transparenzgebot. Die Klägerin sei Konsumentin, die Anschaffung
sei für ihr Privathaus gedacht gewesen. Es liege daher ein
Verbrauchergeschäft vor. Die beklagte Partei bestritt und wandte ein, dass
sie zur Klägerin in keinem Vertragsverhältnis stehe. Es fehle ihr daher an
der passiven Klagslegitimation. Allfällige Rückzahlungsansprüche stünden der
Klägerin nur gegen die Verkäuferin zu. Die beklagte Partei sei mit
Inkassovollmacht der teilnehmenden Händler ausgestattet gewesen und habe
lediglich die Funktion einer Zahlstelle innegehabt. Keinesfalls habe sie
eine Treuhandschaft übernommen und auch keinen diesbezüglichen Anschein
erweckt. Schon aus den einleitenden Hinweisen zu der von ihr veranstalteten
Online-Auktion ergebe sich, dass unter dem Begriff „Teilnehmer" der
Lieferant bzw Händler zu verstehen sei, während die Klägerin sich an der
Auktion als „Bieter" beteiligt habe. Aus Punkt 3.2 AGB ergebe sich daher,
dass beim Inkasso (nur) das Händlerinteresse zu wahren gewesen sei. Ein
schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin auf ein Treuhandverhältnis sei weder
aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen noch aus dem „Bezugs-Zertifikat"
ableitbar. Der im Innenverhältnis mit der Verkäuferin getroffenen
Vereinbarung über die Einbehaltung und Gegenverrechnung des inkassierten
Kaufpreises komme keine Außenwirkung zu. Sittenwidrigkeit liege nicht vor.
Vorauszahlungen einer Vertragsseite seien im Geschäftsverkehr nicht unüblich
und keinesfalls gröblich benachteiligend. Die Anwendung des
§ 879 Abs 3 ABGB scheitere
schon daran, dass die klagende Partei die nicht gewährleistete Erfüllung der
Hauptleistungspflicht anspreche. Sie bezeichne die als nichtig beurteilten
Vertragsbestimmungen auch nicht konkret.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es ging vom eingangs
wiedergegebenen Sachverhalt aus und erörterte rechtlich, Ansprüche der
Klägerin aus dem Kaufvertrag seien gegen die Verkäuferin geltend zu machen.
Die beklagte Partei, deren Allgemeine Geschäftsbedingungen
Vertragsbestandteil geworden seien, habe im Rahmen der Online-Auktion als
„Vermittler" fungiert. Mangels Kenntnis der zwischen der Klägerin und der
Verkäuferin getroffenen Liefervereinbarung habe sie diese bei ihrer weiteren
Gebarung nicht berücksichtigen können. Eine Treuhandstellung der beklagten
Partei könne weder aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen noch aus der
Aushändigung des „Bezugs-Zertifikats" abgeleitet werden. Aus diesen
Regelungen gehe nicht hervor, dass die beklagte Partei die inkassierten
Beträge erst nach Vorlage der unterzeichneten „Bezugs-Zertifikate" an die
Verkäufer weiterleiten dürfe. Die beklagte Partei habe in ihren Allgemeinen
Geschäftsbedingungen ausdrücklich darauf verwiesen, das Inkasso im Interesse
der Teilnehmer durchzuführen. Schon in den Hinweisen auf die Allgemeinen
Geschäftsbedingungen wie auch in diesen selbst werde zwischen „Teilnehmern"
(Lieferanten) und „Bietern" unterschieden, wobei der Klägerin klar sein habe
müssen, dass sie „Bieter" und nicht „Teilnehmer" sei. Die zwischen der
beklagten Partei und den Händlern getroffenen Vereinbarungen hätten auf das
Vertragsverhältnis der Klägerin zur Verkäuferin einerseits und zur beklagten
Partei andererseits keinen Einfluss. Eine gröbliche Benachteiligung der
Klägerin im Sinne des § 879
Abs 3 ABGB sei bei der vorliegenden klaren Vertragsgestaltung nicht
ersichtlich.
Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung im klagsstattgebenden
Sinne ab und sprach zunächst aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig
sei. Es vertrat die Ansicht, die beklagte Partei sei keineswegs bloß Zahlstelle
für den Händler bzw dessen Bevollmächtigte oder Beauftragte gewesen. Es liege
vielmehr ein dreipersonales Verhältnis vor, bei dem die einzelnen Verkäufer ihre
Forderungen gegen die Bieter an die beklagte Partei zur Erfüllung ihrer dieser
gegenüber bestehenden Leistungsverpflichtungen abgetreten hätten. Gegenstand
dieser Zession sei die Übertragung der Gläubigerstellung hinsichtlich der
Kaufpreisforderung des Verkäufers auf die beklagte Partei. Alle anderen
wechselseitigen Verpflichtungen aus dem Kaufvertrag seien dadurch unberührt
geblieben. Die Gläubigerstellung sei zwischen dem Zedenten und dem Zessionar
aufgespalten. Anstelle des alten Gläubigers sei allein der Zessionar (die
beklagte Partei) zur Verfügung über die abgetretene Forderung berechtigt. Dies
ergebe sich deutlich aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen, wonach allein die
beklagte Partei die Kaufpreisforderung einzubringen gehabt habe und sogar
berechtigt gewesen sei, den Rücktritt vom Vertrag zu erklären. Die abgetretene
Kaufpreisforderung sei wirtschaftlich und rechtlich aus dem Vermögen des
Zedenten ausgeschieden, weshalb sie auch nicht in dessen Konkursmasse gefallen
sei.
