Mehrwertdienst über Dialer
LG Feldkirch, Urteil vom 21.6.2005, 2 R 154/05w
***** Zusammenfassung *****
Der Kläger begehrt gegenüber der beklagten Telefongesellschaft die Feststellung, dass eine bestimmte Forderung, die durch die Inanspruchnahme von Mehrwertdiensten über Dialer-Programme zustandegekommen sei, nicht zu Recht bestehe. Bei Inanspruchnahme der per Dialer zugänglichen Seiten war auf die Gebührenpflicht hingewiesen worden.
Das Erstgericht wies die Klage ab.
Das Berufungsgericht bestätigt die Abweisung. Es macht keinen Unterschied, ob ein Mehrwertdienst in Form eines herkömmlichen Telefonanrufes oder eines Webdialers in Anspruch genommen wird. Dem Anschlussinhaber stehen zwar Einwendungen aus dem Vertrag mit dem Mehrwertdiensteanbieter auch gegen den Netzbetreiber zu, aufgrund der Beweislast (Nähe zum Beweis), muss aber er beweisen, dass er selbst den Dienst nicht in Anspruch genommen hat. Da das Erstgericht festgestellt hat, dass der Kläger oder jemand aus seiner Familie die Verbindungen per Dialer hergestellt habe, ist der Entlastungsbeweis nicht gelungen. Eine Verletzung von Informationspflichten (insbes. § 5 ECG, § 9 ECG, § 5c KSchG) führt nur dann zur Unwirksamkeit des Vertrages, wenn über wesentliche Vertragsbestandteile Unklarheit herrscht; als solche kommen Preis und Art der Ware in Betracht, aber nicht die Person des Vertragspartners.
- Anmerkung: Beachte, dass in diesem Fall die Dialer-Verbindung nicht unbemerkt zustandegekommen ist!
***** Entscheidung *****
Das Landesgericht Feldkirch als Berufungsgericht hat durch die Richter des Landesgerichtes Dr. Höfle als Vorsitzenden sowie Hofrat Dr. Künz und Dr. Müller als weitere Mitglieder des Senates in der Rechtssache der klagenden Partei ***** vertreten durch Dr. Plankel, Dr. Mayrhofer, Dr. Schipflinger und Mag. Ganahl, Rechtsanwälte in 6850 Dornbirn, wider die beklagte Partei ***** vertreten durch Hasberger Seitz & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, wegen Feststellung (EUR 1.364,18 s.A.), infolge Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Dornbirn vom 15. Februar 2005, 2 C 2059/03w-31, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Berufung wird keine Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei zu Handen des
Beklagtenvertreters binnen 14 Tagen die mit EUR 249,79 (darin enthalten EUR
41,63 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen.
Der Wert des Streitgegenstandes übersteigt EUR 4.000,00 nicht.
Die Revision ist jedenfalls unzulässig.
Entscheidungsgründe:
Der Kläger begehrt die Feststellung, die Forderung der beklagten Partei über EUR 1.364,18 bestehe nicht zu Recht. Mit Übersicht vom 24.06.2003 sei ihm ein gesamt aushaftender Saldo von EUR 1.364,18 bekannt gegeben worden, wobei diese Verbindungsentgelte auf Mehrwertnummern zurückzuführen und durch den Aufruf so genannter „Dialerprogramme" verursacht worden seien. Im konkreten Fall seien zwei Verträge zu unterscheiden, nämlich einerseits der Telefoniedienstvertrag zwischen den Streitteilen und andererseits ein allfälliger Mehrwertdienstvertrag des jeweiligen Benutzers des Anschlusses mit dem Anbieter dieser Mehrwertdienste. Der Kläger sei selbst nicht Vertragspartner des Mehrwertdienstes gewesen und schulde die diesbezüglichen Entgelte nicht. Allenfalls hätten dritte Personen diese Mehrwertdienste in Anspruch genommen, dies jedoch ohne Zustimmung des Klägers und auch ohne sein Wissen. Insoweit würden auch die Voraussetzungen einer Anscheins- bzw Duldungsvollmacht nicht vorliegen. Darüber hinaus sei im vorliegenden Fall seitens der beklagten Partei auch gegen die Bestimmungen des E-Commerce-Gesetzes (ECG) verstoßen worden, sodass auch insofern dem Klagebegehren Berechtigung zukomme. Weiters sei der Kläger jedenfalls auch über die Inanspruchnahme von Mehrwertdiensten (arglistig) in Irrtum geführt worden.
