Mediengesetznovelle 2005 - Erläuterungen |
Bundesgesetz vom 9.6.2005, BGBl I 49/2005
Erläuternde Bemerkungen zu § 1 6 7 7a 7b 7c 8a 11 13 14 18 20 21 24 25 31 33 34 36 36a 37 38a 39 40 41 50 51
A. Allgemeiner Teil
1. In der Vergangenheit hat sich im Zusammenhang mit der Auslegung von Bestimmungen des Mediengesetzes im Hinblick auf seine Anwendbarkeit auf „über das Internet verbreitete Inhalte“ wiederholt die Problematik gestellt,
a. ob alle Bestimmungen des Mediengesetzes auf „das Internet“ anwendbar sind
b. dass einzelne Bestimmungen des Mediengesetzes zwar ihrem Wortlaut nach anwendbar sind, das damit erzielte Ergebnis aber völlig praxisfremd ist und
c. dass einzelne Bestimmungen des Mediengesetzes eindeutig nicht Anwendung finden, was im Ergebnis ebenso wenig sinnvoll – weil unsachlich – ist.
Dass das Internet (d.h. richtig: einzelne „darin“ aufzufindende Kommunikationsmittel) ein „Medium“ im Sinne des § 1 Z 1 des Mediengesetzes darstellen, wird schon in Literatur (vgl. z.B. Höhne/Berka/Noll/Polley Mediengesetz Praxiskommentar) und Judikatur (vgl. OLG Wien vom 26.5.2000, 18 Bs 143/00) bejaht.
Die oben geschilderten Probleme ergeben sich insbesondere aus den einzelnen weiteren Begriffsbestimmungen des § 1 des Mediengesetzes, so vor allem aus der Definition des periodischen Mediums.
In der Folge stellen sich demgemäß zu den einzelnen Bestimmungen eine Reihe weiterer Fragen im Hinblick auf die Besonderheiten der neuen elektronischen Medien.
Der Begriff “periodische Medien” ist nämlich z.B. von Bedeutung für
- das Gegendarstellungsrecht (§§ 9 ff)
- die Kennzeichnungspflicht von entgeltlichen Einschaltungen (§ 26)
- die Pflicht zur Urteilsveröffentlichung (§ 34)
- die erweiterte Impressumspflicht (§ 24 Abs. 2)
- die Mithaftung (§ 35)
- Verjährung (§ 32).
2. Aus diesem Grund angestellte Überlegungen zur Novellierung müssen auch zum Anlass genommen werden, andere Begriffsbestimmungen zu überdenken:
2.1. Die Definition des Medienunternehmens in § 1 Z 6 Mediengesetz ist klarzustellen, da es im Online-Bereich keine „Massenherstellung“ gibt.
2.2. Schließlich ist auch eine Klarstellung in der Begriffsbestimmung
hinsichtlich der Definition des Medieninhabers vorzunehmen. Die Frage stellt
sich, wer bei einzelnen „Internet-Medien“ als Medieninhaber anzusehen ist (vgl.
diesbezüglich Berka/Höhne/Noll/Polley, Mediengesetz Praxiskommentar, Seite 42).
Dies ist insofern von besonderer Bedeutung, als zahlreiche Bestimmungen auf den
Medieninhaber abstellen.
In der Vergangenheit wurden auch in der Literatur
Überlegungen (vgl. Laga in Rechtsprobleme im Internet, Seite 368 ff; Weis,
Vorschläge zu einer Mediengesetznovelle, MR 2000, 136) angestellt, denen der
Versuch gemeinsam ist, mittels neuer bzw. ergänzender Begriffsbestimmungen und
anderer Regelungen die Anwendungsprobleme zu beseitigen.
3. Die Novelle wird auch zum Anlass genommen, das Begriffspaar „Medieninhaber-Verleger“ aufzugeben, da die Erfahrungen der zur Erstellung des Entwurfs beigezogenen Praktiker gezeigt haben, dass der Entfall des Begriffs Verlegers keine Konsequenzen im Hinblick auf den Rechtsschutz hat und die bisherigen beiden Begriffe lediglich Anlass für rechtstheoretische Überlegungen ohne praktische Bedeutung gaben.
4. Eine Expertengruppe, der neben Vertretern des Bundeskanzleramtes und des Bundesministeriums für Justiz auch Vertreter aus der Richterschaft (Ri Dr. Trieb, Ri Mag. Lendl, Ri Dr. Röggla) sowie der Rechtsanwaltschaft (RA Dr. Höhne, RA Dr. Zöchbauer) angehörten, befasste sich mit den vorgeschlagenen Änderungen. Der vorliegende Entwurf beruht zu einem erheblichen Teil auf den Ergebnissen der Arbeit dieser Expertengruppe.
4.1. Darüber hinaus wurden auch im Begutachtungsverfahren erstattete Vorschläge in besonderer Weise berücksichtigt. Die begutachtenden Stellen wurden in den Erläuterungen zum Begutachtungsentwurf ausdrücklich gebeten, zu bewusst offen gelassenen Fragen Stellung zu nehmen – etwa zur Frage der Beibehaltung der Haftungshöchstgrenzen, zur Kostenersatz- bzw. Regressmöglichkeit durch den Bund und zu deren Ausschluss sowie zum Bedürfnis nach einer Mitteilung über ein nach § 7a eingeleitetes Verfahren.
5. Im Hinblick auf eine in den letzten Jahren unterbliebene Anpassung an die Geldwertentwicklung, auf § 1328a ABGB idF des Zivilrechtsänderungsgesetzes 2004, der keine Begrenzung des Ersatzanspruches der Höhe nach kennt, sowie auch zur leichteren Einprägsamkeit wird vorgeschlagen, die Entschädigungsbeträge auf runde Summen anzuheben.
6. Die elektronischen Medien einschließlich des Internet werden im gesamten Mediengesetz nunmehr ausdrücklich berücksichtigt, um die hier vorhandenen Lücken, die die Gerichte bisher durch Analogie schlossen, zu beseitigen. Diese ausdrückliche Erfassung der elektronischen Medien erfordert in vielen Bereichen eine Anpassung oder Erweiterung der bestehenden Regelungen.
6.1. Eine Anpassung an das Internet erfolgt unter anderem bei den Ausschlussgründen zum Persönlichkeitsschutz, wo an die „gebotene Sorgfalt“ des Medieninhabers, seiner Mitarbeiter oder Beauftragten angeknüpft wird.
6.2. Anpassungsbedürftig sind auch der Zeitpunkt und die Form der Veröffentlichung einer Gegendarstellung oder nachträglichen Mitteilung auf Websites (§ 13). Zur Klärung des Gegendarstellungsanspruches (§ 11 Abs. 1 Z 10) für den Bereich der Websites wird vorgeschlagen, als fristauslösendes Ereignis ebenso wie bei der Frist zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen nach § 8a Abs. 2 die erstmalige Abrufbarkeit im Internet festzulegen. Allerdings soll dieser Anspruch auf Gegendarstellung nur für solche Websites bestehen, die einen über die Darstellung des persönlichen Lebensbereiches oder die Präsentation des Medieninhabers hinausgehenden Informationsgehalt aufweisen, der geeignet ist, die öffentliche Meinungsbildung zu beeinflussen (§ 21).
6.3. Auch die strafrechtlichen Bestimmungen sollen auf Websites anwendbar sein, wobei die §§ 33, 34 und 36 (Einziehung, Urteilsveröffentlichung und Beschlagnahme) im öffentlichen Informationsinteresse ausgeschlossen sein sollen, wenn es sich um die gerechtfertigte und wahrheitsgetreue Wiedergabe der Äußerung eines Dritten handelt (Zitatenjudikatur).
6.4. Hinsichtlich der Kosten werden ebenfalls Änderungen vorgeschlagen. In Anlehnung an das im Zivilverfahrensrecht geltende Erfolgsprinzip soll der Ersatz für Veröffentlichungskosten grundsätzlich nur mehr zwischen dem Medieninhaber und dem Privatankläger oder Antragsteller stattfinden. Im Fall einer unmittelbaren Ausstrahlung im Sinn des § 6 Abs. 2 Z 3 oder einer Abrufbarkeit auf einer Website im Sinn des § 6 Abs. 2 Z 3a werden dem Medieninhaber Regressansprüche gegen den Urheber des Medieninhaltsdeliktes eingeräumt. Die Neugestaltung des § 39 wird schließlich auch zum Anlass genommen, die Entschädigung für ungerechtfertigte Beschlagnahme eigenständig in einem neuen § 38a zu regeln und für die Geltendmachung dieser Ansprüche gegenüber dem Privatankläger oder Antragsteller ein besonders schnelles Verfahren vorzusehen.
6.5. Die örtliche Zuständigkeit soll zur besseren Übersichtlichkeit in § 40 abschließend geregelt werden und soll sich grundsätzlich nach dem Sitz des Medieninhabers richten. Lediglich die sachliche Zuständigkeit bleibt § 41 Abs. 2 vorbehalten. In § 41 Abs. 5 wird ferner einer Verurteilung Österreichs durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Rechnung getragen und klargestellt, dass Sachentscheidungen nach öffentlicher mündlicher Verhandlung zu treffen sind.
7. Hinsichtlich des Geltungsbereiches soll ein neuer § 51 hinzugefügt werden, nach dem das österreichische Mediengesetz unter bestimmten Voraussetzungen auch auf den Inhalt einer ausländischen Website anwendbar sein soll.
8. Die Kompetenz zur Erlassung von dem Entwurf entsprechenden Regelungen ergibt sich aus Art. 10 Abs. 1 Z 6 B‑VG („Pressewesen“).
B. Finanzielle Auswirkungen:
Die für die Gerichtsbarkeit in Strafsachen allenfalls entstehende Mehrbelastung lässt sich im Vorhinein nicht quantifizieren, hält sich jedoch in engen Grenzen.
Die derzeitige Regelung des § 39 belastet den Bund mit Kosten, einerseits in Form von Einschaltungsentgelten und Entschädigungen (diese beliefen sich etwa im Jahr 2002 auf knapp 200 000 Euro), andererseits als Verwaltungsaufwand der Finanzprokuratur, des Bundesministeriums für Justiz und der Zivilgerichte. Die Neuregelung in den §§ 38a und 39 wird in beiden Bereichen zu einer deutlichen Entlastung des Bundes führen.
Das Gesetzesvorhaben führt zu keiner finanziellen Mehrbelastung anderer Gebietskörperschaften.
C. Besonderer Teil
Zu Z 2 bis 5 (Art. I § 1):
Vorbemerkung:
Die nachfolgenden Ergänzungen in den Begriffsbestimmungen bauen allesamt auf dem bisherigen Verständnis der Definition des „Mediums“ und seinen einzelnen Tatbestandsmerkmalen auf und ergänzen die Definitionen in den für reformbedürftig erkannten Bestimmungen. In diesem Sinne ist für die Merkmale „gedanklicher Inhalt“, „Verbreitung“, „größerer Personenkreis“, „Massenverbreitung“, „Massenherstellung“ aber auch etwa zu den Tatbestandsmerkmalen für ein „Medienunternehmen“ auf die bestehende Literatur und Judikatur zu verweisen (vgl. etwa OGH ZAS 1984, 26, wonach als ein Medienunternehmen immer jene Einheit von Mitteln zu verstehen ist, die ausschließlich auf die Herausgabe eines bestimmten Mediums gerichtet ist).
Zu Z 2 und 3 (Art. I § 1 Abs. 1 Z 2und
Z 5a):
Bei den Begriffsbestimmungen des § 1 insbesondere im Zusammenhang mit
den Begriffen Medium und Medienwerk wurde in der Vergangenheit mehrfach durch
entsprechende Formulierungsvorschläge der Versuch unternommen, über Internet
verbreitete Inhalte unter den Begriff des Medienwerks zu subsumieren. Der
vorliegende Entwurf geht einen anderen Weg, da dem Begriff des Medienwerks
traditionell das Element der „Körperlichkeit“ zugeschrieben wird, wovon
vernünftigerweise nicht abgegangen werden soll. Es gibt somit nach den
Vorstellungen des Entwurfs im Internet keine Medienwerke. Insbesondere war
hierbei auch zu berücksichtigen, dass dem Mediengesetz seit der Novelle BGBl. I.
Nr. 75/2000 elektronische Medienwerke (gemeint sind etwa CD-ROM etc.) bereits
unterliegen (vgl. die Regelungen zur Ablieferungs- und Anbietungspflicht in
§ 43a ff und die Erl in der Regierungsvorlage 98 BlgNR, XXI.GP sowie die
darauf basierende Verordnung BGBl. II. Nr. 65/2001).
Aus diesen Gründen setzt der Entwurf im Hinblick auf die Ähnlichkeit der
neuen Dienste mit dem Rundfunk (einschließlich Teletext) beim Begriff des
periodischen Mediums an. Schon bisher ist in der Judikatur und der Lehre
unbestritten, dass eine „Homepage“ oder „Website“ ein Medium im Sinne der
Begriffsbestimmung der geltenden Z 1 des Mediengesetzes darstellt. Gleiches gilt
für eine Massen-E-Mail.
In der neuen Definition stellt den ersten Unterfall des periodischen
Mediums wie bisher das periodische Medienwerk dar. Da das periodische Medienwerk
in Z 5 näher definiert wird bedarf es keiner näheren Regelung. Die unveränderte
Z 5 bringt zum Ausdruck, dass weiterhin das Erfordernis besteht, dass das
Medienwerk „wenigstens viermal im Kalenderjahr (…) erscheint“.
Als zweiter Unterfall wird nunmehr der Begriff des „periodischen
elektronischen Mediums“ eingeführt. Hierunter fällt zum einen (Z 5a lit. a) –
wie bisher - das Rundfunkprogramm, da der Rundfunk unbestrittener Maßen ein
elektronisches Medium darstellt. Beim Begriff „ausgestrahlt“ wird auf die
bereits im Mediengesetz enthaltenen Begriffe zurückgegriffen (vgl.
§ 6 Abs. 2 Z 3, §§ 7 Abs. 2 Z 4,
7a Abs. 3 Z 4,
7b
Abs. 2 Z 4, 13 Abs. 1 Z 2 und
§ 39 Abs. 3). Inhaltlich ergibt sich
daraus aber kein Unterschied zur Terminologie des Rundfunkrechts oder
insbesondere auch zur Wortwahl der Z 1 des § 1, in denen von „Verbreitung“ die
Rede ist. Natürlich wird auch ein Rundfunkprogramm verbreitet. Vielmehr soll
durch das Wort „ausgestrahlt“ nur eine klare Abgrenzung zu den weiteren Fällen
des elektronischen Mediums ermöglicht werden.
Beim Unterfall der Z 5a lit. b, also des abrufbaren elektronischen
Mediums („pull-medium“), ist an den Kern der den Anlass für die Neuregelung
bildenden sogenannten „Homepages“ oder „Websites“ gedacht. Der Begriff
„abrufbar“ wurde deswegen gewählt, da in diesen Fällen ein aktiver Schritt des
Mediennutzers (Eingabe der http-Adresse (URL) oder Anklicken eines Links)
notwendig ist, um das entsprechende Angebot einsehen zu können, während man
E-Mails zugesendet bekommt. Auch bei der Homepage oder Website handelt es sich
um ein periodisches Medium, da es im Regelfall jederzeit abrufbar, also dauernd
(täglich, stündlich wiederkehrend abrufbar) vorhanden ist. Bei Websites, die nur
einem engen Kreis an Berechtigten durch Eingabe eines Passwortes zugänglich
sind, wird schon fraglich sein, dass diese den Begriff des Mediums erfüllen
(vgl. § 1 Abs. 1Z 1), da nicht an einen größeren Personenkreis gerichtet.
Zur Erleichterung der Verweise im Gesetzestext wird der auch in anderen
Rechtstexten (vgl. etwa § 135 TKG 2003) verwendete Begriff der Website
verwendet. Um einerseits der Diskussion in der Literatur Rechnung zu tragen
(vgl. die unten stehenden Ausführungen zu §§ 21 und 25) und andererseits nicht
jeden Auftritt eines Privaten im Internet detaillierter zu regeln und somit zu
einer unüberschaubaren Flut an Gerichtsverfahren zu führen, sieht der Entwurf
vor, dass jene Erscheinungsformen einer Website, die über die Darstellung des
höchstpersönlichen Lebensbereichs nicht hinausgeht und auch nicht geeignet ist,
die öffentliche Meinungsbildung zu beeinflussen, nicht von allen Regelungen
erfasst sein sollen. So ist nicht vorgesehen, z.B das Recht auf Gegendarstellung
auch in Fällen lediglich privater „Selbstdarstellung“ zur Anwendung kommen zu
lassen oder etwa dort, wo eine Website nur der Präsentation der Leistungen und
Produkte eines Unternehmens dient. Auch auf der Ebene des Europarates werden zur
Zeit in der Expertengruppe für Online-Dienste und Demokratie (MM-S-OD)
Überlegungen im Hinblick auf die Ausgestaltung eines Rechts auf Gegendarstellung
in Online-Medien angestellt. Auch die diesbezüglichen Überlegungen konzentrieren
sich darauf, eine Gegendarstellung nicht bei jeder Homepage zu ermöglichen,
sondern das Gegendarstellungsrecht auf Online-Medien einzugrenzen, die für die
Öffentlichkeit zugänglich sind und häufig bearbeitete und aktualisierte
Informationen von öffentlichem Interesse enthalten. In der Arbeitsgruppe zur
Erstellung des vorliegenden Entwurfs zum Mediengesetz wurde ähnlich auch
erwogen, nur solche Websites zu erfassen, die regelmäßig wiederkehrend in
inhaltlich wesentlich veränderter bzw. überarbeiteter Form abrufbar sind. Es
wurde aber aufgrund der Vielzahl an unbestimmten Gesetzesbegriffen (ab wann ist
z.B. etwas als wesentlich überarbeitet oder verändert anzusehen) von einer
weiteren Verfolgung dieses Ansatzes Abstand genommen. Nach Ansicht der
Arbeitsgruppe erscheint es zweckmäßiger, den Begriff des periodischen
elektronischen Mediums weit zu fassen und dort, wo Einschränkungen notwendig
sind, spezifische Ausnahmebestimmungen zu schaffen. Darauf abzustellen, ob die
Tatsachenmitteilung von einem professionellem Medienunternehmen stammt,
erscheint hingegen im Sinne des Rechtsschutzes allfälliger von der Mitteilung
Betroffener nicht sachlich.
Der dritte Fall des periodischen elektronischen Mediums (Z 5a lit. c)
nach dem Entwurf erfasst u.a. die (genau betrachtet auch schon mit der geltenden
Formulierung des periodischen Mediums unter ihren dritten Fall subsumierbaren)
sogenannten Newsletter in elektronischer Form (ab wann in diesen Fällen ein
Medium vorliegt, d.h. dieses an einen „größeren Personenkreis“ gerichtet ist,
ist wie bisher anhand der Anzahl der Empfänger zu bewerten; keinesfalls sollen
E-Mails unterhalb der bisher von der Judikatur geprägten Grenze erfasst sein -
wohl kann aber ein einziges Massenmail ein Medium darstellen). Diesbezüglich ist
der in der Literatur vertretenen Auffassung beizupflichten, dass „das e-mail
selbst kein Medium im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 ist, solange es sich um eine
singuläre elektronische Mitteilung an bloß einen oder nur wenige Empfänger
handelt“, da es schon am Merkmal der Massenverbreitung fehlt. Wenn allerdings
mit einem Schritt eine Vielzahl von Empfängern erreicht werden kann, ist diese
elektronische Post nicht anders zu bewerten als „körperliche“ Mittel der
Massenverbreitung; die litera c erfasst aber nur regelmäßig in vergleichbarer
Gestaltung wiederkehrende Massen E-Mails. Vom Wortlaut der Bestimmung der lit.
c. können aber auch andere Erscheinungsformen eines wiederkehrenden
elektronischen Mediums erfasst sein, solange sie alle Merkmalen eines Mediums
(und die des wiederkehrenden elektronischen Mediums) aufweisen.
Zu betonen ist, dass es auch „nicht“-periodische elektronische Medien
gibt, die aber von der Z 1 des § 1 erfasst werden. Zu denken ist etwa an ein
Ereignishörfunkprogramm (vgl. § 3 Abs. 5 PrR-G) für nur einen Tag oder auch nur
einige Stunden. Ein einzelnes Massen-e-mail stellt zwar ein Medium (nämlich ein
elektronisches) im Sinne der Z 1 dar, nicht aber ein periodisches elektronisches
Medium für das in der Folge Regelungen über ein Gegendarstellungsrecht oder etwa
eine Offenlegung etc. zur Anwendung kämen.
Der bisherige Fall des sonstigen Mediums, das in vergleichbarer
Gestaltung wenigstens viermal im Kalenderjahr wiederkehrend verbreitet wird,
wurde um das Wort „elektronisch“ ergänzt, da derartige Medien regelmäßig d.h. im
Zeitpunkt der Regierungsvorlage der Stammfassung (gemeint waren damals
Bildschirmtextprogramme – die aber als Rundfunk zu betrachten wären (vgl. VfGH
27.9.1995, G 1256-1264/95, anders jedoch OGH 22.10.2002 11 Nds 33/02), wie heute
in elektronischer Form verbreitet wurden, sodass sie auch in Zukunft
berücksichtigt bleiben.
Da dem Begriff der Herstellung das Verständnis zugrunde liegt, dass
„physische“ Träger hergestellt werden (vgl. § 1 Abs. 1 Z 10) kommt dieser im
Bereich der elektronischen Medien nicht zum Tragen, vielmehr wird bei den
„unkörperlichen Medien“ nur die Massenverbreitung relevant sein.
