Internet & Recht |
Domain | Urh/MarkR | Wettbew. | E-Comm. | Signatur | Zahlung | Datenschutz | MedienR |
Linkrecht | Diensteanbieter | Arbeit | Form.R/IPR | Straf | Sonstiges | hard+soft |
Sie befinden sich hier: Teil Recht - Kapitel Formelles Recht/IPR - Unterkapitel:
Entscheidungen zum anzuwendenden Recht (IPR)
Einleitung - Entscheidungen Ö - Entscheidungen D
letzte Änderung 10.11.2013
Einleitung
Hier finden Sie Entscheidungen zur Frage des anzuwendenden Rechts. Die Entscheidungen stehen nicht alle im Zusammenhang mit dem Internet, lassen sich aber durchwegs auf Internet-Sachverhalte übertragen.
Entscheidungen Österreich
alcom-international.at: OGH, Beschluss vom 9.8.2011, 17 Ob 6/11y
ABGB § 43, EC-RL Art 3, EVÜ Art 4, 6, 8
Die seit 2007 bestehende deutsche GmbH trat unter ihrer Domain "alcom-international.de" auf und hatte seit 2010 auch ein Vertriebsbüro in Österreich. Der Beklagte registrierte im Juli 2010 ohne Schädigungsabsicht u.a. die Domain alcom-international.at.
Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab, das Rekursgericht erließ die EV.
Der OGH hob die Entscheidungen auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht. Es ist zunächst die Frage des anzuwendenden Rechtes zu prüfen. Für die kollisionsrechtliche Beurteilung ist in Sachverhalten mit Auslandsberührung zwischen den jeweiligen Anspruchsgrundlagen des Kennzeicheninhabers - Firma, Unternehmenskennzeichen oder unlauterem Domaingrabbing zu unterscheiden. Der Firmenschutz ist nach Art 8 Abs. 1 Rom II-VO anzuknüpfen. Anzuwenden ist das Recht jenes Staates, für den der Firmennamensinhaber den Schutz beansprucht. Das Herkunftslandprinzip nach Art 3 Abs 1 und 2 EC-RL ist nicht auf gewerbliche Schutzrechte anzuwenden und führt daher zu keiner Korrektur der Anknüpfungen nach der Rom II-VO. Auf lauterkeitsrechtliche Ansprüche wie das Domaingrabbing ist nach Art 6 Rom II-VO das Marktortrecht anzuwenden. Anderes gilt nur dann, wenn die Wettbewerbshandlung "ausschließlich" die Interessen eines bestimmten Mitbewerbers beeinträchtigt; diesfalls ist auf die (Haupt)-Niederlassung des beeinträchtigten Mitbewerbers abzustellen.
go-limited.de: OGH, Urteil vom 21.11.2006, 4 Ob 62/06f
Der klagende Verein macht die wettbewerbsrechtlichen Interessen seiner vor allem aus österreichischen Anwälten bestehenden Mitglieder geltend. Die Beklagte betreibt unter http://www.go-limited.de eine Website, auf der sie anbietet, eine - einer österreichischen GmbH vergleichbare - "Limited" in England zu gründen, die Gründungsdokumente zu beglaubigen und in die deutsche Sprache zu übersetzen. Österreichische Rechtsanwälte waren an den Gründungsberatungen nicht beteiligt. Die Beklagte arbeitete gegebenenfalls – wenn der Kunde weitere Leistungen wünschte – mit (deutschen) Rechtsanwälten und Steuerberatern zusammen. Der Kläger begehrte ein Rechtsberatungs- und Werbeverbot für Österreich.
Das Erstgericht wies ab; das Berufungsgericht bestätigte teilweise und erließ ein Werbeverbot.
Der OGH gibt der Revision Folge und weist die Klage ab. Auf die Online-Werbung einer Unternehmensberaterin mit Sitz in Großbritannien und Deutschland, mit dem Angebot eine “Limited" in England zu gründen, die Gründungsdokumente zu beglaubigen und in die deutsche Sprache zu übersetzen, ist das Herkunftslandprinzip iS des § 20 Abs 1 ECG anzuwenden, sodass die Tätigkeit nicht österreichischem Recht unterliegt. Ein Verstoß gegen bloß im Inland wirkende Winkelschreibereiverbote kommt daher nicht in Betracht. Die Ausnahmen iS des § 21 ECG sind eng auszulegen. In diesem Sinn wird nur die kontradiktorische Auseinandersetzung vor Gericht vom Herkunftslandprinzip ausgenommen, nicht aber die bloße Rechtsberatung. Firmenbuchgerichte sind im Zusammenhang mit den im ECG normierten Ausnahmen vom Herkunftslandprinzip nicht als Gerichte zu werten.