Der Schuldner (die Klägerin) könne aber alle Einwendungen aus dem Grundgeschäft
auch gegenüber dem Zessionar erheben. Die beklagte Partei stelle nicht in Frage,
dass sie auf die Vorleistung der Klägerin nur unter der Voraussetzung ihres
Rechtsbestands Anspruch gehabt habe. Sie habe auch gewusst, dass diese Forderung
von der nachträglichen Erbringung der Gegenleistung - der Lieferung der
Heizanlage - abhängig gewesen sei. Da die Verkäuferin den Vertrag nicht erfüllt
habe, sei für die beklagte Partei aufgrund des von der Klägerin spätestens mit
ihrer Leistungsklage erklärten Vertragsrücktritts nach
§ 918 ABGB der Grund, die
empfangene Leistung zu behalten, weggefallen, weshalb sie für die Rückforderung
nach § 921 zweiter Satz ABGB
passiv legitimiert sei. Die Klägerin sei zu Recht vom Vertrag zurückgetreten,
einer Nachfristsetzung habe es nicht bedurft. Da auch der beklagten Partei
Rücktrittsrechte eingeräumt worden seien, habe der Vertragsrücktritt jedenfalls
auch ihr gegenüber erklärt werden können. Dies begründe schon den
Rückersatzanspruch der Klägerin, ohne dass auf die Ausführungen zum
Teilnehmerbegriff weiter eingegangen werden müsse. Dass auch die Klägerin, die
sich ausdrücklich als „Auktionsteilnehmer" registrieren habe lassen, als
„Teilnehmer" zu verstehen sei, stehe für das Berufungsgericht außer Zweifel.
Auf Antrag der beklagten Partei änderte das Berufungsgericht seinen Ausspruch
über die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision nachträglich dahin ab, dass es
die ordentliche Revision doch zuließ. Den von der Revisionswerberin aufgezeigten
Rechtsfragen komme letztlich über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu.
Gegen das Berufungsurteil richtet sich die Revision der beklagten Partei mit dem
Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne der Wiederherstellung des
erstinstanzlichen Urteils abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag
gestellt.
Die von der Klägerin erhobene Revisionsbeantwortung wurde mit Beschluss des
Berufungsgerichts vom 25. 4. 2008 als verspätet zurückgewiesen. Dieser Beschluss
ist rechtskräftig.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, weil zum Rechtsverhältnis des Bieters zum
Plattformbetreiber bei einer Online-Auktion noch keine höchstgerichtliche
Rechtsprechung existiert. Dazu kommt, dass die Entscheidung des
Berufungsgerichts auf einer unvertretbaren Auslegung der zwischen den
Einlieferern und der beklagten Partei getroffenen Vereinbarung beruht. Die
Revision ist auch berechtigt. Die beklagte Partei macht geltend, eine Zession
der Kaufpreisforderung sei von der Klägerin nie behauptet worden und gehe auch
aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht hervor. Die Klägerin habe ihren
Anspruch auch nicht auf die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung nach
Rücktritt vom Vertrag gestützt. Das „Zessionskontrukt" des Berufungsgerichts
beruhe daher auf einer verfehlten Rechtsansicht und stehe überdies zu der außer
Streit stehenden Tatsache, dass die beklagte Partei nur eine Internetplattform
zur Verfügung gestellt habe, in unlösbarem Widerspruch.
Hiezu wurde erwogen:
1. Zu den gerügten Verfahrensmängeln:
Die beklagte Partei hält das zweitinstanzliche Verfahren unter anderem deshalb
für mangelhaft, weil das Berufungsgericht ohne Urkundenverlesung den Inhalt
ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen umfassender als das Erstgericht
wiedergegeben hat. Sie übersieht dabei, dass sowohl die Klägerin als auch sie
selbst wortidente Abschriften der Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorgelegt und
sich in ihrem jeweiligen Prozessvorbringen darauf berufen haben. Der
Urkundeninhalt ist somit unstrittig. Es ist aber prozessual unbedenklich,
unstrittiges Parteivorbringen - und dazu gehört auch der Inhalt einer von beiden
Seiten für bedeutsam angesehenen Urkunde - ohne weiteres der Entscheidung
zugrunde zu legen (§§ 266 f ZPO; 1 Ob 68/07t). Dies gilt auch für das Verfahren
vor dem Revisionsgericht, weshalb zum besseren Verständnis dieser Entscheidung
weitere Passagen aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eingangs wiedergegeben
werden konnten (vgl 1 Ob 128/07s; RIS-Justiz RS0121557).
Den weiteren gerügten Verfahrensmängeln kommt aus den nachstehenden Gründen
keine entscheidungserhebliche Bedeutung zu (§ 510 Abs 3 dritter Satz ZPO).
2. Zum Ablauf einer Online-Auktion:
2.1 Wie der Oberste Gerichtshof unter Hinweis auf diverse Lehrmeinungen bereits
in der Entscheidung 4 Ob 135/07t = EvBl 2007/167
dargelegt hat, sind bei Online-Auktionen im Wesentlichen drei Geschäftsmodelle
zu unterscheiden: Der Seitenanbieter stellt eine Plattform („Marktplatz") zur
Verfügung, die von gewerblichen und/oder privaten Einlieferern genutzt wird; der
Seitenanbieter versteigert selbst Produkte; der Seitenanbieter lädt zur Bildung
von Einkaufsgemeinschaften ein.
2.2 Im vorliegenden Fall hat die beklagte Partei als Veranstalterin der
Online-Auktion Dritten eine Plattform für den Abschluss und die Abwicklung von
Rechtsgeschäften zur Verfügung gestellt. Der Ablauf der Online-Auktion gestaltet
sich bei dieser (klassischen) Variante im Regelfall so, dass sich der
Einlieferer beim Plattformbetreiber registrieren lässt und über eine
Bildschirmmaske Daten zum Auktionsgegenstand, das Mindestgebot, Versand- und
Zahlungsmodalitäten sowie den Endzeitpunkt der Auktion eingibt. Diese Eingabe
führt zum Beginn der Auktion und wird den Kaufinteressenten auf der Website des
Plattformanbieters zugänglich gemacht. Um mitbieten zu können, müssen sich auch
die Kaufinteressenten registrieren lassen. Sie können sodann bis zum
Auktionsende mit Benutzernamen und Passwort Gebote abgeben. Der Höchstbieter
erhält den „Zuschlag" mit Zeitablauf. Veräußerer und Erwerber erhalten
anschließend per E-Mail die Kontaktdaten des Vertragspartners. Die Abwicklung
des Vertrags erfolgt sodann ohne Zutun des Plattformbetreibers, der im Regelfall
lediglich Vermittler ist (vgl 4 Ob 135/07t; Janisch/Mader, E-Business³ [2006]
70; Stolz, Verbraucherschutzrecht bei Online-Auktionen [2006] 18 f; Wessely,
Internetauktionen - Steiger' dich rein!, MR 2000, 266).