Die beklagte Partei wendete ein, die diversen Mehrwertdienste seien allesamt vom Anschluss des Klägers in Anspruch genommen worden. Dem Kläger als erfahrenen Internet-User sei dabei die Entgeltlichkeit dieser Benutzungen ohne Zweifel bekannt gewesen. Eine Überwachung des Konsumverhaltens der Kunden der beklagten Partei sei nicht möglich, insbesondere sei auch die präventive Einrichtung von Beschränkungen des Internetzuganges des Klägers unmöglich.
Mit dem nunmehr angefochtenen Urteil hat das Erstgericht das
Feststellungsbegehren abgewiesen. Weiters hat es den Kläger verpflichtet, die
mit EUR 1.419,93 bestimmten Prozesskosten zu ersetzen.
Ausgehend von den auf den Seiten 4 bis 7 seiner Entscheidung wiedergegebenen
Feststellungen erachtete es in rechtlicher Hinsicht, dass die Forderung der
beklagten Partei als berechtigt einzustufen sei. Der Kläger sei aufgrund des
zwischen den Streitteilen bestehenden Vertragsverhältnisses grundsätzlich zur
vertragsgemäßen Bezahlung der in Anspruch genommenen Leistungen der beklagten
Partei bzw zur Abgeltung von Beträgen, zu deren Einbringlichmachung sich die
beklagte Partei verpflichtet hat, angehalten. Die beklagte Partei mache
vertragsgemäß unter anderem Entgelt für Mehrwertdienstleistungen geltend. Es sei
davon auszugehen, dass der Kläger bzw. diejenige Person, welche das Internet
besucht habe, vor der Inanspruchnahme der Mehrwertdienstleistungen über die
damit verbundene Entgeltlichkeit (erhöhter Natur) angemessen aufgeklärt worden
bzw ihm diese bekannt gewesen sei und sich dessen ungeachtet für einen
Einwählvorgang entschieden habe.
Dass Informationsverpflichtungen nach § 5 ECG und § 9 ECG nicht eingehalten worden seien, führe nicht zur Nichtigkeit bzw Unwirksamkeit der diesbezüglichen Vereinbarung, da Verstöße gegen die Informationspflichten lediglich als Verwaltungsübertretungen nach § 26 ECG zu bestrafen seien und dem Verbotszweck der §§ 5 und 9 ECG damit Genüge getan sei.
In Anbetracht der abgeschlossenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen und aufbauend auf allgemeinen Erwägungen sei davon auszugehen, dass die Familienmitglieder des Klägers dessen PC mit seinem Einverständnis nutzen konnten. Dass sich der Kläger diese Inanspruchnahmen nunmehr anrechnen lassen müsse, sei aufgrund seines Einverständnisses mit den PC-Benutzungen anzunehmen und gehe das Klagebegehren auch insofern fehl.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, mit welcher er als
Berufungsgrund unrichtige rechtliche Beurteilung geltend macht und beantragt,
die angefochtene Entscheidung im Sinne einer Klagsstattgebung abzuändern, in
eventu die angefochten Entscheidung aufzuheben und die Rechtssache zur
neuerlichen Verhandlung an das BG Dornbirn zurückzuverweisen.
Die beklagte Partei beantragt, dem Rechtsmittel keine Folge zu geben.
Rechtssatz
Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.
In Punkt 3.1. der Rechtsrüge macht der Berufungswerber geltend, die Tatsache,
dass der Netzbetreiber gemeinsam mit den Gesprächsentgelten auch das Entgelt für
den Mehrwertdienst kassiere, könne für sich allein nicht zum Verlust der
Einwendungen aus dem Vertrag mit dem Mehrwertdienstanbieter führen. Der Kläger
könne sich daher auch darauf berufen, dass er nicht Vertragspartner des
Mehrwertdienstleisters geworden sei und das Entgelt nicht schulde, weil der
Dienst nicht von ihm, sondern beispielsweise von einem Dritten in Anspruch
genommen worden sei.
§ 11 Abs 1 der AGB Telefon der beklagten Partei stehe dieser Ansicht nicht
entgegen, weil sich diese Regelung grundsätzlich nur auf das Rechtsverhältnis
der Partner dieses Vertrages, sohin auf den Telefoniedienstvertrag beziehe.
Ansprüche der Mehrwertdienstanbieter aufgrund gesonderten Vertrages seien von
dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Vertrag nicht umfasst, sodass aufgrund
der AGB eine Haftung des Klägers für die Forderung des Mehrwertdienstanbieters
nicht begründet werden könne.
