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Eins zu Null für Meteodata
Ein Bericht über die erste Meteodata-Entscheidung
Nun ist also die Katze aus dem Sack: Meteodata hat tatsächlich geklagt - und gewonnen. Allerdings hat die Firma Meteodata nicht ihre Rechnungen eingeklagt, sondern, juristisch exakt, ihren Unterlassungsanspruch geltend gemacht ( Entscheidung im Volltext).
Der im Rubrum angeführte Streitwert von EUR 13.480,-- darf nicht mit dem zu bezahlenden Geldbetrag verwechselt werden. Leider ist in der Entscheidung nicht angeführt, welches Begehren wie bewertet wurde, man wird aber davon ausgehen können, dass rund ein Drittel auf das Unterlassungsbegehren entfällt, ein Drittel auf das Zahlungsbegehren (angemessenes Entgelt) und ein Drittel auf das Veröffentlichungsbegehren. Richtigerweise hätte in der Einstweiligen Verfügung überhaupt nur der Streitwert für das Unterlassungsbegehren angeführt werden dürfen, weil es im Provisorialverfahren nur darum geht; über das angemessene Entgelt und die Urteilsveröffentlichung wird erst im Hauptverfahren entschieden werden.
Damit ist auch bereits klar, warum Meteodata bisher nicht in zig weiteren Fällen geklagt hat: Im Prozess ist für Meteodata in Wirklichkeit nicht viel zu holen, hier verdienen nur die Anwälte. Meteodata will aber in erster Linie auf seine Rechnungen irgendetwas bezahlt erhalten, ohne zunächst noch Geld für einen Prozess investieren zu müssen, der selbst bei einem nach wie vor nicht sicheren Gewinn vermutlich weniger für Meteodata bringt als eine "freiwillige" Zahlung des unfreiwilligen Kunden.
Das Unterlassungsurteil ist für Meteodata völlig wertlos. Schließlich kann man ziemlich sicher davon ausgehen, dass die Betroffenen nie mehr wieder Links auf die Seiten von Meteodata setzen werden. Die vom Gesetz vermutete Wiederholungsgefahr ist hier wirklich eine Fiktion, die weidlich zum Nachteil der Betroffenen ausgenutzt wird. Ich halte es für problematisch, dass im Internet zunehmend Private (für die im gegenständlichen Fall Beklagte, eine Baufirma mag das nicht so sehr zutreffen, sie ist schließlich Kaufmann) von strengen, formalistischen Rechtsmaterien wie Urheberrecht und Wettbewerbsrecht getroffen werden.
Auch mit dem Veröffentlichungsbegehren kann Meteodata nicht wirklich glücklich werden, ist es doch eine Fortsetzung der mit dem Vorgehen gegen die Linksetzer begonnenen Negativwerbung. Selbst wenn die Abkassiererei bei den Linksetzern die - mittlerweile - einzige Einnahmequelle von Meteodata sein sollte (ich kann mir nicht vorstellen, dass es viele Website-Betreiber gibt, die freiwillig tausende Euro für das Einfügen von Wetterseiten bezahlen, die ohnedies überall im Internet in gleichwertiger Qualität gratis zur Verfügung stehen), hat Meteodata nichts von dieser Veröffentlichung. Ganz im Gegenteil: Damit werden weitere potentielle Opfer abgeschreckt. Häufig werden im übrigen solche Veröffentlichungsbegehren von vorneherein zum Druckmachen gestellt und dann im Vergleichswege abgetauscht: Zahlst Du mir meine gesamten Kosten, verzichte ich auf die für Dich teure Veröffentlichung. Manchmal hat das Veröffentlichungsbegehren auch Strafcharakter. Nicht nur, dass der Beklagte an den Medienpranger gestellt wird, ist eine Veröffentlichung in den Printmedien auch teuer.
Damit komme ich gleich zu einem Problem, das sich im weiteren Laufe des Prozesses stellen wird: Wo hat bei einem reinen Internetsachverhalt die Veröffentlichung zu erfolgen? M.M. kann das wohl nur im Internet sein, und zwar konkret auf der belangten Website. Damit wären zumindest die Kosten kein Thema.
Verbleibt das Zahlungsbegehren. Nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) hat der in seinen Rechten Verletzte Anspruch auf Schadenersatz. Voraussetzung ist also das Vorliegen eines Schadens. Im gegenständlichen Fall wird man hier vom Wert ausgehen müssen, der für die Leistung zu bezahlen gewesen wäre, wenn sie ordnungsgemäß bestellt worden wäre. Dabei kann aber die Klägerin nicht Phantasiesummen geltend machen; im Zweifel kommt es hier zu einer Angemessenheitsprüfung. Das wird jedenfalls interessant und könnte für Meteodata ziemlich ins Auge gehen (wenn sie überhaupt noch solche Geschäfte macht).
