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OLG Wien, Urteil vom 12.3.2003, 17 Bs 26/03
***** Zusammenfassung *****
Im Kurier-Forum postete ein Leser einen Beitrag, durch den sich der Kläger in seiner Ehre gekränkt erachtete. Dieser forderte vom Kurier Zeitungsverlag eine Entschädigung nach §§ 6 ff MedienG. Der Kurier führte aus, die Einsendungen würden inhaltlich nicht kontrolliert; wenn man jedoch auf einen Verstoß gegen die "Nettiquette" aufmerksam gemacht werde, werde der Beitrag gesperrt. Dies sei auch in diesem Fall erfolgt. Die Online-Ausgabe hatte kein medienrechtliches Impressum aufgewiesen (kein Medieninhaber). Als sich im Prozess herausstellte, dass Medieninhaberin eine andere Kurier-Gesellschaft ist, beantragte der Antragsteller eine Richtigstellung der Parteibezeichnung.
Das Erstgericht lehnte eine Berichtigung der Parteibezeichnung und einen Zuspruch ab.
Das Berufungsgericht gibt der Berufung nicht Folge. § 16 ECG ist auch ein Strafausschließungsgrund und somit eine strafrechtliche Norm. Dieser ist auch auf Sachverhalte anzuwenden, die sich vor seiner Einführung ereignet haben. Für eine Online-Zeitung gibt es keine Impressumspflicht (nach MedienG). Die "Berichtigung" der Parteibezeichnung ist als neuer Strafantrag zu werten, der aber nach § 8a MedienG verfristet ist.
- OLG-Entscheidung
- MR 2003, 140
***** Entscheidung *****
Das Oberlandesgericht Wien hat in der Medienrechtssache des Antragstellers Ing. G*** G*** gegen die Gesellschaft **** GmbH & Co KEG als Antragsgegnerin wegen §§ 6 ff MedienG über die Berufung des Antragstellers wegen Nichtigkeit und Schuld gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 26. September 2002, GZ 091 Hv 1253/01b-28, nach der unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten Mag. Maurer, im Beisein der Richter Dr. Körber und Dr. Krenn als weitere Senatsmitglieder und der Rechtspraktikantin Mag. Kronberger als Schriftführer, in Anwesenheit des Antragstellervertreters Dr. Klaus und jenes der Antragsgegnerin Mag. Renzl durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung am 12.März 2003 zu Recht erkannt:
Der Berufung wird n i c h t Folge gegeben.
Gemäß den § 390a Abs 1 StPO fallen dem Antragsteller auch die Kosten des
Berufungsverfahrens zur Last.
Entscheidungsgründe:
Gegenstand des Verfahrens ist ein ab 13. Jänner 2001 unter „www.kurier.at" im „Kurier-Stammtisch", einem Forum, das der Meinungsäußerung von registrierten Internetusern dient und die dort Kurier-Artikel frei kommentieren können, veröffentlichter und per E-Mail übermittelter Beitrag eines Besuchers dieses Online-Forums, durch den sich der Antragsteller als in seiner Ehre gekränkt erachtete.
Um an diesem Forum teilzunehmen, muss sich ein User mit einer gültigen E-Mail Adresse registrieren lassen und erhält dafür im Gegenzug ein Passwort. Im Zuge dieser Anmeldung wird dem Nutzer folgendes mitgeteilt: „Unser Forum dient der freien Meinungsäußerung. Im Interesse aller bitten wir, die Umgangsformen zu wahren und die Rechtsnormen zu achten. Wir behalten uns vor, User bei Verstoß gegen diese Grundsätze zu sperren. Für Hinweise auf Beiträge, die nicht diesen Prinzipien entsprechen, sind wir dankbar.