Ausgehend von obigen Ausführungen sei festzuhalten, dass der Kläger für die
allenfalls von anderen Personen (einschließlich Familienmitgliedern) in Anspruch
genommenen Leistungen nicht hafte. Der Kläger habe sogar im Familienkreis eine
Sicherheitsmaßnahme dahingehend veranlasst, dass der Zugang zum Internet bzw die
Benutzung des PC nur unter Aufsicht gestattet gewesen sei.
Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte das Erstgericht nach Ansicht des
Berufungswerbers daher zum Schluss kommen müssen, dass mangels
Vertragsverhältnis zwischen dem Kläger und dem Mehrwertdienstleister ersterer
nicht zur Bezahlung der klagsgegenständlichen Entgelte verpflichtet sei.
Vorweg ist festzuhalten, dass es grundsätzlich keinen Unterschied machen kann,
ob ein Mehrwertdienst in Form eines herkömmlichen Telefonanrufes oder eines
Webdialers (per Telefonmodem) in Anspruch genommen wird. In beiden Fällen wird
über die Telefonleitung eine erhöht kostenpflichtige Verbindung zu einem
Mehrwertdiensteanbieter aufgebaut.
Bei Inanspruchnahme eines Telefonmehrwertdienstes sind zwei Verträge zu unterscheiden, zum einen der Telefondienstvertrag zwischen Anschlussinhaber und Netzbetreiber, zum anderen jener zwischen Mehrwertdienstanbieter und jeweiligem Benutzer des Anschlusses. Der Netzbetreiber (die beklagte Partei) ist gemäß § 16 Abs 3 der AGB Telefon Inkassozessionar für die Entgelte aus dem Mehrwertdienstvertrag. Der Kunde wird im Sinne des § 879 Abs 3 ABGB insofern gröblich benachteiligt, als es damit zum Ausschluss aller die Gültigkeit des Mehrwertdienstvertrages betreffenden Einwendungen gegenüber dem die Rechte aus diesem geltend machenden Netzbetreiber kommt. Dieser Umstand hat gemäß § 937 ABGB und § 6 Abs 1 Z 14 KSchG die Unwirksamkeit dieser Bestimmung zur Folge. Bleiben dem Kunden somit die Einwendungen aus dem Vertrag mit dem Mehrwertdiensteanbieter erhalten, kann er sich auch darauf berufen, er sei nicht Vertragspartner des Mehrwertdiensteanbieters geworden und schulde daher nicht das für diese Leistung angefallene Entgelt, weil das Telefongespräch, das den Vertragssabschluss bewirkt habe, von einem Dritten geführt worden sei (1Ob244/02t).
Dem Berufungswerber ist insofern zuzustimmen, als § 11 Abs 1 AGB Telefon dem nicht entgegensteht, da diese Regelung sich grundsätzlich nur auf das Rechtsverhältnis der Partner des Vertrages zwischen Anschlussinhaber und Netzbetreiber auswirken kann. Ansprüche der Mehrwertdiensteanbieter, die aufgrund gesonderten Vertrags entstehen, sind dagegen von dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag nicht umfasst, sodass durch die genannte Bestimmung der AGB eine Haftung des Anschlussinhabers für die zwischen beiderseits Vertragsfremden entstandenen Forderungen nicht begründet werden kann.
Eine Anscheinsvollmacht kommt nicht in Betracht: Die bloße Tatsache, dass der
Beklagte über einen Anschluss verfügt, den möglicherweise - aber keinesfalls
typischerweise - auch andere Personen benützen können, kann schon deshalb nicht
den Anschein der Bevollmächtigung erwecken, weil der Mehrwertdienstleister im
Regelfall gar nicht weiß, ob mit dem Anschlussinhaber oder einem Dritten, der
diesen Anschluss berechtigter- oder unberechtigterweise benutzt, kontrahiert
wird. Für das Vorliegen einer Anscheinsvollmacht fehlt es an der Offenkundigkeit
(1 Ob 244/02 t). Die Annahme einer stillschweigenden Bevollmächtigung der
Familienmitglieder, den Anschluss benutzen zu dürfen, erstreckt sich nur auf die
Inanspruchnahme von Leistungen des Netzbetreibers, die mit den
Verbindungsentgelten abgegolten werden.
Auch wenn man das Vorliegen einer Anscheinsvollmacht verneint, muss dem
Mehrwertdienstenabieter doch zugestanden werden, dass er davon ausgehen kann, er
kontrahiere mit dem Anschlussinhaber.
