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Entscheidungen zur Haftung: Deutschland u.a.

Einleitung  -  Zivilrecht   -  Strafrecht   -  Verwaltungsrecht

letzte Änderung 12.11.2013

Einleitung

Anders als Österreich hat Deutschland die Verantwortlichkeit von Suchmaschinenbetreibern und Linksetzern nicht geregelt, sondern ähnlich wie die E-Commerce-Richtlinie (EC-RL) offengelassen. Diese Verantwortlichkeit muss daher nach dem allgemeinen Zivil- und Strafrecht beurteilt werden. Die dadurch begründeten Unterschiede halten sich aber in Grenzen, weil die österreichische Regelung weitgehend den allgemeinen Haftungsregeln folgt. Allerdings sind die Voraussetzungen der deutschen "Störer"-Haftung strenger.

Entscheidungen Zivilrecht

 Persönlichkeitsverletzung durch Googles Autocomplete-Funktion: BGH, 14.5.2013, VI ZR 269/12

BGB § 823, § 1004, GG Art 1, 2

Der Kläger sah seine Persönlichkeitsrechte dadurch verletzt, dass bei Eingabe seines Namens in der Suchmaschine zusätzlich die Worte "Scientology" und "Betrug" vorgeschlagen wurden.

Das Erstgericht wies die Klage ab, das Berufungsgericht bestätigte.

Der BGH hebt das Urteil des OLG auf und verweist zur neuen Verhandlung zurück. Nimmt ein Betroffener den Betreiber einer Internet -Suchmaschine mit Suchwortergänzungsfunktion auf Unterlassung der Ergänzung persönlichkeitsrechtsverletzender Begriffe bei Eingabe des Namens des Betroffenen in Anspruch, setzt die Haftung des Betreibers die Verletzung zumutbarer Prüfpflichten voraus. Der Betreiber ist grundsätzlich erst verantwortlich, wenn er Kenntnis von der rechtswidrigen Verletzung des Persönlichkeitsrechts erlangt. Weist ein Betroffener den Betreiber auf eine rechtswidrige Verletzung seines Persönlichkeitsrechts hin, ist der Betreiber verpflichtet, zukünftig derartige Verletzungen zu verhindern.

 

Haftung der Eltern für Urheberrechtsverletzung der Kinder: BGH, Urteil vom 15.11.2012, I ZR 74/12

BGB § 832, UrhG § 97

Vier der größten Tonträgerhersteller Deutschlands nehmen die Beklagten wegen Urheberrechtsverletzungen (Tauschbörsen Morpheus und Bearshare) ihrer 13, 15 und 19 Jahre alten Kinder in Anspruch. Das Erstgericht verurteilte die Beklagten, das Berufungsgericht bestätigte.

Der BGH hebt die Urteile auf und weist die Klage ab. Eltern genügen ihrer Aufsichtspflicht über ein normal entwickeltes 13-jähriges Kind, das ihre grundlegenden Gebote und Verbote befolgt, regelmäßig bereits dadurch, dass sie das Kind über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Internettauschbörsen belehren und ihm eine Teilnahme daran verbieten. Eine Verpflichtung der Eltern, die Nutzung des Internets durch das Kind zu überwachen, den Computer des Kindes zu überprüfen oder dem Kind den Zugang zum Internet (teilweise) zu versperren, besteht grundsätzlich nicht. Zu derartigen Maßnahmen sind Eltern erst verpflichtet, wenn sie konkrete Anhaltspunkte dafür haben, dass das Kind dem Verbot zuwiderhandelt.

 

Haftung des Hostproviders für ehrenrührigen Blogeintrag: BGH, Versäumungsurteil vom 25.10.2011, VI ZR 93/10

EGBGB Art 40, BGB § 823, TMG § 10

Der Kläger nimmt die Beklagte mit Sitz in Kalifornien wegen ehrenrühriger Behauptungen eines Dritten in einem Weblog, für den die Beklagte als Hostprovider die technische Infrastruktur bereitstellt, als Störerin in Anspruch

Das Erstgericht hat der Unterlassungsklage für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland stattgegeben, das Berufungsgericht bestätigt.

Der BGH hebt das Urteil auf und verweist an das Berufungsgericht zurück, wobei er - wie die Vorinstanzen - von der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte ausgeht. Dies setzt voraus, dass der Hostprovider die im Folgenden dargelegten Pflichten verletzt hat:
Ein Tätigwerden des Hostproviders ist nur veranlasst, wenn der Hinweis so konkret gefasst ist, dass der Rechtsverstoß auf der Grundlage der Behauptungen des Betroffenen unschwer - das heißt ohne eingehende rechtliche und tatsächliche Überprüfung - bejaht werden kann.
Regelmäßig ist zunächst die Beanstandung des Betroffenen an den für den Blog Verantwortlichen zur Stellungnahme weiterzuleiten. Bleibt eine Stellungnahme innerhalb einer nach den Umständen angemessenen Frist aus, ist von der Berechtigung der Beanstandung auszugehen und der beanstandete Eintrag zu löschen. Stellt der für den Blog Verantwortliche die Berechtigung der Beanstandung substantiiert in Abrede und ergeben sich deshalb berechtigte Zweifel, ist der Provider grundsätzlich gehalten, dem Betroffenen dies mitzuteilen und gegebenenfalls Nachweise zu verlangen, aus denen sich die behauptete Rechtsverletzung ergibt. Bleibt eine Stellungnahme des Betroffenen aus oder legt er gegebenenfalls erforderliche Nachweise nicht vor, ist eine weitere Prüfung nicht veranlasst. Ergibt sich aus der Stellungnahme des Betroffenen oder den vorgelegten Belegen auch unter Berücksichtigung einer etwaigen Äußerung des für den Blog Verantwortlichen eine rechtswidrige Verletzung des Persönlichkeitsrechts, ist der beanstandete Eintrag zu löschen.

 

Verantwortung von Sevenload für von Nutzern eingestellte Inhalte: OLG Hamburg, Urteil vom 29.9.2010, 5 U 9/09

Ein Musikverlag klagte die Video-Plattform Sevenload wegen der Zurverfügungstellung von urheberrechtlich geschützten Werken. Sevenload habe sich die von Usern eingestellten Werke zu eigen gemacht und hafte somit als Täter. Das Erstgericht (LG Hamburg) gab der Unterlassungsklage statt.

Das Oberlandesgericht hebt das Urteil auf und weist die Klage ab. Das Hochladen von urheberrechtlich geschützten Werken auf eine Online-Plattform und die Ermöglichung des Abspielens im Internet stellt zwar eine Urheberrechtsverletzung dar, der Betreiber hafte aber weder als Täter noch als Störer. Anders als im vom BGH entschiedenen Fall chefkoch.de habe Sevenload die Inhalte vor Freischaltung nicht überprüft und mit seinem Emblem versehen und sich auch keine Nutzungsrechte daran einräumen lassen. Es sei Sevenload nicht zumutbar, jedes von Dritten eingestellte Angebot vor der Veröffentlichung auf eine mögliche Rechtsverletzung hin zu untersuchen; dies stelle das gesamte Geschäftsmodell in Frage. Erst dann, wenn der Betreiber auf eine klare Rechtsverletzung hingewiesen werde, müsse er das konkrete Angebot unverzüglich sperren. Außerdem gebe es keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass Sevenload ein von der Rechtsordnung nicht gebilligtes Geschäftsmodell (wie etwa Rapidshare) betreibe und schon deshalb auf Unterlassung hafte.

 

Prüfpflichten eines W-LAN-Betreibers: BGH, Urteil vom 12.5.2010, I ZR 121/08

UrhG § 19a, § 97

Den Inhaber eines Internetanschlusses, von dem aus ein urheberrechtlich geschütztes Werk ohne Zustimmung des Berechtigten öffentlich zugänglich gemacht wurde, trifft eine sekundäre Darlegungslast, wenn er geltend macht, nicht er, sondern ein Dritter habe die Rechtsverletzung begangen. Wenn er es unterlässt, die im Kaufzeitpunkt des W-LAN-Routers marktüblichen Sicherungen ihrem Zweck entsprechend anzuwenden, kann er als Störer auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, da der Betrieb eines nicht ausreichend gesicherten W-LANs adäquat kausal für Urheberrechtsverletzungen ist, die unbekannte Dritte über diesen Anschluss begehen. Er haftet aber nicht für den Schaden, da er nicht Täter oder Teilnehmer der Urheberrechtsverletzung war (der Beklagte hatte sich so verantwortet, dass er zum fraglichen Zeitpunkt auf Urlaub befunden habe und sich sein PC in einem abgeschlossenen Büroraum befunden habe müssen, sodass der Internetzugang nur von außen über das W-LAN genutzt habe werden können).

 

Keine Störerhaftung von Rapidshare: OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.4.2010, I-20 U 166/09

UrhG § 97

Die (Störer-)Haftung von Rapidshare, einem kommerziellen Anbieter, der Speicherplatz für Download-Links zur Verfügung stellt, hängt entscheidend davon ab, ob Rapidshare nach Kenntnis der Rechtsverletzungen das Zumutbare zur Vermeidung ähnlich gelagerter Rechtsverletzungen vorgenommen hat. Dies setzt eine umfangreiche Prüfung der technischen Möglichkeiten zur Sperrung ähnlicher Fälle voraus. Insbesondere ist zu fragen, inwieweit tatsächlich effektive Möglichkeiten der Vorbeugung, Verhinderung und nachträglichen Beseitigung inklusive Verhinderung einer Wiederholung der Verbreitung von urheberrechtlich geschütztem Material bei Rapidshare bestehen. Soweit das Geschäftsmodell selbst nicht auf der Nutzung der Rechtswidrigkeit eingestellter Inhalte beruht, ist dem Provider nicht zuzumuten, auf Grund der Prüfpflichten sein gesamtes Geschäftsmodell in Frage zu stellen. Da Rapidshare dem Geschäftsmodell zufolge gerade auf die Vertraulichkeit der gespeicherten Daten setzt und nicht eine Verbreitung der Daten durch systematische Ermöglichung des Zugangs bewirbt, fehlt es am Merkmal der Zugänglichmachung für die Öffentlichkeit. Vielmehr ist zu beachten, dass bei der besonderen Konstellation von Rapidshare nur der Nutzer, der das Material in Wege des Upload auf den Rechner gebracht hat, einen nur ihm bekannten Link mit den Zugriffsmöglichkeiten zur Verfügung gestellt bekommt.

 

Marions Kochbuch gegen chefkoch.de: BGH, Urteil vom 12.11.2009, I ZR 166/07

UrhG § 72, § 19a, TMG §§ 8 - 10

Der Betreiber eines Internetportals, in das Dritte für die Öffentlichkeit bestimmte Inhalte (hier: Rezepte) stellen können, haftet für diese Inhalte nach den allgemeinen Vorschriften, wenn er die eingestellten Inhalte vor ihrer Freischaltung auf Vollständigkeit und Richtigkeit überprüft und sie sich damit zu eigen macht. Dies gilt auch dann, wenn für die Nutzer des Internetportals erkennbar ist, dass die Inhalte (ursprünglich) nicht vom Betreiber, sondern von Dritten stammen. Ein Hinweis darauf, dass sich der Portalbetreiber die Inhalte zu eigen macht, liegt auch darin, dass er sich umfassende Nutzungsrechte an den fremden Inhalten einräumen lässt und Dritten anbietet, diese Inhalte kommerziell zu nutzen.

 

marions-kochbuch gegen bundesligaforen - Haftung des Forenbetreibers für Urheberrechtsverletzungen: OLG Hamburg, Urteil vom 4.2.2009, 5 U 180/07

Der Beklagte betrieb u.a. Betreiber des Diskussionsforums bundesliga.de, auf dem auch Werbebanner geschaltet wurden. Dort postete ein User einen Link auf eine Website eines Dritten, auf dem sich ein Bild des Klägers aus der Website marions-kochbuch.de befand. Nach Abmahnung entfernte der Beklagte den Link auf das Foto innerhalb von Stunden und beseitigte die Möglichkeit zur Einstellung von Bildern, verweigerte aber eine strafbewehrte Unterlassungserklärung. Vorher war es noch zu keinen Urheberrechtsverletzungen gekommen.

Das Erstgericht verurteilte den Beklagten zur Unterlassung und Bezahlung der Abmahnungskosten und wies die Klage auf Schadenersatz ab.