2.3 Es ist unstrittig, dass zwischen dem Einlieferer und der Klägerin als
Höchstbieterin, also im sogenannten „Marktverhältnis", ein rechtsgültiger
Kaufvertrag zustande gekommen ist (vgl dazu 4 Ob
135/07t mwN; Janisch/Mader aaO 72; zu den rechtlichen Aspekten des
Vertragsabschlusses bei einer Online-Auktion im Detail vgl zB Stolz aaO 39 ff).
In Abweichung vom oben dargestellten Regelfall - und von der programmatischen
Bestimmung in Punkt 1.3 AGB - war hier aber die beklagte Partei als
Plattformbetreiberin in die Vertragsabwicklung involviert: Punkt 3.2 AGB regelt,
dass der Kaufpreis an die beklagte Partei zu zahlen ist. Der - für die Klägerin
nicht erkennbare - Hintergrund dieser Vertragsbestimmung liegt in dem besonders
gestalteten Rechtsverhältnis zwischen den Einlieferern und der beklagten Partei,
das in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Einzelnen nicht näher dargestellt
wird (vgl auch den Hinweis auf eine „gesonderte Vereinbarung" in Beilage ./E).
3. Die Vertragsbeziehungen des Plattformbetreibers:
3.1 Im einschlägigem Schrifttum wird überwiegend die Auffassung vertreten, dass
der Plattformbetreiber sowohl zu den Einlieferern als auch zu den Bietern in
vertraglicher Beziehung steht. Mit der Registrierung dieser Personen wird ein im
Allgemeinen als Nutzungs- oder auch Teilnahmevertrag bezeichnetes
Vertragsverhältnis begründet, das den Plattformbetreiber vorrangig dazu
verpflichtet, die technische und organisatorische Abwicklung der Auktion
sicherzustellen. Im Regelfall werden diese Vertragsverhältnisse durch die
Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Plattformbetreibers konkretisiert (Janisch/Mader
aaO 72; Stolz aaO 126 ff; Gurmann, Internet-Auktionen [2005], 101 ff; zur
Rechtslage in Deutschland:
Wiebe in Spindler/Wiebe, Internet-Auktionen und Elektronische Marktplätze²
[2005] Kap 4 Rz 3 ff). Während die von seiner konkreten Ausformung abhängige
dogmatische Einordnung des Vertragsverhältnisses zwischen Plattformbetreiber und
Einlieferern in der Lehre umstritten ist (vgl etwa die Ausführungen von Stolz
aaO 140; Gurmann aaO 107; Wiebe aaO Kap 4 Rz 11), entspricht es herrschender
Ansicht, dass das Vertragsverhältnis zwischen Plattformbetreibern und Bietern
(jedenfalls überwiegend) den Regel des Auftragsrechts (§§ 1002 ff ABGB)
unterliegt (Stolz aaO 147; Gurmann aaO 111; vgl auch Wiebe aaO Kap 4 Rz 16).
3.2 Das Rechtsverhältnis zwischen der beklagten Partei (als
Plattformbetreiberin) zu den Einlieferern ist im vorliegenden Fall durch die
Besonderheit gekennzeichnet, dass ihm eine aus den Allgemeinen
Geschäftsbedingungen nicht ersichtliche besondere Vereinbarung zugrunde lag.
Punkt 1.3 AGB enthält lediglich den Hinweis, dass die Online-Auktion „Firmen und
Geschäften" die (gebührenfreie) Bewerbung und Anbietung ihrer Waren und
Dienstleistungen ermöglichen soll. Darüber hinaus wurde aber auch vereinbart,
dass die beklagte Partei berechtigt sein sollte, die erzielten Kaufpreise zu
vereinnahmen. Auf die rechtliche Qualifikation dieser Vereinbarung kommt es hier
nicht an. Vor ihrem Hintergrund ist aber jedenfalls die in ihrer Auslegung
strittige Formulierung in Punkt 3.2 AGB zu sehen.
3.3 Das Berufungsgericht leitete aus den Feststellungen über das
Vertragsverhältnis zwischen der beklagten Partei und den Einlieferern sowie aus
einzelnen Regelungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Zession der
(künftigen) Zahlungsansprüche der Einlieferer an die beklagte Partei ab. Eine
diese Auslegung rechtfertigende Tatsachengrundlage wurde aber - worauf die
beklagte Partei zu Recht verweist - weder festgestellt noch von den Parteien
vorgebracht. Die rechtsgeschäftliche Zession ist ein kausales
Verfügungsgeschäft, das durch Willenseinigung zwischen Zedenten und Zessionar
zustande kommt (7 Ob 523/88; 5 Ob 31/04a; Neumayr in KBB² § 1392 Rz 2). Aus den
erstinstanzlichen Feststellungen ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine auf
die Übertragung der Forderung gerichtete Willenseinigung zwischen der beklagten
Partei und den Einlieferern. Die laut Punkt
3.2 AGB der beklagten Partei eingeräumte Inkassobefugnis setzt keineswegs eine
Zession voraus; sie kann ebenso auf einer anderen vertraglichen Gestaltung
(Inkassovollmacht, Einziehungsermächtigung, Anweisung, einseitige oder
mehrseitige Treuhand [zu letzterer sogleich]) beruhen (vgl Reischauer in Rummel,
ABGB³ II/3 § 1424 Rz 2). Die Klägerin hat entgegen der Annahme des
Berufungsgerichts ihr Leistungsbegehren auch nicht auf die
bereicherungsrechtliche Rückabwicklung infolge Auflösung des Kaufvertrags
sondern auf Schadenersatz wegen Verletzung vertraglicher Pflichten aus der
behaupteten Treuhandschaft gestützt und hilfsweise die Nichtigkeit bzw
Unwirksamkeit einzelner Vertragsbestimmungen geltend gemacht.