Grundsätzlich müsste der Mehrwertdienstleister nachweisen, dass der von ihm in Anspruch genommene Anschlussinhaber auch Gebührenschuldner, also Vertragspartner ist. Während der Nachweis, von welchem Anschluss aus die Verbindung aufgebaut wurde, leicht fällt, ist der Beweis, wer die Leistung in Anspruch genommen hat, nach der derzeitigen Gestaltung der Leistungserbringung praktisch unmöglich (Hoffmann, Der unerklärliche Einwendungsverlust bei Gebühren für Telefon-Mehrwertdienste, ZIP 38/2002, 1705 ff).
Jede Partei hat die für ihren Rechtsstandpunkt günstigen Tatsachen zu beweisen. Diese allgemeine Beweislastregel gilt, wenn keine Sonderregel besteht. Sie findet eine Einschränkung dort, wo eine Beweisführung von der an sich dazu verpflichteten Partei billigerweise nicht erwartet werden kann, weil es sich um Umstände handelt, die allein in der Sphäre der Gegenseite liegen und daher nur ihr bekannt und damit auch nur durch sie beweisbar sind (6 Ob 191/04 p). Sind Tatfragen zu klären, die tief in die Sphäre einer Partei hineinführen, so gibt die Nähe zum Beweis den Ausschlag für die Zuteilung der Beweislast. Voraussetzung ist aber, dass derjenige, den die Beweislast nach der allgemeinen Regel trifft, seiner Beweispflicht in dem ihm zumutbaren Ausmaß nachkommt (SZ 59/158; SZ 60/218).
Eine Verschiebung der Beweislast aufgrund der „Nähe zum Beweis" kann nur
ausnahmsweise eintreten (2 Ob 156/99 a).
Da der Mehrwertdienstleister jedenfalls den ihm möglichen Beweis erbracht hat,
dass Vertragspartner zumindest eine Person ist, die sich im Einflussbereich des
Anschlussinhabers befindet, ist es unter Bedachtnahme auf die vorigen
Ausführungen nach Ansicht des Berufungsgerichtes gerechtfertigt, dem
Anschlussinhaber den Beweis aufzuerlegen, er selbst habe den Mehrwertdienst
nicht in Anspruch genommen. Dabei macht es keinen Unterschied, ob der
Anschlussinhaber den Nachweis erbringen kann, eine bestimmte andere Person sei
Vertragspartner des Mehrwertdienstleisters geworden oder ob er lediglich
beweisen kann, er selbst sei es jedenfalls nicht gewesen, bspw durch den
Nachweis, zu den Zeitpunkten der Inanspruchnahme abwesend gewesen zu sein. Es
genügt, wenn der Anschlussinhaber beweisen kann, er selbst habe die
Mehrwertdienste jedenfalls nicht in Anspruch genommen.
Im gegenständlichen Streitfall hat die beklagte Partei, die als Inkassozessionar des Mehrwertdienstleisters auftritt, den Nachweis erbracht, dass die gegenständlichen Einwahlen vom PC des Klägers aus erfolgten. Damit ist die beklagte Partei ihrer Beweispflicht in dem ihr zumutbaren Ausmaß nachgekommen.
Das Erstgericht hat festgestellt, dass der Kläger oder jemand aus seiner Familie die Verbindungen per Dialer hergestellt hat. Aufgrund der den Kläger treffenden Beweislast hätte dieser nachweisen müssen, die Mehrwertdienste nicht in Anspruch genommen zu haben. Dieser Nachweis ist dem Kläger nach den Feststellungen des Erstgerichtes nicht gelungen, vielmehr erachtet es das Erstgericht für möglich, dass der Kläger die Verbindungen aufgebaut hat und somit Vertragspartner des Mehrwertdienstleisters geworden ist.
In Punkt 3.2. macht der Berufungswerber geltend, das Erstgericht unterscheide offensichtlich infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung nicht zwischen der Person des Klägers und einer oder mehreren dritten Personen, die Mehrwertdienste aktiviert haben sollen. Das Erstgericht gehe offensichtlich selbst davon aus, dass der Kläger keine Mehrwertdienste in Anspruch genommen habe.
Aufgrund der Beweisergebnisse hätte das Erstgericht nach Ansicht des
Berufungswerbers feststellen müssen, dass
nicht festgestellt werden kann, ob der Kläger oder eine dritte Person aus seinem
Familienkreis entsprechende Mehrwertdienste in Anspruch genommen bzw aktiviert
hat
in eventu
jedenfalls der Kläger keine wie immer gearteten Mehrwertdienste aktiviert oder
in Anspruch genommen hat.