Ferrari bei eBay: OLG Wien, Urteil vom 22.3.2006, 13 R 257/05t
EVÜ Art. 5, EuGVVO Art. 5, Art. 15 ff, ABGB § 863
Der deutsche Beklagte bot im Rahmen seines Unternehmens beim Internethaus ebay unter der Rubrik "kaufen" unter der Überschrift "Ferrari 348ts ferrarie fahren" ein Angebot zu einem Startpreis von EUR 39,-- an. Das Anbot beinhaltete eine Beschreibung des nicht dem Beklagten gehörenden Ferraris und eine Wiedergabe der Homepage www.gratisabenteur.de, auf der "Testpersonen" ab EUR 39,-- für verschiedene außergewöhnliche Tätigkeiten, wie unter anderem ein Wochenende mit einem Ferrari gesucht wurden. Der österreichische Kläger, der als Privatperson auftrat, bot EUR 1.510,-- und erhielt den Zuschlag. Die Übergabe war am Wohnsitz des Ersteigerers vereinbart.
Das Erstgericht bejahte seine Zuständigkeit nach Art. 5 EuGVVO und wies die Klage ab.
Das Berufungsgericht bestätigt. Bei der Auslegung, was Vertragsgegenstand ist, kommt es nicht auf den Willen des Erklärenden, sondern auf das Verständnis an, das ein Erklärungsempfänger nach den Grundsätzen des redlichen Verkehrs von dieser gewinnen durfte. Dabei ist nicht am bloßen Wortlaut festzuhalten, sondern auch die Verkehrsübung heranzuziehen sowie die Umstände, unter denen die Erklärung abgegeben wurde. Es liegt Dissens vor.
Da das Geschäft als Verbrauchergeschäft zu beurteilen ist, ist nach Art.15 ff EuGVVO, unabhängig davon, dass auch der Gerichtsstand des Erfüllungsortes nach Art. 5 EuGVVO gegeben ist, das österreichische Wohnsitzgericht des Klägers zuständig und nach Art. 5 EVÜ österreichisches Recht anzuwenden. Stellt ein Unternehmen sein Anbot ins WWW und wird dieses von einem Verbraucher durch Ausfüllen eines Bestellformulares oä in seinem Heimatstaat angenommen, so sind die Voraussetzungen des Art 5 EVÜ erfüllt; dies gilt auch für eine grenzüberschreitende Versteigerung bei eBay. Die Regelung in den AGB von eBay, dass deutsches Rechts anzwenden sei, bezieht sich nur auf den Nutzungsvertrag zwischen eBay selbst und seinen Teilnehmern.
Systematische Videoüberwachung zur Beweissammlung: OGH, Urteil vom 19.12.2005, 8 Ob 108/05y
ABGB § 16, § 1328a, IPRG § 13, § 48
Die Rechtssache steht in Zusammenhang mit den Streitigkeiten zwischen den
Hälfteeigentümern einer kleinformatigen Tageszeitung. Die eine
Hälfteeigentümerin – eine deutsche KG – hatte gegen den Erstkläger – den Sohn
des anderen Hälfteeigentümers – eine einstweilige Verfügung auf Unterlassung
kreditschädigender Behauptungen erwirkt. Im Exekutionsverfahren wendete der
Erstkläger örtliche Unzuständigkeit ein; bei der im Exekutionsantrag angegebenen
Adresse handle es sich um ein nicht ständig bewohntes Haus seiner Mutter (der
Zweitklägerin), in dem er sich nur hin und wieder als Gast aufhalte. Der
Rechtsanwalt der KG beauftragte daraufhin einen Privatdetektiv mit der
Videoüberwachung des Eingangs dieses Einfamilienhauses, um Beweismittel für den
Zuständigkeitsstreit zu erlangen. Abgesehen von ungeplanten Unterbrechungen
wegen Sichtbehinderungen wurde der Eingang in den nächsten sechs Wochen ständig
von der öffentlichen Straße aus gefilmt.
Die Kläger begehrten von dem Rechtsanwalt, dem Privatdetektiv, der KG, ihrer
Komplementärin sowie von deren Geschäftsführern die Unterlassung der
Videoaufzeichnungen.