3.4 Da das Auslegungsergebnis des Berufungsgerichts in den Verfahrensergebnissen
somit keine tragfähige Grundlage findet, ist im Folgenden zunächst zu prüfen, ob
die beklagte Partei im Verhältnis zur Klägerin Treuhandpflichten übernommen hat.
3.4.1 Zur Verringerung der Risiken, die mit der Abwicklung der über die
Plattform abgeschlossenen Verträge verbunden sind, bieten manche
Plattformbetreiber im Nutzungsverhältnis ein Treuhandservice als zusätzliche
Dienstleistung an (Janisch/Mader aaO 70 f; Stolz aaO 19 f; Gurmann aaO 71; Peck,
Die Internetversteigerung [2002] 154; Spindler in Spindler/Wiebe aaO Kap 5 Rz
111 ff; Freitag in Leible/Sosnitza, Versteigerungen im Internet [2004] Rz 413
ff). Da der Höchstbieter nach den vereinbarten Zahlungsbedingungen meistens
Vorauszahlung („Vorkasse") zu leisten hat, trägt er das Risiko der Seriosität
(und Bonität) des Einlieferers (Wessely aaO 266). Durch die Treuhandabwicklung
bleibt hingegen das Zug-um-Zug-Prinzip gewahrt (10 Ob 309/02t mwN). Der vom
Höchstbieter auf das Treuhandkonto einbezahlte Betrag wird erst freigegeben,
wenn der Einlieferer seinerseits geleistet hat. Damit wird das typische
Erfüllungsrisiko minimiert (Spindler aaO Kap 5 Rz 111; auch Janisch/Mader aaO 70
f; Stolz aaO 20). Es liegt ein Fall der mehrseitigen fremdnützigen offenen
Treuhand vor, bei welcher der Treuhänder die meist gegensätzlichen Interessen
aller Treugeber bestmöglich zu wahren hat (RIS-Justiz RS0107334).
3.4.2 In der Regel bieten die Plattformbetreiber lediglich die Vermittlung eines
Treuhandservices durch ein fremdes Unternehmen an, das als unabhängige Partei
die Zahlungsabwicklung überwacht (Janisch/Mader aaO 70; Stolz aaO 130; Spindler
aaO Kap 5 Rz 112 f). Es ist aber auch möglich, dass der Plattformbetreiber
selbst Treuhanddienste erbringt (vgl Peck aaO 154; Gurmann aaO 136 f; auch
Spindler aaO Kap 5 Rz 112 FN 211). Schließlich können die Allgemeinen
Geschäftsbedingungen so gestaltet sein, dass überhaupt kein Treuhandservice
angeboten wird.
3.4.3 Die Klägerin vertrat bereits in erster Instanz den Rechtsstandpunkt, dass
die beklagte Partei eine Treuhandschaft übernommen hat. Sie gründet diese
Ansicht auf jene Formulierung in Punkt 3.2 AGB, nach welcher die beklagte Partei
„das Inkasso im Interesse der Teilnehmer durchführt".
Treuhand ist gegeben, wenn jemand (der Treuhänder) Rechte übertragen erhält, die
er im eigenen Namen, aber aufgrund einer obligatorischen Bindung zu einer
anderen Person (dem Treugeber) nur in einer bestimmten Weise ausüben soll (2 Ob
105/08t mwN). Der Inhalt eines Treuhandvertrags richtet sich im Einzelnen nach
den Parteienvereinbarungen, wobei dem Zweck des Rechtsgeschäfts erhebliche
Bedeutung zukommt (10 Ob 309/02t; 7 Ob 13/08z je mwN; RIS-Justiz RS0010444
[T5]). Das Treuhandverhältnis kann auch durch konkludente Willenserklärungen
begründet werden (vgl 1 Ob 208/04a; 7 Ob 13/08z). Wer einen Geldbetrag in
Wahrung der Interessen zweiter Personen in Verwahrung nimmt, ist Treuhänder
beider Teile (RIS-Justiz RS0010452; vgl auch RS0010472).
3.4.4 Es ist nun durch Auslegung zu ermitteln, ob nach diesen Grundsätzen ein
Treuhandverhältnis zwischen der Klägerin und der beklagten Partei zu Stande
gekommen ist. Dabei ist zu beachten, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen, wenn
sie - wie hier - nicht Gegenstand und Ergebnis von Vertragsverhandlungen waren,
nach ständiger Rechtsprechung objektiv unter Beschränkung auf ihren Wortlaut so
auszulegen sind, wie sie sich einem durchschnittlichen Angehörigen aus dem
angesprochenen Adressatenkreis erschließen; Unklarheiten gehen im Sinne des
§ 915 ABGB zu Lasten des
Verwenders (7 Ob 41/01g = SZ 74/46; 6 Ob 30/05p mwN; RIS-Justiz RS0008901,
RS0018008), hier also der beklagten Partei. In allen Fällen ist der einem
objektiven Beobachter erkennbare Zweck einer Bestimmung der Allgemeinen
Geschäftsbedingungen zu berücksichtigen (7 Ob 41/01g mwN; vgl RIS-Justiz
RS0017960).