In Wahrheit handelt es sich hiebei um eine unzulässige Beweisrüge (§ 501ZPO). Im
Übrigen hat das Erstgericht ohnehin die primär gewünschte Negativfeststellung
insofern getroffen, als es offen ließ, ob und in welchem Ausmaß der Kläger oder
seine Familienmitglieder die Mehrwertdienste in Anspruch genommen haben.
Unter Punkt 3.3. der Berufung wendet sich der Kläger gegen die Rechtsansicht des Erstgerichtes, wonach ein Verstoß gegen die Informationspflichten gemäß §§ 5und 9 ECG nicht zur Unwirksamkeit bzw Nichtigkeit der vertraglichen Vereinbarung führe. In der Entscheidung 4 Ob 219/03i habe der OGH einem Unterlassungsbegehren wegen Verletzung von Informationspflichten nach dem ECG stattgegeben. Es seien daher sehr wohl zivilrechtliche Auswirkungen der Informationspflicht gegeben.
Darüber hinaus habe der Kläger das Vertragsverhältnis auch wegen Arglist und
Irrtums angefochten. Die diesbezüglichen Voraussetzungen seien gegeben. Der
Kläger habe zu keinem Zeitpunkt den Willen gehabt, die festgestellten Dienste in
Anspruch zu nehmen.
Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte das Erstgericht nach Ansicht des
Berufungswerbers daher dem Klagebegehren auch infolge Verletzung der
Informationspflichten nach ECG stattgeben müssen.
Nach den Feststellungen des Erstgerichtes war dem Kläger bzw derjenigen Person, welche das Internet besuchte, bei Inanspruchnahme der per Dialer zugänglichen Webseiten vollkommen klar und bekannt, dass dadurch ein zusätzliches Entgelt zu entrichten sein wird. Vor Inanspruchnahme der Mehrwertdienste wurde ausdrücklich auf den damit verbundenen Mehraufwand hingewiesen.
Der vom Berufungswerber geltend gemachte Irrtum ist nach den Feststellungen
des Erstgerichtes daher jedenfalls zu verneinen.
Die Rechtsansicht des Erstgerichtes, eine Verletzung der Informationspflichten
nach ECG führe nicht zur Unwirksamkeit des Vertrages, ist ebenfalls nicht zu
beanstanden. Bei den Informationspflichten handelt es sich um besondere
Transparenzverpflichtungen der Diensteanbieter im Sinn von vorvertraglichen
Pflichten. Sie haben keinen Einfluss auf das Zustandekommen bzw die Wirksamkeit
eines Vertrags. Auch wenn diese Verpflichtungen nicht eingehalten sind, kommt
der Online-Vertrag (bei Vorliegen der allgemeinen Voraussetzungen) somit wirksam
zustande (Brenn, E-Commerce-Gesetz, 238 Anm k).
Dass Mehrwertdienste auch den Bestimmungen des KSchG über Vertragsabschlüsse
im Fernabsatz und insbesondere den Informationspflichten nach
§ 5c leg. cit. unterliegen, ist
unzweifelhaft (vgl 4 Ob 92/03p). Eine
Unwirksamkeit bei Unterlassung der Informationspflichten ist jedoch nur dann
anzunehmen, wenn über essentialia negotii Unklarheit herrscht. Als essentialia
negotii kommen Preis und Art der Ware in Betracht, nicht jedoch die Person des
Vertragspartners (Zankl, ecolex, 416; Fitzal, JAP 2000, 110). Da nach den
Feststellungen des Erstgerichtes auf Preis und Ware vor Inanspruchnahme des
Mehrwertdienstes hingewiesen wurde, ist die vom Berufungswerber vermeinte
Unwirksamkeit des Vertrages auch nach den Bestimmungen des KSchG nicht gegeben.
Zusammengefasst ist der Rechtsrüge somit ein Erfolg zu versagen.
Gemäß § 500 Abs 2 Z 1 lit a ZPO übersteigt der Wert des Entscheidungsgegenstandes nicht EUR 4.000,00. Der Streitwert geldgleicher Ansprüche entspricht dem jeweiligen Geldbetrag, der ihnen zugrunde liegt.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens fußt auf den
Bestimmungen der §§ 50, 41 ZPO. Gemäß § 23 Abs 10 RATG ist in
Berufungsverfahren, in denen § 501 Abs 1 ZPO anzuwenden ist, lediglich der
einfache Einheitssatz von 60 % (verzeichnet wurden 180 %) zuzusprechen.
Gemäß § 502 Abs 2 ZPO ist die Revision gegen diese Entscheidung jedenfalls
unzulässig.
Landesgericht Feldkirch
Abt. 2, am 21. Juni 2005