Jetzt aber zur Entscheidung des LG Steyr an sich:
Nach den mir vorliegenden Informationen hat sich Meteodata in ihrer Klage nicht nur auf die Bestimmungen des Wettbewerbsrechtes gestützt, sondern auch auf das Urheberrecht. Das Landesgericht Steyr hat aber seine Entscheidung ausschließlich auf dem Wettbewerbsrecht aufgebaut, ohne auf die Problematiken des Urheberrechtes einzugehen. Es ist nicht klar, ob es die Anwendbarkeit verneint hat oder gemeint hat, das nicht weiter prüfen zu müssen, weil bereits das Wettbewerbsrecht zur Erlassung der Einstweiligen Verfügung führt. Somit wird sich erstmals die zweite Instanz mit der urheberrechtlichen Seite des Falles beschäftigen müssen, weil das Urheberrecht als Spezialmaterie dem Wettbewerbsrecht vorgeht. Sollte die zweite Instanz zur Auffassung gelangen, dass das Vorgehen der Beklagten bereits urheberrechtlich unzulässig war, steht zu befürchten, dass sie sich mit den wettbewerbsrechtlichen Implikationen des Falles nicht mehr weiter auseinandersetzen wird, was die Bedeutung dieses Falles als Präzedenzentscheidung für die weiteren schwebenden Verfahren deutlich mindern würde.
Zunächst muss noch auf eine Unrichtigkeit im Sachverhalt hingewiesen werden, möglicherweise ist es auch nur eine Unexaktheit oder es ist nicht vorgebracht worden: Die Feststellung, dass auf sämtlichen im Internet angebotenen Wetterkarten die Urheberschaft der Klägerin durch einen angebrachten Copyright-Vermerk "Quelle C-METEO-data" kundgemacht ist, ist unrichtig. Zutreffend ist dies nur für die auf der Website von Meteodata veröffentlichten Wetterkarten. Hingegen ist mir zumindest eine große deutsche Website bekannt, die offenbar die Wetterkarten von Meteodata aufgrund einer Vereinbarung übernimmt und auf denen sich keinerlei Hinweis auf Meteodata befindet. Vermutlich ist dies auch der Clou beim Vertrieb dieser Wetterkarten. Wer für die Karten bezahlt, darf sie wirklich in sein Angebot integrieren und kann sich den Hinweis auf Meteodata ersparen, eine nicht ganz unwesentlche Facette dieses Falles, wie ich meine.
Auf eine weitere Problematik der Feststellungen muss noch hingewiesen werden:
Das Gericht führt aus: "Der Link ist nämlich so in die eigene Webseite der beklagten Partei eingearbeitet, dass auch nicht nach dem Aufrufen durch den Mouseklick die www-Adresse der klagenden Partei aufscheint. Die Wetterkarten samt Text erwecken vielmehr den Eindruck, dass sie eine Eigenleistung der beklagten Partei darstellen".
Der erste Satz ist noch richtig, wenn auch eine technische Folge des Framings, das für sich allein vom Gericht nicht als problematisch angesehen wird. Der zweite Satz stellt aber eine Wertung dar, die so nicht hingenommen werden kann. Man wird hier den durchschnittlichen Internet-User bemühen müssen und ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass dieser bei diesem Sachverhalt davon ausgeht, dass die im Frame dargestellte Wetterkarte von der Betreiberin der linkenden Seite stammt, obwohl groß der Copyright-Vermerk von Meteodata darunter prangt.
Das Gericht begründet seine Auffassung in weiterer Folge damit, dass weder aus dem Text des Links in der Navigationsleiste der Beklagten noch aus der Adresszeile des Browsers erkennbar ist, dass sich der User "auf der Website der klagenden Partei befindet". Beides ist zunächst richtig. Demnach hätte die Beklagte eine Haftung ganz einfach dadurch ausschließen können, dass sie entweder im Text des Links geschrieben hätte "Wetter bei der Firma Meteodata" oder indem sie so gelinkt hätte, dass die Adresse von Meteodata in der Adresszeile des Browsers sichtbar gewesen wäre, was dann der Fall gewesen wäre, wenn das Linkziel im ganzen Browserfenster oder in einem neuen Fenster dargestellt worden wäre, d.h. wenn das Fremdangebot nicht geframed worden wäre. Hier werden in gewisser Hinsicht Ursache und Wirkung vertauscht.