Das OLG weist die Klage zur Gänze ab. Der Kläger habe nicht bewiesen, dass der Beklagte auch für die Website des Dritten verantwortlich sei. Dass der Beklagte den Usern des Forums eine anonyme Teilnahme ermöglicht, begründet noch keine Störerhaftung. Selbst wenn man aus den Bannern auf ein geschäftliches Betreiben schließen könnte (was hier nicht der Fall ist), würde das noch nicht dazu führen, dass Fremdinhalte zu eigenen werden. Der Beklagte weist in seinen Forenregeln ausdrücklich darauf hin, dass die Nutzer selbst für ihre Beiträge verantwortlich seine. Für eine Haftung als Störer fehlt es an einer Verletzung von Prüfpflichten. Der Betreiber eines zulässigen Geschäftsmodells im Internet - dazu gehören Meinungsforen - ist nicht zur vorsorglichen Überprüfung sämtlicher Inhalte auf etwaige Rechtsverletzungen verpflichtet; eine Überprüfung von Urheberrechten an einem Bild wäre auch kaum möglich. Die bloße Eröffnung der Möglichkeit Bilder einzustellen, könnte nur dann eine Störerhaftung begründen, weil es sich um ein Forum handelte, bei dem die Einstellung rechtsverletzender Bilder naheläge oder es in der Vergangenheit schon mehrfach zu solchen gekommen wäre. Ein vorbeugender Unterlassungsanspruch ist nicht gegeben, weil der Beklagte nach Abmahnung die Abrufbarkeit des Bildes unverzüglich beseitigt hat und einen Filter eingebaut hat, der weitere Links auf die Website des Klägers verhindert. Zu einer generellen Verhinderung der Einstellung von Bildern war der Beklagte nicht verpflichtet. Eine solch generelles Verbot wäre unverhältnismäßig. Auch die Ermöglichung anonymer Beiträge führt zu keiner Verhinderungspflicht, da die anonyme Nutzung des Internets sogar gesetzlich geschützt sei (§ 13 Abs. 6 TMG). Der Beklagte betreibt ein grundsätzlich zulässiges Geschäftsmodell; vorbeugende Maßnahmen gegen etwaige Rechtsverletzungen können ihm nur im Rahmen des Zumutbaren und unter Berücksichtigung der Meinungsäußerungsfreiheit abverlangt werden.

 

Verantwortlichkeit des Access-Providers: OLG Frankfurt, Beschluss vom 22.1.2008, 6 W 10/08

UWG § 2, § 3, § 4

Die Antragstellerin, eine Pornoanbieterin, verlangt Antragsgegner, einem Access-Provider, die Sperrung von Pornoseiten ohne Zugangsbeschränkung.  Das Erstgericht wies den Eilantrag zurück.

Das OLG gibt der Beschwerde keine Folge. Der Access-Provider ist auch unter dem Gesichtspunkt der wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht für den Inhalt der Webseiten, zu denen er seinen Kunden den Zugang vermittelt, grundsätzlich nicht verantwortlich. Die Antragsgegnerin eröffnet nicht in ihrem eigenen Verantwortungsbereich eine Gefahrenquelle für Wettbewerbsverstöße, sondern ermöglicht nur den Zugang zu etwaigen Wettbewerbsverstößen, die aus einer von einem Dritten eröffneten Gefahrenquelle herrühren. Allein der Umstand, dass der Täter des Wettbewerbsverstoßes nicht oder nur unter großen praktischen Schwierigkeiten verfolgt werden kann, rechtfertigt es jedenfalls nicht, Dritte auch dann zur Verantwortung zu ziehen, wenn sich ihr Mitwirken am Eintritt des Wettbewerbsverstoßes auf einen derart untergeordneten Beitrag beschränkt, wie er im vorliegenden Fall in Rede steht. Insbesondere ist die Sperre des Zugangs zur Suchmaschine Google nicht zumutbar.

 

Störerhaftung des WLAN-Betreibers: OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.12.2007, I-20 W 157/07

BGB § 1004

Störer ist, wer in irgendeiner Weise willentlich und adäquat-kausal zur Verletzung eines geschützten Guts beigetragen und zumutbare Sicherungsmaßnahmen unterlassen hat. Hierfür genügt im Rahmen des Vorwurfs des illegalen Musikdownloads mittels Filesharing, dass der Störer willentlich einen Internetzugang geschaffen hat, der objektiv für Dritte nutzbar war. Ob die Urheberrechtsverletzungen von seinem Computer aus begangen worden sind oder ob Dritte unter Ausnutzung eines ungesicherten WLAN-Netzes auf den Internetzugang zugegriffen haben, ist ohne Bedeutung. Ohne den geschaffenen Internetzugang hätte weder die eine noch die andere Möglichkeit bestanden. Die Schaffung des Internetzugangs ist folglich für die Rechtsverletzung in jedem Fall kausal; dies gilt zumindest dann, wenn nicht behauptet wird, dass der Computer ohne einen entsprechenden Willen über WLAN mit dem Internet verbunden worden sei. Vom Anschlussinhaber sind diejenigen zumutbaren Sicherungsmaßnahmen abzuverlangen, die eine Standardsoftware erlaubt. So hätten für die verschiedenen Nutzer des Computers Benutzerkonten mit eigenem Passwort eingerichtet werden können, die einem aus diesem Kreis stammenden Verletzer wenigstens den Schutz der Anonymität genommen hätten. Das Risiko eines von außen unternommenen Zugriffs auf das WLAN-Netz hätte durch Verschlüsselung minimiert werden können, was eine Vielzahl von WLAN-Routern als mögliche Einstellung standardmäßig vorsieht.

 

Keine Mithaftung des Anschlussinhabers für Filesharing von Familienangehörigen: OLG Frankfurt, Beschluss vom 20.12.2007, 11 W 58/07

UrhG § 97

Eine Verwertungsgesellschaft klagt wegen Zurverfügungstellens von 290 Musikdateien den Beklagten als Inhaber einer bestimmten IP-Adresse. Der Beklagte bestritt, dass er oder seine Familienangehörigen Musik angeboten hätten. Nach Abgabe einer Unterlassungserklärung sprach das Erstgericht dem Beklagten die Kosten des Verfahrens zu.

Das OLG gibt der Beschwerde keine Folge. Auch wenn Urheberrechtsverletzungen im Internet häufig vorkommen und darüber in den Medien umfangreich berichtet wird, ist der Inhaber eines Internetanschlusses nicht ohne weitere Anhaltspunkte für eine zu erwartende Rechtsverletzung verpflichtet, seine Familienangehörigen bei der Nutzung seines Anschlusses zu überwachen. Eine Pflicht, die Benutzung seines Internetanschlusses zu überwachen oder gegebenenfalls zu verhindern, besteht nur, wenn der Anschlussinhaber konkrete Anhaltspunkte dafür hat, dass der Nutzer den Anschluss zu Rechtsverletzungen missbrauchen wird.

 

"Sieg Heil Money-Express TV!": LG Hamburg, Urteil vom 4.12.2007, 324 O 794/07

GG Art. 2, Art 19, BGB § 823, TMG § 7

Nach einem bereits längerem Streit des Beklagten mit der klagenden Fernsehproduzentin wurde auf dem Weblog des Beklagten von einem Dritten der beanstandete Satz gepostet.

Das Gericht gibt der Unterlassungsklage Folge. Wer als Betreiber einer Internetseite Speicherplatz für die Veröffentlichung von Kommentaren Dritter zur Verfügung stellt, haftet hinsichtlich des Inhalts dieser Beiträge auf Unterlassung, wenn er ihm insoweit obliegende Prüfpflichten verletzt hat. Die §§ 7 ff. TMG gelten für einen Unterlassungsanspruch nicht, auch nicht in entsprechender Anwendung. Ob und inwieweit dem Betreiber Prüfpflichten obliegen, ist anlassbezogenen zu beurteilen. Dabei ist eine Abwägung vorzunehmen: Je mehr konkreter Anlass zu der Befürchtung besteht, dass es durch Kommentare auf einer Internetseite zu Persönlichkeitsrechtsverletzungen Dritter kommen wird, und je schwerwiegender die zu befürchtenden Verletzungen sind, umso mehr Aufwand muss der Betreiber auf sich nehmen, um die auf seiner Seite eingestellten Kommentare einer persönlichkeitsrechtlichen Überprüfung zu unterziehen. Es besteht somit ein "gleitender Sorgfaltsmaßstab" mit einem Spektrum abgestufter Prüfungspflichten: Ist mit großer Sicherheit vorhersehbar, dass es zu schweren Persönlichkeitsrechtsverletzungen kommen wird, so kann die Prüfpflicht des Betreibers demnach an dem einen Ende des Spektrums bis hin zu einer Dauer- oder Vorabkontrollpflicht anwachsen (vorliegend bejaht). Zwar muss sich die Verletzte als Wirtschaftsunternehmen in gesteigertem Maße Kritik an ihrem unternehmerischen Handeln gefallen lassen, was umso mehr gilt, als das von ihr verfolgte Geschäftsmodell des "Call-in-TV" in der Tat erheblichen Anlass zu einer kritischen Auseinandersetzung gibt. Die angegriffene Äußerung ist aber als unzulässige Schmähkritik anzusehen, die nicht auf eine Auseinandersetzung in der Sache zielt, sondern noch jenseits einer polemischen und überspitzten Kritik in der persönlichen Herabsetzung des betroffenen Unternehmens besteht. Indem in der angegriffenen Äußerung eine Grußformel der Nationalsozialisten im Dritten Reich zitiert wird, wird das Unternehmen zumindest in die Nähe eines Terrorregimes gerückt, das u.a. für millionenfache Morde verantwortlich ist. Eine Auseinandersetzung in der Sache kann darin nicht im Ansatz erblickt werden.

 

Haftung des Zugangsproviders: LG Kiel, Urteil vom 23.11.2007, 14 O 125/07

BGB § 1004, TMG § 7, UWG § 3

Die Klägerin, eine Anbieterin von Erotikfilmen, forderte vom Beklagten Access-Provider die Sperre von Websites, auf denen Pornoinhalte mit unzureichenden Zugangsbeschränkungen für Jugendliche angeboten wurden.

Das Gericht weist den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurück. Als Störer bezüglich rechtswidriger und wettbewerbswidriger Handlungen durch Anbieten pornografischer Filme und Abbildungen ohne hinreichende Altersbeschränkung haftet nur derjenige, der auch ohne Verschulden willentlich und adäquat kausal an der Herbeiführung oder Aufrechterhaltung einer rechtswidrigen Rechtsbeeinträchtigung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten mitwirkt, sofern der Inanspruchgenommene die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hat. Zwar stehen die Haftungsprivilegierungen nach dem Telemediengesetz einer Inanspruchnahme des Accessproviders nicht entgegen, da die Verpflichtungen gemäß § 7 Abs. 2 Satz 2 TMG alle Diensteanbieter treffen. Der Zugangs-Provider hat aber weder die rechtliche, noch die tatsächliche Möglichkeit, geeignete Maßnahmen zur Verhinderung der jugendgefährdenden und die Klägerin wettbewerblich beeinträchtigenden Handlungen zu treffen, wenn er in keinerlei vertraglicher Beziehung zu der Betreiberin der fraglichen Internetseite steht. Die begehrte Sperrung des Zugangs der Nutzer über den eigenen DNS-Server könnte rechtswidrige Darbietungen weder verhindern, noch in geeigneter Weise einschränken.

 

chefkoch.de - Haftung des Themenportalbetreibers für von Dritten eingestellte Inhalte: Hanseatisches OLG, Urteil vom 26.9.2007, 5 U 165/06

UrhG § 97, TMG §§ 7, 8, 9, 10

Der Kläger veröffentlicht auf der Website Marions Kochbuch eigene Speisefotographien. Der Beklagte betreibt auf der Website www.chefkoch.de eine kostenlos abrufbare Sammlung von Rezepten, die vor allem von Dritten hochgeladen werden. Dabei kam es schon in der Vergangenheit immer wieder dazu, dass auch Bilder des Klägers ohne sein Wissen und seine Zustimmung eingestellt wurden. Auf Abmahnungen gab die Beklagte mehrfach Unterlassungserklärungen ab.

Das Erstgericht gab der Unterlassungs- und Schadenersatzklage statt.

Das OLG gibt der Berufung nicht Folge. Das Forum der Beklagten ist dadurch gekennzeichnet, dass sich diese durch die Gestaltung der Website die fremden Inhalte zu eigen machen. Die Rezepte werden auch vor Freischaltung geprüft und der Betreiber lässt sich umfangreiche Nutzungsrechte einräumen. Indem die Beklagte zu 1. auf der Grundlage ihres Geschäftsmodells eine derartige unbegrenzte Möglichkeit Dritten im eigenen kommerziellen Interesse zur Verfügung stellt, hat sie auch die erforderlichen Schutzmaßnahmen zu treffen und kann sich nicht auf eine faktische Unmöglichkeit berufen. Als mögliche Überprüfungsmaßnahme wäre etwa denkbar, dass vor der Einstellung/Übernahme eines Lichtbilds der Nutzer der Beklagten jeweils konkret mitteilen muss, wann dieses Lichtbild von welcher Person (gegebenenfalls mit Anschrift und Kameratyp) hergestellt worden ist. Ein schützenswertes Interesse der Beklagten, dass ihre Nutzer unter einem Pseudonym Rezepte bzw. Lichtbilder einstellen können, ist in rechtlicher Hinsicht nicht anzuerkennen; hiefür bestehe bei diesem Modell auch keine Notwendigkeit. Auch im Hinblick auf die bereits mehrfach erfolgten Rechtsverletzungen sei eine Unterbindung weiterer Rechtsverletzungen zu fordern. Die Verantwortlichkeit der Beklagten beschränkt sich deshalb nicht auf eine reine Störereigenschaft. Die Beklagte ist vielmehr Täterin einer Urheberrechtsverletzung.

 

Achtung Betrüger unterwegs" - Meinungsfreiheit im Internetforum: OLG Koblenz, Beschluss vom 12.7.2007, 2 U 862/06

BGB § 823, § 1004, StGB § 185

In einem Internetforum der Verfügungsbeklagten wurde der Beitrag eines Autors veröffentlicht, in dem behauptet wird, die L. Service-Vermittlungs-GmbH (Verfügungsklägerin) gebe es gar nicht und es seien dubiose Werber und Betrüger im Auftrag der Verfügungsklägerin unterwegs. Das Erstgericht wies den Antrag auf EV zurück.