Zu Z 4 (Art. I § 1 Abs. 1 Z 6):
Auch hiezu gilt es auf die oben stehende Vorbemerkung hinzuweisen,
wonach die bisher in der Literatur und Judikatur vertretene Auffassung zu den
Tatbestandsmerkmalen des Medienunternehmens relevant ist. In diesem Sinn ist
daher für eine Medienunternehmen ein „Mindestmaß an unternehmerischen
Strukturen, als deren Unternehmens(haupt)zweck die inhaltliche Gestaltung des
Mediums gehört“ entscheidend (vgl. dazu Berka/HöhneNoll/Polley, Seite 32 RZ 25
und Hartmann/Rieder, Seite 31, aA vgl. Hanusch, Kommentar zum Mediengesetz,
Seite 16 RZ 15). Gemeint ist damit z.B. der gewerbliche Zeitungs- und
Zeitschriftenunternehmer sowie jede Rundfunkanstalt. Insofern setzt ein
Medienunternehmen eine Redaktion in organisatorischer und Medienmitarbeiter
(vgl. § 1 Abs. 1 Z 11) in personeller Hinsicht voraus. Der Autor, der z.B. sein
Buch im Selbstverlag vervielfältigt und verkauft, ist daher kein
Medienunternehmen. Auch ein Unternehmen der Modebranche, das seine Produkte in
Kaufhäusern vertreibt, wird mit der Einrichtung einer Website zur
Produktpräsentation nicht zum Medienunternehmen. Ein solches Unternehmen ist
aber Medieninhaber.
Da es bei den Internet Medien und beim Rundfunk begrifflich keine
Massenherstellung (vgl. den Bezug zur Z 1) gibt, war beim Medienunternehmen zu
differenzieren zwischen den nach der Z 1 erfassten Printmedien und sonstigen
audiovisuellen physischen Informationsträgern und den nach Z 2 erfassten
Unternehmen des Rundfunks und im Online Bereich. Fälle von Medienunternehmen,
die nur (periodische) Massen-Mails versenden, sind nicht wahrscheinlich, sodass
diese nicht eigens erfasst werden müssen.
Zu Z 5 (Art. I § 1 Abs. 1 Z 8):
Auch die Begriffsbestimmung des Medieninhabers bedarf für den
elektronischen Bereich einer Klarstellung. Die überwiegende Zahl von Websites
wird weder von einem Medienunternehmen noch von einem Mediendienst veranlasst
und aus den oben bereits zu Z 2a angeführten Gründen scheidet auch ein
Inverkehrbringen von Medienstücken aus. Aus diesem Grund sieht der Entwurf zur
Klarstellung vor, dass die Eigenschaft des Medieninhabers bei einer Person dann
begründet wird, wenn diese Person die inhaltliche Gestaltung für das jeweilige
Angebot vornimmt. In diesem Sinne wäre auch klargestellt, dass (vgl. Berka/Höhne/Noll/Polley,
Seite 42) bei moderierten Diskussionsforen derjenige als Medieninhaber zu
qualifizieren ist, der die Auswahl der Diskussionsbeiträge besorgt und dem es
möglich ist, den Umfang der verbreiteten Beiträge inhaltlich zu steuern. Access
und Service Provider sind daher solange keine Medieninhaber als sie nicht selbst
auch content Provider sind, die die inhaltliche Verantwortung für den „content“
tragen. Bloße Webdesigner werden ebenso nicht unter den Begriff des
Medieninhabers fallen.
Die ersten beiden Alternativen der lit a der Z 8 sind ident mit den
geltenden Bestimmungen Z 8. Im zweiten Anwendungsfall (lit b) wird insofern eine
Änderung vorgenommen, als in Bereichen, in denen die Massenherstellung und die
Massenverbreitung nicht von einem Unternehmen (also ohne entsprechenden
technischen und/oder organisatorischen Aufwand wie etwa bei Flugblättern,
Schülerzeitungen) ausgehen, klargestellt sein soll, dass die inhaltliche
Gestaltung für die Begründung der Medieninhabereigenschaft maßgeblich ist. Schon
bisher wurde in der Literatur und Judikatur (vgl. OGH 15.12.1992, 4 Ob 111/92,
MR 1993, 28 ff) die Auffassung vertreten, dass unter Inverkehrbringen auch die
Besorgung der inhaltlichen Gestaltung zu verstehen ist (vgl. Berka/Höhne/Noll/Polley,
Seite 33, RZ 30, Hartmann/Rieder, Kommentar zum Mediengesetz,1985, Seite 33, aA
Hanusch, Kommentar zum Mediengesetz, 1998, Seite 19 RZ 20). Im
Begutachtungsverfahren wurde der Einwand erhoben, dass mit der beabsichtigten
Klarstellung (nämlich dass zentrale Merkmale des Medieninhabers die inhaltliche
Gestaltung und die Verbreitung sind) verbunden mit dem gleichzeitig
vorgeschlagenen Entfall des Begriffs „Verleger“ die Inhalts- und
Verbreitungskompetenz zusammen fallen, womit bestehende Strukturen in
konzernmäßigen Verlagsunternehmen in Frage gestellt würden. Tatsächlich sind
durch die Aufteilung von verlagswirtschaftlichen Agenden (Druck, Vertrieb,
Anzeigenaquisition etc.) und redaktioneller inhaltlicher Gestaltung auf jeweils
unterschiedliche Unternehmen Konstruktionen möglich, die zur Konsequenz hätten,
dass mit der Neufassung des Begriffs des Medieninhabers keines der Unternehmen
als Medieninhaber anzusehen wäre: dies, weil das eine Unternehmen „nur“ die
inhaltliche Gestaltung besorgt, aber keine Verbreitung besorgt oder veranlasst,
während das andere Unternehmen „nur“ die Verbreitung besorgt oder veranlasst,
ohne einen Einfluss auf die inhaltliche Gestaltung zu haben. Um diese Frage –
die im Übrigen schon nach der gegenwärtigen Rechtslage komplizierte
Fragestellungen aufwirft – zufrieden stellend zu lösen, wird daher
vorgeschlagen, einen weiteren Tatbestand in der lit.d zu schaffen. Dieser
Unterfall erfasst als Auffangtatbestand- soweit nicht jemand schon nach lit a.
bis lit.c als Medieninhaber zu beurteilen wäre - die eben beschriebenen
Konstellation, die nicht nur bei „körperlichen“ Medien vorstellbar ist.
Maßgeblich ist, dass das Medium nachfolgend tatsächlich verbreitet wird, da
ansonsten eine Person etwa schon dann Medieninhaber wäre, wenn sie (ohne, dass
das Werk jemals an die Öffentlichkeit dringt) nur ein Skript verfassen würde (diesfalls
läge überdies auch noch gar kein Medium vor). Es entspricht dem bisherigen
Verständnis von Besorgung der inhaltlichen Gestaltung, wenn damit jene Person
gemeint ist, der die inhaltliche und redaktionelle Letztverantwortung für die
verbreiteten Inhalte zukommt. In diesem Sinne ist etwa der Verfasser (Redakteur)
eines einzelnen Beitrags in einer Zeitung oder der Produzent oder Regisseur
einer einzelnen Sendung eines Programms nicht Medieninhaber, sondern immer nur
jene Person, die diese Letztverantwortung für das gesamte Medium trägt.
Spiegelbildlich zu den Überlegungen zur Neufassung des Begriffs des
Medieninhabers ist im Falle periodischer elektronischer Medien, die nicht von
einem Medienunternehmen ausgehen, die inhaltliche Gestaltung entscheidend und
die Besorgung oder Veranlassung der Ausstrahlung (Rundfunkprogramm),
Abrufbarkeit (Homepage) oder Verbreitung (wiederkehrende Massen-E-Mails). Auch
hier ist zu betonen, dass es auch elektronische Medien gibt, die nicht
periodisch sind. Zu denken ist erneut etwa an ein einzelnes Massen-E-Mail oder
an ein Hörfunkprogramm für bloß wenige Stunden. Auch für derartige Medien muss
es aber einen Medieninhaber geben, sodass lit. c bewusst nicht nur auf
„periodische elektronische Medien“ abstellt, sondern von elektronischen Medien
spricht.
Hervorzuheben ist neuerlich, dass auch nach dem Mediengesetz die bloße
Einräumung der technischen Zugriffsmöglichkeit nicht schon die Eigenschaft des
Medieninhabers begründet.
Der vorliegende Entwurf geht auch davon aus, dass die Beibehaltung des
Begriffs des Verlegers nicht notwendig ist, da mit der vorgeschlagenen
Formulierung des Medieninhabers auch jene Fälle erfasst werden, in denen
Massenherstellung oder Massenverbreitung nicht von einem Unternehmen ausgehen.
In diesem Sinn erübrigt sich auch eine in der Literatur vertretene
Differenzierung für den Fall des bloßen Inverkehrbringens „ohne entsprechenden
technischen und/oder organisatorischen Aufwand etwa im Falle von Flugblättern,
Schülerzeitungen, Broschüren“ (vgl. Berka/Höhne/Noll/Polley, Praxiskommentar
Mediengesetz, S. 33, RZ 30), in dem man nur als Verleger anzusehen wäre
(gegensätzliche Ansichten: Swoboda „Das Recht der Presse“ Seite 8, Hartmann
Rieder, Seite 32, Hanusch Seite 17).
In der Literatur wird aber die Differenzierung nach Quantität bzw. dem
Aufwand auch abgelehnt, weil nach der zweiten Variante der Z 8 (,,oder sonst das
Erscheinen von Medienwerken durch Inverkehrbringen der Medienstücke besorgt.“)
nicht auf Gestaltung oder Herstellung, sondern lediglich auf das Verbreiten
abgestellt wird. Die zweite Variante der Z 8 sei ein Auffangtatbestand für den
Fall, dass ein Medium ohne Zutun der Urheber verbreitet werde (Hanusch 1998,
S.18).
Die zweite Auffassung beruht darauf, dass Voraussetzung für die
Eigenschaft als Medieninhaber die Möglichkeit sei, den Inhalt des Mediums zu
gestalten, während der Verleger lediglich für die Verbreitung des Mediums sorge.
Diese Auffassung steht wiederum in Widerspruch zur Aussage, dass auch zum bloßen
,,Inverkehrbringen“ die Besorgung der inhaltlichen Gestaltung gehöre vgl. OGH
23. 2. 1983, 11 Os 155/82, OGH 15. 12. 1992, 4 Ob 111/92; OLG Wien 5. 4. 1996,
24Bs41/96); OGH 26. 4. 2001, 60b96/01p und OGH 15. 3. 2001, 60b45/01p, wo
Medieninhaber (und implizit Verleger) als ,,intellektuelle Verbreiter“ vom bloß
technischen Verbreiter abgegrenzt werden.
Der Begriff „Verleger“ wurde aus dem PresseG 1922 in das MedienG
übernommen. Im PresseG wird der Begriff meist im Zusammenhang mit dem Drucker
verwendet (§§ 4, 20, 21). Pflichten treffen alternativ den Drucker oder (z.B.
bei im Ausland gedruckten Werken) den Verleger. ,,Drucker“ wurde im MedienG
durch ,,Hersteller“ ersetzt.
In der RV 1975 wird noch festgehalten, dass man die Möglichkeit der
Aufteilung in verschiedene Unternehmerfunktionen beibehalten und an die
jeweiligen Funktionen verschiedene Verantwortungen knüpfen wolle (54 BlgNR 14.
GP, Seite 28).
In der RV 1979 fiel das in der RV 1975 noch genannte Kriterium der
inhaltlichen Einflussmöglichkeit beim Medieninhaber weg und damit wurden die
Begriffe weitgehend synonym. Weil aber der Begriff „Verleger“ von
„Medieninhaber“ mitumfasst sei, schlug der JA aus Gründen der Praktikabilität
die Zusammenfassung vor (743 BlgNR 15. GP, Seite 4).
Hervorzuheben ist auch, dass in der geltenden Fassung des MedienG keine
unterschiedlichen Rechtsfolgen an die Begriffe Verleger und Medieninhaber
geknüpft sind. Der Begriff ,,Verleger“ wird jeweils dem Begriff ,,Medieninhaber“
nachgestellt in §§ 1, 5, 6, 7, 7a, 7b, 8, 11, 12, 18, 24, 25, 26, 27, 29, 31,
33, 35, 39, 41, 43, 44 und 46. Ohne das Wort ,,Medieninhaber“ scheint der
Begriff ,,Verleger“ nicht auf. Es lässt sich auch kein Unterschied in Bezug auf
Rechtsfolgen, die sich an die Begriffe knüpfen, ausmachen. Das Gesetz gebraucht
die Begriffe sogar dort synonym, wo eine Differenzierung angebracht schiene,
etwa in § 24 (Impressum): ,,Auf jedem Medienwerk sind der Name oder die Firma
des Medieninhabers (Verlegers) ... anzugeben“.
In der Judikatur wird durch das Erfordernis, dem Verleger müsse
inhaltliche Einflussmöglichkeit zukommen (v.a. OGH 15. 12. 1992, 4 Ob 111/92)
der Verleger mit dem Medieninhaber gleichgesetzt. Andererseits wird insofern
eine Differenzierung vorgenommen, als dargelegt wird, der Verleger sei nur
subsidiärer Anspruchsgegner in medienrechtlichen Belangen, sofern ein
Medieninhaber aufscheine (OGH 2. 10. 1996, 13 Os 91/96) ohne darauf einzugehen,
welche Elemente den Verleger kennzeichnen.
In der Begutachtung wurde zum Ausdruck gebracht, dass zumindest die
Möglichkeit bestehen sollte, beim Impressum einen Verleger im Sinne von § 1172
ABGB anzuführen. Diesem Anliegen wurde mit einer Ergänzung in § 24 Rechnung
getragen.
Zu Z 7, 10, 12, 14, 16, 26 und 27 (Art. I §§ 6 Abs. 1, 7 Abs. 1, 7a Abs. 1, 7b Abs. 1, 7c Abs. 1, 18 Abs. 3 und 20 Abs. 1):
1. Die Höchstbeträge für Entschädigungen nach den
§§ 6 Abs. 1, 7 Abs. 1, 7a Abs. 1, 7b Abs. 1
und 7c Abs. 1 gehen zum Großteil auf die Mediengesetznovelle 1992 (BGBl. Nr.
20/1993) zurück (nur § 7c wurde erst durch das Bundesgesetz über besondere
Ermittlungsmaßnahmen, BGBl. I Nr. 105/1997, eingefügt). Anlässlich der
Umstellung der Schilling- auf Euro-Beträge durch das Strafrechtsänderungsgesetz
2001 (BGBl. I Nr. 130/2001) wurden die bis dahin geltenden Höchstbeträge von 200
000 S, 500 000 S und einer Million S nicht erhöht, sondern durch die Beträge von
14 535 Euro, 36 337 Euro und 72 673 Euro ersetzt. Die Steigerung des
Verbraucherpreisindex seit In-Kraft-Treten der Mediengesetznovelle 1992
(1.7.1993) beträgt bis Oktober 2004 21,7 %.
Die vorgeschlagene Anhebung der genannten Beträge auf 20 000 Euro, 50
000 Euro und 100 000 Euro soll zunächst der inflationären Entwicklung Rechnung
tragen. Die darüber hinausgehende (maßvolle) Erhöhung soll die gesteigerte
Bedeutung zum Ausdruck bringen, die der Gesetzgeber dem Schutz der Privatsphäre
zumisst (in diesem Zusammenhang ist auch auf § 1328a ABGB hinzuweisen, dazu
sofort). Im Ergebnis sollen runde und leicht einprägsame Höchstbeträge
vorgesehen werden.
2. Die Bestimmungen des Mediengesetzes über Persönlichkeitsschutz (§§
6, 7, 7a, 7b, 7c) regeln – neben
§ 33
Datenschutzgesetz 2000 und §§ 77, 78 Urheberrechtsgesetz – jene
Ausnahmefälle, in denen bisher immaterielle Schadenersatzansprüche wegen der
Verletzung der Privat- und Geheimsphäre geltend gemacht werden können.
Das Zivilrechts-Änderungsgesetz 2004 (BGBl. I Nr. 91/2003) hat nunmehr
mit Wirksamkeit vom 1.1.2004 in das ABGB (als § 1328a) einen allgemeinen
Schadenersatzanspruch wegen Verletzung der Privatsphäre eingefügt, welcher der
Höhe nach nicht begrenzt ist.
Vor diesem Hintergrund wurden die begutachtenden Stellen ersucht, zur
Frage Stellung zu nehmen, ob die Haftungshöchstgrenzen im Mediengesetz entfallen
sollen. Dies stieß jedoch überwiegend auf Bedenken. Insbesondere wurde auf den
Umstand hingewiesen, dass der Medieninhaber für Verletzungen der in den §§ 6 ff
normierten Persönlichkeitsrechte nach Art einer verschuldensunabhängigen
Gefährdungshaftung einzustehen hat; dort sind aber betragsmäßige
Haftungsbeschränkungen durchaus gebräuchlich (vgl. insbesondere die
Haftungsbeschränkungen nach §§ 15 und 16 EKHG). Der Entwurf sieht daher von
einer Aufhebung der Haftungshöchstgrenzen ab.
3. Die vorgeschlagene Anhebung der Höchstgrenzen für die Geldbußen in
den §§ 18 Abs. 3, 20 Abs. 1 auf 1 000 bzw. 5
000 Euro dient der Anpassung an die Inflation und der (Wieder)Einführung runder
Beträge. Die Änderung steht auch mit der in Art. 2 des Budgetbegleitgesetzes
2005 (BGBl. I. Nr. 136/2004) geregelten Anhebung der Höchstbeträge für
Ordnungsstrafen in der StPO von derzeit 726 auf 1000 Euro in Einklang.
4. Durch den Ersatz des Begriffes „Medienunternehmens“ in
§ 6 Abs. 1 Satz 2 durch jenen des
„Medieninhabers“ soll klargestellt werden, dass auch bei Medieninhabern, die
kein Medienunternehmen betreiben, bei der Bemessung der Entschädigung die
Wahrung ihrer wirtschaftlichen Existenz zu berücksichtigen ist.
5. Der Ersatz des Begriffs „Fernmeldeverkehr“ durch jenen der
„Telekommunikation“ in § 7c dient der
Anpassung an die nunmehr in den
§§ 149a ff StPO und im TKG 2003
gebräuchliche Terminologie.
6. Die neben der Änderung der Höhe der Geldbuße zu § 20 Abs. 1
vorgeschlagenen Änderungen sind Folge der Erweiterung der Bestimmungen über die
Veröffentlichung von Gegendarstellungen auf elektronische Medien (vgl.
insbesondere bei § 13).
Zu Z 8, 9, 11, 13 und 15 (Art. I §§ 6 Abs. 2 Z 3a und Abs. 3, 7 Abs. 2 Z 5, 7a Abs. 3 Z 5 und 7b Abs. 2 Z 4a):
1. Nach den §§ 6 Abs. 2 Z 3, 7 Abs. 2
Z 4, 7a Abs. 3 Z 4 und 7b Abs. 2 Z 4 besteht kein Entschädigungsanspruch, wenn
es sich um eine unmittelbare Ausstrahlung im Rundfunk (Live-Sendung) handelt und
Mitarbeiter und Beauftragte des Rundfunks die gebotene journalistische Sorgfalt
nicht außer Acht gelassen haben. Zweck dieser Bestimmung ist, dass der
Medieninhaber nicht für in Live-Sendungen getätigte Äußerungen Dritter, die er
oder seine Mitarbeiter oder Beauftragten nicht verhindern können, verantwortlich
werden soll.
Auch im Internet, namentlich bei bestimmten Websites, werden Äußerungen
Dritter öffentlich zugänglich gemacht: Der unmittelbaren Ausstrahlung im
Rundfunk entspricht insoweit (zu den Unterschieden sogleich) bei Websites die
Abrufbarkeit von fremden Beiträgen für andere Nutzer (User). User können
Beiträge zu Online-Diskussionen, zu Online-Gästebüchern oder in Form von
Leserbriefen elektronisch ins Netz stellen, die von anderen Nutzern der Website
wahrgenommen werden können. Charakteristisch für ins Netz gestellte Beiträge zu
Diskussionen oder sonstigen Gesprächsrunden, die einem größeren Personenkreis
zugänglich sind, ist ihre zeitgleiche Übermittlung an die anderen Teilnehmer. Es
wird je nach Internetanbindung tatsächlich oder annähernd in Echtzeit eine
Äußerung „ins Netz gestellt“, die sofort von den Mitusern abgerufen werden kann.
Somit liegt technisch gesehen eine vorab nicht reglementierbare
Echtzeitkommunikation wie bei Live-Rundfunksendungen vor, die der „unmittelbaren
Ausstrahlung“ vergleichbar ist.
Es liegt daher nahe, für Websites denselben oder zumindest einen
ähnlichen Grund einer Freistellung von Entschädigungsansprüchen bei Äußerungen
Dritter wie bei der Live-Sendung im Rundfunk vorzusehen.
2. Die Freistellung von Entschädigungsansprüchen aus einer Live-Sendung
im Rundfunk setzt nach geltendem Recht voraus, dass die gebotene journalistische
Sorgfalt eingehalten wurde. Sorgfaltsmängel sind dem Medieninhaber zuzurechnen,
wenn ein Mitarbeiter oder Beauftragter des Medieninhabers gegen die Grundsätze
der gebotenen journalistischen Sorgfalt verstoßen hat.
Die gebotene journalistische Sorgfalt wird außer Acht gelassen, wenn
sich der Medienmitarbeiter oder ‑beauftragte mit der anspruchsbegründenden
Äußerung eines Dritten identifiziert oder wenn er den Dritten zu einer solchen
Äußerung provoziert hat (Regierungsvorlage zur Mediengesetznovelle 1992, 503
BlgNR XVIII. GP, 10). Doch auch wenn während der Sendung beleidigenden
Übergriffen nicht mit den Mitteln der Gesprächsleitung entgegen gewirkt wird,
ist die Außerachtlassung der gebotenen journalistischen Sorgfalt denkbar (Berka
in Berka/Höhne/Noll/Polley, Mediengesetz Praxiskommentar, Rz 37 zu § 6,
Brandstetter/Schmid, MedienG Kommentar, Rz 19 zu § 6); so rasch ein geschulter
Medienmitarbeiter reagieren kann, so rasch muss auch gehandelt werden (Hanusch,
Kommentar zum Mediengesetz, Rz 49 zu § 6).