Vorangestellt sei zudem, dass ein in diesem Verfahren ergangenes Erkenntnis des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 6. November 2001 (ON 12), das von einer mangelnden Passivlegitimation der als Medieninhaberin in Anspruch genommenen „Kurier Redaktions Ges.m.b.H" ausging, mit Entscheidung des Oberlandesgerichtes Wien vom 12. April 2002 (ON 18) aufgehoben und die Medienrechtssache zu neuerlicher Verhandlung an das Erstgericht zurückverwiesen wurde.
Mit dem angefochtenen Urteil lehnte das Landesgericht für Strafsachen Wien den Zuspruch eines auf die
§§ 6 ff MedienG gestützten Entschädigungsbetrages neuerlich ab und
verpflichtete den Antragsteller gemäß § 390 Abs 1 StPO zum Kostenersatz.
Die Einsendungen würden grundsätzlich inhaltlich nicht kontrolliert, die
Betreiber des Forums suchten auch nicht nach Veröffentlichungen mit
unzulässigen Textstellen. Man könne jedoch per E-Mail darauf aufmerksam
machen, dass jemand gegen die „Nettiquette" verstoßen habe, worauf die
betreffende Meinungsäußerung entfernt werde.
Unter der Internetadresse „www.kurier.at" seien zwei Varianten der Tageszeitung
„Kurier" abrufbar, und zwar "Kurier-Print" und "Kurier-Online". Der
"Kurier-Print" und die Druckausgabe des Kurier seien ident, beide
Ausgaben stimmten inhaltlich überein, als Medieninhaber scheine in
beiden Fällen die „Kurier Zeitungsverlag und Druckerei GmbH" auf.
Die „Kurier Redaktions GmbH" wiederum habe innerhalb des Konzerns der
Mediaprint die Aufgabe, die Printausgabe herzustellen, sie sei für den
Inhalt des Kurier zuständig und habe dafür ein eigenes Budget.
Der Kurier-Online sei dagegen ein eigenes, von der Druckausgabe zur Gänze unabhängiges, in Permanenz erscheinendes Internetmedium. Er habe eine eigene Redaktion, die von der Printausgabe personell getrennt sei. Zum verfahrensgegenständlichen Zeitpunkt sei der Kurier-Online von der „Gesellschaft zum Studium neuer Kommunikationssysteme GmbH & Co KEG" als Medieninhaberin iSd § 1 Abs 1 Z 8 MedienG ins Netz gestellt worden, seit Jahresbeginn 2002 habe die „Telekurier Online Medien GmbH & Co KG", die aus der Vorgängergesellschaft hervorgegangen sei, diese Funktion übernommen.
Nicht festzustellen sei, dass die „Kurier Redaktions GmbH & Co KG" zu irgendeinem Zeitpunkt als Medieninhaberin zu qualifizieren gewesen oder dass hinsichtlich des "Kurier-Online" eine Offenlegung nach § 25 MedienG erfolgt sei.
Das Impressum des "Kurier-Online" (www.kurier.at) habe zum Zeitpunkt der Einbringung
des medienrechtlichen Antrages keinen Medieninhaber ausgewiesen.
Indes sei eine WHOIS-Abfrage über die Domain „kurier.at" bei der „nic.at
Internetverwaltungs- und Betriebs GmbH" mit dem Hinweis auf die „Kurier
Redaktions GmbH & Co KG" als Domaininhaber beantwortet worden.
Nachdem sodann zunächst diese letztgenannte Gesellschaft als Antragsgegnerin im vorliegenden Verfahren herangezogen worden sei, habe der Antragsteller - nach Kenntnis der tatsächlichen Medieninhaberin - mit dem Schriftsatz ON 22a (aufgegeben am 24. Juli 2002) die Parteienbezeichnung auf die „Gesellschaft zum Studium neuer Kommunikationssysteme GmbH & Co KEG" berichtigt und gleichzeitig kundgetan, diese nunmehr als Medieninhaberin in Anspruch zu nehmen.
