Tour de Link

7.2.3  Der Link als Beihilfe zur urheberrechtlichen Vervielfältigung?

Rekapitulieren wir die bisherige Beurteilung: Darauf, dass der Link als bloßer Verweis etwas mit dem Urheberrecht zu tun haben könnte, sind wir dadurch gekommen, dass es quasi über Vermittlung des Linksetzers zu einer digitalen Kopie im Computer des Users kommt. Geht man aber davon aus, dass diese Kopie nicht vom Willen des Users getragen, technisch notwendig und auch mehr oder minder flüchtig ist, konnte man schon bisher die Meinung vertreten, dass es sich dabei bloß um einen technischen Ablauf im Zuge des normalen, vom Urheberrecht nicht erfassten Betrachtungsvorganges handelt. Um ein Bild oder einen Film am Computer anschauen zu können, ist es eben, anders als etwa bei Fernseher und Videorekorder, notwendig, dass das Bild in einen flüchtigen Speicher geladen wird, damit es angezeigt werden kann. Eine Verschiedenbehandlung dieser Medien würde zu absurden Ergebnissen führen.

Die urheberrechtliche Beurteilung dieser digitalen Kopie war auch Gegenstand der Arbeiten an der EU-Info-Richtlinie (Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft, Amtsblatt Nr. L 167 vom 22/06/2001 S. 0010 - 0019). 
Artikel 5 dieser Richtlinie, die bis 22.12.2002 in nationales Recht umzusetzen ist, lautet:

Ausnahmen und Beschränkungen
(1) Die in Artikel 2 bezeichneten vorübergehenden Vervielfältigungshandlungen, die flüchtig oder begleitend sind und einen integralen und wesentlichen Teil eines technischen Verfahrens darstellen und deren alleiniger Zweck es ist,
a) eine Übertragung in einem Netz zwischen Dritten durch einen Vermittler oder
b) eine rechtmäßige Nutzung
eines Werks oder sonstigen Schutzgegenstands zu ermöglichen, und die keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung haben, werden von dem in Artikel 2 vorgesehenen Vervielfältigungsrecht ausgenommen.

Damit hat der EU-Gesetzgeber klargestellt, dass diese technisch bedingten Vervielfältigungen von den Urhebern nicht untersagt werden können. Der Hintergrund liegt darin, dass es durch ein Verbot von Caches aller Art zu einer bedeutenden Verlangsamung des Internets in Europa gekommen wäre. Man könnte jetzt noch darüber streiten, ob das Ansehen einer WWW-Seite durch den User eine Nutzung im Sinne des Punktes b) dieser Bestimmung ist; tatsächlich ist das bloße Ansehen nämlich gar keine urheberrechtliche Nutzung, aber gerade deshalb wird hier der Größenschluss erlaubt sein, sodass die Ausnahme auch dafür gilt.

Auch wenn die Richtlinie kein unmittelbar anwendbares Recht darstellt, so kann man darin jedenfalls eine Auslegung der bisher strittigen Frage durch den europäischen Gesetzgeber sehen, sodass man auch vor der Umsetzung der Richtlinie davon ausgehen kann, dass die flüchtige digitale Kopie vom Zustimmungsrecht des Urhebers ausgenommen ist.

Wenn aber diese digitale Kopie nicht untersagt werden kann, ist auch der Verweis auf Angebote im WWW durch das Setzen von Links unter dem Aspekt der urheberrechtlichen Vervielfältigung keine urheberrechtlich relevante Handlung mehr.

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