Das OLG gibt der Berufung keine Folge. Der Betreiber eines Forums ist zwar nach nicht verpflichtet, den Kommunikationsvorgang zu überwachen, erhält er aber Kenntnis, so muss er die Sperrung oder Löschung des Vorgangs veranlassen. Der Beitrag muss aber im Gesamtzusammenhang gesehen werden. Es handelt sich um zulässige Werturteile. Eine gemäß § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. § 1004 Abs. 1 BGB analog, § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 185 StGB zu unterlassende rechtswidrige Persönlichkeitsverletzung stellen Meinungsäußerungen nur dann, wenn die Belange des Betroffenen durch ihren ehrverletzenden Gehalt in einem mit der Ausübung grundgesetzlich garantierter Meinungsfreiheit nicht mehr zu rechtfertigenden Maß tangiert sind. Die Zulässigkeitsgrenze wird erst dann überschritten, wenn bei der Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung mit der Sache, sondern die Diffamierung der Person im Vordergrund steht.

 

Eingeschränkte Haftung von eBay für Angebot jugendgefährdender Medien: BGH, Urteil vom 12.7.2007, I ZR 18/04

TDG § 5

Der Kläger, ein Interessenverband des Video- und Medienfachhandels, wendet sich dagegen, dass bei eBay im Zeitraum von Juli 2001 bis Mai 2002 in verschiedenen Fällen indizierte jugendgefährdende Medien angeboten worden sind. Er sieht darin ein wettbewerbswidriges Handeln der Beklagten.

Das Erstgericht ging von einer generellen Haftungsbefreiung aus und wies die Unterlassungsklage ab, das Berufungsgericht bestätigte.

Der BGH gibt der Revision Folge und hob das Urteil auf, da noch notwendige Feststellungen fehlten. Das Haftungsprivileg für Hostprovider betrifft nur die strafrechtliche Verantwortlichkeit und die Schadensersatzhaftung, nicht aber den Unterlassungsanspruch. Das gilt auch im Wettbewerbsrecht. Die Beklagte hat die ernsthafte und naheliegende Gefahr geschaffen, dass ihre Internetplattform von Verkäufern zum Vertrieb indizierter jugendgefährdender Schriften genutzt wird. Die Beklagte müsse daher – wenn sie Kenntnis von einem konkreten jugendgefährdenden Angebot erlangt habe – nicht nur dieses konkrete Angebot unverzüglich sperren, sondern auch Vorsorge dafür treffen, dass es möglichst nicht zu weiteren gleichartigen Rechtsverletzungen komme. Sie muss deshalb verhindern, dass die ihr konkret benannten jugendgefährdenden Medien von anderen Verkäufern erneut auf ihrer Plattform angeboten werden. Als gleichartig kämen auch solche Angebote in Betracht, bei denen derselbe Versteigerer nach Kategorie und Medium entsprechende indizierte Werke anbiete. eBay treffen aber keine unzumutbaren Prüfungspflichten, die das gesamte Geschäftsmodell in Frage stellen würden. Eine Verpflichtung zur Sperrung von Auktionsangeboten besteht zudem nur insoweit, als nicht durch ein wirksames Altersverifikationssystem sichergestellt ist, dass kein Versand an Kinder und Jugendliche erfolgt.

 

meinprof.de: LG Berlin, Urteil vom 31.5.2007, 27 S 2/07

BGB § 1004, § 823, GG Art. 1, Art. 2

Dem Betreiber der Internetplattform "meinprof.de", auf der im Rahmen eines Forums Meinungsäußerungen zur Qualität von Professoren und Lehrern eingestellt werden, obliegt keine allgemeine Prüfpflicht hinsichtlich der Rechtswidrigkeit von Einträgen. Eine solche Prüfpflicht ist nur zumutbar, wenn der Betroffene zuvor im Wege einer Abmahnung konkrete Persönlichkeitsrechtsverletzungen geltend gemacht hat. Nach Kenntniserlangung von rechtswidrigen Beiträgen sind diese vom Betreiber der Plattform unverzüglich aus dem Forum zu entfernen.

 

Haftung von eBay bei Markenrechtsverletzungen: BGH, Urteil vom 19.4.2007, I ZR 35/04

TDG § 5

Die Firma Rolex klagte eBay auf Unterlassung, weil auf deren Versteigerungsplattform gefälschte Rolex-Uhren versteigert worden waren.

Das Erstgericht wies die Unterlassungsklage ab, das Berufungsgericht bestätigte.

Der BGH hob das Urteil auf. Er hielt dabei an seiner Rechtsprechung zur Haftung von Internet-Auktionshäusern für Markenverletzungen fest. Das Haftungsprivileg des TMG gilt nicht für den Unterlassungsanspruch. Daher kommt eine Haftung der Beklagten als Störerin in Betracht, weil sie mit ihrer Internetplattform das Angebot gefälschter Uhren ermöglicht, auch wenn sie selbst nicht Anbieterin dieser Uhren ist. Eine solche Haftung setzt zunächst voraus, dass die jeweiligen Anbieter der gefälschten Uhren im geschäftlichen Verkehr gehandelt haben, weil nur dann eine Markenverletzung vorliegt. Die Beklagte muss – wenn sie von einem Markeninhaber auf eine klar erkennbare Rechtsverletzung hingewiesen wird – nicht nur das konkrete Angebot unverzüglich sperren, sondern grundsätzlich auch Vorsorge dafür treffen, dass es nicht zu weiteren entsprechenden Markenverletzungen kommt. Allerdings dürfen dabei keine unzumutbaren Prüfpflichten auferlegt werden, die das ganze Geschäftsmodell in Frage stellen würden. Die Beklagte ist jedoch verpflichtet, technisch mögliche und ihr zumutbare Maßnahmen zu ergreifen, damit gefälschte ROLEX-Uhren gar nicht erst im Internet angeboten werden können. Im fortgesetzten Verfahren ist noch zu klären, ob eindeutig erkennbar war, dass es sich um Markenverletzungen gehandelt hat.

 

Zugangsvermittlung zu MP3-Dateien im Usenet: LG München I, Urteil vom 19.4.2007, 7 O 3950/07

TDG § 10, TMG § 9

Im Falle einer zeitlich begrenzten Zwischenspeicherung i.S.v. § 10 TDG/§ 9 TMG tritt die Haftungsprivilegierung dann ein, wenn die Zwischenspeicherung dazu dient, die Übermittlung der fremden Information an andere Nutzer auf deren Anfrage effizienter zu gestalten. Dies ist die typische Konstellation von Servern, die - wie die Antragsgegnerin - in periodischen Abständen automatisiert ganze Festplattenbereiche fremder Server kopieren ("Mirror"-Verfahren), oder vom Nutzer abgerufene Seiten speichern (Proxy-Cache-Server). Zur Begründung einer Haftung wäre damit ein absichtliches gemeinsames Vorgehen der Organe und Mitarbeiter der Antragsgegnerin mit einem der Nutzer des Usenets erforderlich, das vorliegend nicht glaubhaft gemacht ist.

 

Meinungsforum - anonymer Poster: BGH, Urteil vom 27.3.2007, VI ZR 101/06

BGB § 823, § 1004, StGB § 185

Der Betreiber eines Forums im Internet haftet ab Kenntniserlangung für den Inhalt eines dort eingestellten Beitrags, unabhängig von den Ansprüchen des Verletzten gegen den Verfasser des beanstandeten Beitrags. Die Haftung des Forenbetreibers besteht auch dann, wenn dem Verletzten die Identität des Verfassers bekannt ist. Der Verletzte kann daher wahlweise den Verfasser oder den Forenbetreiber in Anspruch nehmen.
Ein so genanntes Meinungsforum ist gegenüber anderen Foren nicht privilegiert.
Das Urteil des OLG Düsseldorf vom 26.4.2006,  I-15 U 180/05 (unten), wurde aufgehoben. Da der Betreiber in diesem Fall Kenntnis von den Beiträgen hatte, ging der BGH auf die bisher strittige Frage, ob der Betreiber auch für ihm unbekannte Beiträge haftet bzw. ob und ab wann er zur Überwachung verpflichtet ist, nicht ein.

 

Ungesicherte WLan-Verbindung: LG Frankfurt, Urteil vom 22.2.2007, 2-3 O 771/06

UrhG § 97, BGB § 1004

Der Anschlussinhaber haftet selbst als Störer, wenn er anderen über eine ungesicherte WLan-Verbindung den Download von urheberrechtlich geschützten Musikaufnahmen ermöglicht. Das Ausschalten des PC vor Antritt des Urlaubs genügt als Schutzmaßnahme hiergegen nicht aus. Es obliegt daher dem Anschlussinhaber, sich über mögliche Rechtsverletzungen zu informieren und die vorhandenen technischen Möglichkeiten zur Vorbeugung zu nutzen.

 

Google AdWords Werbung: LG Köln, Urteil vom 9.2.2007, 81 O 174/06

MarkenG § 4, § 14

Beide Parteien vertreiben Erotikartikeln über das Internet. Die Beklagte verwendete die Wortmarke der Klägerin "F**F****" als Keyword bei der Schaltung von Anzeigen im Rahmen der Google-Adwords-Werbung.

Das LG gab der Unterlassungsklage statt. Die Nennung eines markenrechtlich geschützten Begriffes als AdWord bei der Werbung in der Suchmaschine Google stellt eine Verwendung der Marke in kennzeichenmäßiger Form dar und führt zu Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen. Dabei fällt entscheidend ins Gewicht, dass das beworbene Angebot im Kontext des Markennamens und Firmenschlagwortes platziert worden ist, um die Werbewirksamkeit der Marke für die Präsentation des eigenen Sortiments zu nutzen.

 

Mitstörerhaftung der Eltern bei Urheberrechtsverletzung der Kinder: LG Mannheim, Urteil vom 29.9.2006, 7 O 76/06

UrhG § 97, BGB § 823, § 1004

Die Haftung desjenigen, der nicht selbst den Urheberrechtsverstoß begangen hat, und ohne Täter oder Teilnehmer zu sein, als Störer in Anspruch genommen wird, setzt voraus, dass Prüfungspflichten verletzt wurden. Der Umfang der Prüfungspflichten bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem Störer nach den Umständen eine Prüfung zumutbar war. Soweit ein Anschlussinhaber seinen Familienangehörigen, insbesondere seinen Kindern den Internetanschluss zur Verfügung stellt, beruht die Eröffnung des Zugangs auf dem familiären Verbund. Prüfungs- und Überwachungspflichten sind in diesen Fällen nur insoweit anzunehmen, als diese im Rahmen der Erziehung von Kindern in Abhängigkeit von deren Alter auch auf anderen Betätigungsfeldern notwendig ist. Eine dauerhafte Überprüfung des Verhaltens der Kinder ist nicht zumutbar. Bei einem volljährigen Kind, das bezüglich Computer- und Internettechnologie einen Wissensvorsprung vor den Eltern hat, kann es sinnvollerweise keiner belehrenden Einweisung über die Nutzung des Internet bedürfen.

 

Haftung von eBay als Mitstörer für Urheberrechtsverletzungen: OLG München, Urteil vom 21.9.2006, 29 U 2119/06

TDG § 8, § 11, UrhG § 101a, DSRLeK Art. 6

Bei eBay wurden Lateinübersetzungen aus Schulbüchern angeboten. Die Schulbuchverlage klagen auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Schadenersatz. Das Erstgericht verurteilte antragsgemäß.

Das OLG gibt der Berufung teilweise Folge. eBay hafte zwar als Störer, aber nicht von Anfang an, sondern erst nachdem sie auf eine klare Rechtsverletzung hinreichend hingewiesen worden ist. Ab diesem Zeitpunkt muss der Diensteanbieter nicht nur das konkrete Angebot sperren, sondern auch Vorsorge treffen, dass es möglichst nicht zu weiteren Rechtsverletzungen kommt. Daraus folgt, dass es zu einer Störerhaftung des Diensteanbieters im Sinne des § 11 TDG erst im Hinblick auf Rechtsverletzungen kommen kann, die einer klaren Rechtsverletzung nachfolgen, von der dem Diensteanbieter Kenntnis verschafft worden ist. Im gegenständlichen Fall ist der Nachweis der Rechtsverletzung und der Rechte der Klägerinnen erst im Laufe des Verfahrens erfolgt. Ab diesem Zeitpunkt ist aber die Haftung als Störerin eingetreten, weil sie die Rechtsvereltzung nicht beseitigt hat. Diesen aus der Stellung der Beklagten als Störerin resultierenden Pflichten kann sich die Beklagte nicht vollständig dadurch entledigen, dass sie auf die Möglichkeit der Teilnahme am VeRI-Programm verweist und auf die Mitwirkung der Rechtsinhaber im Rahmen dieses Programms baut. § 11 Satz 1 TDG steht der Unterlassungsverurteilung im Streitfall nicht entgegen, weil dieses Haftungsprivileg nicht den Unterlassungsanspruch betrifft. Das Auskunftsbegehren ist nach § 101a UrhG gerechtfertigt, die Forderung nach Feststellung der Schadenersatzpflicht hingegen nicht, weil die Beklagte als bloße Störerin nicht auf Schadenersatz haftet.