Der Klägerin ist zuzugestehen, dass bei einer Online-Auktion der Begriff
„Teilnehmer" nach dem allgemeinen Sprachgebrauch für die Unterscheidung zwischen
Einlieferer und Bieter noch nicht aussagekräftig ist. Schon in den dem Text der
Allgemeinen Geschäftsbedingungen der beklagten Partei vorangestellten Hinweisen,
wie auch eingangs der Bedingungen selbst (Punkt 1.1; ebenso Punkt 3.1), wurde
jedoch die im Klauselwerk verwendete Terminologie eindeutig dahin klargestellt,
dass der „Teilnehmer" als Lieferant, Anbieter oder Verkäufer dem „Bieter" als
potentieller Vertragspartner gegenüber steht. Im Kontext mit den übrigen
Vertragsbestimmungen lässt daher auch Punkt 3.2 AGB für den objektiven
Betrachter keinen Zweifel daran, dass die beklagte Partei nur im Interesse der
Verkäufer in die Vertragsabwicklung eingeschaltet werden sollte. An dieser
Beurteilung vermag auch nichts zu ändern, dass sich auch die Bieter als
„Auktionsteilnehmer" registrieren lassen mussten und dem jeweiligen Höchstbieter
ein zu unterfertigendes „Bezugs-Zertifikat" als Zahlungsnachweis für den
Veräußerer ausgehändigt worden ist. Von einem (schlüssigen) Angebot eines - noch
dazu kostenlosen - Treuhandservices durch die beklagte Partei kann demnach keine
Rede sein. Das bedeutet, dass die Klägerin ihren Schadenersatzanspruch nicht
erfolgreich auf eine Verletzung von Treuhandpflichten stützen kann.
3.4.5 Die Klage muss aber auch erfolglos bleiben, soweit sich die Klägerin zur
Begründung ihres Anspruchs auf einen von der beklagten Partei erweckten Anschein
eigener Treuhanddienste beruft. In der Literatur wird eine Haftung des
Plattformbetreibers aus diesem Rechtsgrund nur unter dem Gesichtspunkt erwogen,
dass es aus Sicht der auf seine Treuhändereigenschaft vertrauenden Parteien
„eine überraschende Klausel wäre", wenn ein Dritter als eigentlicher
Vertragspartner des Treuhandauftrags in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen
genannt werden würde (vgl Spindler aaO Kap 5 Rz 113; Gurmann aaO 136 f). Ein
solcher Fall liegt hier aber nicht vor.
4. Zur (hilfsweise) geltend gemachten Unwirksamkeit und Nichtigkeit einzelner
Klauseln:
4.1 Die Klägerin, deren Verbrauchereigenschaft in diesem Rechtsstreit nicht
strittig ist, erblickt einen Verstoß gegen das Transparenzgebot darin, dass in
Punkt 1.1 AGB der Begriff des „Teilnehmers" entgegen dem allgemeinen
Sprachgebrauch auf die Anbieter beschränkt worden sei.
Diese Argumentation vermag der erkennende Senat nicht nachzuvollziehen. Richtig
ist, dass das Transparenzgebot des §
6 Abs 3 KSchG eine durchschaubare, möglichst klare und verständliche
Formulierung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen verlangt, um sicher zu
stellen, dass der für die jeweilige Vertragsart typische Verbraucher zuverlässig
über seine Rechte und Pflichten bei der Vertragsabwicklung informiert wird. Es
soll verhindert werden, dass er von der Durchsetzung seiner Rechte abgehalten
wird oder ihm unberechtigt Pflichten auferlegt werden (4 Ob 88/05b; 4 Ob 5/08a
je mwN; Kathrein in KBB² § 6 KSchG Rz 32).
Das setzt die Verwendung von Begriffen voraus, deren Bedeutung dem typischen
Verbraucher geläufig ist oder von ihm jedenfalls festgestellt werden kann. Dabei
sollen keine Begriffe verwendet werden, die so unbestimmt sind, dass sich ihr
Inhalt jeder eindeutigen Festlegung entzieht. Der durch ihre Verwendung
geschaffene Beurteilungsspielraum würde verhindern, dass der Verbraucher
Klarheit über seine Rechte und Pflichten gewinnen kann (vgl 4 Ob 88/05b).
Punkt 1.1 AGB diente - wie erörtert - nun aber gerade dazu, die Terminologie für
das gesamte Klauselwerk klar zu stellen und den an sich nicht
unterscheidungskräftigen Begriff „Teilnehmer" in einer für den typischen
Verbraucher sprachlich verständlichen Art und Weise als den Anbieter der Waren
und Dienstleistungen zu definieren, dem der Kaufinteressent als „Bieter"
gegenüber steht. Damit wurde - wie auch schon in den einleitenden Hinweisen -
ein seinem Wortsinn nach zunächst mehrdeutiger Begriff mit einem bestimmten,
eindeutigen Begriffsinhalt erfüllt und die Grundlage dafür geschaffen, dass auch
der Inhalt und die Tragweite der folgenden Vertragsbestimmungen für den
Verbraucher „durchschaubar" sind (vgl RIS-Justiz RS0122169). Dass dies vor und
am Beginn des Klauselwerks geschah, versetzte den Verbraucher überdies in die
Lage, sich leicht über die Bedeutung der verwendeten Begriffe zu informieren.
Schon der erste Satz in Punkt
1.2 AGB knüpfte sodann unmissverständlich an diese Begriffsbestimmung an, indem
festgehalten wurde, dass der Bieter das Angebot des Teilnehmers durch Abgabe
seines Gebots verbindlich annimmt. Entgegen der Ansicht der Klägerin hält somit
die beanstandete Klausel der Prüfung nach
§ 6 Abs 3 KSchG stand.