Im Vordergrund bei der Beurteilung, ob die journalistische Sorgfalt
eingehalten wurde, steht also das Verhalten der Repräsentanten des
Medieninhabers unmittelbar vor und nach der Äußerung des Dritten.
Dieser Maßstab kann jedoch auf das Internet nicht ohne weiteres
übertragen werden: Die Einflussmöglichkeiten des Medieninhabers auf Dritte sind
schon bei moderierten Diskussionsforen geringer (übertragbar ist hier lediglich
die Forderung, dass ein Diskussionsleiter weder provozieren noch sich mit
ehrverletzenden Beiträgen identifizieren oder sie sich zu eigen machen sollte)
und bestehen bei unmoderierten Diskussionsforen, Chatrooms, Gästebüchern etc.
gar nicht mehr.
Im Vordergrund steht vielmehr das Ziel, dass die inkriminierte Äußerung
des Dritten so rasch wie möglich von der Website entfernt wird. Dieses Ziel
entspricht auch dem Charakteristikum des Internet, dass dort einmal zugänglich
gemachte Beiträge weiterhin zugänglich bleiben – darin liegt auch ein
wesentlicher Unterschied zum Rundfunk.
Aus diesen Gründen empfiehlt es sich nicht, den beim Rundfunk
angewendeten Maßstab der journalistischen Sorgfalt auf Websites anzuwenden.
3. Der Entwurf schlägt vor, eine Freistellung von
Entschädigungsansprüchen bei Äußerungen Dritter auf einer Website bei Einhaltung
der gebotenen Sorgfalt durch den Medieninhaber und ihm zurechenbarer Personen
vorzusehen (auf wiederkehrende elektronische Medien im Sinn von § 1 Abs. 1 Z 5a
lit. c soll die Freistellung nicht anwendbar sein, weil diese weder ausgestrahlt
werden noch abrufbar sind). Er sieht jedoch davon ab, diese Sorgfalt näher zu
konkretisieren. Der Versuch einer gesetzlichen Definition wäre im Hinblick auf
die derzeit bestehende Vielfalt an Websites, auf denen Äußerungen Dritter
zugänglich gemacht werden (Beispiel: Unterschied zwischen moderierten und
unmoderierten Diskussionsforen), und die schnelle Entwicklung der elektronischen
Medien und der damit einhergehenden laufenden Wandlung der technischen
Möglichkeiten zum Scheitern verurteilt.
Es wird Aufgabe der Rechtsprechung sein, diesen Rechtsbegriff
auszufüllen (wie sie ja auch den Begriff der journalistischen Sorgfalt
ausgefüllt hat) und dabei in realistischer Weise auf die technischen
Gegebenheiten, die Verkehrsauffassung und Besonderheiten des Internet wie z.B.
die weitverbreitete Anonymität der Nutzer Bedacht zu nehmen. Es wird jedenfalls
– in Übereinstimmung mit § 16 Abs. 1 Z 2 ECG – von einer Pflicht
des Medieninhabers auszugehen sein, bei Kenntnis von einer Äußerung, die einen
der Tatbestände der §§ 6 bis 7b verwirklicht, diese unverzüglich zu entfernen.
Unter Umständen könnte vom Medieninhaber eine stichprobenartige Überprüfung der
Äußerungen Dritter verlangt werden, wie sie derzeit etwa bei Diskussionsforen
von Tageszeitungen üblich ist. Generell wird ein umso strengerer Maßstab
anzulegen sein, je eher davon gesprochen werden kann, dass der Medieninhaber die
Äußerungen eines Dritten als seine eigenen darstellt (vgl.
§ 17 Abs. 2 ECG).
4. Begrenzt wird die gebotene Sorgfalt jedenfalls durch die
Freistellungen des ECG: Wer (bloß) Hostprovider ist, also Speicherplätze für
fremde Inhalte zur Verfügung stellt, ist für diese nicht verantwortlich, wenn er
von einer rechtswidrigen Tätigkeit oder Information keine tatsächliche Kenntnis
hat und sich in Bezug auf Schadenersatzansprüche auch keiner Tatsachen oder
Umstände bewusst ist, aus denen eine rechtswidrige Tätigkeit oder Information
offensichtlich wird (§ 16 Abs. 1 Z 1
ECG); nur sobald er diese Kenntnis oder dieses Bewusstsein erhalten hat, muss er
unverzüglich tätig werden, um die Information zu entfernen oder den Zugang zu
ihr zu sperren (§ 16 Abs. 1 Z 2 ECG).
Unter ganz ähnlichen Voraussetzungen ist auch der Linksetzer, also wer mittels
eines elektronischen Verweises einen Zugang zu fremden Informationen eröffnet,
von Verantwortlichkeit freigestellt (§ 17
ECG). Weder der Hostprovider noch der Linksetzer ist verpflichtet, die von ihm
gespeicherten, übermittelten oder zugänglich gemachten Informationen allgemein
zu überwachen oder von sich aus nach Umständen zu forschen, die auf
rechtswidrige Tätigkeiten hinweisen (§ 18
Abs. 1 ECG). Die Sorgfalt, deren Einhaltung die Freistellung von
Entschädigungsansprüchen auslöst, darf daher nicht in einer Weise ausgelegt
werden, die den erwähnten Freistellungen des ECG zuwiderlaufen.
Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass in den meisten Fällen ein
Konflikt zwischen den erwähnten Freistellungen des ECG für Hostprovider und
Linksetzer und dem vorgeschlagenen Sorgfaltsbegriff schon theoretisch nicht
auftreten kann: Denn die Sorgfalt trifft den Medieninhaber. Dieser ist nach der
vorgeschlagenen Legaldefinition (§ 1 Abs. 1 Z 8) – soweit es sich nicht um einen
Mediendienst handelt – dadurch charakterisiert, dass er die inhaltliche
Gestaltung eines Mediums besorgt. (Aufgrund dieser inhaltlichen Einflussnahme
haftet der Medieninhaber nach den §§ 6 ff für
den Inhalt des Mediums.) Wer lediglich Hostprovider oder Linksetzer ist, nimmt
aber auf den Inhalt keinen Einfluss und kann daher nicht zugleich Medieninhaber
sein. Die Anwendbarkeit der §§ 6 ff MedienG und der Freistellungen des ECG für
Hostprovider und Linksetzer schließen einander daher weitestgehend aus.
Zu Z 17 (Art. I § 8a Abs. 2):
Zu § 8a Abs. 2 werden drei
Änderungen vorgeschlagen.
1. Zunächst wird der Verweis auf die Bestimmungen über die Zuständigkeit
an die vorgeschlagene Neuregelung in den
§§ 40,
41 Abs. 2 angepasst.
2. Weiters soll die Antragsfrist nach § 8a Abs. 2 Satz 1 Mediengesetz
auch auf elektronische Medien, insbesondere Websites anwendbar gemacht werden.
Bisher muss der Antrag im selbstständigen Entschädigungsverfahren bei
sonstigem Verlust des Anspruches binnen sechs Monaten nach Beginn der dem
Anspruch zu Grunde liegenden Verbreitung eingebracht werden. Für den Beginn der
Präklusionsfrist ist also der Tag der ersten Verbreitung entscheidend. Der
darauffolgende Tag setzt die Frist in Gang. Bei der Antragsfrist handelt es sich
um eine objektive, durch den Beginn der Verbreitung ausgelöste Frist. Wann der
Betroffene von der Verbreitung und vom Inhalt der Veröffentlichung Kenntnis
erlangte, ist ohne Belang (Brandstetter/Schmid, Mediengesetz2 Rz 7 zu § 8a;
Hager/Zöchbauer, Persönlichkeitsschutz im Straf- und Medienrecht, 174 E 289;
Berka in Berka/Höhne/Noll/Polley, Mediengesetz Praxiskommentar, Rz 7 zu § 8a).
So liegt eine Verbreitung im Sinne des § 8a Abs. 2 nach der Judikatur schon dann
vor, wenn der Medieninhalt einem größeren Personenkreis zugänglich gemacht wird;
sie beginnt, sobald die Medienstücke an die Kolporteure am Vorabend des
eigentlichen Erscheinungsdatums des Druckwerks verteilt werden (OLG Wien 18 Bs
339/97, MR 1998, 7).
Sinn und Zweck des Persönlichkeitsschutzes ist es, den einzelnen
Menschen vor jenen Übergriffen der Massenmedien zu schützen, die in seine
Persönlichkeitsrechte eingreifen. Der Betroffene soll eine Abgeltung seines
immateriellen Schadens erhalten (Bericht des JA zum MedienG 743 BlgNR XV. GP,
5). Die medienrechtlichen Ersatzansprüche setzen eine Veröffentlichung in
irgendeinem Medium voraus; die Haftung kann daher durch Veröffentlichungen in
periodischen und nichtperiodischen Druckwerken, in sonstigen Medienwerken (Ton-
und Videokassetten), im Rundfunk oder auch im Internet ausgelöst werden.
Für periodische elektronische Medien gibt es grundsätzlich zwei
Möglichkeiten, den Fristenlauf für den Entschädigungsanspruch zu regeln:
Entweder die sechsmonatige Frist läuft ab der erstmaligen Abrufbarkeit im
Internet; oder jeder Tag der Abrufbarkeit ist fristauslösend.
Im Begutachtungsentwurf wurde vorgeschlagen, dass bei Websites jeder
Tag, an dem der anspruchsbegründende Inhalt abrufbar gehalten wird,
fristauslösend sein soll. Gegen die Ungleichbehandlung der elektronischen Medien
brachten im Begutachtungsverfahren vor allem die Praktiker überzeugende
Argumente vor. Insbesondere wurde auf die Gefahr der Perpetuierung der
Klagsmöglichkeit, der unbegrenzten Anspruchskumulation sowie des Widerspruches
zur Verjährungsbestimmung nach § 32
Mediengesetz hingewiesen.
Der Entwurf schlägt daher nunmehr in Übereinstimmung mit der bestehenden
Regelung vor, als fristauslösendes Ereignis die erstmalige Abrufbarkeit im
Internet vorzusehen.
Die vor allem in der Literatur aufgeworfenen Bedenken, dass es zwar für
den potentiell Betroffenen noch zumutbar sei, die (Print)Medien zu beobachten,
ob sie ihn betreffende Berichte enthalten, bei den Online-Medien dies aber
aufgrund der Vielfalt und sehr schweren Überblickbarkeit der angebotenen
Websites im Internet nicht mehr möglich sei (vgl. zur Ungleichbehandlung von
Off- und Onlinemedien: Höhne in Berka/Höhne/Noll/Polley, Praxiskommentar
Mediengesetz, Rz 25 zu § 11), vermögen letztlich nicht zu überzeugen. Vielmehr
bestehen durch die Vielzahl täglicher Veröffentlichungen insbesondere in den
Printmedien auch im Bereich der Offline-Medien Schwierigkeiten, die
Veröffentlichungen zu überblicken. Diese Schwierigkeiten lassen sich jedoch im
Online-Bereich durch die Möglichkeit des Einsatzes von Suchmaschinen mindern
(vgl. 15 Os 142/03).
Zwar wird der immaterielle Schaden durch die ständige Verfügbarkeit des
Inhalts im Internet (zB. über Suchmaschinen oder durch Linksetzung) größer sein
als etwa bei einem Buch, das einmal veröffentlicht wird, oder einer
Tageszeitung, die nach ihrer Verbreitung später vielleicht von einem
forschungseifrigen Studenten ausgegraben wird (vgl. Höhne in
Berka/Höhne/Noll/Polley, Praxiskommentar Mediengesetz, Rz 26 zu § 11), derartige
Auswirkungen, insbesondere die Art und das Ausmaß der Verbreitung des Mediums
(vgl. Hanusch, Kommentar zum Mediengesetz, Rz 31 zu § 6), werden jedoch wie
bisher bei der Bemessung des Entschädigungsbetrages zu berücksichtigen sein.
Durch die vorgeschlagene Formulierung soll auch Anspruchskumulationen
vorgebeugt werden. Wird eine Darstellung in einem Print- und parallel oder
nachträglich in einem Online-Medium veröffentlicht, so beginnt bereits nach der
bisherigen Judikatur die Frist zur Antragstellung nach
§ 8a Abs. 2 Mediengesetz mit dem
Beginn der Verbreitung (der Printausgabe). Daran könne der Umstand, dass die
Darstellung sodann im elektronischen Archiv abgelegt worden und damit weiterhin
abrufbar ist, nichts ändern; auch dann nicht, wenn dieses Archiv wöchentlich
verändert werde, weil darin keine neuerliche Verbreitung liege (OLG Wien 24 Bs
293/00, MR 2000, 363). Der Gesetzentwurf trägt dieser Judikatur Rechnung. Bei
parallelen oder zeitverschobenen Veröffentlichungen von identen Beiträgen in
verschiedenen Medien soll daher nur die erstmalige Verbreitung, Ausstrahlung
oder Abrufbarkeit fristauslösend sein.
3. Schließlich sollen die für Strafverfahren wegen eines
Medieninhaltsdeliktes sowie für selbstständige Verfahren nach den §§ 8a, 33 Abs.
2 und 34 Abs. 3 gleichermaßen geltenden Verfahrensbestimmungen in
§ 41 Abs. 5 zusammengefasst und dadurch gleichlautende Bestimmungen an
unterschiedlichen Stellen des Gesetzes vermieden werden. Lediglich der über §
229 StPO hinausgehende Anspruch auf Ausschluss der Öffentlichkeit (arg.
„jedenfalls“) stellt eine Sonderbestimmung des selbstständigen
Entschädigungsverfahrens dar und soll daher in § 8a Abs. 2 bleiben.
Zu Z 18 und 19 (Art. I § 8a Abs. 5und 6):
1. Nach dem bisher geltenden § 8a Abs. 5 ist die Mitteilung über das
eingeleitete Verfahren im Hinblick auf alle Entschädigungstatbestände (§§ 6, 7,
7a, 7b und 7c) möglich.
Die Erfassung des § 7a (Schutz der
Identität in besonderen Fällen) in § 8a Abs. 5 durch die Mediengesetznovelle
1992 (BGBl. Nr. 20/1993) geht auf den Justizausschuss zurück, der es dem
Antragsteller überlassen wollte, „ob er auch in einem solchen Fall öffentlich zu
erkennen geben will, dass er medienrechtliche Abhilfe gegen das ihm zugefügte
mediale Unrecht sucht bzw. erlangt hat, oder ob er wegen der dadurch bewirkten
zusätzlichen unerwünschten Publizität darauf verzichtet“ (851 BlgNR XVIII. GP, 5
f). Dagegen hatte die Regierungsvorlage ausdrücklich keine Mitteilung über das
eingeleitete Verfahren für den Fall des § 7a vorgesehen, weil „dies dem
Schutzzweck dieser Norm (Schutz der Identität) zuwider laufen würde“ (503 BlgNR
XVIII. GP, 15).
In der Literatur wurde bestritten, dass die Mitteilung in einem wegen §
7a angestrengten Verfahren gerechtfertigt sei: Von einer solchen Mitteilung sei
keinerlei „Reparaturwirkung“ zu erwarten, im Gegenteil, es werde die Identität
des Betroffenen nur noch weiteren Personen bekannt gemacht (Swoboda,
Pressefreiheit – im Schatten wuchernder „Mitteilungen“, MR 1997, 9 [10f]; ihm
folgend Polley in Berka/Höhne/Noll/Polley, Mediengesetz Praxiskommentar, Rz 25
zu § 37).
In den Erläuterungen zum Begutachtungsentwuf wurde daher die Frage
gestellt, ob im Lichte der seit der Mediengesetznovelle 1992 gewonnenen
Erfahrungen in Verfahren nach § 7a ein
Bedürfnis nach einer Mitteilung über das eingeleitete Verfahren besteht, oder ob
auf diese Möglichkeit verzichtet werden kann. Einige begutachtenden Stellen
sahen keinen Anlass, die bestehende Regelung in Frage zu stellen, weil die
Veröffentlichung einer kurzen Mitteilung über das eingeleitete Verfahren
ohnedies in der Wahl der Betroffenen stehe. In zahlreichen Stellungnahmen wurde
jedoch die geltende Bestimmung aufgrund der namentlichen Nennung des Betroffenen
als kontraproduktiv angesehen und ein Bedürfnis an einer Mitteilung nach
§ 8a Abs. 5 in diesem Verfahren von Vornherein ausgeschlossen.
Diese sowie die in der Literatur vorgebrachten Argumente überzeugen. Um
dem Schutzzweck des § 7a gerecht zu werden,
wird daher vorgeschlagen, in einem Verfahren wegen § 7a keine Möglichkeit für
eine kurze Mitteilung über das eingeleitete Verfahren vorzusehen.
Die vorstehenden Erwägungen gelten sinngemäß auch für die
Urteilsveröffentlichung nach § 8a Abs. 6.
Auch hier würde die Bekanntgabe der Identität des Betroffenen durch
Urteilsveröffentlichung dem Schutzzweck der Norm zuwiderlaufen.
2. Für den Fall, dass das selbstständige Entschädigungsverfahren nicht
im Sinne des Antragstellers endet, räumt das Gesetz dem Medieninhaber die
Möglichkeit ein, darüber eine kurze Mitteilung zu veröffentlichen und die Kosten
der ursprünglichen und nachträglichen Veröffentlichung geltend zu machen
(Verweis auf § 39 Abs. 2 bis 6 in § 8a Abs. 5 Satz 2). Die umfangreiche Änderung
des § 39 soll zum Anlass genommen werden,
den Veröffentlichungs- und Kostenersatzanspruch im Zusammenhang mit der
Veröffentlichung einer Mitteilung nach § 8a Abs. 5 ausdrücklich in § 39 zu
regeln. Der in § 8a Abs. 5 enthaltene Verweis auf § 39 ist daher überflüssig. Im
Übrigen wird auf die Erläuterungen zu § 39 verwiesen.
Zu Z 20 (Art. I § 11 Abs. 1 Z 10):
1. Nach § 11 Abs. 1 Z 10 besteht
dann keine Pflicht zur Veröffentlichung einer Gegendarstellung, wenn die
Gegendarstellung nicht binnen zwei Monaten nach Ablauf des Tages, an dem die
Tatsachenmitteilung veröffentlicht worden ist, beim Medieninhaber oder in der
Redaktion des Medienunternehmens eingelangt ist. Wenn ein periodisches
Medienwerk Angaben über den Tag des Erscheinens enthält, so ist das Begehren
jedenfalls rechtzeitig gestellt, wenn es binnen zwei Monaten nach Ablauf des auf
der Nummer angegebenen Tages einlangt.
Bei der Gegendarstellung steht die zeitnahe Information des von der
Erstveröffentlichung erreichten Adressatenkreises im Vordergrund. Der
Fristenlauf für die Einbringung des Gegendarstellungsbegehrens kann daher wie
bei der Frist nach § 8a Abs. 2 grundsätzlich
auf zwei Möglichkeiten auf periodische elektronische Medien anwendbar gemacht
werden: entweder gilt jeder Tag, an dem der jeweilige Inhalt abrufbar gehalten
wird, als neuer Verbreitungs- bzw. Veröffentlichungstag, der den Fristenlauf in
Gang setzt, oder die zweimonatige Frist beginnt ab der erstmaligen Abrufbarkeit
im Internet.
Für die erste Möglichkeit spricht, dass der anspruchsbegründende Inhalt,
solange er nicht verändert oder gelöscht wird, permanent für User abrufbar ist.
Der ständig beginnende Fristenlauf wird vor allem in der Literatur befürwortet,
weil Off- und Onlinemedien hinsichtlich ihres Publizitätsgrades nicht
gleichgestellt werden könnten. Während es für den Betroffenen bei den
Offlinemedien noch zumutbar sei, die Medien zu beobachten, sei dies im
Onlinebereich aufgrund der Vielfalt und Unüberschaubarkeit nicht möglich (Höhne
in Berka/Höhne/Noll/Polley, Mediengesetz Praxiskommentar, Rz 25 f zu § 11).
Für die zweite Möglichkeit spricht insbesondere im Hinblick auf die zu
vermeidende Ungleichbehandlung der Medien (z.B. Publizierung derselben Zeitung
in Offline- und Onlineversion), dass ausschließliches fristauslösendes Ereignis
der einmalige Vorgang der (begriffsimmanent) erstmaligen Veröffentlichung ist,
um einen publizitätswirksamen zeitnahen Bezug zur Primärmitteilung zu wahren.
Die gesetzliche Befristung des Gegendarstellungsbegehrens würde durch einen
repetitiven Fristenbeginn und durch die (denkmöglich) unbegrenzte Möglichkeit
der Geltendmachung des Gegendarstellungsanspruches ad absurdum geführt werden
(OLG Wien 18 Bs 183/02, MR 2003, 78, so auch OGH 15 Os 142/03, MR 2003, 370).
Auch nach deutschem Recht muss die Gegendarstellung spätestens sechs
Wochen nach dem letzten Tage des Angebots des beanstandeten Textes, jedenfalls
jedoch drei Monate nach der erstmaligen Einstellung des Angebots, beim Anbieter
bzw. dem Verantwortlichen von Angeboten gemäß § 10 Abs. 3 MDStV (§ 6 Abs. 2
MDStV alte Fassung) schriftlich verlangt werden (§ 14 Abs. 2 MDStV; § 10 II Nr.
4 MDStV alte Fassung, MR 1997, 183).
Es wird daher vorgeschlagen, die Frist zur Geltendmachung des
Gegendarstellungsanspruches in Übereinstimmung mit der Frist zur Geltendmachung
von Ersatzansprüchen nach § 8a zu regeln und als fristauslösendes Ereignis die
erstmalige Veröffentlichung oder Abrufbarkeit periodischer elektronischer Medien
festzulegen.