 

Heise-Haftung für Forenbeiträge: Hanseatisches OLG, Urteil vom 22.8.2006, 7 U 50/06

MDStV § 6, § 9, BGB § 823, § 1004

Dem Heise-Verlag war mit einstweiliger Verfügung untersagt worden, Forenbeiträge zu verbreiten, in denen dazu aufgerufen wurde, durch den massenhaften Download des Programmes k.exe den Server eines Unternehmens zu blockieren; dies obwohl der Verlag die Beiträge nach Aufforderung gelöscht hatte. Die geforderte Unterlassungserklärung hatte der Verlag unter Hinweis darauf, dass er nur bei Kenntnis hafte, verweigert. Das Erstgericht bestätigte die EV mit Urteil vom 22.12.2005.

Das OLG bestätigt diese Entscheidung, schränkt aber die Anforderungen an Prüfpflicht ein. Es zieht Analogien zu Leserbriefen und Live-Sendungen im Rundfunk an. In Anlehnung an die dort geltenden Grundsätze gilt für ein Internetforum, bei dessen Nutzung nicht einmal der Eindruck erweckt wird, der Beitrag gebe die Meinung des Forumsbetreibers wieder, dass schon im Hinblick auf die garantierte Freiheit der Meinungsäußerung auch eine Haftung als Störer im Regelfall nicht in Betracht kommt, soweit lediglich der Vorgang des Einstellens des Beitrags durch Dritte in Frage steht. Soweit nicht der Forenbetreiber durch sein eigenes Verhalten Rechtsverletzungen durch die Nutzer provoziert, sind ihm diese nicht zuzurechnen. Eine generelle Verpflichtung zu einer vorherigen "Eingangskontrolle" würde die Möglichkeiten des freien Meinungsaustauschs in grundrechtswidriger Weise einschränken und gegen § 6 Abs.2 MDStV verstoßen. Bei Abwägung der widerstreitenden Grundrechte der Meinungsäußerungsfreiheit einerseits und dem Persönlichkeitsrecht bzw. dem Schutz des Eigentums andererseits ist eine spezielle Überprüfungspflicht des Betreibers zumindest des von den inkriminierten Äußerungen betroffenen Forums dann angemessen, wenn dieser entweder durch sein eigenes Verhalten vorhersehbar rechtswidrige Beiträge Dritter provoziert hat, oder wenn ihm bereits mindestens eine Rechtsverletzungshandlung von einigem Gewicht im Rahmen des Forums benannt worden ist, und sich damit die Gefahr weiterer Rechtsverletzungshandlungen durch einzelne Nutzer bereits konkretisiert hat. In diesen Fällen ist der Betreiber zur selbstständigen Kontrolle und Löschung verpflichtet. Das Gericht geht aber nicht von einer Prüfpflicht vor Freischaltung aus.

 

Haftung für unverschlüsseltes WLAN: LG Hamburg, Urteil vom 26.7.2006, 308 O 407/06

BGB § 1004

Über den unverschlüsselten WLAN-Internetzugang der Antragsgegner waren urheberrechtswidrige Down- bzw. Uploads erfolgt, wobei nicht festgestellt werden konnte, von wem diese ausgingen. Nachdem die Antragsgegner über die IP-Adresse ausgeforscht worden waren, verteidigten sich diese damit, dass sie nicht wüssten, wer für die Rechtsverletzungen verantwortlich sei. Sie seien nicht zur Überprüfung des WLAN-Zuganges verpflichtet, hätten aber unverzüglich nach der Unterlassungsaufforderung einen Passwortschutz einrichten lassen.

Das LG Hamburg teilte dieser Argumentation jedenfalls in Bezug auf die Störerhaftung eine Absage. Wer seine Internetverbindung drahtlos betreibt, muss für die Sicherung seines Routers sorgen, anderenfalls verstößt er gegen zumutbare Prüfungspflichten. Er hat dadurch die über diesen Anschluss erfolgten Rechtsverletzungen adäquat mitverursacht.

 

Störerhaftung von eBay: Brandenburgisches OLG, Urteil vom 13.6.2006, 6 U 114/05

BGB § 12, § 1004, TDG § 11

Ein Verkäufer bei eBay vertrieb indizierte DVD's mit jugendgefährdendem Material. Das Erstgericht hob die ursprünglich erlassene Unterlassungs-EV auf.

Das OLG bestätigt. Ob die Tatsache, dass eBay seinen Kunden die objektive Möglichkeit verschafft, in wettbewerbswidriger Weise Angebote im Internet zu verbreiten, überhaupt eine Störerhaftung auszulösen vermag, kann dahinstehen. Denn jedenfalls können nach der Rechtsprechung des BGH, die eine derartige Störerhaftung im Grundsatz noch anzunehmen scheint, Dritte, die ohne Wettbewerbsförderungsabsicht und ohne Verschulden an dem Wettbewerbsverstoß eines Dritten beteiligt sind, nur dann als Störer in Anspruch genommen werden, wenn ihnen eine Überprüfung etwaiger Wettbewerbsverstöße ihrer Kunden zuzumuten war und sie ihrer Prüfungspflicht nicht nachgekommen sind, was hier verneint wird. eBay obliegt nur die Pflicht, im Falle der Feststellung von Verstößen relevante Informationen zu entfernen oder den Zugang zu Angeboten, mit denen gegen gesetzliche Vorschriften verstoßen wird, zu sperren (vgl. § 11 Satz 1 Ziffer 2 TDG), was sie gemacht hat.

 

"Pornokönig" - Eingeschränkte Haftung für Forenbetreiber: OLG Düsseldorf, Urteil vom 7.6.2006, I-15 U 21/06

BGB § 823, § 1004

Der Antragsteller wurde in einem Forum von einem Dritten beleidigt und forderte vom Betreiber die Löschung. Nach einigen Nachfragen löschte der Betreiber. Danach kam es zu weiteren Beleidigungen. Der Kläger ließ den Betreiber abmahnen, dieser löschte wieder die beanstandeten Beiträge, gab aber die geforderte Unterlassungserklärung nicht ab. Er sperrte die Nutzernamen, unter denen die Beiträge verfasst wurden, die Täter nutzten aber einen Anonymisierungsdienst und verfassten weitere Beiträge, die der Betreiber wieder löschte.

Das LG erließ eine einstweilige Verfügung, gegen die sich der Forenbetreiber wandte. Das Gericht stellte fest, dass er Störer ist und dass ihn, nachdem schon mehrere beleidigende Postings erfolgt waren, eine Verhinderungspflicht treffe. Er müsse das Forum in diesem Fall überwachen und nach Kenntnisnahme die dort veröffentlichten beleidigenden Inhalte unverzüglich löschen. Die Haftungsprivilegierung der §§ 9 bis 11 TDG gelte nicht gegenüber Unterlassungsansprüchen. Der Betreiber hätte der Haftung nur entgehen können, wenn er nachgewiesen hätte, dass er tatsächlich immer die inkriminierten Passagen unverzüglich entfernt habe.

Das OLG gab der Berufung Folge und wies den Sicherungsantrag zurück. Dem Betreiber eines Meinungsforums obliegen keine allgemeinen Überwachungs- oder Forschungspflichten dahingehend, ob rechtswidrige Inhalte überhaupt vorhanden sind. Die Verpflichtung des Forumsbetreibers, Beiträge rechtsverletzender Art unverzüglich zu löschen, entsteht erst mit der Kenntnisnahme von diesen Äußerungen. Die Beweislast für die Erfüllung einer einmal entstandenen Löschpflicht trägt der Forenbetreiber.
Allerdings ist der Forenbetreiber sehr wohl der allgemeinen Störerhaftung auch für fremde Inhalte, die er sich nicht zu eigen gemacht hat, unterworfen, da die Regelungen des TDG hinsichtlich der Haftungsprivilegierung auf die Störerhaftung keine Anwendung finden. Diese Haftung setzt aber die Verletzung von Prüfpflichten voraus; solche sind aber einerseits durch § 8 Abs. 2 TDG ausgeschlossen und können, bezogen auf den Verfügungsbeklagten auch nicht aus allgemeinen Grundsätzen abgeleitet werden. Bei der Beurteilung einer solchen Prüfungspflicht ist danach zu fragen, inwieweit es dem als Störer in Anspruch Genommenen technisch und wirtschaftlich möglich und zumutbar ist, die Gefahren von Rechtsgutverletzungen zu vermeiden, welche Vorteile der Diensteanbieter aus seinen Diensten zieht, welche berechtigten Sicherheitserwartungen der betroffene Verkehrskreis hegen darf, inwieweit Risiken vorhersehbar sind und welche Rechtsgutverletzungen drohen. Da der Verfügungsbeklagte als nicht professioneller Forumsbetreiber tätig war und wirtschaftlich nicht daraus profitierte, bestand auch in Anbetracht des Umstandes, dass im Hinblick auf die Vorfälle in der Vergangenheit das Risiko weiterer Rechtsverletzungen bestand, keine Prüfungspflicht.
Da der Verfügungsbeklagte anonyme Beiträge ermöglicht, kann er zwar als Störer in Anspruch genommen werden, er ist aber trotzdem nur verpflichtet, ihm bekannt gewordene Beiträge rechtsverletzender Art zu löschen.

 

Keine Mitstörerhaftung für Internet-Pressedatenbank: LG Frankenthal, Urteil vom 16.5.2006, 6 O 541/05

UrhG § 97, TDG § 11, MDStV § 9

Die Haftung des Störers setzt die Verletzung zumutbarer Prüfungspflichten voraus. Dem Betreiber einer Internet-Pressedatenbank mit 20 Millionen Dokumenten, darunter 2,2 Millionen aus der Fachpresse, und täglich 12.000 neuen Beiträgen ist es nicht zuzumuten, die Daten daraufhin zu überprüfen, ob darin Artikel bestimmter Autoren enthalten sind. Obwohl §§ 11 TDG und 9 MDStV weder direkt noch analog anwendbar sind, fließen ihre Wertungen in die Auslegung des Störerbegriffes im Sinne des § 97 UrhG ein. Danach ergibt sich eine Prüfungspflicht des Host-Providers für fremde Informationen nur, wenn Kenntnis von der rechtswidrigen Handlung gegeben ist, die rechtswidrige Handlung oder Information offensichtlich ist oder der Host-Provider nicht unverzüglich nach Kenntniserlangung von der Störung tätig geworden ist, was hier nicht der Fall ist.

 

Haftung nur für anonyme Postings: OLG Düsseldorf, Urteil vom 26.4.2006, 1-15 U 180/05

Der Kläger fühlte sich durch zwei Beiträge im Forum der Beklagten beleidigt; Beitrag A stammte von einem anonymen Poster, Beitrag B von einem namentlich bekannten. Das Erstgericht gab dem Unterlassungsbegehren und Zahlungsbegehren statt.

Das OLG änderte ab und wies teilweise ab. Derjenige, der ein Forum im Internet betreibt, kann grundsätzlich auf Unterlassung rechtswidriger Inhalte in Anspruch genommen werden, weil er als Betreiber des Forums diese Inhalte verbreitet. Er ist zwar nicht zur Überwachung der Kommunikation verpflichtet, in diesem Fall wurde er aber vom Kläger auf die inkriminierten Inhalte hingewiesen, sodass von ihm das tatsächliche Entfernen oder Sperren verlangt werden kann. Eine Ausnahme kann aber dann bestehen, wenn es sich um ein Meinungsforum handelt. In diesem Fall ist vorrangig derjenige in Anspruch zu nehmen, der die beanstandeten Inhalte verfasst hat. Es ist anerkannt, dass sich derjenige, der sich von einer Äußerung ausreichend distanziert hat, sich diese nicht zu eigen macht. Bei einem Meinungsforum ist von vorneherein klar, dass die Beiträge nicht die Meinung des Betreibers wiedergeben. Gegen den Betreiber des Forums besteht deswegen in Anlehnung an die BGH-Rechtsprechung zur Live-Sendung lediglich ein Anspruch auf Abrücken, also auf Distanzierung von dem Beitrag, während der Unterlassungsanspruch gegen den sich Äußernden geltend zu machen ist. Der sich Äußernde muss dann dafür Sorge tragen, dass sein Beitrag aus dem Forum entfernt wird. Dafür spricht auch, dass der Streit, ob eine Meinungsäußerung zulässig ist, grundsätzlich zwischen demjenigen, der sie als eigene aufgestellt hat und demjenigen, der sich durch sie verletzt fühlt, ausgetragen werden sollte. Der in seinen Rechten Verletzte muss aber, da Beiträge in Diskussionsforen anders als bei Live-Sendungen längere Zeit im Forum verbleiben, die Möglichkeit haben, den sich Äußernden in kurzer Zeit in Anspruch zu nehmen. Es besteht daher so lange auch ein Unterlassungsanspruch gegen den Betreiber des Forums, als dieser nicht die Identität des Täters preisgibt. Die Bekanntgabe der IP-Adresse reicht nicht aus, weil dem Verletzten die Ausforschung des Täters über die IP-Adresse vor dem Hintergrund der bekannten Schwierigkeiten nicht zugemutet werden kann und oft auch nicht möglich ist. Dem Betreiber eines Meinungsforums ist es nicht unzumutbar, dafür zu sorgen, dass ihm die Identität und Adresse der Teilnehmer bekannt ist, um diese im Streitfall an den angeblich Verletzten weiterzugeben; er hat die Möglichkeit, die Teilnahme von einer Registrierung abhängig zu machen. Da die Meinungsfreiheit ihre Schranken insbesondere im Recht der persönlichen Ehre findet, muss gewährleistet bleiben, dass derjenige, der durch einen Beitrag in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht und seiner Ehre verletzt wird, den Verfasser auf Unterlassung in Anspruch nehmen kann. Gewährleistet der Betreiber des Forums dies nicht, kann er sich nicht auf die grundrechtlich verbürgten Freiheiten berufen und selber auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.