4.2 Die Klägerin relevierte ferner in erster Instanz die Sittenwidrigkeit jener
Vertragsteile, welche die beklagte Partei zur Weiterleitung des Kaufpreises an
den Einlieferer bzw zu dessen Verrechnung mit eigenen Forderungen gegen dieses
Unternehmen vor dem Nachweis der Übergabe des Kaufobjekts an sie berechtigt
hätten. Im Zusammenhang mit ihrer weiteren Behauptung, sie sei erheblich
schlechter gestellt als bei einer gewöhnlichen Auktion, wo Leistung und
Gegenleistung Zug um Zug erfolgen würden, brachte sie damit zum Ausdruck, dass
sie in der Vereinbarung ihrer Vorleistungspflicht durch Vorauszahlung an einen
Dritten eine gröbliche Benachteiligung im Sinne des
§ 879 Abs 3 ABGB gegenüber dem
Einlieferer sieht. Dazu ist auszuführen:
4.2.1 Erfüllung im Sinne des § 1424
ABGB ist grundsätzlich nur die Leistung des Schuldners an den Gläubiger. Die
Leistung an einen anderen als den Gläubiger befreit hingegen den Schuldner nur
dann von seiner Verbindlichkeit, wenn dieser Vertreter oder ermächtigte
Empfangsperson des Gläubigers ist oder wenn der Gläubiger den Schuldner
ermächtigt hat, an einen Dritten zu leisten. Ein zum Empfang geeigneter
Machthaber im Sinne des § 1424
ABGB liegt nicht nur dann vor, wenn ihm der Gläubiger Vollmacht zur Empfangnahme
der Leistung erteilt hat, sondern auch dann, wenn vom Gläubiger ein Dritter
ermächtigt worden ist, die Zahlung im eigenen Namen anzunehmen (1 Ob 535/93).
In Anknüpfung an das erzielte Auslegungsergebnis, wonach die beklagte Partei
gegenüber den Käufern keine Treuhanddienste übernommen hat, verbleibt für die in
Punkt 3.2 erster Satz AGB getroffene Regelung kein anderer objektiver
Erklärungsinhalt, als dass die Käufer zur schuldbefreienden Vorauszahlung des
Kaufpreises an die beklagte Partei als Machthaber des Verkäufers verpflichtet
waren. Dies verdeutlicht, dass die strittige Regelung das Rechtsverhältnis
zwischen Einlieferer (Verkäufer) und Bieter (Käufer), also das Marktverhältnis,
nicht aber auch das Nutzungsverhältnis zwischen Bieter (Käufer) und
Plattformbetreiber betraf, ging es doch um die Abwicklung des über die Plattform
zustande gekommenen Vertrags.
4.2.2 Dieser Beurteilung steht auch nicht entgegen, dass die besagte Regelung
Teil der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der beklagten Partei ist. Der
Plattformbetreiber schafft durch die Formulierung von Allgemeinen
Geschäftsbedingungen den rechtlichen Rahmen einer Online-Versteigerung, ohne den
diese nicht durchführbar wäre (vgl Stolz aaO 126). Der Klauselkatalog enthält
zwar überwiegend Bestimmungen, die das Rechtsverhältnis zwischen dem
Plattformbetreiber und den Nutzern (das Nutzungsverhältnis) betreffen. Er stellt
aber auch das Rechtsverhältnis zwischen den Einlieferern und den Bietern (das
Marktverhältnis) betreffende Regelungen bereit (vgl Stolz aaO 42 und 126; Wiebe
aaO Kap 4 Rz 123; Spindler aaO Kap 5 Rz 88).
4.2.3 In Deutschland hat sich zur Frage, ob - und bejahendenfalls mit welcher
dogmatischen Begründung - diese Regelungen in das Marktverhältnis einbezogen
werden können oder ob sie nur als Auslegungshilfe heranzuziehen sind, ein
Meinungsstreit entwickelt. Während die Rechtsprechung und der überwiegende Teil
der Lehre zur sogenannten „Auslegungslösung" neigt, halten einige Autoren die
„Einbeziehungslösung" für sachgerecht (zum Meinungsstand vgl Gurmann aaO 85 ff;
Wiebe aaO Kap 4 Rz 124 ff; Heiderhoff, Die Wirkung der AGB des
Internetauktionators auf die Kaufverträge, ZIP 2006, 793; Spindler/Nink,
Verträge via Internetauktionen, DRiZ 2007, 193 [194]). Diese Problematik wird
vor allem im Zusammenhang mit der Möglichkeit der Inhaltskontrolle der von einem
Dritten stammenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Marktverhältnis
diskutiert (vgl dazu auch BGH VIII ZR 13/01 = NJW 2002, 363 = MMR 2002, 95 [Spindler]).
Bei Verbraucherverträgen gilt zufolge § 310 Abs 3 Nr 1 BGB zwar eine Fiktion für
die Einbeziehung sogenannter Drittbedingungen (Wiebe aaO Kap 4 Rz 118), wobei
der Unternehmer als Verwender der Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Sinne des
§ 305 Abs 1 BGB fungiert (Spindler aaO Kap 5 Rz 88 FN 152; ders,
Vertragsabschluss und Inhaltskontrolle bei Internet-Auktionen, ZIP 2001, 809
[814]). Dennoch besteht auch bei diesen Verträgen in der Frage der
Inhaltskontrolle keine Einigkeit (dafür etwa Rüfner, Virtuelle Marktordnungen
und das AGB-Gesetz, MMR 2000, 597 [601]; zweifelnd hingegen Koch,
Geltungsbereich von Internet-Auktionsbedingungen, CR 2005, 502 [504]; ablehnend
Heiderhoff aaO 794).
Im österreichischem Schrifttum wird hingegen, soweit ersichtlich, ohne
Beschränkung auf Verbrauchergeschäfte einhellig - wenn auch mit
unterschiedlichen dogmatischen Ansätzen - die Ansicht vertreten, dass die
Inhaltskontrolle der das Marktverhältnis konkretisierenden Allgemeinen
Geschäftsbedingungen möglich ist (Stolz aaO 42 und 126 f; Gurmann aaO 90 f; vgl
auch Burgard, Eine Versteigerung im Internet, JAP 2002/2003, 134 [138 f], der
für eine wenigstens mittelbare Anwendung von
§ 879 Abs 3 ABGB im
Marktverhältnis plädiert). Eine nähere Auseinandersetzung mit dem dargestellten
Theorienstreit ist im hier zu beurteilenden Fall aber nicht erforderlich, weil
auch die Bejahung der Möglichkeit einer Inhaltskontrolle der Klägerin aus den
nachstehenden Gründen nicht zum Prozesserfolg verhelfen könnte.