2. Da das Gegendarstellungsverfahren nunmehr ausdrücklich auch auf
Websites nach § 1 Abs. 1 Z 5a lit. b sowie auf wiederkehrende elektronische
Medien (insbesondere Newsletters) nach § 1 Abs. 1 Z 5a lit. c anwendbar sein
soll (§ 9: „periodisches Medium“), muss in
§ 11
Abs. 1 Z 10 Satz 2 der Begriff „Medienwerk“ durch den weiter gefassten
Begriff „Medium“ ersetzt werden. Wenngleich der Überbegriff „periodisches
Medium“ auch Rundfunkprogramme nach § 1 Abs. 1 Z 5a lit. a erfasst, so ist durch
den Inhalt von Satz 2 doch klargestellt, dass diese Regelung für
Rundfunkprogramme keine Anwendung finden kann.
3. Allerdings ergibt sich alleine aus der permanenten elektronischen
Verfügbarkeit noch kein Publizitätsgrad einer vom Massenpublikum regelmäßig
genutzten Informationsquelle, die ebenso regelmäßig neue Informationen liefert.
Dies trifft nur auf Websites zu, die einen über die Darstellung des persönlichen
Lebensbereiches oder die Präsentation des Medieninhabers hinausgehenden
Informationsgehalt aufweisen, der geeignet ist, die öffentliche Meinungsbildung
zu beeinflussen. Der Entwurf schlägt vor, den Anwendungsbereich des
Gegendarstellungsrechts auf solche Websites einzuschränken (§ 21;
siehe unten zu Z 28). Dadurch wird die im Internet angebotene Flut von in
Betracht kommenden gegendarstellungsfähigen Medien auf einen überschaubaren
Bereich eingegrenzt.
Zu Z 21 (Art. I § 13 Abs. 1 Z 1 und 2):
§ 13 MedienG gibt dem Betroffenen
die Möglichkeit, sich im gleichen Rahmen und mit gleicher Publizität möglichst
bald mit seiner Darstellung gegen die veröffentlichte Tatsachenmitteilung zu
wehren. Für die Wirksamkeit der Gegendarstellung ist der Zeitpunkt entscheidend.
Die Gegendarstellung soll grundsätzlich so rasch wie möglich geschehen. Die
Frist wird nach Art des Mediums unterschiedlich geregelt. Nach derzeitiger
Regelung muss die Gegendarstellung oder nachträgliche Mitteilung bei täglich
oder mindestens fünfmal in der Woche erscheinenden oder ausgestrahlten
periodischen Medien spätestens am fünften Werktag nach Einlangen des
Veröffentlichungsbegehrens beim Medieninhaber erfolgen (§ 13 Abs. 1 Z 1).
Da Websites nicht erscheinen oder ausgestrahlt werden, sondern für die
Dauer ihres Bestehens ständig abrufbar sind (vgl. § 1 Abs. 1 Z 5a lit. b),
schlägt der Entwurf vor, diese Regelung auf Websites zu übertragen. Die ständige
Verfügbarkeit und Abrufbarkeit der Websites verlangen nach einer möglichst
raschen Veröffentlichung der Gegendarstellung oder nachträglichen Mitteilung.
Die Veröffentlichung soll daher auch hier spätestens am fünften Werktag nach
Einlangen des Veröffentlichungsbegehrens beim Medieninhaber erfolgen.
Die bestehenden Regelungen können auf wiederkehrende elektronische
Medien im Sinn von § 1 Abs. 1 Z 5a lit. c angewendet werden; im Hinblick darauf
sollen Bezugnahmen auf Verbreitung aufgenommen werden.
Zu Z 22 und 23 (Art. I § 13 Abs. 3a und 4):
1. Der „gleiche Veröffentlichungswert“ ist ein zentraler Begriff des
geltenden Gegendarstellungsrechtes. Das Gesetz nimmt davon Abstand, die Form der
Veröffentlichung der Gegendarstellung oder nachträglichen Mitteilung bis ins
einzelne zu regeln; entscheidend ist der Gesamtcharakter (EBRV 2 BlgNR XV. GP
33). Die Rechtsprechung hat den Begriff des gleichen Veröffentlichungswertes
insbesondere anhand der Kriterien „Identität des Medienpublikums“ und „Wirkung
der publizistischen Aufmachung“ ausgefüllt.
Die elektronischen Medien unterscheiden sich von den Print- und
Rundfunkmedien (und den zu diesen zu § 13 in
der Judikatur entwickelten Rechtssätzen) durch eine zusätzliche zeitliche und
eine zusätzliche technische Dimension: Es macht einen Unterschied, wie lange
eine Gegendarstellung oder nachträgliche Mitteilung online abrufbar sein soll,
und wie vieler Schritte („Mouse Clicks“) es seitens des Nutzers bedarf, um die
Veröffentlichung wahrnehmen zu können (Höhne in Berka/Höhne/Noll/Polley,
Mediengesetz Praxiskommentar, Rz 23 zu § 13).
Der Entwurf geht davon aus, dass die Rechtsprechung auch bei der Website
und den wiederkehrenden elektronischen Medien auf die Umstände des Einzelfalles
bezogene Rechtssätze entwickeln wird. Die Veröffentlichung der Gegendarstellung
oder nachträgliche Mitteilung soll weiterhin den zumindest annähernd gleichen
Veröffentlichungswert haben wie die Veröffentlichung auf die sie sich bezieht.
2. Im Hinblick auf die technische Dimension beschränkt sich der Entwurf
daher darauf, die in § 13 Abs. 4 enthaltenen
Anforderungen, insbesondere im Hinblick auf Titelseiten, für Websites anwendbar
zu machen.
Der Vorschlag des Medienrechts-Seminars vom Mai 2000 (Weis, Vorschläge
für eine Mediengesetznovelle, MR 2000,137), die Gegendarstellung (nachträgliche
Mitteilung) im unmittelbaren Zusammenhang mit der bezogenen Tatsachenmitteilung
zu veröffentlichen, birgt die Gefahr in sich, dass – etwa durch die Abschiebung
der Tatsachenmitteilung von der Startseite in ein Archiv – die Gegendarstellung
(nachträgliche Mitteilung) in unmittelbarem Zusammenhang mit dieser auch ins
Archiv gestellt werden müsste und somit nicht den selben Publizitätsgrad
erreichen würde wie die erstmalige Veröffentlichung der Tatsachenmitteilung.
3. Dagegen wird vorgeschlagen, in
§ 13
Abs. 3a eine Regelung der zeitlichen Dimension zu treffen. Die Gegendarstellung
soll grundsätzlich einen Monat lang abrufbar gemacht werden.
Nach dem Begutachtungsentwurf sollte danach unterschieden werden, ob die
ursprüngliche Tatsachenmitteilung zum Zeitpunkt der Gegendarstellung bereits
gelöscht ist oder nicht; es sollte auch darauf ankommen, wie lange die
Tatsachenmitteilung abrufbar war. Diese Unterscheidungen sind als in der Praxis
schwierig handhabbar kritisiert worden.
Die Dauer von einem Monat wird in Anlehnung an das deutsche Recht
vorgeschlagen (§ 14 Abs. 2 Z 4 MDStV). Es wird von einer durchschnittlichen
Wiederkehr eines Nutzers innerhalb der Monatsspanne ausgegangen (Rauschhofer,
Der Widerspruchsanspruch im Internet, JurPC Web-Dok. 120/2001, Abs. 19).
Über die grundsätzlich vorgesehene Dauer von einem Monat hinaus ist die
Gegendarstellung oder nachträgliche Mitteilung dann abrufbar zu halten, wenn die
Tatsachenmitteilung weiterhin von Usern abgerufen werden kann. Wird die
Tatsachenmitteilung später gelöscht, so ist die Gegendarstellung oder
nachträgliche Mitteilung noch einen Monat abrufbar zu halten.
Zu Z 24 und 25 (Art. I § 14):
Die für § 14 vorgeschlagenen Änderungen sind lediglich redaktioneller Art. In Abs. 2 wird der Verweis auf die Regelungen über die Zuständigkeit an die vorgeschlagene Neuregelung in den §§ 40, 41 Abs. 2 angepasst. In Abs. 3 ist der Verweis auf § 455 StPO richtig zu stellen, weil der Regelungsgehalt des früheren § 455 Abs. 3 seit dem Strafprozessänderungsgesetz 1993 (BGBl. Nr. 526) in § 455 Abs. 2 enthalten ist.
Zu Z 28 (Art. I § 21):
1. Die Regelung über Gegendarstellungen bei Belangsendungen hat zu
entfallen, da mit dem ORF-Gesetz (BGBl. I Nr. 83/2001) die Verpflichtung des ORF
zur Ausstrahlung von Belangsendungen aufgehoben wurde.
2. Ursprung des Gegendarstellungsrechts ist die strukturelle
Ungleichheit hinsichtlich des Publizitätsgrades zwischen Mitteilungen einer
Privatperson und solchen eines Presseorgans. Die Rechtseinrichtung der
Gegendarstellung soll dem durch die Pressemitteilung Betroffenen die Möglichkeit
geben, im gleichen Presseorgan, also vor dem gleichen Forum der Öffentlichkeit,
alsbald aus seiner Sicht eine Gegendarstellung zu bringen. Die Gegendarstellung
soll gewissermaßen noch als Rede und Gegenrede wirken können (EBRV zum MedienG,
2 BlgNR XV. GP, 28). Um das gleiche Forum der Öffentlichkeit zu erreichen, ist
es notwendig, dass der Adressatenkreis wieder auf das Medium zurückgreift,
dessen Inhalt die bekämpfte Tatsachenmitteilung enthalten hat.
Das Gegendarstellungsrecht ist daher auf Veröffentlichungen in
periodischen Medien anwendbar, die in vergleichbarer Gestaltung wenigstens
viermal im Kalenderjahr wiederkehrend verbreitet werden (Rundfunk, Presse). Der
Gesetzgeber geht davon aus, dass bei regelmäßig verbreiteten, inhaltlich
überarbeiteten Medien ein Interesse desselben Adressatenkreises daran besteht,
den Inhalt dieser Medien regelmäßig zu verfolgen. Dem von einer
Tatsachenmitteilung Betroffenen kommt andererseits dadurch die Möglichkeit zu,
sich im selben Medium vor dem selben Forum mit einer Gegendarstellung (oder
nachträglichen Mitteilung) zu äußern.
Websites werden nach dem vorliegenden Entwurf unter die periodischen
elektronischen Medien eingeordnet (§ 1 Abs. 1 Z 5a lit. b). Dies hätte zur
Folge, dass Gegendarstellungen und nachträgliche Mitteilungen bei allen Websites
möglich wären, auch bei solchen, die über eine private Selbstdarstellung nicht
hinausgehen oder die, einmal ins Internet gestellt, inhaltlich nie überarbeitet
jahrelang abrufbar sind. Eine Überflutung der Websitebetreiber (sowie im Gefolge
auch der Gerichte) mit Gegendarstellungs- oder nachträglichen
Mitteilungsansprüchen wäre zu befürchten.
Der vorliegende Entwurf schlägt daher vor, die Anwendbarkeit der
Bestimmungen über die Gegendarstellung und die nachträgliche Mitteilung auf
solche Websites einzuschränken, die einen über die Darstellung des persönlichen
Lebensbereiches oder die Präsentation des Medieninhabers hinausgehenden
Informationsgehalt aufweisen, der geeignet ist, die öffentliche Meinungsbildung
zu beeinflussen. Die Einschränkung entspricht jener, die auch in
§ 25 Abs. 5 vorgeschlagen wird; auf die Erläuterungen zu dieser Bestimmung
wird daher verwiesen (Erläuterungen zu Z 33). Websites, die nicht geeignet sind,
einen Meinungsbildungsprozess in der Öffentlichkeit darzustellen oder zu
befördern, rechtfertigen den medienrechtlichen Aufwand nicht.
Zu Z 30 und 31 (Art. I § 24):
Die Impressumspflicht des § 24
MedienG ist bisher an das Vorliegen eines „Medienwerks“ gebunden. Bei
Internet-Medien ermangelt es aber derartiger „in einem
Massenherstellungsverfahren in Medienstücken vervielfältigter Träger“ (vgl. § 1
Abs. 1 Z 3 MedienG).
Der Entwurf sieht nunmehr vor, diese Impressumspflicht auf z.B. die
Newsletter entsprechend der Definition des § 1 Z 5a lit c. zu erweitern, da
dieses Medium als einziges den schon bisher von § 24 erfassten „offline“ Medien
vergleichbar ist. Da es bei einem derartigen elektronischen Medium keinen
Hersteller gibt, entfallen die entsprechenden Angaben zu Hersteller und
Herstellungsort. Entsprechend den in der Praxis und im Rahmen der Begutachtung
geäußerten Einwänden, die hervorhoben, dass für Veröffentlichungen etwa nach §
8a Abs. 5 und 6, § 9, § 10, § 34 und § 37 stets der Medieninhaber verantwortlich
ist und damit hinterfragten, warum in diesem einen Fall der Hersteller für das
Impressum verantwortlich sein soll, soll die Verpflichtung zur Veröffentlichung
zukünftig den Medieninhaber treffen (vgl. Abs. 4 erster Satz). Von einer
Regelung einer „Impressumspflicht“ für einzelne (nicht wiederkehrend in
vergleichbarer Gestaltung verbreiteter) Massen-E-Mails wurde Abstand genommen.
Mit dem zweiten Satz des neuen Abs. 4 wurde der Kritik Rechnung
getragen, dass bei Diensteanbietern auch
§ 5 ECG die Veröffentlichung gewisser
Angaben abverlangt. Es soll vermieden werden, dass einerseits ein Impressum und
andererseits eine eigene Rubrik mit Angaben zu § 5 ECG veranlasst werden müssen.
Die Regelung sieht daher vor, dass die Angaben unter Einem veröffentlicht werden
können. Auch in dieser Hinsicht gilt es aber in Erinnerung zu rufen, dass die
Angaben des Impressums die etwa von der Berichterstattung Betroffenen in die
Lage versetzen sollen, ihre Ansprüche unzweifelhaft gegen die richtige Person zu
richten, sodass die ohnehin nur vereinzelt geäußerten Bedenken einer
Überregulierung nicht gerechtfertigt sind. Die Angaben zum Impressum haben
andererseits – entgegen den in der Begutachtung geäußerten Bedenken - mit den
Informationspflichten nach den §§ 9 f ECG
nichts gemeinsam.
Zu Z 32 bis 34 (Art. I § 25):
Websites oder Homepages sind wie bereits ausgeführt keine „Medienwerke“
gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 MedienG, auch keine „periodischen Medienwerke“ gemäß Z 5,
jedoch nach den Vorstellungen des vorliegenden Entwurfs nunmehr „periodische
elektronische Medien“ gemäß § 1 Abs. 1 Z 5a lit. b. MedienG. Schon bisher wurde
die Auffassung vertreten, dass bei diesen eine Offenlegung (wie für andere
periodische Medien) gemäß
§ 25 MedienG nach dem Wortlaut der
Bestimmung im Amtsblatt der Wiener Zeitung zu erfolgen hätte. (vgl. § 25 Abs. 1
MedienG), was aber zu einer völlig praxisfremden Verpflichtung jedes
„Betreibers“ einer Website führen würde.
Der Auffassung, dass alle Homepages periodische Medien sind, standen
auch nicht unwesentliche Argumente entgegen. Dieser zweiten Auffassung liegt
zugrunde, dass eine durchschnittliche Website, die einmal wöchentlich upgedatet
wird, aufgrund der geringfügige Änderungen am Inhalt der gesamten Website (meist
erfasst ein Update nur einen sehr kleinen Teil des Gesamtangebotes) – nicht
unter „periodisches Erscheinen“ einzuordnen wäre. Voraussetzung für ein
periodisches Medium wäre demnach ein Austausch eines wesentlichen Teiles des
Inhaltes. Der vorliegende Entwurf folgt aber mit seiner Definition nicht diesem
Ansatz, da sich berechtigte Zweifel hinsichtlich der Vollziehbarkeit (ab wann
ist die Seite wesentlich verändert) einer derartigen Regelung vor allem im
Hinblick auf die Frage, wann etwas wesentlich verändert ist, ergeben würden.
Es besteht nun andererseits kein vernünftiger Grund, bei einer Website
nicht zumindest gewisse Mindestangaben über ihren „Urheber“ zu verlangen.
In diesem Sinn wird für „Websites“ eine permanente Offenlegungspflicht
statuiert. Der Entwurf sieht nur vor, dass die jeweiligen Angaben leicht und
unmittelbar zugänglich sind (vgl. den vorletzten Satz in Abs. 1). Die
Formulierung wurde nach dem Vorbild des
§ 5 ECG gewählt (vgl. dazu die RV zum ECG
zu § 5 Abs. 1, wonach „es ausreicht, wenn der Nutzer diese Informationen ohne
besonderen Aufwand und ohne besondere Kenntnisse auffinden kann, etwa über einen
Link oder einen Hinweis auf eine Homepage“. Im Sinne der Gleichbehandlung sind
für Websites dieselben Angaben zu machen, wie sie für körperliche periodische
Medien zu erstatten sind. Die Offenlegungsverpflichtung für Rundfunkprogramme
wurde inhaltlich nicht verändert, sondern die Möglichkeit eingeräumt, auch auf
einer Teletextseite die Offenlegung bereit zu halten. Ergänzt wurde die
Bestimmung auch für die mit periodischen Medienwerken vergleichbaren
„wiederkehrenden elektronischen Medien“ und so wird vorgesehen, dass entweder
die Angaben jeweils mit jeder „Ausgabe“ mitgeschickt werden oder etwa durch
Verlinkung auf eine Website jederzeit zugänglich sind.
Andere bundesgesetzliche Vorschriften zu bestimmten
„Informationspflichten (vgl. § 5 E-Commerce-Gesetz für kommerzielle
Diensteanbieter) bleiben von den gegenständlichen Regelungen unberührt. Im Fall
der Website sind daher – da es sich bei einem kommerziellen Diensteanbieter im
Internet regelmäßig auch um einen Medieninhaber handelt - die nach beiden
Gesetzesmaterien notwendigen Angaben zu machen. Mit dem letzten Satz des Abs. 1
wurde aber der Kritik Rechnung getragen, dass bei Diensteanbietern auch
§ 5 ECG die Veröffentlichung gewisser
Angaben abverlangt. Die Regelung sieht daher vor, dass die Angaben unter einem
veröffentlicht werden können. Gleichwohl ist zu betonen, dass die Verpflichtung
zu den Angaben über die Offenlegung einen anderen Zweck verfolgt, als die
Angaben zu § 5 ECG (vgl. dazu näher Höhne/Berka/Noll/Polley, Mediengesetz, Seite
269). Es geht vor allem darum, den Medienkonsumenten die Eigentums- und
Einflussverhältnisse transparent zu machen und damit die zu vermutenden
wirtschaftlichen Interessen offen zu legen. Schon in dieser Hinsicht können
daher die Angaben nach § 5 ECG nicht zur Erfüllung der Offenlegungspflicht nach
dem Mediengesetz ausreichen. Die Angaben zur Offenlegung haben wiederum mit den
Informationspflichten nach den §§ 9
ff ECG nichts gemeinsam.
Im Hinblick auf die auch schon in der Literatur konstatierte
„Beliebigkeit“ bei der Festlegung (vgl. Berka/Höhne/Noll/Polley, Mediengesetz,
Praxiskommentar, Seite 272) ist es notwendig, den Begriffsgehalt der
„grundlegenden Richtung“ zu beschreiben. Vgl. dazu auch die Überlegungen in der
RV 2 BlgNR, XV. GP., wonach als grundlegende Richtung die grundsätzliche
Haltung, die das Medium in gesellschaftlichen Fragen einnimmt, zu verstehen ist.
Vgl. ferner dazu auch Hartmann/Rieder, Kommentar zum Mediengesetz 1985, Seite
159f oder Hanusch, Kommentar zum Mediengesetz 1998, Seite 233 wonach die
grundlegende Richtung „Zweckbestimmungen auf moralischem, konfessionellem,
weltanschaulichem wirtschaftlichem, künstlerischem, politischem und auch
wissenschaftlichem Gebiet umfasst, (...) sicherlich nicht aber technische
Details, wie publizistische Aufmachung, Ausmaß des Anzeigenanteils oder das
Niveau des periodischen Mediums und allfällige redaktionelle Besonderheiten.“
Die vorliegende Änderung bezweckt eine Klarstellung, dass schon
sprachlich betrachtet von einer „Blattlinie“ nur bei Druckwerken die Rede sein
kann.
Der dem § 25 neu angefügte Abs. 5
sieht vor, dass „kleine Websites“ nicht – wie alle anderen periodischen Medien -
alle Angaben zur Offenlegung erstatten müssen. Damit sind einerseits solche
Websites gemeint, die vom jeweiligen für den Inhalt Verantwortlichen nur zum
Zweck der Selbstdarstellung erstellt werden. Gleiches gilt für Websites, die nur
der Präsentation der Produkte oder Leistungen eines Unternehmens dienen. So ist
etwa die Darstellung der Leistungen und Produkte eines Gärtnereibetriebes im
Internet keine Website, für die eine detaillierte Offenlegung zu verlangen wäre.
Ebenso stellt die Website des Fanclubs eines Fußballvereins, die nur der
Darstellung des Vereinszwecks und der Anliegen oder Aktivitäten eines Vereins
dient, keine Website dar, die nähere Angaben zur Offenlegung erforderlich machen
würden. Wird allerdings die Darstellung der Ziele und Aktivitäten z.B. mit der
Darstellung gesellschafts- oder kulturpolitischer Themen (die Aufzählung wäre
beliebig fortsetzbar) verbunden, so fällt diese Website nicht mehr unter die
„privilegierten“ kleinen Websites. Sobald daher eine derartige Websites auch
andere Informationen oder Mitteilungen aufweist, die zudem geeignet sind die
öffentliche Meinungsbildung zu einem bestimmten Thema zu beeinflussen, sind auch
die weiteren Angaben nach § 25 zu erstatten. Die Website des Gärtnereibetriebes,
auf der auch umweltpolitische Themen erörtert werden, wäre eine Website, für die
die detaillierteren Angaben nach § 25 zu machen wären. Ansonsten wird für die
kleinen Websites nur die Angabe des Namens oder der Firma und des Wohnortes (so
wie bisher) oder des Sitzes ausreichen. Handelt es sich um ein Unternehmen so
soll auch noch der Unternehmensgegenstand angegeben werden. Die Eignung der
Beeinflussung der öffentlichen Meinungsbildung muss auch im Zusammenhang mit der
Ausnahmebestimmung des § 21 (Ausnahme vom
Recht der Gegendarstellung) gesehen werden.