 

"B. E. nackt" - Störerhaftung bei Einbindung fremder Internet-Seiten: Kammergericht, Urteil vom 10.2.2006, 9 U 105/05

BGB § 823, § 1004

Die Antragstellerin ist Fernsehmoderatorin. Wurde bei der Suchmaschine MSN ihr Name mit dem Zusatz "nackt" eingegeben, öffnete sich eine Webseite unter der Domain "schlampenforum.com" mit pornographischen Inhalten und einer Frame-Seite der Beklagten unter der Domain sex3.de.

Das Erstgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung. Das Kammergericht wies ab. Als Störer kann jeder in Anspruch genommen werden, der - auch ohne Täter oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung von nach §§ 823, 1004 BGB geschützten absoluten Rechten beigetragen hat. Wird geltend gemacht, dass nach Eingabe des Namens in einem Internet-Suchdienst persönlichkeitsrechtsverletzende Einträge erscheinen, ist demnach nachzuweisen bzw. glaubhaft zu machen, dass der Störer willentlich und adäquat kausal - etwa durch Setzen von Metatags - hierzu beigetragen hat. Sind Metatags nicht nachweisbar oder nicht vorhanden, reicht es nicht aus, dass vorgetragen wird, die Internetseite sei per Framing in eine andere Internetseite eingebunden worden, da damit noch nicht dargetan und glaubhaft gemacht ist, dass diese Einbindung nur mit Zutun des Domaininhabers der eingebundenen Seite erfolgen konnte.

 

Heise-Haftung für Forenbeiträge: LG Hamburg, Urteil vom 2.12.2005, 324 O 721/05 (bestätigt 22.8.2006)

MDStV § 6, § 9, BGB § 823, § 1004

Dem Heise-Verlag war mit einstweiliger Verfügung untersagt worden, Forenbeiträge zu verbreiten, in denen dazu aufgerufen wurde, durch den massenhaften Download des Programmes k.exe den Server eines Unternehmens zu blockieren; dies obwohl der Verlag die Beiträge nach Aufforderung gelöscht hatte. Die geforderte Unterlassungserklärung hatte der Verlag unter Hinweis darauf, dass er nur bei Kenntnis hafte, verweigert.

Das LG bestätigt die EV. Für die Störereigenschaft bei einem Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb reicht - wie sich auch aus den Normen der §§ 186 StGB oder 824 BGB ergibt - das bloße Verbreiten einer unzulässigen Äußerung aus; dass der Verbreiter selbst hinter den rechtswidrigen Inhalten steht oder sie gar verfasst hat, ist danach nicht erforderlich. Die Störereigenschaft entfällt nicht deswegen, weil es der Antragsgegnerin unmöglich wäre, auf den Inhalt des von ihr eingerichteten Forums Einfluss zu nehmen. Technisch ist ihr eine solche Einflussnahme im Grundsatz ohne Weiteres möglich, da sie ihr Forum in der Weise einrichten kann, dass die Einträge vor ihrer Freischaltung auf die rechtliche Zulässigkeit ihres jeweiligen Inhalts geprüft werden. Zu einer solchen Prüfung der Inhalte, die sie über ihren Internetauftritt verbreitet, ist die Antragsgegnerin auch verpflichtet. Denn diejenige Person, die Einrichtungen unterhält, über die Inhalte in pressemäßiger Weise verbreitet werden, muss Vorkehrungen dahingehend treffen, dass über diese Einrichtungen keine rechtswidrigen Inhalte verbreitet werden. Eine Einschränkung der Verantwortlichkeit für denjenigen, der Äußerungen oder Angebote über das Internet verbreitet, kommt jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn der Verbreiter aufgrund der Art seines Angebots selbst Anlass zu der Annahme haben muss, dass dieses von Nutzern zu Zwecken der Verletzung von Rechten Dritter gebraucht wird.

 

Mitstörerhaftung des Mechants für seinen Affiliate bei Spam: LG Berlin, Beschluss vom 22.11.2005, 15 O 710/05

BGB § 823, § 1004

Ein Merchant haftet für Spam-Mails, die ein Affiliate versendet, als Mitstörer, da er durch das Setzen der finanziellen Anreize Mitverursacher ist. Eine Haftung tritt allenfalls dann nicht ein, wenn der Merchant durch seine vertraglichen Regelungen ein solches Handeln des Affiliate unterbunden hat.

 

Prüfungspflichten von eBay bei Namensanmaßung im Rahmen der Registrierung: Brandenburgisches OLG, Urteil vom 16.11.2005, 4 U 5/05

BGB § 12

Ein Unbekannter hatte zunächst unter dem Pseudonym u*** und den Kontaktdaten des Klägers Sachen verkauft. Über Hinweis des Klägers sperrte eBay den Account. Daraufhin machte der Unbekannte dasselbe zunächst unter den Pseudonymen g*** und nach neuerlicher Sperrung unter m***.

Das Erstgericht gab der Unterlassungsklage statt. Das OLG bestätigte. Einem Unternehmen, das im Internet eine Plattform für Fremdversteigerungen betreibt, ist es nicht zuzumuten, jedes Angebot vor der Veröffentlichung auf eine mögliche Rechtsverletzung hin zu untersuchen, da eine solche Obliegenheit das gesamte Geschäftsmodell in Frage stellen würde. Da der Betreiber einer Internetauktionsplattform durch die ihm geschuldeten Provision letztlich im Ergebnis wirtschaftlich von der Rechtsgutsverletzung profitiert, ist er, wenn er auf eine klare Rechtsverletzung hingewiesen worden ist, jedoch nicht nur gehalten, das konkrete Angebot unverzüglich zu sperren (§ 11 Satz 11 Nr. 2 TDG n.F.), er muss vielmehr Vorsorge treffen, dass es möglichst nicht zu weiteren derartigen Rechtsgutsverletzungen kommt. Es sind keine Gründe ersichtlich, die der Übertragbarkeit dieser - in einem markenrechtlichen Rechtsstreit entwickelten - Grundsätze auf die Konstellation einer Namensanmaßung entgegenstünden. Auch derartige Rechtsverletzungen lassen sich wirkungsvoll nur durch eine entsprechende Überwachung der Anmeldeprozedur neuer Mitglieder vermeiden. Dabei setzt die Prüfungspflicht erst dann ein, wenn der Plattformbetreiber Kenntnis von der Rechtsverletzung erlangt hat. Demjenigen, dessen Identität missbraucht wurde, steht bei Verletzung der Prüfungspflichten gegen das Auktionshaus als Störer ein Unterlassungsanspruch wegen Verletzung des Namensrechts aus § 12 Satz 2 BGB zu.

 

Haftung für Affiliate-Partner: LG Köln, Urteil vom 6.10.2005, 31 O 8/05

Die Beklagte arbeitet mit Affiliate-Partnern zusammen und zahlt für Einkäufe der Kunden, die über deren Seiten zu ihrem Webshop gelangt sind, Provision. Ein Affiliate-Partner verwendete in den Meta-Tags Firmen/Marken-Bezeichnungen von Konkurrenzunternehmen.
Das LG gab der Unterlassungsklage gegen die Beklagte statt. Wer seine Partner durch Verprovisionierung nach Umsatz dazu ermuntert, möglichst viel Traffic zu generieren, haftet für diese Partner wie für Beauftragte. Dies gilt auch dann, wenn die Werbemittel vom Anbieter im Wesentlichen vorgegeben worden sind und sogar dann, wenn der Partner eigenmächtig gehandelt hat, hier nämlich sich unter einer Domain beim Partnerprogramm angemeldet hatte, die er dann jedoch zu seiner Verlinkung überhaupt nicht einsetzte. Die Beklagte haftet daher auch für alle Meta-Tags, und zwar auch auf Websites, die nicht Teil des Partnerprogrammes sind. Sie müsse vertraglich sicherstellen, dass von den Affiliate-Partnern nicht die Namen der Wettbewerber in den Meta-Tags genutzt würden (nicht rk).

 

Keine Haftung für Affiliate-Partner: LG Hamburg, Urteil vom 3.8.2005, 325 O 296/05

Benutzt ein Affiliate die Werbe-Materialien des Merchants für eine Domain, mit der er sich am Partnerprogramm des Merchants nicht direkt angemeldet hat, haftet der Merchant nicht für Rechtsverletzungen, die der Affiliate begeht. Sobald der Merchant Kenntnis von den Rechtsverletzungen erlangt, die der Affiliate begeht, ist er verpflicht, alle technisch möglichen und zumutbaren Maßnahmen zu ergreifen, um weitere Markenverletzungen zu verhindern. Bei einem Partnerprogramm, an dem 15.000 Affiliate teilnehmen, müsste hierfür eine eigene Kontrolle eingerichtet werden. Die Beweislast, ob eine solche Kontrolle für den Merchant wirtschaftlich zumutbar ist und somit von diesem auch durchgeführt werden muss, obliegt dem klagenden Rechteinhaber.

 

Haftung für eBay-Account: OLG Frankfurt, Beschluss vom 13.6.2005, 6 W 20/05

Die Ehefrau des Beklagten verkaufte über dessen eBay-Account Plagiate. Nachdem der Beklagte in erster Instanz eine Unterwerfungserklärung abgegeben hatte, war nur mehr über die Kosten zu entscheiden.
Das OLG verurteilte den Beklagten im Gegensatz zur ersten Instanz. Derjenige, der seinen eBay-Account einer dritten Person zum Verkauf von Waren überlässt, muss auch überprüfen, welche Waren dort angeboten werden. Kommt der Account-Inhaber dieser Pflicht nicht nach, so kann er im Falle der Verletzung von Markenrechten neben dem Dritten mitverantwortlich sein und auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Markeninhaber muss jedoch nachweisen, dass der Account dem Dritten wissentlich überlassen wurde.

 

Verpflichtung des Betreibers eines Diskussionsforums zu unverzüglichem Handeln: AG Winsen/Luhe, Urteil vom 6.6.2005, 23 C 155/05

Ein Dritter hatte im Diskussionsforum des Beklagten ein Foto des Klägers in der Art eines Polizeifotos eines Kriminellen eingestellt.  Der Kläger forderte den Beklagten (noch dazu an einem Sonntag) auf, das Foto binnen 24 Stunden zu entfernen. Der Beklagte tat dies erst, nachdem der Kläger bereits eine einstweilige Verfügung beantragt hatte. Im Gerichtsstreit ging es nur mehr darum, ob der Beklagte die Kosten hiefür zu tragen hat.
Dies wurde vom AG bejaht. Der Betreiber eines Diskussionsforums im Internet ist verpflichtet dafür zu sorgen, dass beleidigende Äußerungen gegenüber Dritten aus dem Forum entfernt werden. Hierzu hat er in kurzen regelmäßigen Abständen zu kontrollieren, ob sich etwa Betroffene per E-Mail an ihn wenden; er hätte binnen der Tagesfrist reagieren müssen.

 

Haftung von eBay für Markenverletzung - Joop homme: LG Hamburg, Urteil vom 14.5.2005, 312 O 753/04

BGB § 823, § 1004

Auch unter Berücksichtigung einer grundsätzlichen Einschränkung der Störerhaftung auf die Verletzung einer Prüfungspflicht ist von einer Haftung Dritter für fremde wettbewerbswidrige Handlungen, die von ihnen wesentlich und adäquat kausal gefördert werden, jedenfalls dann auszugehen, wenn der Dritte von der rechtswidrigen Handlung Kenntnis erlangt und gleichwohl an dieser Rechtsverletzung weiter mitwirkt. Daran ändert auch nichts, dass die Antragsgegnerin die Inhalte jeweils nach Beanstandung gelöscht hat und in gewissen Zeitabständen mit Filtern geprüft hat. Um derartige Wiederholungen möglichst zu vermeiden, kann die Antragstellerin vielmehr verlangen, dass entsprechende Maßnahmen bereits vor Veröffentlichung der Angebote ergriffen werden, dass mithin eine präventive Kontrolle stattfindet.

 

Haftung des Admin-C: LG Bonn, Urteil 5 S 197/04

Der Kläger hatte den Beklagten als Admin-C, also als administrativer Kontakt für den Domaininhaber, wegen auf der Website publizierter unstrittig wettbewerbswidriger Werbung abgemahnt. Der Beklagte berief sich darauf, dass er nur Bevollmächtigter des Domaininhabers sei und daher nicht als Störer in Anspruch genommen werden könne.

Das Erstgericht verurteilte den Beklagte, das LG als Berufungsgericht bestätigte. Funktion und Aufgabenstellung des Admin-C sprächen für eine Haftung. Seine Stellung gehe über die einer Mittelsperson hinaus. Er habe jederzeit die Möglichkeit, seine Funktion zu beenden. Folglich wirke er an der Veröffentlichung der widerrechtlichen Inhalte mit, er leiste einen Tatbeitrag. Die Die Revision an den BGH wurde aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung dieser Rechtsfrage zugelassen.