4.2.4 Da die Vereinbarung über die Vorleistungspflicht die Modalitäten der
Vertragsabwicklung regelt, käme der Inhaltskontrolle nur im Marktverhältnis
unmittelbare Bedeutung zu. Sollte die Klausel dieser Kontrolle aber nicht Stand
halten, könnte die beklagte Partei wegen Verletzung vertraglicher
Sorgfaltspflichten im Nutzungsverhältnis den Nutzern gegenüber allenfalls zum
Schadenersatz verpflichtet sein. Die Vertragsverletzung des Plattformbetreibers
wird in der Lehre darin gesehen, dass er unwirksame oder benachteiligende
Klauseln in das Vertragswerk, auf das sich die Nutzer verlassen hätten,
eingeführt hat (Spindler in Spindler/Wiebe aaO Kap 5 Rz 89; ders in ZIP 2001,
814 f; Rüfner aaO 601; vgl auch Burgard aaO 138). Von den genannten Autoren wird
eine solche Haftung grundsätzlich zwar nur unter der Voraussetzung erwogen, dass
eine Inhaltskontrolle im Marktverhältnis nicht möglich ist, sodass die Nutzer an
die unzulässigen Klauseln gebunden wären. Spindler (in ZIP 2001, 815) räumt aber
ein, dass auch im Fall der möglichen und erfolgreichen Inhaltskontrolle im
Marktverhältnis derjenige einen Schaden erleiden würde, der sich auf die
unzulässige Klausel verlassen hat.
4.2.5 Unterstellt man nun mit der herrschenden österreichischen Lehre die
Möglichkeit einer Inhaltskontrolle im Marktverhältnis, so ist von folgenden
Grundsätzen auszugehen:
§ 879 Abs 3 ABGB ist nicht auf
in Vertragsformblättern oder Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene
Vertragsbestimmungen anwendbar, die eine der beiderseitigen Hauptleistungen
festlegen. Nach Rechtsprechung und Lehre fallen nur diejenigen
Vertragsbestandteile unter diese Ausnahme, welche die individuelle zahlenmäßige
Umschreibung der beiderseitigen Leistungen festlegen (vgl 6 Ob 241/07w mwN; 4 Ob
5/08a; RIS-Justiz RS0016931). Vor allem die im dispositiven Recht geregelten
Fragen, wie Ort und Zeit der Vertragserfüllung sind von ihr hingegen nicht
umfasst (RIS-Justiz RS0016908).
Maßgeblich für die Prüfung, ob eine Klausel im Sinne des
§ 879 Abs 3 ABGB gröblich
benachteiligend ist, ist der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses. Gröbliche
Benachteiligung liegt nicht nur vor, wenn vom dispositiven Recht abweichende
Klauseln unangemessen bzw sachlich nicht gerechtfertigt sind, sondern ist auch
anzunehmen, wenn die dem Vertragspartner zugedachte Vertragsposition in
auffallendem, sachlich nicht zu rechtfertigendem Missverhältnis zur
vergleichbaren Position des anderen steht (6 Ob 241/07w; 4 Ob 5/08a je mwN;
RIS-Justiz RS0016914; Bollenberger in KBB² § 879 Rz 23).
4.2.6 Gemäß § 1062 ABGB ist der Käufer verbunden, die Sache sogleich oder zur
bedungenen Zeit zu übernehmen und zugleich das Kaufgeld bar abzuführen. Die
vereinbarten beiderseitigen Leistungen sind also grundsätzlich Zug um Zug zu
erfüllen. Abweichungen vom Zug-um-Zug-Prinzip müssen vereinbart sein (SZ 48/106;
Apathy in KBB² § 1062 Rz 1). Vereinbarungen, mit denen der Käufer in Abweichung
vom Zug-um-Zug-Prinzip zur Vorauszahlung des Kaufpreises verpflichtet wird, sind
grundsätzlich als zulässig anzusehen. Dass dies auch für Verbrauchergeschäfte
gelten soll, ergibt sich schon aus § 27 KSchG, der dem Verbraucher bei
Vorauszahlungskäufen über bewegliche körperliche Sachen unter bestimmten - hier
nicht vorliegenden - Voraussetzungen ein Rücktrittsrecht gewährt (zur
Zielrichtung dieser Bestimmung vgl 7 Ob 23/00h = SZ 73/147).
4.2.7 Allerdings sind gemäß § 6
Abs 1 Z 6 KSchG für den Verbraucher solche Vertragsbestimmungen im Sinne des
§ 879 ABGB nicht verbindlich,
nach denen das Recht des Verbrauchers, seine Leistung nach § 1052 ABGB bis zur
Bewirkung oder Sicherstellung der Gegenleistung zu verweigern, für den Fall
ausgeschlossen oder eingeschränkt wird, dass der Unternehmer seine Leistung
nicht vertragsmäßig erbringt oder ihre Erbringung durch seine schlechten
Vermögensverhältnisse, die dem Verbraucher zur Zeit der Vertragsschließung weder
bekannt waren noch bekannt sein mussten, gefährdet ist. Auch diese Bestimmung
schließt aber die Vereinbarung einer Vorausleistung durch den Verbraucher nicht
von vornherein aus, sofern nicht das Leistungsverweigerungsrecht umgangen wird (vgl
RIS-Justiz RS0020072; Welser in Krejci, HBzKSchG 349 ff; Kathrein aaO § 6 KSchG
Rz 12; Apathy in Schwimann, ABGB³ V § 6 KSchG Rz 31; Krejci in Rummel, ABGB³
II/4 § 6 KSchG Rz 94; Mayrhofer/Nemeth in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang³ § 6
KSchG Rz 3). Ob im Einzelfall ein Umgehungsfall oder eine zulässige Vereinbarung
einer Vorleistungspflicht des Verbrauchers vorliegt, lässt sich insbesondere
daran erkennen, ob sich für die Vorleistungspflicht des Verbrauchers aus der
Natur des Vertrags, der gegenseitigen Leistungspflichten oder aus sonstigen
Umständen des Falls ein sachlicher Grund findet (Krejci aaO § 6 KSchG Rz 95).