Zu Z 35 (Art. I § 31 Abs. 3):
Der Ersatz der Begriffe „Fernmeldeverkehr“ und „Anlagen“ durch jene der „Telekommunikation“ und der „Teilnehmeranschlüsse“ dient der Anpassung an die nunmehr in den §§ 149a ff StPO und im TKG 2003 gebräuchliche Terminologie.
Zu Z 36 bis 38 (Art. I § 33):
Der Entwurf schlägt zwei substanzielle Änderungen der Bestimmung über
die Einziehung (§ 33) vor: einerseits soll
die Einziehung auf Websites anwendbar werden, andererseits soll die Einziehung
ausgeschlossen werden, wenn es sich um die gerechtfertigte und wahrheitsgetreue
Wiedergabe der Äußerung eines Dritten handelt.
1. Der Einziehung unterliegen derzeit nur Medienwerke, also Printmedien,
Ton- und Videokassetten, Kinofilme etc. Elektronische Medien in der Form von
Rundfunksendungen, Websites, Newsletter etc. sind der Einziehung nicht
unterworfen, weil sie nicht den Charakter eines Medienstücks aufweisen. Virtuell
vorhandene, auf elektronischem Wege verbreitete Inhalte sind keine Medienwerke
im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 3, weil es sich dabei um physische Träger von
Mitteilungen (Buch, Zeitung, Schallplatte, CD-Rom etc.) handeln muss.
Die Einziehung ist nach geltendem Recht also kein geeignetes
Instrumentarium zur Sanktionierung von Medieninhaltsdelikten in nicht
körperlichen Medien; hier kommt außer dem Straf- und Entschädigungsantrag nur
der Veröffentlichungsantrag nach
§ 34 Abs. 3, gegebenenfalls verbunden mit
einem Antrag nach
§ 37 in Betracht. Die Löschung ehrenrühriger
Textstellen in einem Medium des Internets kann derzeit lediglich mit
zivilrechtlicher Unterlassungsklage nach § 1330 ABGB durchgesetzt werden. Dieser
eingeschränkte Anwendungsbereich der Einziehung bedeutet eine Schlechterstellung
der traditionellen Printmedien gegenüber den neuen Medien des Internets.
Die Einziehung soll vor allem die Weiterverbreitung einer mit einem
Medieninhaltsdelikt behafteten Publikation verhindern. So wies die
Regierungsvorlage zum Mediengesetz darauf hin, dass die Einziehung von
Medienwerken mit strafbarem Inhalt nicht allein künftigem strafbaren Verhalten
entgegenwirken, sondern ein Fortwirken der bereits gesetzten Straftat verhindern
soll (2 BlgNR XV. GP 44). Gegenstand der Einziehung sind alle Stücke des
Medienwerkes, die zur Verbreitung bestimmt sind, also die gesamte Auflage. Um
von „Verbreitung“ zu sprechen, müssen die Stücke des Medienwerkes einem größeren
Personenkreis zugänglich gemacht werden (§ 1 Abs. 1 Z 1), mag dieser
Personenkreis ein bestimmter oder unbestimmter sein.
Websites, die im Internet veröffentlicht sind, sind im Allgemeinen
ständig einem größeren Personenkreis zugänglich. Um zu vermeiden, dass die mit
dem Medieninhaltsdelikt behaftete Website weiter abrufbar gehalten wird, sieht
der Entwurf die Ausdehnung des Anwendungsbereiches des
§ 33 auf elektronischen Medien im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 5a lit. b
(Websites) vor, indem für Websites die Löschung der die strafbare Handlung
begründenden Stellen der Website vorgesehen werden soll.
Von der im Begutachtungsentwurf vorgeschlagenen „Deaktivierung der die
strafbare Handlung beinhaltenden Untersite“ und der alternativ zur Einziehung
vorgesehenen Deaktivierung einzelner Stellen der Website nach Abs. 4 geht der
Entwurf aus zweierlei Gründen wieder ab. Zunächst erwiesen sich die Begriffe
„Deaktivierung“, „Blocken“ sowie „Untersite“ aufgrund ihrer unterschiedlichen
Verwendung oder mangels Gebrauchs im EDV-Bereich als missverständlich.
Vorgeschlagen wird daher, bei der Einziehung und der Beschlagnahme einheitlich
den Begriff „Löschung“ zu verwenden, zumal auch die technische Vorgangsweise bei
der Entfernung der inkriminierten Stellen aus einer Website – sowohl bei der
Einziehung als auch bei der einstweiligen Maßnahme der Beschlagnahme – ein und
dieselbe ist. Der Begriff „Löschung“ wird überdies bereits im StGB in den
Straftatbeständen des Betrügerischen Datenverarbeitungsmissbrauchs (§
148a StGB) sowie der Datenfälschung (§ 225a
StGB) verwendet.
Weiters wurde im Begutachtungsverfahren von Internetspezialisten
überzeugend dargelegt, dass die Entfernung einer bestimmten „Untersite“ meist
technisch unmöglich und auch aufgrund der laufenden Änderungen auf einer Website
praktisch kaum durchführbar ist. Der Entwurf sieht daher nunmehr vor, dass bei
Websites von Vornherein nur jene Stellen der Website gelöscht werden sollen, die
die strafbare Handlung begründen. Die Formulierung orientiert sich bewusst an
jener des Abs. 4, wonach als Alternative zur Einziehung von Medienstücken auf
Antrag des Medieninhabers der gerichtliche Auftrag zur Unkenntlichmachung der
die strafbare Handlung begründenden Stellen in Betracht kommt. Dies bedeutet für
Websites, dass – im Gegensatz zur Einziehung von Medienstücken – in jedem Fall
nur die als tatbildlich erkannten Inhalte der Website zu löschen sind. Die
daraus resultierende „Besserstellung“ der Website, der grundsätzlich nicht die
Löschung der gesamten Website oder größerer Teile davon droht, ist daher
lediglich technisch bedingt und praktisch unvermeidbar. Eine Anpassung des Abs.
4 ist mangels Anwendbarkeit auf Websites somit entbehrlich.
Gesetzestechnisch wird vorgeschlagen, den Begriff Einziehung als
Überbegriff über die Einziehung von Medienstücken einerseits und die Löschung
der die strafbare Handlung begründenden Stellen der Website andererseits zu
verwenden; dies wird durch das Klammerzitat „(Einziehung)“ in § 33 Abs. 1 zum
Ausdruck gebracht. Durch diese Lösung sollen umständliche Formulierungen in den
folgenden Absätzen in
§ 33 und in anderen Bestimmungen, in denen
auf Einziehung Bezug genommen wird (z.B.
§§ 39,
41), vermieden werden.
Rundfunksendungen, Newsletter und Massen-E-Mails sollen weiterhin nicht
von der Einziehung betroffen sein. Das Charakteristikum dieser Medien besteht in
der Regel in ihrer einmaligen Verbreitungshandlung. Anders verhält es sich, wenn
etwa auf Kassetten oder Disketten eine Programmausstrahlung des Rundfunks oder
der Inhalt eines Newsletters festgehalten wird und dann zum körperlichen Verkauf
an einen größeren Personenkreis angeboten wird. Dann unterliegen diese
Medienstücke sehr wohl der Einziehung (OLG Wien 27 Bs 380/86; OLG Wien 27 Bs
381/84). Der Unterschied von einmal ausgestrahlten Rundfunksendungen, einmal
ausgeschickten Massen-E-Mails oder einmal verbreiteten Newslettern zu ständig
abrufbar gehaltenen Websites besteht darin, dass bei letzteren durch die
Löschung der inkriminierten Stellen vermieden werden soll, dass der
strafgesetzwidrige Inhalt sukzessive einem immer weiteren Leser- bzw. Userkreis
zugänglich wird.
2. Voraussetzung für die Einziehung in einem selbstständigen Verfahren
ist nach geltender Rechtslage (lediglich) die Erfüllung des objektiven
Tatbestandes einer strafbaren Handlung in einem Medium (§
33 Abs. 2). Der Justizausschuss war der Ansicht, dass die Einziehung auch
dann in einem Urteil ausgesprochen werden können soll, wenn ein Journalist wegen
Wahrnehmung der gebotenen Sorgfalt freigesprochen worden ist; die
Entkriminalisierung des Medienwesens dürfe nicht zu einer Verringerung des
Rechtsschutzes der Betroffenen führen (743 BlgNR XV.GP, 12).
Die Einziehung ist daher auch möglich, wenn Medien über Äußerungen
Dritter unter Wahrung der Grundsätze der sogenannten Zitatenjudikatur berichten
(§ 6 Abs. 2 Z 4) und daher weder Strafbarkeit
noch Entschädigungspflicht besteht. Dem durch die zitierte Äußerung Beleidigten
soll der Schutz durch Einziehung gewährt werden, insbesondere im Hinblick auf
das Erfordernis der Verhinderung des Fortwirkens einer bereits gesetzten
Straftat (OLG Wien MR 2000, 80).
In der Literatur wurde die geltende Gesetzeslage kritisiert. Der
Ausspruch der Einziehung müsse bei der Leserschaft den Eindruck erwecken, das
Medium selbst habe sich rechtswidrig verhalten. Die Anordnung der Einziehung sei
in den Fällen der Zitatenjudikatur weder zur Publikmachung des Umstandes
erforderlich, dass der Angegriffene sich gegen die Vorwürfe zur Wehr gesetzt
habe, noch zur Rehabilitierung des Angegriffenen. Äußerungen Dritter, über die
die Medien berechtigt berichten, gehören zumindest teilweise zur Zeitgeschichte.
Im Extremfall könne die Einziehung zur Vernichtung von Quellen und damit in
letzter Konsequenz zur Geschichtsfälschung führen (Polley in
Berka/Höhne/Noll/Polley, Mediengesetz Praxiskommentar, Rz 42 zu § 33). Es
bestehe kein dringendes soziales Bedürfnis im Sinn des
Art. 10 EMRK (Swoboda, Gedanken zur
Rechtslage betreffend die sogenannte Zitatenjudikatur, MR 2003, 13). Das
Medienrechtsseminar 2000 stellte einen Wertungswiderspruch fest (Weis,
Vorschläge für eine Mediengesetznovelle, MR 2000, 136). Dazu kommt, dass der
Medieninhaber die Kosten des Verfahrens und der Einziehung zu tragen hat, wenn
der selbstständige Antrag auf Einziehung erfolgreich, aber die Veröffentlichung
des Medieninhaltsdeliktes nach § 6 Abs. 2 Z 4
gerechtfertigt war.
Zwar kommt der Maßnahme der Einziehung bislang in der Praxis keine
überragende Bedeutung zu, weil die betroffene Ausgabe der Zeitung im Zeitpunkt
der Einziehung meist schon verteilt wurde. Durch die vorgeschlagene Erweiterung
des Anwendungsbereiches der Einziehung auf die Websites kann der Einziehung in
Zukunft jedoch eine größere Rolle zukommen.
Der Entwurf geht davon aus, dass im Falle der gerechtfertigten und
wahrheitsgetreuen Wiedergabe eines Zitates im Sinn des § 6 Abs. 2 Z 4 die
Interessen des in der zitierten Äußerung Angegriffenen durch zivilrechtliche
Ansprüche unmittelbar gegen den Dritten, der die Äußerung getätigt hat,
hinreichend gewahrt sind. Es wird daher vorgeschlagen, dass im Fall der
gerechtfertigten und wahrheitsgetreuen Wiedergabe der Äußerung eines Dritten die
Einziehung unzulässig sein soll (Abs. 2a).
3. Die Änderung des Verweises in Abs. 2 (auf
§ 41 Abs. 6 statt wie bisher auf § 41 Abs.
5) soll lediglich ein Redaktionsversehen korrigieren: Die früher in § 41 Abs. 5
enthaltene Bestimmung ist durch die Mediengesetznovelle 1992 (BGBl. Nr. 20/1993)
in § 41 Abs. 6 verschoben worden.
Zu Z 39 (Art. I § 34):
Nach bisheriger Rechtslage kann auch bei Vorliegen des Ausschlussgrundes
der gerechtfertigten und wahrheitsgetreuen Wiedergabe der Äußerung eines Dritten
(§ 6 Abs. 2 Z 4) auf Urteilsveröffentlichung
nach § 34 erkannt werden. Diese Möglichkeit soll der Rehabilitierung des
Verletzten dienen und die Öffentlichkeit darüber in Kenntnis setzen, dass die
zitierte Äußerung den objektiven Tatbestand einer strafbaren Handlung
hergestellt hat. Das gerichtliche Erkenntnis auf Urteilsveröffentlichung hat
nicht zuletzt zur Folge, dass der Medieninhaber die Kosten des Verfahrens über
die Urteilsveröffentlichung zu tragen hat.
Die derzeitige Regelung stößt im Lichte des
Art. 10 EMRK auf Bedenken. Nach der
Rechtsprechung des EGMR ist es Aufgabe der Presse, Informationen und Meinungen
über politische Fragen, wie auch über solche in anderen Bereichen von
öffentlichem Interesse zu verbreiten. Die Presse hat nicht nur die Aufgabe,
solche Informationen und Meinungen zu verbreiten: die Öffentlichkeit hat auch
ein Recht darauf, solche Informationen und Meinungen zu erhalten (vgl.
insbesondere Urteil des EGMR vom 8.7.1986, Serie A Nr. 103 = MR 1986, 11; Urteil
des EGMR vom 26.11.1991, Serie A Nr. 216 = ÖJZ 1992, 16 MRK 280). Andernfalls
wäre die Presse nicht in der Lage, ihre lebenswichtige Rolle eines „öffentlichen
Wachhundes“ („public watch dog“) zu spielen. Diesen Grundsätzen folgend ist
entscheidendes Kriterium für das Vorliegen des Ausschlussgrundes nach
§ 6 Abs. 2 Z 4 das überwiegende Interesse der Öffentlichkeit an der Kenntnis
der zitierten Äußerung. Nur wenn die wahrheitsgetreue Wiedergabe der Äußerung
eines Dritten diese Voraussetzung erfüllt, liegt der Ausschlussgrund nach § 6
Abs. 2 Z 4 vor. Geht man jedoch von einem überwiegenden öffentlichen Interesse
an der Kenntnis des Zitates aus, erscheint es unsachlich, den Medieninhaber auf
Grund der Veröffentlichung des Zitates zu „sanktionieren“. So kann die
Urteilsveröffentlichung – ebenso wie das Einziehungserkenntnis – die
Öffentlichkeit zu dem Schluss verleiten, dass das Medium durch die Zitierung der
Äußerung selbst rechtswidrig gehandelt hat. Hinzu kommt, dass der Medieninhaber
durch die Tragung der Verfahrenskosten finanziell belastet wird, obwohl die
Veröffentlichung des Medieninhaltsdeliktes nach § 6 Abs. 2 Z 4 gerechtfertigt
war.
Die bestehende Verantwortlichkeit des Medieninhabers im Falle der
wertfreien Wiedergabe einer im öffentlichen Interesse stehenden Äußerung könnte
einen Eingriff in die Meinungsfreiheit nach
Art. 10 EMRK darstellen, der sich kaum durch
ein in Art. 10 Abs. 2 EMRK angeführtes legitimes Ziel rechtfertigen lässt.
Abweichend vom Begutachtungsentwurf, der den Ausschlussgrund des
gerechtfertigten Zitates nur bei der Einziehung (§
33), nicht aber bei der Urteilsveröffentlichung einführen wollte, wird –
nicht zuletzt auf Grund der Ergebnisse des Begutachtungsverfahrens (vgl. auch
Höhne/Rami/Zöchbauer, Der Entwurf einer Mediengesetz-Novelle 2004, MR 2004, 227,
307 [308]) – nunmehr analog zur Einziehung (§ 33 Abs. 2a idF des Entwurfs)
vorgeschlagen, dass bei einer gerechtfertigten und wahrheitsgetreuen Wiedergabe
der Äußerung eines Dritten auch die Urteilsveröffentlichung unzulässig sein soll
(Abs. 3a).
Zu Z 40 bis 42 (Art. I § 36):
Entsprechend den vorgeschlagenen Änderungen zur Einziehung nach
§ 33 ist auch die Bestimmung über die
Beschlagnahme (§ 36) anzupassen.
1. Als analoges Instrument zur Beschlagnahme „körperlicher“ Medien wird
für Websites als vorläufige Maßnahme – wie bereits bei der Einziehung – die
Löschung der die strafbare Handlung begründenden Stellen der Website
vorgeschlagen. Auf die Erläuterungen zu § 33 wird daher grundsätzlich verwiesen.
Die einheitliche Verwendung des Begriffes „Löschung“ sowohl bei der Einziehung
als auch bei der Beschlagnahme resultiert aus dem Umstand, dass aus technischer
Sicht nicht zwischen vorläufiger und endgültiger Entfernung einer bestimmten
inkriminierten Stelle aus der Website unterschieden werden kann. Umgekehrt wird
die Rückgängigmachung der Beschlagnahme einer Website grundsätzlich wesentlich
leichter sein als jene von Medienstücken.
Die geltenden Voraussetzungen der Beschlagnahme sind grundsätzlich auch
auf die elektronischen Medien anzuwenden. Lediglich der in Abs. 3 Satz 2
enthaltene Verweis auf die alternativ zur Einziehung mögliche Unkenntlichmachung
von Medienstücken nach
§ 33 Abs. 4 findet auf die Beschlagnahme bei
Websites keine Anwendung.
Durch die vorgeschlagene Streichung der Worte „von Medienwerken“ in Abs.
3 soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass die Beschlagnahme nun auch im
Hinblick auf Websites möglich sein soll.
Eine Ausweitung der Bestimmung des Abs. 5 auf Websites wird nicht
vorgeschlagen; diese Bestimmung ist ihrem Inhalt nach auf körperliche Medien
zugeschnitten.
2. Die Beschlagnahme ist nach geltendem Recht (§
36 Abs. 1 Satz 2) jedenfalls unzulässig, wenn dem Rechtsschutzinteresse auch
durch Veröffentlichung einer Mitteilung über das eingeleitete strafgerichtliche
Verfahren Genüge getan werden kann. Die Beschlagnahme wird daher grundsätzlich
nur als ultima ratio angeordnet, wenn ein außerordentlich schwerer Eingriff in
geschützte Rechtsgüter anzunehmen ist und eine strenge Interessensabwägung zu
dem Schluss führt, dass ihre nachteiligen Folgen nicht unverhältnismäßig
schwerer wiegen als der Schutzzweck. Hierbei sind besonders wirtschaftliche
Zwecke zu berücksichtigen, wie etwa die finanzielle Einbuße, die ein
Medienunternehmer erleidet, wenn die gesamte Auflage einer Zeitung unverkauft
liegen bleibt (Polley in Berka/Höhne/Noll/Polley, Praxiskommentar zum
Mediengesetz, Rz 2 zu § 36).
Aus der Verpflichtung zu einer strengen Interessensabwägung ergibt sich
schon für das geltende Recht, dass die Anordnung einer Beschlagnahme in den
Fällen der „Zitatenjudikatur“ (gerechtfertigte und wahrheitsgetreue Wiedergabe
der Äußerung eines Dritten im Sinn des
§ 6 Abs. 2 Z 4) eine Beschlagnahme nicht
angeordnet werden kann (so die RV zur Mediengesetznovelle 1992, 503 BlgNR.
XVIII. GP 21; ebenso Polley in Berka/Höhne/Noll/Polley, Mediengesetz
Praxiskommentar, Rz 19 zu
§ 36).
Nach dem vorliegenden Gesetzentwurf ist eine Beschlagnahme in den Fällen
der gerechtfertigten und wahrheitsgetreuen Wiedergabe der Äußerung eines Dritten
im Sinn des § 6 Abs. 2 Z 4 jedenfalls
ausgeschlossen. Grundlegende Voraussetzung einer Beschlagnahme ist nämlich die
Annahme, dass auf Einziehung nach § 33
erkannt werden wird (§ 36 Abs. 1 Satz 1).
Nachdem die Einziehung bei Vorliegen eines Zitates nach § 6 Abs. 2 Z 4 aber
jedenfalls unzulässig ist (§ 33 Abs. 2a), kann auch diese wesentliche
Voraussetzung der Beschlagnahme nie erfüllt sein.
Zu Z 43 (Art. I § 36a):
1. Wird auf Einziehung oder Beschlagnahme von zur Verbreitung bestimmten
Medienstücken erkannt, so ist der Medieninhaber verpflichtet, das im
Einziehungserkenntnis genannte Medienwerk nicht mehr zu verbreiten (bereits
gedruckte Medienstücke darf der Medieninhaber aber ebenso behalten wie der
Endverbraucher sein erworbenes Exemplar oder die Verschleißstellen die bei ihnen
noch vorhandenen Stücke). Wird das Einziehungserkenntnis nicht befolgt, so
besteht die Möglichkeit, die Medienstücke nach § 408 StPO zwangsweise
abzunehmen. Die Zwangsmaßnahme nach § 408 StPO kann jedoch nur bei
„Vermögenswerten und Gegenständen“ angewendet werden, bei Websites ist daher ein
Vorgehen nach dieser Bestimmung nicht möglich.