 

ricardo.de - Rolex-Versteigerung: OLG Köln, Urteil vom 18.3.2005, 6 U 12/01a

TDG § 8, § 11, RL 2000/31/EG, MarkenG § 14

Dies ist die Entscheidung unmittelbar nach der aufhebenden Entscheidung des BGH vom 11.3.2004. Das OLG bejaht einerseits ein Handeln im geschäftlichen Verkehr; dies sei weit auszulegen und liege jedenfalls dann vor, wenn Ware außerhalb des Privatbereichs einer unbestimmten Vielzahl von Personen - nicht notwendig gegen Entgelt - angeboten wird (d.h. bei einer Internetauktion wohl immer). Es spielt dabei insbesondere keine Rolle, ob der Anbieter sonst unternehmerisch tätig ist, in welchem Umfang und mit welcher Häufigkeit Angebote eingestellt werden und welcher Art die offerierten Artikel sind. Nach Maßgabe des Revisionsurteils sei die Beklagte, sobald sie auf klare Markenverletzungen hingewiesen worden sei, nicht nur verpflichtet, das konkrete Uhrenangebot unverzüglich zu sperren, sondern auch - in welcher technischen Weise auch immer - dafür Sorge zu tragen, dass es zu keinen weiteren Rechtsgutverletzungen mehr kommt.

 

Verantwortlichkeit bei Meta-Suchmaschine: LG Berlin, Urteil vom 22.2.2005, 27 O 45/05

Bei der Frage der Veranwortlichkeit des Suchmaschinenbetreibers für rechtsverletzende Einträge in den Ergebnislisten scheidet eine analoge Anwendung der Verantwortlichkeitsregeln des TDG mangels planwidriger Gesetzeslücke aus, da der Gesetzgeber die Verantwortlichkeit für Hyperlinks und Suchmaschinen explizit offen ließ. Nach presserechtlichen Grundsätzen ist eine Haftung für die Verbreitung rechtsverletzender Inhalte jedoch bei Verletzung entsprechender Prüfungspflichten anzunehmen. Zumutbare Prüfungspflichten sind insbesondere verletzt, wenn eine Prüfung nach Abmahnung oder Klageerhebung ergeben hätte, dass mit dem Hyperlink ein rechtswidriges Verhalten unterstützt wird. Diese Grundsätze gelten so auch für Meta-Suchmaschinen, da keine Gründe für eine abweichende Beurteilung ersichtlich sind.

 

Haftung und Auskunftspflicht eines Online-Auktionshauses: LG Hamburg, Urteil vom 14.2.2005

Ein Anbieter vertrieb über eine Online-Auktion verschreibungspflichtige Arzneimittel. Das OLG verurteilte das Online-Auktionshaus als Störer. Auch wenn Filterprogramme nicht hundertprozentig wirksam seien, so seien sie doch eine zumutbare Kontrolle. Außerdem verurteilte das Gericht das Auktionshaus zur Auskunft über den Anbieter. Einem Auskunftsanspruch nach § 242 BGB stünden die Vorschriften des TDDSG nicht entgegen.

 

Google AdWords: LG Hamburg, Urteil vom 21.9.2004, 312 O 324/04

Die Klägerin macht Google für die Verletzung ihrer Marke verantwortlich. Sie mahnte die Beklagte wegen der Verwendung der Marke als AdWord ab. Obwohl die Klägerin in der Folge nicht auf ein den Fragebogen der Beklagten antwortete, sperrte die Beklagte das Adword, gab aber keine Unterlassungserklärung ab.

Das LG wies die Klage ab. Zwar sei die Verwendung des Kennzeichens der Klägerin für die AdWords-Werbung eine Markenrechtsverletzung, diese gehe aber vom Betreiber der beworbenen Website aus. Die Beklagte sei nicht dafür verantwortlich. Eine Mitstörerhaftung komme nicht in Frage, weil keine Prüfpflicht bestehe. Analog der Haftung von Presseunternehmen komme eine Störerhaftung nur bei groben, unschwer zu erkennenden Rechtsverletzungen in Betracht. Für die Haftung sind wegen der Vergleichbarkeit der Sachverhalte die presserechtlichen Grundsätze für Inseratwerbung in Zeitungen oder Branchenverzeichnissen heranzuziehen. Die Beklagte sei nach Kenntnisnahme von der Rechtsverletzung auch nicht untätig geblieben, sondern habe nach konkreter Aufforderung die Werbung entfernt. Überdies stelle die AdWord-Werbung der Beklagten gar keine Kennzeichenverletzung dar, weil das Kennzeichen nicht markenmäßig verwendet worden sei. Auch Wettbewerbsverletzung liege keine vor.

 

Haftung des Suchmaschinenbetreibers: LG Berlin, Urteil vom 9.9.2004, 27 O 585/04

Die klagende Fernsehmoderatorin nimmt die Beklagte als Suchmaschinenbetreiberin in Anspruch, weil sie bei bestimmten Eingaben in Zusammenhang mit Nacktfotos gebracht worden sei. Die Beklagte lehnte eine Unterlassungsverpflichtung ab, da die Einträge nicht reproduzierbar seien.

Das LG bestätigte nach Einspruch die Unterlassungs-EV. Spezialgesetzliche Vorschriften des Teledienstegesetzes, nach denen die Verantwortlichkeit eines Suchmaschinenbetreibers zu beurteilen wäre, bestehen nach der geltenden Rechtslage nicht. Auch dann, wenn beim Setzen des Hyperlinks keine Prüfungspflicht verletzt wird, kann eine Störerhaftung begründet sein, wenn ein Hyperlink aufrechterhalten bleibt, obwohl eine nunmehr zumutbare Prüfung, insbesondere nach einer Abmahnung oder Klageerhebung ergeben hat, dass mit dem Hyperlink ein rechtswidriges Verhalten unterstützt wird.

 

Haftung des Zonenverwalters: LG Bielefeld, Urteil vom 14.5.2004, 16 O 44/04

UWG §§ 1, 3

Auf Websites, die vom Beklagten, der als Provider Domains von Kunden und als zone-c die Nameserver verwaltet, schaltete ein spanisches Unternehmen Werbung, die gegen das Tabakgesetz verstieß. Der klagende Tabakkonzern nahm den Provider als Mitstörer in Anspruch, da er spätestens seit der Abmahnung Kenntnis vom Wettbewerbsverstoß gehabt habe.

Das LG hob eine zunächst erlassene EV auf und wies den Antrag zurück. Die Haftung des Störers setze die Verletzung von Prüfungspflichten voraus, die Prüfpflicht beschränke sich aber auf eindeutige Rechtsverstöße. Von einem solchen könne angesichts der komplizierten Regelungen des Tabakgesetzes nicht gesprochen werden. Der Provider müsse aufgrund der Abmahnung auch keine weitere Prüfung der Rechtmäßigkeit veranlassen. Der zone-c sei in Fällen, in denen Rechtsverletzungen auf den betreuten Seiten für ihn nicht ohne weiteres feststellbar seien, nur dann zur Dekonnektierung von Domains verpflichtet, wenn ihm ein rechtskräftiger gerichtlicher Titel vorgelegt werde.

 

ricardo.de - Plagiate-Versteigerung - Rolex: BGH, Urteil vom 11.3.2004, I ZR 304/01

TDG § 8, § 11, RL 2000/31/EG, MarkenG § 14

Auf ricardo.de wurden gefälschte Rolex-Uhren versteigert. Die Firma Rolex klagte das Internet-Auktionshaus auf Unterlassung und Schadenersatz.
Das LG gab statt, das OLG wies ab.
Der BGH hat das Urteil aufgehoben: Die Haftungsbefreiung des TDG für den Hostprovider betrifft nur Schadenersatzansprüche, aber nicht Unterlassungsansprüche. Damit kommt eine Haftung als Störer in Betracht. Eine solche setzt zweierlei voraus: Zum einen ein Handeln der Anbieter "im geschäftlichen Verkehr", weil nur die Benutzung einer fremden Marke im geschäftlichen Verkehr eine Markenverletzung darstellt. Zum anderen muss das Auktionshaus zumutbare Kontrollmöglichkeiten haben, um eine derartige Markenverletzung zu unterbinden. Eine Kontrolle jedes einzelnen Angebotes ist nicht zumutbar.
Schadenersatz scheidet aus, weil der Betreiber selbst keine Markenrechtsverletzung begangen hat.

Anmerkung: Diese Entscheidung hat auch für Österreich große Bedeutung, und zwar nicht nur für Auktionshäuser, sondern allgemein für Dienste-Anbieter. Dabei ist aber zu beachten, dass die österreichische Störer-Haftung für den Diensteanbieter günstiger ist. Gehaftet wird nur bei bewusster Förderung der Rechtsverletzung. Das wird man einem Auktionshaus etwa nicht unterstellen können.

 

Netzbetreiber haftet für Fax-Spam seines Kunden nur bei gesicherter Kenntnis: OLG Köln, Urteil vom 5.3.2004, 6 U 141/03

TKV § 13a

Ein deutscher Netzbetreiber hat 0190-Rufnummern an ein amerikanisches Unternehmen überlassen. Diese Nummern wurden immer wieder in Werbe-Faxen zum kostenpflichtigen Fax-Abruf beworben worden. Ein Verbraucherschutzverband klagte den Netzbetreiber auf Sperrung der Nummern, nachdem er ihn wegen des Missbrauchs mehrmals zur Sperrung der Nummern aufgefordert hatte.

OLG: Der Netzbetreiber ist nur dann zum Einschreiten gegen unerwünschte Werbefaxe verpflichtet, wenn er von den Rechtsverstößen mit 0190- oder 0900-Nummern "gesicherte Kenntnis" hat.

 

Haftung des Admin-C: LG Hamburg, Urteil vom 2.3.2004, 312 O 529/03

Die Registrierung als Admin-C ist als kausaler Beitrag zu dem Wettbewerbsverstoß durch ein internetbasiertes Angebot unkonzessionierten Glückspiels anzusehen, da die Benennung als Admin-C zwingende Voraussetzung für die Domain-Registrierung ist.

 

Rolex bei E-Bay - Haftung des Internet-Auktionsveranstalters für Markenrechtsverstoß: OLG Düsseldorf, Urteil vom 26.2.2004, I-20 U 204/02

TDG §§ 8 bis 11

Das OLG verneint eine Haftung. Einem vorbeugenden Unterlassungsanspruch steht das Verbot allgemeiner Überwachungspflichten entgegen. Die Vorschriften des TDG sind eine Art Filter, der vor der Prüfung der allgemeinen Verantwortlichkeitsnormen heranzuziehen ist. Jede Haftung wegen einer unerlaubten Handlung muss diesen Filter passieren, wobei es keinen Unterschied macht, ob wegen der unerlaubten Handlung Schadenersatz, Beseitigung oder Unterlassung verlangt wird. Die §§ 8 bis 11 TDG stellen eine gesetzliche Regelung bzw. Eingrenzung der Störerhaftung dar.
Die GemeinschaftsmarkenVO geht dem TDG nicht vor, weil auch letzteres auf einer europäischen Norm, nämlich der EC-RL beruht.

 

Tauschbörsen Grokster und Morpheus haften nicht für Urheberrechtsverletzungen ihrer Benutzer: United States Court of Appeals for the Ninth Circuit (San Francisco), Urteil vom 3.2.2004, No. 03-55894, CV-01-09923-SVW

Die Kläger - Interessenverbände der amerikanischen Unterhaltungsindustrie - wollten zwei Hersteller von Tauschbörsensoftware haftbar machen, weil angeblich 90 Prozent des damit getauschten Materials gegen das Urheberrecht verstoße. Die Betreiber müssten zumindest Filter einbauen, die Copyright-Verletzungen verhindere.
Die Klage wurde in erster Instanz abgewiesen.
Das Berufungsgericht bestätigt diese Entscheidung. Die Unternehmen stellten im Gegensatz zu Napster (zentraler Server) nur Software zur Verfügung, mit der Dateien über das Internet getauscht werden könnten, unabhängig ob sie Copyright-geschützt seien. Die Beklagten leisteten keinen direkten Beitrag zu Urheberrechtsverletzungen.

 

Haftung eines Online-Auktionshauses: OLG Brandenburg, Urteil vom 16.12.2003, 6 U 161/02

TDG § 5

Ein Internetauktionshaus ist nicht für jugendgefährdende oder sonst gesetzwidrige Inhalte nach § 5 Abs. 1 TDG verantwortlich, wenn es sich um fremde Informationen handelt, die sich das Auktionshaus nicht "zu eigen" macht. Ein "zu-eigen-Machen" liegt vor, wenn die Inhalte als eigene übernommen werden sollen, nicht hingegen, wenn es sich um für den Anbieter erkennbar fremde Informationen handelt. Für die Abgrenzung ist dabei der objektive Empfängerhorizont eines verständigen Durchschnittsnutzers maßgebend. Auch das Anbieten eines sogenannten "Bietagenten" führt nicht dazu, dass das Auktionshaus sich das Angebot zu eigen macht.

 

Haftung des Suchmaschinenbetreibers für AdWords: LG München I, Beschluss vom 3.12.2003, 33 O 21461/03

Bei der Suchmaschine der Beklagten erschienen auf Eingabe bestimmter Keywords Anzeigen, die die Markenrechte der Klägerin (Softwarehaus) verletzten. Die Klägerin verlangt von der Beklagten als mittelbarer Störerin die Unterlassung.