Das Erstgericht hielt die Videoüberwachung zu den genannten Zwecken für gerechtfertigt und wies die Unterlassungsklage ab; das Berufungsgericht bestätigte.
Der OGH gibt der Revision der Kläger Folge und erlässt das Unterlassungsgebot.
Steht ein Eingriff in die Privatsphäre fest (hier: durch systematische,
identifizierende Videoüberwachung), trifft den Verletzer die Behauptungs- und
Beweislast dafür, dass er in Verfolgung eines berechtigten Interesses handelte
und dass die gesetzte Maßnahme ihrer Art nach zur Zweckerreichung geeignet war.
Entspricht er dieser Behauptungs- und Beweislast, kann der Beeinträchtigte
behaupten, dass die Maßnahme nicht das schonendste Mittel zur Zweckerreichung
darstellt. Stellt sich dabei heraus, dass die Maßnahme nicht das schonendste
Mittel war, erübrigt sich die Vornahme einer Interessenabwägung.
Systematische,
verdeckte, identifizierende Videoüberwachung stellt immer einen Eingriff in das
geschützte Recht auf Achtung der Geheimsphäre dar. Die Videoaufzeichnung ist
identifizierend, wenn sie auf Grund eines oder mehrere Merkmale letztlich einer
bestimmten Person zugeordnet werden kann. Die systematische Videoüberwachung
unterscheidet sich von der ohne Hinzutreten besonderer Umstände im Regelfall
zulässigen Beobachtung mit dem bloßen Auge dadurch, dass eine Videokamera im
Unterschied zu einem menschlichen Beobachter in Bezug auf Wahrnehmungs- und
Erinnerungsfähigkeit keinerlei Beeinträchtigung unterliegt und damit in der Lage
ist, ein komplettes Gesamtbild der aufgenommenen Personen zu erstellen, wobei
die gemachten Aufzeichnungen zeitlich nahezu unbegrenzt aufbewahrt werden
können. Die Summe von Informationen in ihrer systematischen Ausformung ist auch
dann geschützt, wenn die einzelne Information für sich keinen Schutz genießt.
Der Eigentümer einer Liegenschaft hat ein Recht, dass die auf seiner
Liegenschaft ein- und ausgehenden Personen (Familienangehörige, Mieter, Gäste,
Angestellte) nicht systematisch beobachtet werden.
Abwehransprüche gegen Eingriffe in Persönlichkeitsrechte sind nach dem Recht des Staats zu beurteilen, in dem das beanstandete Verhalten gesetzt worden ist.
Grenzüberschreitende Internet-Sportwetten: OGH, Urteil vom 14.3.2005, 4 Ob 255/04k
IPRG § 48, dUWG § 4, § 14, dStGB § 284
Die österreichische Klägerin bietet im Internet unter der Adresse "www.bet-at-home.com" Sportwetten an und hat auch in Österreich die Bewilligung hiezu. Sie wurde in Deutschland bereits von der deutschen Beklagten, die unter der Adresse "www.tipp24.de" Glücksspiele im Internet vermittelt, geklagt und vom OLG Hamburg verurteilt, Werbung in Deutschland ohne deutsche Bewilligung zu unterlassen. In der Folge mahnte die Beklagte Werbepartner der Klägerin in Deutschland mit dem Hinweis ab, dass sie sich mit solcher Werbung strafbar machten. Die Klägerin klagte vor dem LG Wels auf Unterlassung der "Werbebehinderung".
Das Erstgericht wies die Klage ab. Das Berufungsbericht gab dem Unterlassungsbegehren teilweise Folge.
Der OGH gibt der außerordentlichen Revision Folge und stellt das zur Gänze abweisende Ersturteil wieder her. Die beanstandeten Handlungen wirken sich auf dem deutschen Markt aus, weil sie Werbung der Klägerin in Deutschland unterbinden sollen. Im Hinblick auf den wirkungsbezogenen Markt kommt daher deutsches Sachenrecht zur Anwendung. Ein ausländischer Anbieter von Glücksspielen im Internet, der auch gegenüber Interessenten in Deutschland auftritt, benötigt die dazu notwendige Erlaubnis einer inländischen Behörde, um sich nicht nach § 284 dStGB strafbar zu machen. Die Behauptungen der Beklagten sind somit wahr, sodass der Tatbestand der Anschwärzung nach § 4 Nr 8 dUWG (§ 14 dUWG aF) nicht erfüllt ist.