Es stellt sich daher die Frage der Durchsetzbarkeit des
Einziehungserkenntnisses nach § 33 oder der
Anordnung der gerichtlichen Beschlagnahme nach
§ 36, wenn der Medieninhaber dem gerichtlichen Auftrag auf Löschung
bestimmter Stellen der Website nicht nachkommt.
2. Auszugehen ist davon, dass sich die Anordnung der Löschung bestimmter
Stellen einer Website aus technischen Gründen nur gegen den Medieninhaber
richten kann. Nur er ist in der Lage, die Inhalte seiner Website den
gerichtlichen Vorgaben entsprechend zu verändern. Für den Access-Provider, bei
dem die Inhalte der Website zwischengespeichert sein können, besteht
demgegenüber keine Möglichkeit, bestimmte Seiten der Website eines Kunden zu
löschen. Auch ein Host-Provider kann nicht im Detail auf die bei ihm
gespeicherten Inhalte zugreifen, weil die entsprechenden Zugangsdaten, die diese
Eingriffe erlauben, nicht in seinem, sondern im Besitz des Kunden sind. Er
könnte lediglich die Abrufbarkeit der gesamten Website seines Kunden verhindern.
3. Das vom Medieninhaber aufgrund eines Einziehungserkenntnisses oder
einer Beschlagnahmeanordnung verlangte Verhalten, dessen Erwirkung durch
bestimmte Maßnahmen gesetzlich sichergestellt werden muss, ist somit als
unvertretbare Handlung zu qualifizieren.
Aus diesem Grund wurde im Begutachtungsentwurf vorgeschlagen, den
Medieninhaber durch Beugemittel (Beugegeldstrafe, äußerstenfalls auch Beugehaft)
zur Löschung der inkriminierten Stellen der Website zu verhalten. Dass
Zwangsmaßnahmen zur Erwirkung unvertretbarer Handlung der österreichischen
Rechtsordnung nicht fremd sind, wird durch einen Blick in das Straf-, Zivil- und
Verwaltungsrecht erkennbar: Die StPO sieht unter bestimmten Voraussetzungen die
Verhängung von Beugemitteln einerseits bei der Erzwingung der Herausgabe von
Gegenständen und Urkunden vor, die für die strafgerichtliche Untersuchung von
Bedeutung sein können oder dem Verfall oder der Einziehung unterliegen (§ 143
Abs. 2 StPO), andererseits bei der Erzwingung der Ablegung eines Zeugnisses oder
der Leistung des Zeugeneides (§ 160 StPO). Auch § 354 Abs. 1 EO sieht vor, dass
der Verpflichtete durch Geldstrafen oder Haft zur Vornahme einer Handlung
angehalten werden kann, die durch einen Dritten nicht vorgenommen werden kann
und deren Vornahme zugleich ausschließlich vom Willen des Verpflichteten
abhängt. Schließlich wird die Erfüllung einer unvertretbaren Handlung auch im
Verwaltungsvollstreckungsverfahren mit Zwangsstrafen vollstreckt (§ 5 Abs. 2
VVG). Allen drei Rechtsbereichen ist gemeinsam, dass neben Geldbußen als ultima
ratio auch die Verhängung einer Beugehaft vorgesehen ist.
Dennoch stieß der vorgeschlagene § 36a im Begutachtungsverfahren auf
weitgehende Ablehnung, wobei vor allem die Möglichkeit zur Verhängung einer
Beugehaft als „Kriminalisierung des Medienrechts“ (miss)verstanden wurde. Um
eine solche Signalwirkung zu vermeiden, wird vom Begutachtungsentwurf abgegangen
und ein anderer Weg zur Durchsetzung eines Einziehungserkenntnisses oder einer
Beschlagnahmeanordnung vorgeschlagen.
4. Zunächst ist festzuhalten, dass die Nichtbefolgung gerichtlicher
Einziehungs- oder Beschlagnahmebeschlüsse, soweit sie sich auf Inhalte von
Websites beziehen, nicht sanktionslos bleiben kann und die Einführung von
Beugemitteln daher unerlässlich ist. Bereits das geltende Mediengesetz kennt
Beugemittel: § 20 MedienG sieht vor, dass
über den Medieninhaber wiederkehrend Geldbußen verhängt werden können, wenn er
eine Gegendarstellung oder eine nachträgliche Mitteilung nicht pflichtgemäß
veröffentlicht. Die Geldbuße hat auch die Funktion des Schadenersatzes für die
durch die mangelnde Befolgung des Veröffentlichungsauftrages erlittene Kränkung,
sie fließt daher dem Antragsteller zu. Durch die in
§ 34 Abs. 4 und § 37 Abs. 3 enthaltenen Verweise ist
§ 20 sinngemäß auch bei der Durchsetzung der Urteilsveröffentlichung sowie
der Veröffentlichung einer Mitteilung über das eingeleitete Verfahren
anzuwenden.
Vorgeschlagen wird daher, die Durchsetzung der Einziehung und
Beschlagnahme bei Websites inhaltlich in Anlehnung an
§ 20
auszugestalten.
5. Nach § 36a Abs. 1 hat das
Gericht dem Medieninhaber zunächst eine angemessene Frist zu setzen, innerhalb
derer er der Aufforderung zur Löschung der die strafbare Handlung begründenden
Stellen der Website nachzukommen hat. Die Fristsetzung hat unmittelbar im
Einziehungserkenntnis oder in der Beschlagnahmeanordnung zu erfolgen und ist
einzelfallbezogen festzulegen. Erfüllt der Medieninhaber diese Aufforderung, so
hat er den Ankläger oder Antragsteller (im selbstständigen Verfahren) von der
Löschung unverzüglich in Kenntnis zu setzen.
Kommt der Medieninhaber der gerichtlichen Aufforderung hingegen nicht
zeitgerecht nach, so kann der Ankläger oder Antragsteller binnen sechs Wochen
nach Ablauf der gerichtlichen Frist die Auferlegung einer Geldbuße über den
Medieninhaber beantragen (Abs. 2). Die Geldbuße ist (analog zu § 20) für jeden
Tag aufzuerlegen, an dem die inkriminierten Stellen weiterhin abrufbar sind. Als
Höchstmaß dieser Geldbuße wird der Betrag von 2 000 Euro vorgeschlagen. Es wird
hier ein höherer Betrag als der in § 20 Abs.
1 enthaltene (1 000 Euro) vorgeschlagen, weil es Zweck einer Einziehungs- oder
Beschlagnahmeentscheidung ist, die weitere Verbreitung oder Abrufbarkeit einer
bereits veröffentlichten Mitteilung oder Darbietung zu unterbinden, die
zumindest den objektiven Tatbestand einer mit Strafe bedrohten Handlung erfüllt
oder diese Annahme nahe legt, wähend es bei § 20 MedienG (nur) um die
Information der Öffentlichkeit über bestimmte Umstände geht, die für sie von
Interesse sein können.
Bei der konkreten Bemessung durch das Gericht wird dieses die in Abs. 2
Satz 3 genannten Kriterien zu berücksichtigen haben.
Die Geldbuße ist (wiederum wie bei § 20) an den Antragsteller oder
Privatankläger zu zahlen; tritt die Staatsanwaltschaft als Ankläger oder
Antragsteller auf, so wird die Buße dem Bund zufließen.
Die Auferlegung der Geldbuße erfolgt nur auf Antrag sowie nach Anhörung
des Medieninhabers. Gegen den Beschluss kann die Beschwerde an den
übergeordneten Gerichtshof erhoben werden (§ 36a Abs. 2 Satz 4 iVm § 20 Abs. 4).
Mit dieser Regelung wird zahlreichen Anregungen im Begutachtungsverfahren
Rechnung getragen. Durch den Verweis auf § 20 Abs. 2 bis 4 besteht schließlich
auch die Möglichkeit, nach Maßgabe des § 20 Abs. 3 Geldbußen gerichtlich
nachzusehen.
6. Der vorgeschlagene § 36a ist wie
dargestellt eine nur für Websites geltende Sonderregelung, die die Befolgung von
gerichtlichen Einziehungs- und Beschlagnahmebeschlüssen sicherstellen soll. Der
Sicherstellung der Befolgung von gerichtlichen Beschlagnahmebeschlüssen für den
Bereich von Medienwerken dient die geltende Bestimmung in § 38 MedienG (wenn
auch für einen unbestimmten Personenkreis, während § 36a nur auf Medieninhaber
anwendbar ist). Der Entwurf verzichtet – Anregungen im Begutachtungsverfahren
folgend – darauf, § 38 auf Websites anwendbar zu machen. Insoweit kann mit dem
vorgeschlagenen § 36a das Auslangen gefunden werden.
Zu Z 44 (Art. I § 37):
1. Die zu § 37 Abs. 2 vorgeschlagene
Änderung ist eine bloße Folgeänderung, die dem Umstand Rechnung trägt, dass die
Beschlagnahme auch bei Websites zur Anwendung kommen kann.
2. Im Begutachtungsentwurf wurde vorgeschlagen, vor Beschlussfassung des
Gerichtes über die Veröffentlichung einer kurzen Mitteilung über das
eingeleitete Verfahren (§ 37 Abs. 1) dem Antragsgegner die Gelegenheit zu einer
Äußerung binnen kurzer Frist (fünf Tage) einzuräumen. Dieser Vorschlag stieß im
Begutachtungsverfahren vor allem bei Praktikern auf Widerstand. So würden
notorische oder zugestandene Tatsachen sowie die Tatbestandsmäßigkeit der
inkriminierten Äußerung ohnedies amtswegig berücksichtigt, eine darüber
hinausgehende Klärung sei jedoch ohne Durchführung eines Beweisverfahrens nicht
zu erwarten.
Sinn des § 37 ist es, die
Öffentlichkeit möglichst zeitnah darüber zu informieren, dass über eine
bestimmte Mitteilung oder Darbietung in einem Medium ein medienrechtliches
Verfahren eingeleitet wurde. Da die Anhörung der Gegenpartei in diesem
Verfahrensstadium keine zusätzlichen, für die Beschlussfassung relevanten
Informationen bieten könnte, nimmt der Entwurf davon Abstand, eine
Äußerungsmöglichkeit des Antragsgegners vorzuschlagen. Eine solche wäre auch
nach Art. 6 EMRK nicht geboten: Der EGMR sieht die Beschlussfassung nach § 37
als Zwischenentscheidung an, die keine Entscheidung über die zivilrechtlichen
Ansprüche und Verpflichtungen des Antragsgegners beinhaltet (vgl. die
Teilentscheidung des EGMR vom 16.1.2003, Beschwerde Nr. 62763/00 = ÖJZ 2003, 28
MRK 618).
Zu Z 45 und 46 (Art. I § 38a und § 39)
1. Allgemeines
Der geltende § 39 enthält Regelungen
über den Ersatz von Nachteilen aus ungerechtfertigter Beschlagnahme (Abs. 1) und
über den Ersatz von Kosten der Veröffentlichung sowohl der nachträglichen
Mitteilung als auch der seinerzeitigen Mitteilung über die Verfahrenseinleitung
(Abs. 2 und 3).
Nach bisheriger Rechtslage hat in all diesen Fällen der Bund die
Nachteile zu ersetzen bzw. die Kosten zu tragen. Wenn der Privatankläger oder
Antragsteller bei seiner Antragstellung wider besseres Wissen gehandelt hat oder
er die Weiterverfolgung seines Anspruchs unterlassen hat, so kann der Bund bei
ihm Regress wegen des dem Medieninhaber geleisteten Ersatzes nehmen (§ 39 Abs.
4).
Die derzeitige Rechtslage belastet die Allgemeinheit mit Kosten, die
wesentlich über die gezahlten Einschaltungsentgelte und Entschädigungen (diese
beliefen sich etwa im Jahr 2002 insgesamt auf knapp 200 000 Euro) hinausgehen.
Die vom Medieninhaber geltend gemachten Veröffentlichungskosten verursachen
erheblichen Verwaltungsaufwand bei der Finanzprokuratur und beim
Bundesministerium für Justiz und – da es häufig zu Prozessführungen kommt – auch
zu erheblichem Aufwand bei den Zivilgerichten. Darüber hinaus verursachen auch
Regressansprüche des Bundes nach § 39 Abs. 4 (und deren klagsweise
Geltendmachung) unverhältnismäßigen Aufwand. Besonders unökonomisch erscheint,
dass Klagen auf Kostenersatz oder Regress auf dem Zivilrechtsweg eingebracht
werden müssen, sodass sich ein Gericht mit den Kostenfragen befassen muss, das
in der Hauptsache nicht entschieden hat.
Im Begutachtungsentwurf ist – über vorgeschlagene Gesetzesänderungen
hinaus – zur Diskussion gestellt worden, ob die Tragung der Ersatzleistungen
sowie der Kosten der Veröffentlichungen (sowohl der Mitteilung über das
eingeleitete Verfahren als auch der Mitteilung über die Verfahrensbeendigung)
durch den Bund grundsätzlich aufrecht bleiben soll.
Die begutachtenden Stellen haben sich mit deutlicher Mehrheit dafür
ausgesprochen, die Kostentragungs- bzw. Ersatzpflicht des Bundes abzuschaffen
oder zumindest deutlich einzuschränken. Vor allem die Zivilrechtsähnlichkeit des
medienrechtlichen Privatanklageverfahrens wurde als Argument gegen die bisherige
Rechtslage herangezogen. Dass in der ZPO ein Kostenersatz aber grundsätzlich nur
zwischen den Prozessparteien vorgesehen ist, versteht sich von selbst. Auch die
sich aus der bisherigen Rechtslage ergebende privilegierte Stellung des
Privatanklägers nach dem MedienG wurde im Begutachtungsverfahren kritisiert. So
hat der Privatankläger nach der StPO im Falle der Beendigung eines
Strafverfahrens auf andere Weise als durch ein verurteilendes Erkenntnis alle
aufgelaufenen Kosten zu ersetzen (§ 390 Abs. 1 StPO).
Der Entwurf sieht daher eine Ersatzpflicht für Nachteile aus
ungerechtfertigter Beschlagnahme sowie grundsätzlich eine Kostenersatzpflicht
zwischen den Parteien des Verfahrens vor; Ausnahmen werden bei der Kostentragung
für die Fälle der unmittelbaren Ausstrahlung im Sinn des § 6 Abs. 2 Z 3 und die
Abrufbarkeit auf einer Website im Sinn des § 6 Abs. 2 Z 3a (hier soll der
Urheber der Äußerung ersatzpflichtig sein) vorgeschlagen.
Soweit der Ersatz in Zukunft zwischen den Parteien des Verfahrens
stattfindet, soll dieser nicht mehr auf dem Zivilrechtsweg, sondern im Rahmen
des Medienverfahrens geltend zu machen sein. Damit soll ein geringerer Aufwand
auf Seiten der Parteien, aber auch auf Seiten der Justiz erreicht werden.
Im Hinblick auf diese differenzierten Regelungen wird vorgeschlagen, die
Bestimmungen über den Ersatz von Nachteilen aus ungerechtgefertigter
Beschlagnahme in einen gesonderten Paragrafen (§ 38a) aufzunehmen. Der
vorgeschlagene § 39 enthält daher nur mehr Bestimmungen zum Erlass einer kurzen
Mitteilung über den Verfahrensausgang, zum Kostenersatz für ungerechtfertigte
Veröffentlichungen sowie Verfahrensbestimmungen zur Geltendmachung dieser
Ansprüche.
2. Zu § 38a
2.1. Erweist sich eine Beschlagnahme nachträglich als ungerechtfertigt,
so hat nach bisheriger Rechtslage der Bund dem Medieninhaber dafür Ersatz zu
leisten (§ 39 Abs. 1). Entsprechend den Ergebnissen des Begutachtungsverfahrens
wird vorgeschlagen, von dieser allgemeinen Kostenersatzpflicht des Bundes
abzugehen. Eine derart weitreichende Haftung des Bundes für ungerechtfertigte
Beschlagnahmungen ist im Übrigen auch in der Strafprozessordnung nicht
vorgesehen. Vorgeschlagen wird daher eine unmittelbare Haftung des
Antragstellers der Beschlagnahme. Bei der inhaltlichen und verfahrenstechnischen
Ausgestaltung dieser Verantwortlichkeit sind die folgenden Erwägungen zu
berücksichtigen:
2.2. Das Gegenstück zur strafgerichtlichen Sicherungsmaßnahme der
Beschlagnahme ist im Exekutionsrecht die einstweilige Verfügung. Erweist sich im
Exekutionsverfahren zur Erwirkung einer einstweiligen Verfügung der von der
gefährdeten Partei behauptete Anspruch letztlich als ungerechtfertigt, so hat
der Gegner der gefährdeten Partei nach § 394 EO Anspruch auf Ersatz aller ihm
durch die einstweilige Verfügung verursachten Vermögensnachteile. Die Höhe des
Ersatzes hat das Gericht auf Antrag nach freier Überzeugung (§ 273 ZPO) durch
Beschluss festzusetzen. Mit dem Verfahren nach § 394 EO steht dem Gegner der
gefährdeten Partei ein summarisches Verfahren zur Liquidierung von Schäden zur
Verfügung, das dem entspricht, in dem die gefährdete Partei vorläufig
Rechtsschutz erlangt hat (vgl. 4 Ob 2097/96b). Bei der Festsetzung des
Ersatzbetrages hat das Gericht weitgehend von § 273 ZPO Gebrauch zu machen,
Voraussetzung dieser (verschuldensunabhängigen) Erfolgshaftung ist lediglich ein
Vermögensschaden, für dessen Eintritt die einstweilige Verfügung ursächlich war.
In Anlehnung an § 394 EO und die bisherige Haftungsbestimmung nach § 39
Abs. 1 sieht der Entwurf einen unmittelbaren Ersatzanspruch des Medieninhabers
gegen den Privatankläger oder Antragsteller vor. Dieser umfasst wie bisher
sämtliche vermögensrechtlichen Nachteile, die durch die Beschlagnahme und das
Verbreitungsverbot entstanden sind, sofern die Beschlagnahme ohne Schuldspruch
oder Einziehungserkenntnis vom Gericht aufgehoben wird.
2.3. In der Praxis werden medienrechtliche Verfahren häufig durch
(gerichtlichen oder außergerichtlichen) Vergleich beendet; von den gegen die
auflagenstärkste österreichische Tageszeitung angestrengten
Entschädigungsverfahren werden beispielsweise 30% verglichen (Swoboda,
Mitteilungen, Menschenrechte und Anwaltshonorare, MR 1997, 290).
Die Rechtsfolgen solcher Vergleiche wurden in der Judikatur
unterschiedlich beurteilt, sowohl was die Kostenersatzpflicht des Bundes als
auch was die Regresspflicht des Antragstellers anlangt. Der OGH hat in einem
Urteil aus dem Jahr 1997 (MR 1998, 118, mit Anmerkung von Weis) ausgesprochen,
dass eine außergerichtliche Einigung zwischen dem Privatankläger und dem
beschuldigten Medieninhaber nicht als „Weiterverfolgung des Anspruchs“ im Sinn
des § 39 Abs. 4 zu verstehen sei, weshalb der Regressanspruch des Bundes gegen
den seinerzeitigen Privatankläger zu Recht bestehe. In einem Urteil aus dem Jahr
2000 (MR 2001, 75) hat der OGH dagegen im Zusammenhang mit einem selbständigen
Entschädigungsverfahren (§ 8a) festgestellt, die Vereinbarung einer
Entschädigung in einem gerichtlichen Vergleich sei einem Zuspruch durch das
Gericht gleichwertig, sodass von einer Unterlassung der Weiterverfolgung des
Anspruches keine Rede sein könne. Auch in Verfahren, in denen Medieninhaber den
Bund auf Ersatz der Veröffentlichungskosten geklagt haben, haben Gerichte den
Klagen teils stattgegeben, teils Klagen abgewiesen.
Wie bereits im Begutachtungsentwurf im Grundsatz vorgesehen, sollen
vertragliche Vereinbarungen der Parteien auch in den Entschädigungsbestimmungen
ausdrücklich berücksichtigt werden. Der Entwurf spricht von „vertraglicher
Einigung“ und versteht darunter – in einem weiten Sinn – sowohl gerichtliche als
auch außergerichtliche Einigungen (insbesondere Vergleiche) zu
verfahrensgegenständlichen Themenbereichen. Die Haftung des Privatanklägers oder
Antragstellers soll nicht zwingend bei jeder Verfahrensbeendigung, der eine
vertragliche Einigung zu Grunde liegt, zum Tragen kommen. Der Haftungsanspruch
des Medieninhabers besteht vielmehr nur dann, wenn die Parteien dies
ausdrücklich vertraglich vereinbart haben, andernfalls Schäden im Zusammenhang
mit der Beschlagnahme nicht geltend gemacht werden können. Die Parteien werden
dadurch angehalten, im Zuge ihrer Vergleichsgespräche auch zur Haftungsfrage
eine Vereinbarung zu treffen (so schon zur geltenden Rechtslage
Brandstetter/Schmid, Kommentar zum Mediengesetz2, Rz 13 zu § 39). Insbesondere
bei gerichtlichen Vergleichen wäre es wünschenswert, wenn bereits in diesem
Zeitpunkt konkrete Haftungsbeträge festgelegt oder zumindest erlittene
Vermögensnachteile konkretisiert werden. Durch derartige Vereinbarungen könnte
nicht zuletzt ein nachträgliches Entschädigungsverfahren nach Abs. 2 entbehrlich
werden.
In allen übrigen Fällen – insbesondere auch dann, wenn die Parteien in
einem Vergleich lediglich eine Haftung dem Grunde nach vereinbart haben – hat
das Gericht über den Entschädigungsanspruch des Medieninhabers zu entscheiden.
2.4. Der Entschädigungsanspruch ist binnen sechs Wochen nach
rechtskräftiger Beendigung des Strafverfahrens oder selbstständigen Verfahrens
geltend zu machen. In den Fällen einer vertraglichen Einigung wird insbesondere
die rechtskräftige Einstellung des Verfahrens aufgrund Zurücknahme des Antrages
oder Rücktrittes von der Verfolgung (vgl. § 46 Abs. 3 StPO) maßgeblich sein.