4.2.8 Das Vorliegen eines sachlichen Grundes wird in der deutschen Lehre und
Rechtsprechung bei im Wesentlichen identer Rechtslage (vgl §§ 307, 309 Nr 2 lit
a BGB) für die Vereinbarung der Vorleistungspflicht des Käufers bei
Online-Versteigerungen bejaht (Leible in Leible/Sosnitza aaO Rz 273;
Kieselstein/Rückebeil, 1, 2, 3 ... Probleme bei Internet-Auktionen, VuR 2007,
297 [300] sowie Grüneberg in Palandt, BGB68 § 309 Rz 13 mit Hinweis auf OLG
Hamburg NJW 2007, 2264 [2266]). Es habe sich mittlerweile eine gefestigte
Verkehrssitte gebildet, dass der Käufer bei Überweisung des Kaufpreises
vorzuleisten habe, sofern eine Übergabe Zug um Zug aufgrund der üblicherweise
vorliegenden Schickschuld ausscheidet. Eine derartige Verkehrssitte sei auch im
Rahmen der Inhaltskontrolle zu berücksichtigen, sofern sie mit Treu und Glauben
und der berechtigten Bewertung der im Spiel befindlichen Interessen zu
vereinbaren sei. Das sei bei Online-Auktionen der Fall. Vorkasseklauseln bei
Online-Auktionen hielten einer Klauselkontrolle daher grundsätzlich Stand (Leible
aaO 273 mwN).
4.2.9 Diese Erwägungen treffen grundsätzlich auch auf Online-Auktionen
österreichischer Veranstalter zu. Dazu kommt, dass der Verkäufer ohne
Vorkasseklausel der Gefahr der Nichtbezahlung trotz Lieferung in gleichem Maße
ausgesetzt wäre wie sonst der Käufer der Gefahr der Nichtlieferung trotz
Bezahlung, zusätzlich aber noch die Kosten der Verpackung und der Versendung zu
tragen hätte (OLG Hamburg aaO). Im vorliegenden Fall ist ferner zu
berücksichtigen, dass den Bietern in Punkt 1.5 AGB die für Online-Auktionen
untypische (vgl Leible aaO) - von der Klägerin auch genutzte - Möglichkeit der
vorherigen Besichtigung der angebotenen Artikel eingeräumt wurde, sodass sich
jeder Kaufinteressent davon vergewissern konnte, ob und in welchem Zustand der
angebotene Artikel beim Einlieferer tatsächlich vorhanden war.
Aus diesen Gründen erweist sich die in Punkt 3.2 AGB geregelte
Vorleistungspflicht der Klägerin unter dem Gesichtspunkt des
§ 879 Abs 3 ABGB und des
§ 6 Abs 1 Z 6 KSchG als
unbedenklich. Das bedeutet aber, dass auch eine auf die Einführung einer
nichtigen Vertragsbestimmung in das Marktverhältnis gegründete Haftung der
beklagten Partei für den Schaden der Klägerin nicht in Betracht kommen kann.
5. Informations- und Aufklärungspflichten des Plattformbetreibers:
Zuletzt ist zu prüfen, ob der Schadenersatzanspruch der Klägerin auf die
Verletzung einer die beklagte Partei im Rahmen des Nutzungsverhältnisses
allenfalls treffende Informations- und Aufklärungspflicht über die (mangelnde)
Bonität des Einlieferers gestützt werden könnte. Auch das ist jedoch zu
verneinen:
5.1 In der Lehre wird eine vertragliche Sorgfaltspflicht des Plattformbetreibers
zur Überprüfung der Bonität der Einlieferer mit der Begründung abgelehnt, dass
damit weitreichende, mit dem „Wesen von Internet-Auktionen" nicht zu
vereinbarende Recherchen verbunden wären. Der Plattformbetreiber stelle
lediglich die Rahmenbedingungen für die Online-Auktion zur Verfügung, weshalb
die Nutzer keine wesentlichen Informationen über die Bonität der Einlieferer
erwarten dürften. Eine andere Beurteilung sei nur dann geboten, wenn der
Plattformbetreiber von der Insolvenz eines Einlieferers erfahren haben oder
zumindest mit häufigen Beschwerden über Probleme bei der Vertragsabwicklung mit
einem bestimmten Einlieferer konfrontiert worden sein sollte (vgl Gurmann aaO
135; Spindler in Spindler/Wiebe aaO Rz 101 f).
5.2 Diesen Ausführungen ist zuzustimmen. Dem hier zu beurteilenden Sachverhalt
sind keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass die beklagte Partei während
der Laufzeit der Online-Auktion von der drohenden Insolvenz des späteren
Vertragspartners der Klägerin Kenntnis hatte oder haben musste. In diesem
Zusammenhang ist hervorzuheben, dass sich selbst bei Annahme einer
entsprechenden Sorgfaltspflicht des Plattformbetreibers die mit ihrer Verletzung
verbundene Gefahr eines Schadenseintritts nicht verwirklicht hätte, weil der
Einlieferer zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ohnedies lieferbereit und
-fähig war. Der Schaden der Klägerin ist letztlich auf ihren Wunsch
zurückzuführen, dass das erworbene Heizsystem erst sechs Monate nach
Zustandekommen des Kaufvertrags geliefert wird. Da die beklagte Partei hievon
keine Kenntnis hatte und damit auch nicht rechnen musste, kommt auch die
Verletzung einer allfälligen Warnpflicht als Haftungsgrundlage nicht in
Betracht.
6. Ergebnis:
Diese Erwägungen führen zusammengefasst zu dem Ergebnis, dass unter den hier
maßgeblichen Umständen die vorleistende Klägerin das Risiko der Insolvenz des
Veräußerers allein zu tragen hat. Dem gegen die beklagte Partei als
Plattformbetreiberin der Online-Auktion gerichteten Schadenersatzanspruch fehlt
es an einer tauglichen Rechtsgrundlage, weshalb in Abänderung der angefochtenen
Entscheidung das erstinstanzliche Urteil wiederherzustellen war.
Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf
die §§ 41, 50 ZPO.