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METEO-data - causa finita?

Ein Rückblick 

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Rund ein Jahr lang hielt die Firma METEO-data die Website-Betreiber in Angst und Ungewissheit: Darf man noch ohne Zustimmung einen Link auf eine andere Seite setzten und wie und unter welchen Bedingungen? Hunderte hatten von der Wetterfirma eine Rechnung erhalten und wussten nicht, wie sie reagieren sollten. Auch die Berater taten sich schwer, war doch die Rechtslage noch völlig unklar. Eine Unterlassungsklage schien zumindest in den häufigen Framing-Fällen nicht aussichtslos, hatten doch bereits zwei Gerichte in diesem Sinn entschieden. Und da schien die Bezahlung einer mehrmals reduzierten Rechnung nicht nur für das Börsel sondern auch für die Nerven das kleinere Übel.

Dann kam anfangs dieses Jahres die OGH-Entscheidung und alles war wieder anders. Die Firma METEO-data gab sich zunächst kämpferisch. Die alten Herren beim Höchstgericht schienen die Geschäftsidee nicht ganz verstanden zu haben, also kündigte man den Gang in die nächste Instanz an.

Der Gang zum EUGH? 

METEO-data gab bereits am Tag nach der Veröffentlichung der OGH-Entscheidung bekannt, dass man mit dem Fall zum EuGH wolle. Das lässt zwei Vermutungen zu: Entweder man hatte keine Ahnung, was der EuGH ist und was er nicht ist oder es ging aus irgendwelchen Gründen, die mit dem Prozess nichts zu tun haben, darum, mit allen Mitteln die Fiktion aufrechtzuerhalten, dass man noch Geldforderungen habe. Daneben ist der Ruf nach der nächsten Instanz typisch für eine bestimmte Sorte Mensch, der nicht einsehen kann, dass der eigene Rechtsstandpunkt nicht der richtige ist.

Tatsächlich ist der EUGH völlig unzuständig für ein österreichisches Gerichtsverfahren, wie jedermann auf der Website des EUGH in Luxemburg nachlesen kann. Der EuGH ist ein Organ der Europäischen Union und hauptsächlich für europarechtliche Fragen zuständig, im Vorabentscheidungsverfahren auch für die Auslegung von Europarecht im Rahmen nationaler Verfahren. Der EUGH ist aber niemals eine vierte Instanz über dem österreichischen Obersten Gerichtshof (OGH), er kann daher eine OGH-Entscheidung auch nicht abändern. Seine Entscheidung kann sich in gewissen Fällen gegen die Republik richten, wenn durch Organe der Republik Europarecht verletzt wurde. Der Rechtsbereich um den Hyperlink wurde aber von der EU bisher bewusst nicht geregelt, sodass es in diesem Zusammenhang auch nichts zum Auslegen gibt und ausschließlich die nationale Rechtsordnung zuständig ist.

Möglicherweise haben die Herren von METEO-data auch gar nicht den EUGH gemeint, sondern den EGMR, den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Der EGMR ist ein Organ des Europarates und entscheidet über Menschenrechtsverletzungen nach der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK). Welches Menschenrecht hier allerdings verletzt worden sein soll, hat man uns bisher verschwiegen; vielleicht das Recht auf Geldkassieren?

Der Konkurs

Offenbar hat die Drohung mit dem EuGH zumindest bei den Gläubigerbanken keinen Eindruck gemacht, denn kurze Zeit darauf war es amtlich: Über das Vermögen der Firma METEO-data wurde das Konkursverfahren eröffnet. Damit galt die Gesellschaft zunächst einmal als aufgelöst. Da eine Firmenfortführung nicht beschlossen wurde, war es die Aufgabe des Masseverwalters das Vermögen zur Befriedigung der Gläubiger zu liquidieren. Dazu gehört unter anderem auch die Eintreibung von offenen Forderungen. Bezüglich der zahllosen Linkrechnungen scheint der Masseverwalter angesichts der relativ deutlichen OGH-Entscheidung jedenfalls die Weiterverfolgung als aussichtslos beurteilt zu haben. Es sind keine weiteren Gerichtsverfahren bekannt geworden.