Eine klagsweise Geltendmachung dieser Ansprüche auf dem Zivilrechtsweg
ist ausgeschlossen.
3. Zu § 39:
3.1. Das Gesetz räumt bei Privatanklagen wegen eines
Medieninhaltsdeliktes, in selbstständigen Verfahren zur Einziehung (§ 33 Abs. 2)
und zur Urteilsveröffentlichung (§ 34 Abs. 3) sowie in selbstständigen
Entschädigungsverfahren (§ 8a) dem Ankläger oder Antragsteller die Möglichkeit
ein, die Veröffentlichung einer kurzen Mitteilung über das eingeleitete
Verfahren zu beantragen (§§ 37, 8a Abs. 5). Für den Fall, dass das Verfahren
nicht im Sinne des Antragstellers endet (also kein Schuldspruch ergeht, nicht
auf Einziehung oder Urteilsveröffentlichung erkannt oder eine Entschädigung
zugesprochen wird), räumt das Gesetz dem Medieninhaber die Möglichkeit ein, auch
darüber eine kurze Mitteilung zu veröffentlichen (§ 39 Abs. 2 Satz 1, § 8a Abs.
5 Satz 2).
Die – durch die Mediengesetznovelle 1992 eingeführte – Bestimmung des §
39 Abs. 3 verfügt, dass § 39 Abs. 2 „auch anzuwenden ist“, wenn eine
Veröffentlichung über die Verfahrenseinleitung (§ 37) erfolgt ist und das
Verfahren zwar zum Ausspruch einer Einziehung oder einer Urteilsveröffentlichung
führt (also der objektive Tatbestand eines Medieninhaltsdeliktes festgestellt
wird), dem Medium aber kein Vorwurf an der Veröffentlichung gemacht werden kann,
weil es den Rechtfertigungsgrund der Live-Sendung (§ 6 Abs. 2 Z 3) oder jenen
der gerechtfertigten und wahrheitsgetreuen Wiedergabe der Äußerung eines Dritten
(§ 6 Abs. 2 Z 4) geltend machen kann. Was mit der Anordnung, Abs. 2 sei
anzuwenden, im einzelnen gemeint ist, ist nicht ganz deutlich. Dass sich die
Kostenersatzpflicht des Bundes in diesen Fällen auch auf die
Urteilsveröffentlichung erstreckt, wird derzeit vom Gesetz nicht ausdrücklich
angeordnet.
3.2. Der vorgeschlagene § 39 Abs. 1 hat im bisherigen § 39 Abs. 2 seine
Grundlage und beinhaltet vier Neuerungen:
- die inhaltliche Übernahme des
§ 8a
Abs. 5 Satz 2 (vgl. schon Punkt 2. der Erläuterungen zu Z 18 und 19),
- eine kürzere Antragsfrist für die Ermächtigung zur Veröffentlichung
einer kurzen Mitteilung über den Verfahrensausgang,
- eine geänderte Kostenersatzpflicht sowie
- die ausdrückliche Einbeziehung vertraglicher Einigungen.
a. Bisher war für den Antrag auf Ermächtigung zur Veröffentlichung einer
kurzen Mitteilung über den Verfahrensausgang keine ausdrückliche Frist normiert,
wenngleich der Kostenersatzanspruch gegen den Bund nur innerhalb von sechs
Monaten nach rechtskräftiger Beendigung des Verfahrens geltend gemacht werden
konnte (§ 39 Abs. 5 Z 1). Die Gegenmitteilung dient im Interesse des
Medieninhabers dazu, die Öffentlichkeit, die seinerzeit auch über die
Verfahrenseinleitung informiert wurde, nunmehr über den für den Medieninhaber
günstigen Verfahrensausgang zu informieren. Um die zeitliche Nähe dieser
Mitteilung zum Verfahrensausgang zu wahren, scheint die einheitliche Statuierung
einer sechswöchigen Antragsfrist sachgerecht.
b. In Anlehnung an das im Zivilverfahrensrecht geltende Erfolgsprinzip
soll der Kostenersatz in Zukunft grundsätzlich (zu den Ausnahmen siehe Abs. 2
und 3) nur mehr zwischen dem Medieninhaber und dem Privatankläger oder
Antragsteller stattfinden. Erweist sich die Veröffentlichung einer Mitteilung
nach § 8a Abs. 5 oder nach § 37 aufgrund des Verfahrensausganges letztlich als
unberechtigt und macht sie darüber hinaus die Veröffentlichung einer
„Gegenmitteilung“ erforderlich, so hat diese Kosten die unterlegene
Verfahrenspartei zu tragen. Wurde der Veröffentlichungsantrag von der
Staatsanwaltschaft gestellt, kann der Medieninhaber nur mehr im Rahmen des
Amtshaftungsgesetzes Kostenersatz begehren. Eine darüber hinausgehende
(verschuldensunabhängige) Haftung des Bundes für sich letztlich als unberechtigt
erweisende Anträge staatlicher Organe ist einerseits auch in der StPO nicht
vorgesehen und erscheint andererseits auch im Rahmen der medienrechtlichen
Verfahren nicht erforderlich.
Da der Kostenersatz nach Abs. 1 nur zwischen den Verfahrensparteien
erfolgt, soll über diesen Anspruch aus Gründen der Verfahrensökonomie
unmittelbar das in der Hauptsache befasst gewesene Gericht entscheiden. Für das
Entschädigungsverfahren kann grundsätzlich auf das in § 38a Abs. 2 geregelte
Verfahren zurückgegriffen werden, auf die Ausführungen zu dieser Bestimmung wird
daher verwiesen. Lediglich die in § 38a Abs. 2 vorgesehene sechswöchige
Antragsfrist ab rechtskräftiger Verfahrensbeendigung würde im vorliegenden Fall
zu kurz greifen. Sie ist zwar für die Geltendmachung der Kosten der
Veröffentlichung nach § 8a Abs. 5 oder nach § 37 anzuwenden, beantragt der
Medieninhaber hingegen die Kosten für die Veröffentlichung einer
„Gegenmitteilung“, so steht ihm dafür eine Antragsfrist von sechs Wochen
gerechnet ab Veröffentlichung der Mitteilung über den Verfahrensausgang zur
Verfügung. Durch diese Regelung soll vor allem in jenen Fällen eine ausreichende
Frist zur Geltendmachung der Kostenersatzansprüche zur Verfügung stehen, in
denen die Veröffentlichung der Mitteilung über den Verfahrensausgang aufgrund
der weit auseinander liegenden Erscheinungszeitpunkte des Mediums erst einige
Zeit nach Beendigung des zugrundeliegenden Verfahrens erfolgt.
Angemerkt wird, dass das Gesetz nur mehr den neutralen Ausdruck „Kosten“
der einzelnen Veröffentlichungen verwendet und damit die Höhe der dem
Medieninhaber entstandenen Veröffentlichungskosten nicht mehr strikt an das –
meist erheblich darüber liegende – „übliche Einschaltungsentgelt“ bindet.
c. Wie zu § 38a (vgl. die
Erläuterungen dort) bereits ausgeführt, werden medienrechtliche Verfahren in der
Praxis häufig durch (gerichtlichen oder außergerichtlichen) Vergleich beendet.
Diese Erledigungsform soll auch in den Kostenersatzbestimmungen berücksichtigt
werden.
Es wird daher eine zu § 38a Abs. 1 Satz 2 analoge Regelung
vorgeschlagen. Auch hier soll der weit gefasste Begriff „vertragliche Einigung“
verwendet werden, der sowohl gerichtliche als auch außergerichtliche Einigungen
(insbesondere Vergleiche) zu verfahrensgegenständlichen Themenbereichen umfasst.
Im Gegensatz zum Begutachtungsentwurf wird die Veröffentlichung einer
kurzen Mitteilung über den Verfahrensausgang bei Vorliegen einer vertraglichen
Einigung nicht von Vornherein ausgeschlossen. Das Gesetz sieht in diesen Fällen
lediglich vor, dass die Tragung von Veröffentlichungskosten durch den
Privatankläger oder Antragsteller von einer entsprechenden vertraglichen
Vereinbarung abhängt. Die Parteien werden aus diesem Grund im Rahmen ihrer
Vergleichsverhandlungen regelmäßig auch die Frage klären müssen, inwieweit im
konkreten Fall der Ersatz von Veröffentlichungskosten gewünscht ist. Wurde
zwischen den Parteien ein Kostenersatz lediglich dem Grunde nach vereinbart, so
kann die Höhe der Kosten auch in diesen Fällen im Rahmen des
Entschädigungsverfahrens nach § 38a Abs. 2 richterlich festgelegt werden.
3.3. Die Neufassung des § 39 Abs. 2
übernimmt den Regelungsgegenstand des geltenden § 39 Abs. 3, soweit es um jene
Fälle geht, in denen der Ausschlussgrund der unmittelbaren Ausstrahlung im
Rundfunk im Sinn des § 6 Abs. 2 Z 3 oder der – neu in das Gesetz eingefügte –
Ausschlussgrund der Abrufbarkeit auf einer Website im Sinn des § 6 Abs. 2 Z 3a
zum Tragen kommt. Wird in diesen Fällen auf Einziehung oder
Urteilsveröffentlichung erkannt, so soll der Medieninhaber wie bisher die
Möglichkeit haben, gegen Kostenersatz eine kurze Mitteilung über den
Verfahrensausgang zu veröffentlichen. Auch hier soll die Antragsfrist mit sechs
Wochen nach rechtskräftiger Beendigung des Verfahrens begrenzt werden.
Während derzeit nach § 39 Abs. 4 letzter Satz der Bund die Kosten dieser
Veröffentlichung sowie der ursprünglichen Mitteilung an den Geschädigten zu
leisten hat und sich beim Urheber des Medieninhaltsdeliktes regressieren kann,
soll sich der Kostenersatzanspruch des Medieninhabers nach dem Entwurf
unmittelbar gegen den Urheber des Medieninhaltsdeliktes richten. Der Anspruch
umfasst wie bisher die Kosten der Veröffentlichung einer Mitteilung nach § 8a
Abs. 5 oder nach § 37 sowie der Veröffentlichung einer Mitteilung über den
Verfahrensausgang. Ausdrücklich klargestellt wird darüber hinaus, dass sich die
Ersatzpflicht auch auf die Kosten der Urteilsveröffentlichung bezieht.
Um dem Urheber des Medieninhaltsdeliktes, der dem medienrechtlichen
Verfahren oftmals nicht beigezogen wurde, ausreichend Gelegenheit zu geben, der
Forderung des Medieninhabers Einwände entgegenzusetzen, sind die Ansprüche nach
Abs. 2 im Zivilrechtsweg geltend zu machen.
Der verbleibende Regelungsgegenstand des geltenden § 39 Abs. 3, nämlich
die Fälle, in denen bei Vorliegen des Ausschlussgrundes der Wiedergabe der
Äußerung eines Dritten im Sinn des § 6 Abs. 2 Z 4 auf Einziehung oder
Urteilsveröffentlichung erkannt wurde, kann entfallen, weil sowohl die
Einziehung als auch die Urteilsveröffentlichung aufgrund der neu geschaffenen §
33 Abs. 2a und § 34 Abs. 3a bei Vorliegen des Ausschlussgrundes der Wiedergabe
der Äußerung eines Dritten im Sinn des § 6 Abs. 2 Z 4 jedenfalls unzulässig sein
soll.
3.4. Keine ausdrückliche Bestimmung sieht § 39 bisher für die
Veröffentlichung einer Mitteilung über den Verfahrensausgang in einem
Ersatzmedium vor. Eine solche ist – neben den in § 34 Abs. 5 angeführten Gründen
– dann erforderlich, wenn bereits die Mitteilung nach § 8a Abs. 5 oder nach § 37
in einem Ersatzmedium veröffentlicht wurde oder wenn das (Ersatz-)Medium, in dem
die Mitteilung nach § 8a Abs. 5 oder nach § 37 veröffentlicht wurde, im
Zeitpunkt der „Gegenmitteilung“ nicht mehr besteht. In § 39 Abs. 3 soll daher
die sinngemäße Anwendung des § 34 Abs. 5 vorgesehen werden. Damit kann das
Gericht nunmehr mit Beschluss die Veröffentlichung der Mitteilung über den
Verfahrensausgang in einem Ersatzmedium anordnen, sodass auch § 46 zur Anwendung
kommt.
Zu Z 47 bis 49 (Art. I §§ 40, 41 Abs. 1 und 2):
1. Die geltenden Bestimmungen über den Begehungsort (§
40) und die damit in engem inhaltlichem Zusammenhang stehenden Bestimmungen
über die örtliche Zuständigkeit (§ 41 Abs.
2) sind in mehrfacher Hinsicht dringend überarbeitungsbedürftig:
Zunächst enthält das Gesetz für die neuen periodischen elektronischen
Medien keine ausdrücklichen Regelungen: § 40 Abs. 1 gilt nur für Medienwerke, §
40 Abs. 2 für Rundfunk und § 40 Abs. 3 für Filme, sodass aus dem Verweis in § 41
Abs. 2 Satz 1 auf den Tatort für elektronische Medien nichts gewonnen ist. § 41
Abs. 2 Satz 2 enthält eine Sonderregelung für den Rundfunk. Die Rechtsprechung
hat sich bei Websites mit der analogen Anwendung der für den Rundfunk
getroffenen Regelungen beholfen: Als Tatort (und damit Anknüpfungspunkt für die
örtliche Zuständigkeit) sieht die Rechtsprechung in analoger Anwendung von § 40
Abs. 2 Satz 1 (erste Verbreitung) den Sitz des Providers an (vgl. zB. OLG Wien
18 Bs 143/00, MR 2000, 140). Dies ist aber ein „eher zufälliges Kriterium“
(Polley in Berka/Höhne/Noll/Polley, Mediengesetz Praxiskommentar, Rz 16 zu §
40), weil der Provider zu den inkriminierten Inhalten keinen Bezug hat und
überdies im Ausland liegen kann. Die Rechtsprechung hat zunächst auch § 41 Abs.
2 Satz 2 auf Internet-Websites analog angewendet (OLG Wien seit 13.12.2000, 21
Ns 339/00; zuletzt OLG Wien 21 Ns 97/01, MR 2001, 157) und ist damit zu einer
Zuständigkeit des Landesgerichts für Strafsachen Wien für ganz Österreich
gekommen; der OGH hat aber zuletzt die analoge Anwendung von § 41 Abs. 2 Satz 2
auf elektronische Medien abgelehnt (13 Os 83/02, JBl. 2003, 259 mit Anm. Reindl
= MR 2002, 283; vgl. auch Zöchbauer, Zur prozessualen Zuständigkeit bei
Medieninhaltsdelikten im Internet, MR 2003, 137).
Überarbeitungsbedürftig sind weiters die Sonderbestimmungen für
Rundfunk. Insbesondere die Bestimmung des Landesgerichtes für Strafsachen Wien
als zuständiges Gericht für ganz Österreich ist vor allem im Hinblick auf das
private Regionalradio und -fernsehen nicht mehr zeitgemäß (vgl. nur die Kritik
von Polley in Berka/Höhne/Noll/Polley, Mediengesetz Praxiskommentar, Rz 10 zu §
41). Die Erwähnung des Jugendgerichtshofs Wien ist überholt, weil dieser nicht
mehr besteht (BGBl. III Nr. 30/2003).
Schließlich wurde zu Recht darauf hingewiesen (Rami,
Entscheidungsanmerkung in MR 2001, 156), dass § 40 nach seinem Wortlaut
Regelungen nur für Verfahren wegen Medieninhaltsdelikten trifft, nicht aber für
Verfahren über Entschädigungen nach den §§ 7 bis 7c sowie für Verfahren über
Gegendarstellungen und nachträgliche Mitteilungen über den Ausgang eines
Strafverfahrens (§§ 9, 10). Die Bestimmungen werden zwar in der Praxis ohne
weiteres analog angewendet (Nachweise bei Rami aaO), eine Klarstellung scheint
aber dennoch angebracht.
(Klärungsbedürftig ist auch die Frage der österreichischen
Gerichtsbarkeit für Medieninhaltsdelikte insbesondere in elektronischen Medien.
Dazu siehe unten bei § 51).
2. Der Entwurf schlägt vor, die derzeit bestehende Doppelgleisigkeit (§
40 regelt den Tatort, § 41 Abs. 2 – unter Verweis auf diesen – die örtliche
Zuständigkeit) aufzugeben und alle für die örtliche Zuständigkeit bedeutsamen
Bestimmungen in § 40 zusammenzufassen. In § 41 Abs. 2 soll nur die Regelung der
sachlichen Zuständigkeit bleiben.
Die Bestimmungen sollen nun ausdrücklich nicht nur für Strafverfahren
wegen eines Medieninhaltsdeliktes (sei es ein von Amts wegen oder ein mittels
Privatanklage eingeleitetes), sondern auch für alle selbstständigen Verfahren
(§§ 8a, 33 Abs. 2, 34 Abs. 3) gelten.
3. Inhaltlich wird zunächst vorgeschlagen (§ 40 Abs. 1), die derzeit
bestehende Regelung für Medienwerke (§ 40 Abs. 1) grundsätzlich auf alle Medien
anwendbar zu machen, also insbesondere auch auf Rundfunk und periodische
elektronische Medien; beibehalten werden soll allerdings die Sonderregelung für
den Film (Abs. 3, dazu unter 5.).
Zentraler Anknüpfungspunkt für alle „Medienverfahren“ soll der Sitz des
Medieninhabers (bzw. bei natürlichen Personen der Wohnsitz oder Aufenthalt)
sein. Bei Medienwerken ist darunter – wie nach derzeitiger Rechtslage – der
Verlagsort zu verstehen. Wichtigster Anhaltspunkt zur Feststellung des Sitzes
des Medieninhabers ist das Impressum; nach der vorgeschlagenen Erweiterung des §
24 ist auch in wiederkehrenden elektronischen Medien zukünftig der Name oder die
Firma sowie die Anschrift des Medieninhabers anzugeben. Für in der Praxis
bisweilen zu beobachtende Fälle, in denen im Impressum ein anderer Ort als
Verlagsort oder Sitz des Medieninhabers als der tatsächliche angegeben ist
(Polley in Berka/Höhne/Noll/Polley, Mediengesetz Praxiskommentar, Rz 7 zu § 40),
wird vorgeschlagen, dass beide Orte zuständigkeitsbegründend sein sollen.
Die Sonderbestimmung für Rundfunk soll also entfallen. Dies hat auch zur
Folge, dass das bisher von der Rechtsprechung angenommene Delegierungshindernis
nicht mehr bestehen wird.
4. In § 40 Abs. 2 sollen die bisher in § 40 Abs. 1 enthaltenen
subsidiären Begehungsorte inhaltlich unverändert übernommen werden; auch hier
soll durch die Verwendung der Begriffe „Ausstrahlung“ und „Empfang“ insbesondere
auf Rundfunk und durch das Abstellen auf die „Abrufbarkeit“ auf Websites Bedacht
genommen werden.
Liegt also der Sitz des Medieninhabers im Ausland und ist nach § 51
inländische Gerichtsbarkeit gegeben, so sollen jene Gerichte zuständig sein, auf
die die in Abs. 2 angeführten Kriterien zutreffen.
5. Die Sonderregelung für den Film soll wie erwähnt beibehalten werden
(§ 40 Abs. 3). Durch die Formulierung (ein „an bestimmten Orten vorgeführter“
Film) soll der bereits bisher bestehende Regelungsinhalt, der durch die
Formulierung „unbeschadet der Abs. 1 und 2“ zum Ausdruck gebracht wird,
beibehalten und verdeutlicht werden: Der Sondergerichtsstand soll nur bei
ortsgebundener Vorführung von Filmen (im Kino, in anderen Räumlichkeiten, im
Freien) zur Anwendung kommen, während er für Ausstrahlung im Fernsehen oder für
Verleih oder Verkauf auf einem Trägermedium (Videokassetten ...) nicht gilt
(Polley in Berka/Höhne/Noll/Polley, Mediengesetz Praxiskommentar, Rz 15 zu § 40;
Brandstetter/Schmid, MedienG Kommentar, 2. Auflage, Rz 11f zu § 40).
6. § 41 Abs. 1 erklärt die Bestimmungen der StPO für (subsidiär)
anwendbar, soweit die übrigen Bestimmungen des § 41 („im folgenden“) keine
abweichenden Regelungen treffen. Diese Regelung scheint jedoch insofern
missverständlich, als sich in zahlreichen anderen Bestimmungen des
Mediengesetzes weitere Verfahrensbestimmungen finden, die ebenfalls der StPO
vorgehen. Dem soll durch die allgemeine Formulierung („soweit in diesem
Bundesgesetz nichts Anderes bestimmt ist“) Rechnung getragen werden.
7. Da die örtliche Zuständigkeit nach dem Entwurf in § 40 geregelt
werden soll, verbleibt als Regelungsgegenstand für § 41 Abs. 2 nur noch die
sachliche Zuständigkeit: Die Zuständigkeit des Landesgerichts (namentlich des
mit Strafsachen betrauten Landesgerichts) soll beibehalten werden.
Zu Z 50 und 51 (Art. I § 41 Abs. 3 und 4):
Die für § 41 Abs. 3 und 4 vorgeschlagenen Änderungen sind lediglich redaktioneller Art. In Abs. 3 soll der veraltete Ausdruck „Geschworne“ durch den seit dem Geschworenen- und Schöffengesetz 1990 (BGBl. Nr. 256) auch in der Gesetzessprache üblichen Ausdruck „Geschworene“ (siehe auch Art. 91 Abs. 2 B-VG idF BGBl. I Nr. 121/2001) ersetzt werden. In Abs. 4 ist der Verweis auf § 455 StPO richtig zu stellen, weil der Regelungsgehalt des früheren § 455 Abs. 3 seit dem Strafprozessänderungsgesetz 1993 (BGBl. Nr. 526) in § 455 Abs. 2 enthalten ist.