Das LG wies die Klage ab. Die Verwendung eines fremden Unternehmenskennzeichens durch den Werbekunden einer Suchmaschine als Keyword, das bei der Eingabe als Suchwort eine Werbeeinblendung des Kunden veranlasst, stellt eine markenmäßige Benutzung dar. Den Betreiber der Suchmaschine trifft grundsätzlich keine Verpflichtung zur Überprüfung der von seinen Werbekunden gebuchten Schlüsselbegriffe im Hinblick auf eine Verletzung der Rechte Dritter. Die bloße Möglichkeit, dass ein Instrumentarium von Nutzern missbraucht werden kann, führt noch nicht zu dessen grundsätzlicher Unzulässigkeit. Die Werbemöglichkeit durch AdWords ist nicht so angelegt, dass deren Missbrauch geradezu provoziert oder gezielt gefördert würde. Nach Kenntniserlangung der Rechtswidrigkeit der Verwendung bestimmter Keywords ist aber der Suchmaschinenbetreiber verpflichtet, innerhalb angemessener Zeit die rechtswidrige Anzeige zu löschen.

 

Haftung des Internet-Portalbetreibers für eingestellte verleumderische Äußerungen: LG Köln, Urteil vom 26.11.2003, 28 O 706/02

Durch die ohne Wissen des Betroffenen erfolgte Veröffentlichung einer Verkaufsanzeige mit verleumderischem Inhalt (vorliegend: Angaben über eine in Wahrheit nicht bestehende angebliche Insolvenz) im Rahmen eines Internet-Portals werden das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen sowie dessen Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt. Die Verletzung dieser Rechte verpflichtet zum Ersatz des immateriellen und materiellen Schadens. Der Portalbetreiber hat grundsätzlich Vorkehrungen zu treffen, dass in den im Portal eingestellten Anzeigen keine das Persönlichkeitsrechte verletzenden Tatsachen verbreitet werden. Die Sorgfaltspflicht darf dabei aber auch nicht überspannt werden. So ist der Portalbetreiber nicht gehalten, sämtliche Anzeigen vor Einstellung im Einzelnen zu überprüfen, wenn kein besonderer Anlass besteht. Ein solcher besonderer Anlass kann aber vorliegen, wenn sich der Inhalt einer Anzeige erkennbar als Verletzung geschützter Rechtsgüter - insbesondere des Persönlichkeitsrechts oder des wirtschaftlichen Rufes eines anderen - darstellt oder aus sonstigen Gründen die Anzeige auffällig erscheint.

Anmerkung: Der Provider muss zwar fremden content nicht prüfen, in heiklen Fällen sollte er ihn aber doch prüfen; Frage: Wie weiß er ohne Prüfung, ob fremder content heikel ist? Das ist der Sukkus des Urteils, das m.M. klar Art. 15 Abs. 1 der E-Commerce-Richtlinie (Beschränkung der Haftung des content-Providers) widerspricht. Dass die Beklagte die Veröffentlichung kannte, weil sie alle Veröffentlichungen manuell durchsieht, ändert nichts daran, weil sich daraus die Unrichtigkeit der Angabe nicht ergab; der Hinweis auf eine günstige Verkaufsmöglichkeit wegen Insolvenz findet sich so häufig in Anzeigen, dass die Beklagte daraus nicht Verdacht schöpfen musste. Das Urteil ist umso unverständlicher, als der Kläger ohnedies Auskunft über die Identität des Verleumders erhalten hat und diesen persönlich in Anspruch nehmen kann.

 

Haftung des Access-Providers für Spam-Versender: LG Leipzig, Urteil vom 13.11.2003, 12 S 2595/03

Der Access-Provider haftet für rechtswidrige E-Mail-Werbung jedenfalls dann, wenn er bei der Vergabe von Subdomains netzbezogene Prüfungspflichten (Verkehrssicherungspflichten) verletzt hat. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn er keine Auskunft über die Identität der Subdomain-Inhaber geben kann. Des weiteren ist der Access-Provider verpflichtet, bei bekannt werdenden Rechtsverstößen durch den Subdomaininhaber Maßnahmen zu ergreifen, die weitere Rechtsverstöße verhindern, indem er beispielsweise die Subdomains vom Netz nimmt.

 

Haftung für fremde Inhalte nur bei Kenntnis: BGH, Urteil vom 23.9.2003, VI ZR 335/02

TDG § 5 BGB § 823

Der Kläger klagt einen Provider, auf dessen Server Internetseiten gehostet wurden, die rassistisch-neonazistische Beschimpfungen in volksverhetzender Art gegen den Kläger sowie Morddrohungen und eine Anstiftung zu Straftaten enthielten, auf Schmerzengeld. Der Kläger behauptete, den Provider mehrfach auf diese Inhalte hingewiesen zu haben, konnte dies aber nicht nachweisen.
BGH: Eine Haftung des Diensteanbieters ist nach § 823 BGB in Verbindung mit § 5 des für dieses Verfahren geltenden Teledienstgesetzes (TDG) in der (alten) Fassung vom 22. Juli 1997 (BGBl. I 1870) für fremde Inhalte nur dann begründet, wenn er diese gekannt hat. Bei einer deliktischen Haftungsgrundlage muss grundsätzlich der Kläger alle Umstände darlegen und beweisen, aus denen sich die Verwirklichung der einzelnen Tatbestandsmerkmale ergibt. Schadenersatzpflichtig wird der Provider nur dann, wenn ihm Tatsachen oder Umstände bekannt sind, aus denen der rechtswidrige Inhalt offensichtlich wird (positive Kenntnis) Es kommt auch nicht zu einer Umkehr der Beweislast.
Zwar erging das Urteil noch zur früheren Gesetzeslage, die Entscheidung zur Frage der Beweislast ist aber auf die aktuelle Rechtslage übertragbar

 

Haftung des Admin-C: OLG Stuttgart, Beschluss vom 1.9.2003, 2 W 27/03

Nach allgemeinen Grundsätzen haften bei kennzeichnungsrechtlichen Ansprüchen diejenigen Personen als Störer, die in irgendeiner Weise, sei es auch ohne Verschulden, willentlich und adäquat kausal an der Herbeiführung oder Aufrechterhaltung einer rechtswidrigen Beeinträchtigung eines anderen beigetragen haben. Da nach den DENIC-Registrierungsrichtlinien der administrative Ansprechpartner (Admin-C) als Bevollmächtigter des Domaininhabers berechtigt und verpflichtet ist, sämtliche die Domain betreffende Angelegenheiten verbindlich zu entscheiden, hat der Admin-C dadurch, dass er mit seinem Willen als Kontaktperson bei der DENIC angegeben wurde, einen Tatbeitrag geleistet. Zudem hat er aufgrund der Registrierungsbedingungen auch die rechtliche Möglichkeit, auf den Eintragungsinhalt einzuwirken, so dass er andererseits auch haftet.

 

"nimm2.com": OLG Hamburg, Urteil vom 27.2.2003, 3 U 7/01 

Der Süßwarenhersteller Nimm2 klagt einen Internet-Service-Provider, der für eine Firma F.-O. die Domain "nimm2.com" registrieren ließ.
Das LG Hamburg wies die Klage mit Urteil vom 29.11.2000 zurück. Die Klägerin ging in Berufung, die ebenfalls zurückgewiesen wurde.
OLG: Eine Störerhaftung und demgemäß eine Prüfungspflicht des Domain-Name-Server- Betreibers besteht in der Phase der ursprünglichen Konnektierung nicht, und zwar auch nicht für Fälle sog. "offenkundiger" Rechtsverletzungen bei "bekannten" Marken. Das gilt jedenfalls dann, wenn Domain-Name-Server-Betreiber zusätzlich nur den sog. "billingcontact" wahrnimmt. Reagiert der Domain-Name-Server-Betreiber auf eine Abmahnung (und damit nach erstmaliger Kenntnis vom Verstoß) alsbald mit der Löschung der Konnektierung, so ist auch keine Störerhaftung wegen nachträglich unzureichenden Verhaltens gegeben.

 

Haftung eines Forenanbieters: LG Köln, Urteil vom 4.12.2002, 28 O 627/02

BGB §§ 823, 1004, TDG §§ 9-11

Ein Unterlassungsanspruch nach §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB für in Internetforen eingestellte Beiträge besteht nur, wenn diese rechtswidrig sind. Das ist dann nicht der Fall, wenn es sich um bloße Schlussfolgerungen handelt, die sich als Meinungsäußerung darstellen, soweit hierbei die Grenze zur Schmähkritik nicht überschritten wird. Bestehen für die Äußerungen konkrete Anhaltspunkte, so hat der von den Äußerungen Betroffene diese auch dann hinzunehmen, wenn sich die getroffene juristische Einordnung bei genauer Prüfung als unhaltbar oder jedenfalls umstritten herausstellen sollte. Der Diensteanbieter ist nach §§ 9-11 TDG nicht verpflichtet, die von ihm übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen. Wenn ein bewusstes Zueigenmachen nicht vorliegt, besteht eine Überprüfungspflicht erst nach Kenntniserlangung von den Inhalten.

 

Untersagte Äußerung im Online-Archiv: OLG München, Beschluss vom 11.11.2002, 21 W 1991/02

Die Beklagte war verurteilt worden, eine bestimmte Äußerung nicht mehr im Internet zu verbreiten. Sie hatte die besagte Äußerung damals mittels einer Pressemitteilung betrieben, die sie auf der eigenen Homepage veröffentlicht hatte. Kurze Zeit nach dem Gerichtsurteil nahm die Beklagte die Pressemitteilung vom Netz. Sie hatte dabei jedoch übersehen, dass die betreffende
Pressemitteilung weiterhin in ihrem Pressearchiv auf ihrer Webseite abrufbar war.
OLG: Ein Verstoß gegen ein gerichtliches Äußerungsverbot kann auch dadurch geschehen, dass die verbotene Äußerung im Online-Archiv einer Homepage enthalten ist.

 

Äußerungen in einem Internet-Gästebuch: LG Düsseldorf, Urteil vom 14.8.2002, 2 a O 312/01

TDG § 5

Der Anbieter eines Gästebuches im Internet ist nach § 5 Abs. 1 TDG (a.F.) nach allgemeinen Gesetzen für die Eintragungen in einem auf der Homepage zur Verfügung gestellten Gästebuch verantwortlich. Das Haftungsprivileg von § 5 Abs. 2 TDG (a.F.) greift zugunsten des Anbieters nicht ein, wenn der Anbieter sich die Eintragungen durch Duldung zu eigen macht, was der Fall ist, wenn er damit rechnen muss, dass - aufgrund der redaktionellen Vorberichterstattung zu einem Thema - ehrverletzende Äußerungen gegen bestimmte Personen erfolgen könnten und er diese nicht entfernt. Einer Haftung kann der Anbieter durch regelmäßige Kontrolle entgehen, indem er dafür Sorge trägt, dass die Eintragungen wieder gelöscht werden. Ein Zeitraum von 3-4 Monaten, in denen die ehrverletzenden Einträge sichtbar bleiben, ist jedenfalls zu lang.

 

Haftung für Gästebuch: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 3. 6. 2002, AZ: 7 CS 02.875

Hier wurde in einem Verfahren wegen eines Schulverweises eines Schülers die Haftung für dessen makabere Scherze im eigenen Gästebuch bejaht, wobei nicht zwischen eigenen und fremden Einträgen unterschieden wurde.

 

"Nackfoto Steffi Graf": OLG Köln, 28.5.2002, 15 U 221/01

Auf der MSN-Homepage wurde unter der Bezeichnung "Communities" eine Plattform angeboten, unter der Mitglieder Bilder und Texte in die Homepage integrieren können. Dort wurden von einem privaten Nutzer manipulierte (Nackt-)Fotos von Stars, darunter der Klägerin Steffi Graf angeboten. Auf Hinweis der Klägerin hat zwar Microsoft die Community gesperrt, sich aber geweigert, eine Unterlassungserklärung abzugeben. Bereits nach der Entscheidung des LG Köln über die EV muss sich Microsoft den Inhalt als eigenen Inhalt zurechnen lassen; Microsoft habe sich aus der Sicht eines objektiven Nutzers die Inhalte der beanstandeten Community aus verschiedenen Gründen zu eigen gemacht.

 

Gewerbeschädigende Äußerungen in einem Internetforum: OLG München, Urteil vom 17.5.2002, 21 U 5569/01

TDG, § 5

Eine Privilegierung nach dem TDG kommt für den Hostprovider nicht in Betracht, wenn er Kenntnis von rechtsverletzenden Äußerungen im Rahmen eines Meinungsforums hat. Eine derartige Kenntnis ist im Rahmen des einstweiligen Verfügungsverfahrens glaubhaft gemacht, wenn der Hostprovider nach eigenem Vortrag die Website alle 2-3 Tage untersucht hat, die Inhalte der Website vom Umfang her überschaubar waren und der Hostprovider selbst Beiträge in das Forum eingestellt hat. Die Kenntnis der Verfügungsbeklagten von der Existenz des konkreten Dateiinhalts genügt, die Kenntnis oder das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit sind nach § 5 TDG a.F. nicht erforderlich. 
Ein Disclaimer kann nur dann entlasten, wenn er so angebracht ist, dass Nutzer die Seiten nur nach Lektüre des Disclaimers erreichen können oder die jeweilige Seite einen deutlichen direkten Text zum Haftungsausschluss enthält. Ein derartiger Haftungsausschluss wirkt dann jedoch nur auf vertraglicher Grundlage und nicht gegenüber geschädigten Dritten, denen gegenüber ein ausreichend deutlicher Disclaimer allenfalls als Distanzierung anzusehen ist.

 

Keine Haftung des Access-Providers für Faxwerbung via Internet: OLG Karlsruhe, Urteil vom 8.5.2002, 6 U 197/01

Der Access-Provider haftet für eine Verletzung der Wettbewerbsordnung (hier durch unzulässige Versendung von Fax-Werbung via Internet) durch ihre Kunden grundsätzlich nicht. Dies dürfte auch auf E-Mail-Werbung übertragbar sein.