Das anhängige Gerichtsverfahren

Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes ist im Verfahren über die beantragte einstweilige Verfügung gefallen. Das Verfahren hätte daher - auch vom Masseverwalter - im Hauptverfahren fortgesetzt werden können, nachdem es durch die Konkurseröffnung automatisch unterbrochen wurde. Aufgrund der deutlichen Stellungnahme des OGH wurde aber auch das nicht mehr riskiert. Nachdem bereits der Unterlassungsanspruch abgelehnt wurde, wäre der miteingeklagte Schadenersatzanspruch von vorneherein zum Scheitern verurteilt gewesen. Man kann also davon ausgehen, dass der Spuk "METEO-data" endgültig zu Ende ist.

Der Rückblick

Was zurückbleibt, ist ein Scherbenhaufen: Unzählige Betroffene, die viel Geld und auch Nerven investiert haben. Und ich, der ich ungewollt die Geschäftsidee von METEO-data unterstützt habe, indem ich vielen Betroffenen bei Vorliegen von eindeutigen Framing-Fällen geraten habe, zu verhandeln und letztlich zu zahlen. Ich muss deswegen kein schlechtes Gewissen haben, trotzdem bleibt ein schales Gefühl. Meine Ratschläge waren zum damaligen Zeitpunkt nicht falsch. Damals haben fast alle Juristen die Meinung vertreten, dass Frame-Links klassisch unzulässig sind. Ich habe diese Aussage in dieser Allgemeinheit zwar immer schon kritisiert (z.B. glossae meteodatae - Pkt 11 ff), aber nicht wirklich damit gerechnet, dass die gerichtliche Entscheidung zu diesem Themenbereich so eindeutig ausfallen wird, wie dies im METEO-data-Fall des OGH der Fall war. Frühere Gerichtsentscheidungen zu Fällen mit Internetbezug ließen Schlimmes befürchten. Aber sowohl der OGH als auch der BGH im späteren Paperboy-Fall haben sehr praxisbezogen geurteilt. Sie stellten die Interessen der Internet-Benutzer über die Individualinteressen von Geschäftemachern. Trotzdem vertreten noch heute viele Spezialisten die Meinung, dass die OGH-Entscheidung falsch war. Meiner Meinung nach hängt dies ausschließlich davon ab, ob der durchschnittliche, verständige Internet-User durch das Framing der Wetterkarten über deren Herkunft irregeführt wurde. Diese Frage hat der OGH aufgrund des Aufscheinens des METEO-data Logos verneint, was jedenfalls vertretbar ist.

Die METEO-data-Entscheidung des OGH war ein Glück für das österreichische Internet. Jede anderslautende Entscheidung hätte das Erstellen von Webseiten verkompliziert und mit enormen Haftungsrisiken belastet. Auf dem Scherbenhaufen von METEO-data entwickelt sich damit eine gewisse Rechtssicherheit in einem für die weitere Entwicklung des WWW äußerst wichtigen Kernbereich, auch wenn noch nicht alle Facetten von Links rechtlich aufgearbeitet sind. Die Rechtslage ist im Fluss - und ausnahmsweise in die richtige Richtung. Außerhalb des deutschsprachigen Raumes ist die Freiheit des Linkens noch keineswegs entschieden. In Dänemark wurden Links auf Zeitungsartikel gerichtlich untersagt. Und in Spanien gibt es ähnliche Streitigkeiten. Es wird sich zeigen, ob die mitteleuropäischen Lösungen (OGH und BGH) auch im größeren Umfeld überzeugen werden.

Siehe auch:

23.11.2003

Franz Schmidbauer

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