Hingewiesen muss auch auf den Umstand werden, dass man sich beim Linken überhaupt nie auf einer fremden Webseite befindet. Vielleicht habe ich diesen technischen Aspekt bisher zu wenig hervorgehoben. Darstellung und Zusammenbau einer Webseite (letzteres bei einer Frameseite) erfolgt durch den Browser des Internet-Users. Dieser holt die Inhalte von ihrem Speicherort - sind es eigene Seiten, dann von einem eigenen Webserver, sind es fremde Seiten, dann von dem Webserver im weltweiten Netz, wo diese gespeichert sind. Die Darstellung der Seite erfolgt durch den Browser des Users nach den Anweisungen des Seitenerstellers, die dieser im Frameset (der Datei, die das Layout der Frameseite bestimmt, also Anzahl, Lage und Größe der Unterteilungen) festgelegt hat, wobei das Ergebnis auch von der Art des Browsers abhängt. Der Vorwurf müsste daher richtig lauten, dass durch die Webseite der Beklagten der Eindruck erweckt wird, dass die Wetterkarte aus dem eigenen Webangebot stammt.
Gerade das muss aber kritisch hinterfragt werden. Das Gericht geht zunächst von einer Bedeutung der Adresszeile aus, die diese bei der Mehrzahl der Internetuser nicht hat. Ich vermute, dass die meisten die Adresszeile im Browser gar nicht eingeschaltet haben, weil sie auf einem kleinen Monitor zuviel Platz wegnimmt. Aber auch wenn sie vorhanden ist, achtet beim Linken niemand darauf, was in der Adresszeile angezeigt wird, ist es doch bei modernen, datenbankbasierten Webangeboten meist ein Wirrwarr unbekannter Zeichen. Aber selbst wenn daraus die Adresse der Webseite ersichtlich ist, tritt deren Informationswert beim durchschnittlichen User weit hinter dem Inhalt der Zielseite zurück. Und dort prangt nun einmal schwer übersehbar der Schriftzug "Meteodata".
Interessant, mutig und meiner Ansicht auch richtig ist die Meinung des Gerichtes, dass das Framing an sich nicht unzulässig und rechtswidrig ist. Tatsächlich findet man im Internet viele Beispiele, dass fremde Seiten in einem Frame wiedergeben werden. Man gehe etwa auf die Website der Internationalen Richtervereinigung http://www.iaj-uim.org/GER/frameset_GER.html, wo die Websites der Mitglieder (zumindest, was Österreich betrifft, ungefragt) geframed werden. Auch der große deutsche Anbieter von juristischen Informationen JURIS hat bis vor dem kürzlich erfolgten Umbau seiner Website die Linktipps der Woche in einem Frame dargestellt. Allerdings ist in diesem Fällen jeweils bereits aus dem Text des Links ersichtlich, dass auf ein Fremdangebot gelinkt wird, was bei den Links der Beklagten nicht der Fall war.
Unter Berücksichtigung der (nicht rechtskräftigen) Entscheidung des LG Steyr kann man daher die Beurteilung der Meteodata-Link-Problematik folgendermaßen neu zusammenfassen:
- Ein Link auf eine Wetterseite ist rechtswidrig, wenn sich weder aus dem Text noch aus der Darstellung der Seite ergibt, dass es sich in Bezug auf die eigene Website um ein Fremdangebot handelt.
- Der bloße Umstand, dass eine Wetterkarte in einem eigenen Frame wiedergegeben wurde, macht den Link nicht rechtswidrig, wenn sich aus dem Text ergibt, dass eine fremde Leistung zur Darstellung gelangt.
- Der bloße Linktext "Wetter" genügt, wenn das Linkziel - ohne Framing - im ganzen bestehenden oder in einem neuen Browserfenster dargestellt wird (und damit aus der Adresszeile der Anbieter ersichtlich ist).
Die Problematik des "Deep-Linking", also der Umstand, dass die Meteodata-Wetterkarte für sich alleine, also nicht mit den zugehörigen Frames dargestellt wurde, wurde vom Gericht nicht behandelt; offenbar wurde darin keine rechtswidrige Vorgangsweise gesehen oder es wurde von der Klägerin nicht beanstandet.
Das Verfahren dürfte in Kürze dem OLG Linz vorgelegt werden. Mit der Entscheidung der zweiten Instanz kann man etwa im Oktober rechnen, mit der des OGH dann cirka im Jänner.