 

Haftung für Online-Archive: LG Hamburg, Urteil vom 26.4.2002, 324 O 598/01

Für Äußerungen, die das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen verletzen, haftet der content-Provider, der diese zuvor in Printmedien verbreiteten Äußerungen in Online-Archive übernimmt, nach den allgemeinen Gesetzen als Verbreiter und Störer. Wenn selbst Bibliotheken als Verbreiter von rechtsverletztenden Inhalten haften, muss dies erst recht für Online-Archive gelten, da diese aufgrund der ständigen und problemlosen Verfügbarkeit den verbreiteten Inhalten eine höhere Brisanz vermitteln.

 

Providerhaftung für rechtswidrige Domains: LG München I, Urteil vom 27.2.2002, 1 HK O 16598/01

Die Klägerin ist Inhaberin eines Kontaktstudios und tritt unter der geschäftlichen Bezeichnung "Lady Lucia" auf. Die Beklagte ist Internetproviderin und hält die Domain "lady-lucia.de" für eine britische Firma registriert. Die Domain war bis 2001 für die Klägerin registriert, der frühere Webbetreuer übertrug aber die Domain aufgrund eines Streites auf die britische Firma, deren Generalbevollmächtigter er ist und versuchte die Klägerin zur Zahlung eines Geldbetrages zu zwingen. Die Klägerin hat gegen die britische Firma bereits eine einstweilige Verfügung erwirkt, diese hat sich aber widersetzt; eine Durchsetzung des Verbots erscheint schwierig.
LG München: Hat der Provider durch Schriftwechsel und eine bereits erlassene einstweilige Verfügung eines Gerichts davon Kenntnis, dass an einer Bezeichnung, die auch als von ihm verwaltete Domain verwendet wird, ältere Rechte bestehen, so ist er hinsichtlich der eintretenden Markenverletzung als Mitstörer anzusehen und haftet daher auch auf Schadensersatz. Eine Berufung auf § 5 TDG ist dem Provider nicht möglich, da sich § 5 TDG auf "Inhalte" bezieht, zu denen der Domainname als Teil des Datenübermittlungsvorganges nicht gehört.

 

vallendar.de - Haftung des Admin-C: OLG Koblenz, Urteil vom 25.1.2002, 8 U 1842/00

Der Admin-C ist lediglich die vom Domain-Inhaber bevollmächtigte natürliche Person, die berechtigt und verpflichtet ist, sämtliche die Domain betreffenden Angelegenheiten verbindlich zu entscheiden. Sie stellt damit den Ansprechpartner der DENIC eG dar, ist aber im Prozess um die Unterlassung der Verwendung einer Domain nicht passivlegitimiert.

 

Provider, der auch Domain-Verwalter ist,  haftet für content seiner Kunden: OLG München, 29.11.2001, 6 U 4146/01

Der Provider kann jedoch bei seinem Kunden Regress nehmen.

 

Straftäter im Online-Archiv: KG Berlin, Urteil vom 19.10.2001, 9 W 132/01

Die bloße Gewährung von Einsichtnahme in zulässigerweise gesammeltes Archivmaterial über einen Straftäter stellt ohne das Hinzutreten besonderer Umstände kein eigenständiges Behaupten oder unzulässiges Verbreiten dar. Sofern die Berichterstattung in der gedruckten Zeitungsausgabe zulässig war, ist auch die Archivierung des gesamten Druckwerks zulässig.

 

Fremde Nachrichten im Internet-Portal: OLG Düsseldorf, Urteil vom 4.10.2001, 2 U 48/01

Der Betreiber eines Internet-Portals ist für die auf seinen Seiten in der Rubrik "News" eingestellten Nachrichten nach den allgemeinen Gesetzen verantwortlich, auch wenn der Fremdbezug des Inhalts kenntlich gemacht wird.

 

Gästebuch-Haftung: LG Trier, Urteil vom 16.05.2001 - 4 O 106/00

TDG §§ 2, 5

Der Kläger wurde im Gästebuch der Beklagten durch einen anonymen Poster verleumdet. Das Landgericht Trier hat die Beklagten verpflichtet, es zu unterlassen, auf ihrer Homepage die in dem Eintrag aufgestellte Behauptung zu dulden oder zu verbreiten und das Gästebuch in Abständen von höchstens einer Woche zu prüfen und Einträge Dritter mit einem solchen Inhalt zu löschen. 
Die Beklagten sind als Diensteanbieter i.S.d. §§ 2 Absatz 2 Nr. 2 und 5 Absatz 2 TelediensteG für fremde Inhalte, die sie zur Nutzung bereithalten, dann verantwortlich, wenn sie von diesen Inhalten Kenntnis haben und es ihnen technisch möglich und zumutbar ist, deren Nutzung zu verhindern. Einem Homepagebetreiber sei es durch einfaches Löschen entsprechender Inhalte ohne weiteres möglich, deren weitere Verbreitung zu unterbinden. Zumindest einer der Beklagten habe auch Kenntnis von dem Eintrag im Gästebuch gehabt. Bei einer rein privat betriebenen Website mit verhältnismäßig begrenztem Aufkommen von Beiträgen reicht es aus, wenn der Betreiber die Gästebuch-Eintragungen in wöchentlichen Abständen zur Kenntnis nimmt und gegebenenfalls solche mit rechtswidrigem Inhalt löscht.

Anmerkung:

Die Begründung ist nicht ganz verständlich. Es ist zwar klar, dass zumindest einer der Beklagten gehaftet hat, weil er von dem Inhalt gewusst hat und nichts dagegen unternommen hat (vor sogen. Disclaimern kann nicht oft genug gewarnt werden!), warum die Beklagten aber verpflichtet sein sollen, das Gästebuch in regelmäßigen Abständen zu kontrollieren, ist der wiedergegebenen Begründung nicht zu entnehmen. Schließlich wollte der Gesetzgeber die Tätigkeit des Website-Betreibers erleichtern und seine Haftung einschränken und das Gericht führt über die Hintertür wieder eine aktive Verpflichtung ein. 
Allerdings basiert die Entscheidung noch auf der alten Rechtsgrundlage. Nach der Novelle des Gesetzes und dem seit 01.01.2002 geltenden § 8 Abs. 2 TDG ist die Entscheidung überholt. Im § 8 Abs. 2 TDG heisst es naemlich, Diensteanbieter .... sind nicht verpflichtet, die von ihnen uebermittelten oder gespeicherten Informationen zu ueberwachen oder nach Umstaenden zu forschen, die auf eine rechtswidrige Taetigkeit hinweisen; dies müsste auch für Gästebücher gelten.

 

Haftung für Suchmaschineneintrag: LG München I, Urteil vom 20.9.2000, 7 HK O 12081/00

Wenn eine Internet-Suchmaschine bei der Reihung eine geschützte Marke enthält, besteht kein markenrechtlicher Unterlassungsanspruch gegen den Suchmaschinenbetreiber ; eine vorherige Prüfungspflicht bei der Aufnahme des Eintrags besteht bestenfalls bei offenkundigen kennzeichenrechtlichen Verletzungshandlungen.

 

Virtuelles Hausrecht beim Chat: OLG Köln, Beschluss vom 25.8.2000, 19 U 2/00

Dem Betreiber eines allgemein zugänglichen Internet-Chats steht grundsätzlich ein "virtuelles Hausrecht" zu; fraglich, ab welcher Intensität von Störungen ein Eingriff zulässig ist; Beleidigungen von anderen Chat-Teilnehmern müssen jedenfalls nicht hingenommen werden.

 

"photodose.de": Urteil LG Bremen vom 13.1.2000, 12 O 453/99, MMR 2000, 375 ff

Serviceprovider haften für Markenrechtsverstöße ihrer Kunden, wenn der Kunde nicht erreichbar ist.

 

Verbotenes Glücksspiel: Urteil des Hanseatischen OLG, 3 U 274/98

Der Provider haftet für wettbewerbswidrige Zustände, falls er von der Rechtswidrigkeit Kenntnis hatte und ihm die Beendigung des Zugriffs zumutbar und möglich war.

 

"Hausrecht im Chat": Landgericht Bonn, Urteil vom 16. November 1999, 10 O 457/99, NJW 2000, 961

BGB § 1004

Einem Betreiber eines kostenlosen Chats steht kein Unterlassungsanspruch gemäß § 1004 BGB gegen einen Teilnehmer zu. Dies gilt jedenfalls dann, wenn nicht dargelegt werden kann, dass der Teilnehmer die Chat-Software rechtswidrig nutzt. Nur in diesem Fall wäre das von ihr ausgesprochenen Nutzungsverbot zu Recht erfolgt.

 

"Last Minute Reisen": OLG München vom 26. 2. 1998, 29 U 4466/97

Die Beklagte betreibt einen Server, auf dem sie Reiseveranstaltern unter einer entsprechenden Domain die Möglichkeit anbietet, u.a. Last Minute Reisen anzubieten. Die Werbung des Kunden war unzulässig, weil es keine echten Last Minute Reisen waren (mehr als 14 Tage). Der Beklagte wurde verurteilt, auch selbst derartige Werbung zu unterlassen. Der Provider sei verpflichtet, die Werbung seiner Kunden selbst zu prüfen. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass die Kunden des Providers aus den Internetangeboten gar nicht ersichtlich waren und der Provider auch selbst Werbung für die Angebote machte.

 

Nacktfoto I / II - (Bildnisschutz): Beschluss des Landgerichtes München I  vom 20. Mai 1998 - 7 O 8969/98 - und 7. Oktober 1998 - 7 O 17914/98

 

Provider für illegale Soundfiles verantwortlich: Landgericht München, 7 O 3625/98

In dem Verfahren ging es um ein sogenanntes Musik-Soundforum, das der Internet-Provider AOL eingerichtet hatte und wo unkontrolliert Musikfiles (im konkreten Fall Midi-Files) up- und downgeloaded werden konnten; nicht rechtskräftig. 

 

"CDBench"; FTP-Server - keine Haftung für rechtswidrige Inhalte: Urteil des OLG München vom 3.2.2000, 6 U 5475/99

Der Betreiberin eines gespiegelten FTP-Servers (hier eine deutsche Hochschule) ist nicht zumutbar, eine einzelne Datei (es geht um eine Markenrechtsverletzung - CDBench) bei laufend gespiegelten Inhalt auszusondern und zu löschen (§ 5 Abs. 2 TDG). Handeln im geschäftlichen Verkehr gemäß § 14 Abs. 2 MarkenG liegt allerdings vor, auch wenn die Zugangsvermittlung unentgeltlich und bestimmungsgemäß zu wissenschaftlichen Zwecken erfolgt. Die Bezeichnung  CDBench stelle aber eine rein beschreibende Angabe dar, weshalb sich die Beklagte mit Erfolg auf § 23 Nr. 2 MarkenG berufen könne.

 

Freigabe des / Zurückbehaltungsrecht am Domainnahmen: Beschluss Landgericht Hamburg vom 17. September 1996 - 404 O 135/96

 

Zugriffsgeschwindigkeit: Urteil Landgericht Düsseldorf vom 13. November 1998 - 38 0 83/98

Irreführende Angaben bei der Werbung sind zu unterlassen.

Entscheidungen Strafrecht

Somm (Firma Compuserve): Amtsgericht München, 8340 Ds, 465 Js 173158/95)

In diesem Verfahren ist zunächst ein Schuldspruch wegen der Speicherung kinderpornographischen Materials erfolgt. Mit Urteil des Landgerichtes München vom 17.11.1999 wurde das Urteil aber aufgehoben und Somm freigesprochen.

 

"Starr Report": Staatsanwaltschaft beim Landgericht München I, Einstellungsbescheid vom 2. Dezember 1998, 466 AR6 8213/98

Der "Starr-Report" über das Verhältnis zwischen US-Präsident Clinton und Monica Lewinsky ist ein staatliches Dokument und deswegen "für sich genommen nicht pornographisch". Die Verbreitung dieses Berichts durch Nachrichtenmedien, insbesondere auch dem Internet, hat dokumentarischen Charakter.

 

Grundsätzlich sind Provider für fremde, rechtswidrige Inhalte, die sie zur Nutzung bereithalten, strafrechtlich verantwortlich. Voraussetzung ist aber die technisch mögliche und zumutbare Nutzungsverhinderung (General-Bundesanwaltschaft 26. 11. 1997, 2 Bjs 104/96). Seit der E-Commerce-Richtlinie muss der Provider nicht aktiv suchen; wird er aber auf den strafrechtlich relevanten Inhalt aufmerksam gemacht, muss er tätig werden.

Siehe auch Diplomarbeit von Ludwig Jahns zu diesem Thema.

Entscheidungen Verwaltungsrecht

Sperrungsverfügung wegen rechtsradikaler Inhalte: OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19.3.2003, 8 B 2567/02

Die Sperrungsverfügung des Verrwaltungsgerichtes Arnsberg vom 6.12.2002 wurde bestätigt.

 

Speicherung der Internet-Verbindungsdaten durch Provider: Regierungspräsidium Darmstadt, Schreiben vom 14.01.2003 (II 21.4-3v-04/03-043/02)

Das Regierungspräsidium Darmstadt teilte verschiedenen Beschwerdestellern in einem Schreiben vom 14.01.2003 seine Rechtsauffassung hinsichtlich der Zulässigkeit des Speicherns von Internetverbindungsdaten durch Access-Provider mit.

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