Zu Z 52 (§ 41 Abs. 5):
1. Wie bereits in den Erläuterungen zu
§
8a Abs. 2 ausgeführt, sollen jene Verfahrensbestimmungen, die sowohl für das
Strafverfahren wegen eines Medieninhaltsdeliktes als auch für selbstständige
Verfahren nach den §§ 8a, 33 Abs. 2 und 34 Abs. 3 gleichermaßen gelten, in § 41
zusammengefasst werden. Auch die Verfahrensbestimmungen zur Gegendarstellung
oder nachträglichen Mitteilung (§§ 14 ff) würden in vielen Bereichen mit jenen
des § 41 übereinstimmen. Dennoch ist das Entgegnungsrecht als eigenständiger
Anspruch anzusehen, der sich von den in § 41 genannten Verfahren wesentlich
unterscheidet und in den §§ 9 bis 20 umfassend geregelt ist. Eine Einbeziehung
dieses Verfahrens in den
§ 41 wurde daher nicht für sinnvoll
erachtet.
2. Die Bestimmung über den Ausschluss der Voruntersuchung (§ 41 Abs. 5
Satz 1) wurde durch die Mediengesetznovelle 1992 (BGBl. Nr. 20/1993) eingefügt.
Schwerpunkt dieser Novelle war der Ausbau des Persönlichkeitsschutzes,
insbesondere durch Aufwertung der zivilrechtlichen Komponente; es wurden
einerseits die materiell-rechtlichen Anspruchsgrundlagen erweitert (Ausbau des §
6, Schaffung der §§ 7a und 7b), andererseits auch die Möglichkeiten zur
Durchsetzung der Ansprüche verbessert (vor allem im Einziehungs- und
Urteilsveröffentlichungsverfahren). So wurden insbesondere die Voraussetzungen
für die Zulässigkeit der Einziehung (§ 33 Abs. 2) dahingehend erweitert, dass
auf Einziehung in einem selbstständigen Verfahren nicht nur dann erkannt werden
kann, wenn die Verfolgung oder Verurteilung einer bestimmten Person nicht
möglich ist, sondern auch dann, wenn der zur Anklage Berechtigte die
Strafverfolgung von Vornherein nicht wünscht oder aufrecht erhält (EBRV 503
BlgNR XVIII. GP 20); die Voraussetzungen für einen Antrag auf
Urteilsveröffentlichung wurden in gleicher Weise erweitert (§ 34 Abs. 3). Der
Justizausschuss hat unter Hinweis darauf, dass durch diese beiden
Gesetzesänderungen die Verpflichtung des Anklageberechtigten, die Ausforschung
des Artikelverfassers zu versuchen, entfallen ist, den Ausschluss der
Voruntersuchung (der in der Regierungsvorlage noch nicht vorgeschlagen worden
war) in den Gesetzestext aufgenommen (JA-Bericht 851 BlgNR XVIII. GP 8.
Die Bestimmungen des § 41 gelten aber grundsätzlich nicht nur für
Verfahren auf Grund einer Privatanklage und für selbstständige Verfahren (§§ 8a,
33 Abs. 2, 34 Abs. 3), sondern auch für alle anderen Strafverfahren wegen eines
Medieninhaltsdeliktes. Als Medieninhaltsdelikte können etwa eine Verletzung des
Amtsgeheimnisses (§ 310 StGB), ein Missbrauch der Amtsgewalt (§ 302 StGB), ein
Verrat von Staatsgeheimnissen (§ 252 Abs. 2 StGB) sowie Verbrechen nach den §§
3d, 3g und 3h VerbotsG begangen werden. Für solche Strafverfahren ist ein
Ausschluss der Voruntersuchung nicht zu rechtfertigen und würde zu unauflösbaren
Wertungswidersprüchen führen. Ein Ausschluss der Voruntersuchung würde bedeuten,
dass beispielsweise keine Untersuchungshaft verhängt werden kann und eine
Subsidiaranklage nicht möglich ist – wenn es sich um ein Medieninhaltsdelikt
handelt, während die Untersuchungshaft zulässig und die Subsidiaranklage möglich
ist, wenn das betreffende Delikt nicht als Medieninhaltsdelikt begangen wurde.
Diese Differenzierung kann sachlich nicht gerechtfertigt werden und wäre daher
gleichheitswidrig.
Aus diesen Gründen hat der OGH auf Grund einer von der Generalprokuratur
eingebrachten Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes ausgesprochen,
dass der Ausschluss der Voruntersuchung teleologisch auf das
Privatanklageverfahren zu reduzieren ist (19.2.2003, 13 Os 129, 130/02, MR 2003,
77; weitere Nachweise bei Rami, Keine medienrechtliche Beschlagnahme im
Vorverfahren? MR 2003, 289, in FN 10).
Es wird daher vorgeschlagen, im Gesetz ausdrücklich klarzustellen, dass
die Voruntersuchung nur im selbstständigen Verfahren und im Verfahren auf Grund
einer Privatanklage ausgeschlossen ist, während sie in anderen Strafverfahren
wegen eines Medieninhaltsdeliktes (also bei von Amts wegen zu verfolgenden
Straftaten) zulässig ist.
3. Schließlich wird vorgeschlagen, dem Abs. 5 zwei weitere Sätze
anzufügen, wonach Sachentscheidungen im Sinne des § 485 Abs. 1 Z 4 bis 6 StPO
erst nach öffentlicher mündlicher Verhandlung getroffen werden können. Anlass
für diese Neuerung ist eine Verurteilung Österreichs durch den Europäischen
Gerichtshof für Menschenrechte (Urteil vom 21.3.2002, Beschwerde Nr. 32636/96,
ÖJZ 2002/21 (MRK 469) = MR 2003, 17).
Dem Urteil lag Folgendes zu Grunde: Der Beschwerdeführer hatte Anträge
auf Entschädigung nach den §§ 6, 7, 7a und 7b MedienG im selbstständigen
Verfahren (§ 8a MedienG) gestellt. Das Erstgericht hatte die Verfahren, ohne
eine mündliche Verhandlung durchzuführen, nach den §§ 8a Abs. 2, 41 Abs. 1
MedienG sowie § 486 Abs. 3 StPO eingestellt und sämtliche Anträge abgewiesen,
wobei es in der Begründung darlegte, warum die Voraussetzungen für die
behaupteten Entschädigungsansprüche nicht gegeben seien. Den dagegen erhobenen
Beschwerden gab das zuständige Oberlandesgericht keine Folge; in der Begründung
ging es wiederum auf die materiellen Anspruchsvoraussetzungen ein.
Der EGMR ging davon aus, dass es sich um zivilrechtliche Ansprüche im
Sinn von Art. 6 Abs. 1 EMRK handle. Indem die Gerichte die Anträge des
Beschwerdeführers nach inhaltlicher Prüfung abwiesen, ohne eine mündliche
Verhandlung durchzuführen, hätten sie gegen den Grundsatz der Öffentlichkeit von
Gerichtsverhandlungen verstoßen. Der Argumentation der Bundesregierung, der
Beschwerdeführer habe dadurch auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung
verzichtet, dass er deren Abhaltung nicht ausdrücklich beantragt (und den
Umstand, dass in erster Instanz keine Verhandlung durchgeführt worden war, in
der Beschwerde nicht gerügt habe), ist der EGMR nicht gefolgt.
Das Bundesministerium für Justiz hat mit Erlass vom 23.4.2003, JMZ
772.022/1-II 2/2003, JABl. 2003/20, – unter Hinweis auf die Rechtsprechung des
OGH zu § 6 StEG – darauf hingewiesen, dass § 8a Abs. 2 iVm §§ 485, 486 StPO
verfassungskonform zu interpretieren sei und Beschlüsse, mit denen das Verfahren
nach § 8a MedienG eingestellt und damit Entschädigungsansprüche, insbesondere
aus den im § 485 Abs. 1 Z 4 bis 6 StPO genannten Gründen, endgültig abgewiesen
werden, nach Durchführung einer mündlichen und grundsätzlich öffentlichen
Verhandlung öffentlich zu verkünden seien. Es wird vorgeschlagen, eine
Klarstellung in diesem Sinn nunmehr auch in den Gesetzestext aufzunehmen.
In der Praxis hat sich gezeigt, dass in den Fällen der
Verfahrenseinstellung auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung
regelmäßig verzichtet wurde. Vorgeschlagen wird daher, im Hinblick auf die
bisherige Praxis dem Privatankläger in einem Verfahren auf Grund einer
Privatanklage sowie dem Antragsteller in einem selbstständigen Verfahren die
Möglichkeit einzuräumen, auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung
ausdrücklich zu verzichten. Diese Bestimmung würde mit der Judikatur des EGMR
nicht im Widerspruch stehen, weil der Gerichtshof bereits in mehreren
Entscheidungen wiederholt hat, dass Art. 6 Abs. 1 EMRK nicht verhindert, dass
eine Person entweder ausdrücklich oder stillschweigend auf das Recht, dass sein
Fall öffentlich verhandelt wird, verzichtet, sofern der Verzicht in einer
unmissverständlichen Art und Weise erfolgt und keinem wichtigen öffentlichen
Interesse zuwiderläuft (vgl. Urteil vom 21.3.2002, Beschwerde Nr. 32636/96, ÖJZ
2002/21 (MRK) = MR 2003, 17; Urteil vom 24.6.1993, Beschwerde Nr.
17/1992/362/436, ÖJZ 1994/10 (MRK); Urteil vom 28.5.1997, Beschwerde Nr.
53/1996/672/858, ÖJZ 1997/27 (MRK)). Trotz ausdrücklichen Verzichts des
Antragstellers soll es dem Gericht in einer Angelegenheit von wichtigem
öffentlichen Interesse dennoch möglich sein, eine mündliche Verhandlung
durchzuführen. Diese Möglichkeit wird durch das Wort „kann“ zum Ausdruck
gebracht.
Eine Einstellung mit Beschluss ohne vorangehende Verhandlung kommt
demnach – mit Ausnahme des ausdrücklichen Verzichts durch den Antragsteller - im
Wesentlichen nur bei Unzuständigkeit oder Formmängeln (§ 485 Abs. 1 Z 2 und 3
StPO) in Betracht.
Zu Z 53 (Art. I § 50):
Um den praktischen Gegebenheiten Rechnung zu tragen, empfiehlt es sich,
die Bestimmung über die Ausnahme vom Anwendungsbereich der Z 3 ausdrücklich auf
mit bisher erfassten Medien vergleichbare wiederkehrende elektronische Medien
oder Websites auszuweiten und der Besonderheit zu entsprechen, dass diese nicht
in körperlicher Form hergestellt und verlegt werden.
Die Änderung in Z 2 überträgt den Sinngehalt der bisherigen (auf
Medienwerke beschränkten) Bestimmung auch auf die relevanten Erscheinungsformen
elektronischer Medien (Rundfunksender einer Mission oder einer internationalen
Einrichtung, die es auch nicht gibt, war schon bisher nicht erfasst).
Mit § 25 Abs. 5 und § 21 wurden
bereits spezifische Ausnahmen für bestimmte Erscheinungsformen von Websites
geschaffen. Bei diesen ist aber nicht Voraussetzung, dass die Medien nur als
Hilfsmittel dienen. Die Regelung des § 50 Z
4 ist daher im Bereich der „Websites“ in ihrem Anwendungsbereich enger als die
Ausnahmebestimmung des § 21. Die Website eines Versicherungsunternehmens wäre
etwa nach § 50 Z 4 wohl nicht privilegiert, da die Präsentation der Produkte und
Leistungen nicht mehr bloß als Hilfsmittel anzusehen ist. Andererseits finden
aber § 21 bzw. § 25 Abs. 5 auf eine derartige Website Anwendung, solange sie
keinen über die Darstellung des Unternehmens oder seiner Leistungen
hinausgehenden Informationsgehalt aufweist, der geeignet wäre, die öffentliche
Meinungsbildung zu beeinflussen. Im Übrigen sind auch keine Rundfunkprogramme
vorstellbar, die im Verkehr, im häuslichen, geselligen (....) Leben als
Hilfsmittel dienen.
Mit der unveränderten Z 1 des
§ 50
sind weiterhin auch Rundfunkprogramme erfasst. Es gibt so etwa Fensterprogramme
ausländischer Rundfunkveranstalter, die mittels Satellit in die österreichischen
Kabelnetze eingespeist werden und damit nur in Österreich empfangbar sind.
Zu Z 54 (Art. I § 51):
1. Wie bei der örtlichen Zuständigkeit, sind auch bei der inländischen
Gerichtsbarkeit erhebliche Probleme in der Praxis aufgetreten.
Zunächst wurde durch die weltweite Abrufbarkeit von Internet-Websites
die Frage relevant, inwieweit das Strafrecht eines Staates auf den Inhalt einer
ausländischen Website anwendbar ist. Das Problem ist nicht nur in Österreich
aufgetreten, sondern hat auch schon Gerichte anderer Staaten beschäftigt (zB in
Deutschland: BGH 12.12.2000, MR 2001, 131 mit Anmerkung Thiele; in Frankreich:
Tribunal de Grande Instance de Paris 20.11.2000; dazu Zeder, Internet und
Strafrecht, in Studiengesellschaft für Wirtschaft und Recht [Hg], Internet und
Recht [2002] 73 [91]). In Österreich hat etwa das OLG Wien (MR 2001, 282 mit
Anmerkung Plöckinger) inländische Gerichtsbarkeit für auf einer Website in
Deutschland von einem Deutschen getätigte (ein österreichisches Unternehmen
beleidigende) Äußerungen als gegeben erachtet; die Entscheidung beruft sich –
mangels ausdrücklicher Bestimmungen über die inländische Gerichtsbarkeit im
MedienG – auf die Zuständigkeitsregel des § 40 Abs. 2 sowie auf die §§ 62, 67
Abs. 2 StGB. In der (österreichischen wie deutschen) Literatur ist die
Problematik bereits umfassend erörtert worden, es wurden mehrere Ansätze zur
Eingrenzung der inländischen Gerichtsbarkeit entwickelt (zuletzt Zöchbauer,
Medieninhaltsdelikte im Internet, MR 2002, 363 mit weiteren Nachweisen).
Zu beachten ist weiters, dass die Richtlinie 2000/31/EG über den
elektronischen Geschäftsverkehr (E-commerce-Richtlinie, EC-RL) in ihrem
Art. 3 grundsätzlich das
Herkunftslandprinzip vorsieht (umgesetzt durch die
§§ 20 bis 23 E-Commerce-Gesetz, ECG, BGBl. I Nr. 152/2001): Die rechtlichen
Anforderungen an einen in einem Mitgliedstaat niedergelassenen Diensteanbieter
richten sich (grundsätzlich) nach dem Recht dieses Staates (§ 20 Abs. 1 ECG).
Das Herkunftslandprinzip hat die Bestimmungen über die inländische
Gerichtsbarkeit (§§ 62 ff StGB) in der Weise modifiziert, dass bei der Anwendung
der in § 65 Abs. 1 und 2 StGB vorgesehenen Vergleiche
der Strafbarkeit sowie der Tatfolgen (Günstigkeitsvergleich) auf die
Bestimmungen des Niederlassungsstaates Bedacht zu nehmen ist (Reindl, E-Commerce
und Strafrecht [2003] 232 ff [237 f]).
Allerdings sieht Art. 3 Abs. 4 lit. a EC-RL (§ 22 Abs. 2 ECG) Ausnahmen
vom Herkunftslandprinzip unter anderem für Maßnahmen zum Schutz der öffentlichen
Ordnung, insbesondere Verhütung, Ermittlung, Aufklärung und Verfolgung von
Straftaten, einschließlich des Jugendschutzes und der Bekämpfung der Hetze aus
Gründen der Rasse, des Geschlechts, des Glaubens oder der Nationalität, von
Verletzungen der Menschenwürde einzelner Personen, sowie zum Schutz der
öffentlichen Sicherheit, einschließlich der Wahrung nationaler Sicherheits- und
Verteidigungsinteressen vor.
Ein dritter Problemkreis ist schließlich daraus entstanden, dass nach
§ 50 Z 1 MedienG die Bestimmungen über den
Persönlichkeitsschutz (§§ 6 bis 20) auf ausländische Medien nicht angewendet
werden können, dieser Ausschluss aber in einem deutlichem Spannungsverhältnis
zur Bestimmung des Art. 5 Z 3 der Verordnung 44/2001/EG über die gerichtliche
Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil-
und Handelssachen (EuGVVO, ABl. 2001 L 12, 1) steht – und schon zur
gleichlautenden Bestimmung des Art. 5 Z 3 EuGVÜ (BGBl. III Nr. 209/1998) stand.
Nach diesen Bestimmungen kann der durch eine unerlaubte Handlung Geschädigte
eine Klage auf Schadenersatz auch in jenem Staat einbringen, in dem das
schädigende Ereignis eingetreten ist, bei Medieninhaltsdelikten also regelmäßig
in jenem Staat, in dem der Geschädigte oder Betroffene seinen Wohnsitz oder
Aufenthalt hat. Die Rechtsprechung hat es aber bisher abgelehnt, eine Derogation
von § 50 Z 1 MedienG durch Art. 5 Z 3 EuGVÜ anzunehmen (OLG Wien MR 1999, 136
mit kritischer Anmerkung Zeiler; OGH MR 2002, 371 unter ausdrücklicher Ablehnung
der von der Generalprokuratur in ihrer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des
Gesetzes ausgeführten Ansicht). Diese Judikatur wurde in der Literatur – teils
heftig – kritisiert (Noll in Berka/Höhne/Noll/Polley, Mediengesetz
Praxiskommentar, Rz 6 ff zu § 50; vgl. die Nachweise bei Rami, MR 2002, 278).
2. Es wird daher vorgeschlagen, einen neuen
§ 51 anzufügen, nach dem die
strafrechtlichen Bestimmungen des Mediengesetzes – einschließlich des
Entschädigungsverfahrens und des Verfahrens über eine Gegendarstellung oder eine
nachträgliche Mitteilung – unter bestimmten Voraussetzungen auch auf
ausländische Medien anwendbar sein sollen. Diese Anwendbarkeit soll sich auf
alle Medieninhaltsdelikte beziehen.
Zur Abgrenzung zwischen inländischen und ausländischen Medien soll wie
bei der örtlichen Zuständigkeit auf den Sitz des Medieninhabers (bzw. dessen
Wohnsitz oder Aufenthalt) abgestellt werden.
Die Anwendbarkeit soll unter drei Voraussetzungen gegeben sein, die
kumulativ vorliegen müssen:
Zunächst (Z 1) muss das Medium im Inland verbreitet worden, empfangbar
oder abrufbar gewesen sein; diese Voraussetzung entspricht jener des
Gerichtsstandes nach dem vorgeschlagenen
§ 40
Abs. 2.
Weiters (Z 2) soll die Mitteilung oder Darbietung, durch die ein
Medieninhaltsdelikt begangen worden sein soll oder zu der eine Gegendarstellung
oder eine nachträgliche Mitteilung über den Ausgang eines Strafverfahrens
begehrt wird, eine besondere Nahebeziehung zum Inland aufweisen.
Diese soll nach dem Entwurf einerseits darin bestehen, dass der
Verletzte (im Bereich des Persönlichkeitsschutzes: der Betroffene) Österreicher
ist oder seinen Wohnsitz oder Aufenthalt im Inland hat. Der relevante Zeitpunkt
wird in der Regel der Zeitpunkt der Verbreitung sein; ausnahmsweise kann aber an
ein anderes Ereignis anzuknüpfen sein, z.B. an die Kenntnisnahme von der
Zurücklegung der Anzeige bzw. von der Einstellung des Verfahrens (vgl. § 11 Abs.
1 Z 10).
Daneben gibt es allerdings auch Fälle, in denen österreichische
Interessen verletzt sind, ohne dass dies an der Inländereigenschaft bzw. dem
inländischen Aufenthalt bestimmter Personen festgemacht werden kann. Zu denken
ist hier insbesondere an rassistische, antisemitische oder neonazistische
Äußerungen, an deren Verfolgung Österreich auf Grund seiner Geschichte
besonderes Interesse hat. Für solche Fälle wird die Generalklausel „sonst
schwerwiegende österreichische Interessen verletzt worden sind“ vorgeschlagen.
Die dritte Voraussetzung (Z 3) soll jenen Bereich umschreiben, in dem
das Herkunftslandprinzip nach
Art. 3
Abs. 4 lit. a EC-RL bzw.
§ 22 Abs. 2 ECG nicht angewendet werden
muss (vgl. Reindl, E-Commerce und Strafrecht [2003] 238 f; Zöchbauer,
Medieninhaltsdelikte im Internet, MR 2002, 363 [369 f]). Die in lit. a bis lit.
e angeführten Rechtsgüter verstehen sich als Präzisierung der oben
wiedergegebenen Rechtsgüter der EC-RL bzw. des ECG für (primär) strafrechtliche
Zwecke. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit sollen durch die angeführten
Rechtsgüter insbesondere folgende Tatbestände erfasst werden: Durch „Ehre und
wirtschaftlicher Ruf“ die §§ 111 ff, 252, 297 StGB, aber auch die §§ 6, 7b, 9
und 10 MedienG; durch „Privat- und Geheimsphäre“ die §§ 121 ff, 301 StGB und die
§§ 7, 7a und 7c MedienG; durch „sexuelle Integrität und Selbstbestimmung“ die
Tatbestände des 10. Abschnitts des Besonderen Teils des StGB (der durch das
Strafrechtsänderungsgesetz 2004 geänderte Titel dieses Abschnitts soll
übernommen werden), insbesondere der § 207a; durch „Sicherheit des Staates“ die
Tatbestände des 14., 15. und 16. Abschnitts des Besonderen Teils des StGB sowie
§ 310 StGB; und durch „öffentlicher Friede“ die Straftatbestände des 20.
Abschnitts des Besonderen Teils des StGB, insbesondere die §§ 276, 282 und 283
StGB sowie die Tatbestände des Verbotsgesetzes.