"Wiener Werkstätten III": OGH, Beschluss vom 25.5.2004, 4 Ob 234/03w
Der Kläger fertigt in Wien Lampen nach dem historischen Vorbild der Wiener Werkstätten und vertreibt Originalmöbel aus dieser Zeit. In einem Vorverfahren hatte er erfolgreich die steirische Möbelfirma K***GmbH auf Unterlassung der Verwendung der Bezeichnung "Wiener Werkstätten" ohne sachlichen Bezug geklagt (4 Ob 177/02m). Die Beklagten sind Einrichtungsstudios in Wien, Graz und Berlin und deren Geschäftsführer. Diese haben von der K***GmbH, die auch ihre Mehrheitseigentümerin ist, die Lizenz zur Verwendung der Wortbildmarke "Wiener Werkstätten" erhalten und die Werbung übernommen; die Erstbeklagte auch die Domains "wiener-werkstaetten.co.at" und "wiener-werkstaetten.at". Die K***GmbH baut nunmehr in geringem Umfang auch lizenzfreie Möbel und Polstermöbel-Modelle nach historischen Entwürfen unter der Bezeichnung "Wiener Werkstätten Klassik", bewirbt aber ihr gesamtes Programm mit der Marke "Wiener Werkstätten".
Das Erstgericht erließ die beantragte Unterlassungs-EV. Das Rekursgericht bestätigte ohne die vom Erstgericht auferlegte Sicherheitsleistung.
Der OGH gibt dem Revisionsrekurs teilweise Folge und schränkt das
Unterlassungsgebot ein. Untersagt wird nicht generell die Werbung mit dem
Begriff, sondern nur dann, wenn sich die Werbung nicht auf originale oder nach
historischen Entwürfen hergestellte Gegenstände bezieht oder das Angebot der
Beklagten nicht überwiegend solche Produkte oder einen repräsentativen
Querschnitt davon umfasst.
Nach internationalem Wettbewerbsrecht ist für die zivilrechtlichen Folgen das
Recht des Begehungsortes maßgebend, also des Ortes, an dem die wettbewerblichen
Interessen aufeinanderstoßen. Aus der von der Erstbeklagten (in Berlin) für ihre
Werbung verwendeten Top Level Domain .at sei zu erschließen, dass diese Werbung
in erster Linie auf inländische Verbraucher zielt und sich auf den inländischen
Markt auswirkt. Daran ändert auch das Herkunftsprinzip nach
§ 20 ECG nichts, obwohl
derartige Werbung grundsätzlich unter
§ 3 Z 1 ECG fällt. Unter dem
Gesichtspunkt des Verbraucherschutzes besteht im Rahmen des
§ 22 Z 5 ECG eine Ausnahme
vom Herkunftslandprinzip auch im Zusammenhang mit wettbewerbsrechtlichen
Sachverhalten, weshalb eine Irreführung inländischer Verbraucher im Rahmen von
dem ECG unterliegenden Sachverhalten nach
§ 2 UWG zu beurteilen ist.
Österreichische Urheberrechtsverletzung durch deutsche Website: OGH, Beschluss vom 16.12.2003, 4 Ob 238/03h
IPRG, § 34
Die Beklagten machten im Rahmen eines deutschen Journalistenbüros auf einer deutschen Website von der Klägerin stammende Kommentare, Analysen, Reportagen u.ä., die auf individueller Recherche beruhten und nicht unter den Ausnahmetatbestand des § 44 UrhG fielen, ohne Zustimmung der Klägerin zugänglich. Die Beklagten bestritten die Zuständigkeit des österreichischen Gerichtes und die Anwendbarkeit österreichischen Rechts.
Erste und zweite Instanz bejahten die Zuständigkeit und gaben der Klage unter Anwendung öst. Urheberrechtes statt.
Der OGH weist den außerordentlichen Revisionsrekurs zurück. Durch die
Veröffentlichung auf einer deutschen Website würden die Texte auch dem Publikum
in Österreich zugänglich gemacht. Urheberrechtsverletzungen, sind, auch wenn sie
in mehreren Ländern begangen werden, gem. § 34 Abs. 1 IPRG nach dem Recht des
jeweiligen Verletzungsstaates zu beurteilen. Es wurde daher zutreffend
österreichisches Recht angewendet.
Entscheidungen Deutschland u.a.
Recht des Verbraucherstaates: LG Braunschweig, Urteil vom 10.1.2002, 10 O 2753/00
BGB Art. 29 EGBGB
Ansprüche aus Gewinnmitteilungen unterliegen nach Art. 29 Abs. 2 EGBGB dem Recht des Staates, in welchem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.