Rechtlich führte sodann das Erstgericht aus, dass eine bloße Berichtigung der Parteienbezeichnung, wie vom Antragsteller releviert, nicht anzunehmen sei, da von einer solchen nur dann gesprochen werden könne, wenn das Rechtssubjekt als solches unverändert bleibe und nur die zur Identifizierung erforderlichen Angaben berichtigt würden. Das Rechtssubjekt müsse nämlich vor und nach der Richtigstellung dasselbe sein. Eine Berichtigung könne jedenfalls nicht dazu führen, dass ein Mangel der Sachlegitimation beseitigt werde und ein anderes Rechtssubjekt an die Stelle des bisherigen trete (Fasching, Zivilprozessrecht2 Rz 323; Rechberger-Simotta Zivilprozessrecht5 Rz 164).
Unter Zugrundelegung dieser Kriterien handle es sich bei der gegenständlichen „Umstellung des Begehrens" nicht um eine Berichtigung der Parteienbezeichnung, sondern um die Einführung eines neuen Prozessubjektes. Denn vorliegend werde nicht nur der Name bzw die Firma des Rechtsträgers eines bestimmten Unternehmens verfehlt, wobei auch die tatsächlich gemeinte Partei nicht in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise zu erkennen sei. Vielmehr werde ein anderes, tatsächlich existierendes Unternehmen belangt, sodass für eine bloße Berichtigung der Parteienbezeichnung die Sachgrundlage fehle.
Im Übrigen beziehe sich die Impressumspflicht des § 24 MedienG nur auf Printmedien und finde bei Internetmedien keine Anwendung. Zwar sei es Verantwortlichen eines solchen Mediums unbenommen, dennoch ein Impressum anzugeben, mangels gesetzlicher Normierung einer entsprechenden Verpflichtung können solche „freiwilligen" Angaben nicht die strengen medienrechtlichen Konsequenzen nach sich ziehen.
Zudem habe aber das Impressum des "Kurier-Online" nicht den Vorgaben des § 24 MedienG entsprochen und insbesondere keinen Medieninhaber ausgewiesen, sodass auch die zur Impressumsklarheit entwickelte Judikatur, derzufolge das Medium allfällige Verstöße gegen sich gelten lassen müsse, ohne daraus prozessuale und/oder materielle Nachteile des Verfahrensgegners ableiten zu können, dessen Vertrauen zu schützen sei, nicht Anwendung zu finden habe.
Wie aber nunmehr aus den Bestimmungen des
E-Commerce-Gesetzes erhelle, liege auch keine planwidrige Lücke vor, die
Voraussetzung für eine analoge Anwendung der zum
§ 24 MedienG
entwickelten Judikatur auf Online-Medien wäre.
Offen sei freilich noch die Frage, ob durch die vorerst unrichtig
benannte Antragsgegnerin ein Sachverhalt geschaffen worden sei, der
einen dem Impressum gleichzuhaltenden Vertrauensschutz nach sich ziehe.
Die ursprünglich in Anspruch genommene „Kurier Redaktions GmbH & Co KG"
scheine im kritisierten Online-Impressum nicht auf, auch die
Inhaberschaft einer Domain, die durch Anfrage erhoben worden sei, lasse
keine Rückschlüsse auf den Medieninhaber zu und entfalte keine
medienrechtlichen Wirkungen, stelle doch der Domainname lediglich eine
kodierte Adresse dar, die einen schnelleren Zugang zu einer bestimmten
WWW-Seite gewährleisten soll.
Des Weiteren komme der Verwaltung der Domainnamen durch „nic.at" kein
dem Firmen- oder Grundbuch äquivalenter Publizitätseffekt zu.
Insgesamt sei daher eine Konstellation auszuschließen, die den Antragsteller berechtigt darauf vertrauen habe lassen können, die „Kurier Redaktions GmbH & Co KG" sei Medieninhaberin des "Kurier-Online".
Mangels rechtlicher Obliegenheitsverletzungen bzw wegen Ablaufes der im
§ 8a Abs 1 MedienG
normierten 6-Monatsfrist sei daher mit Abweisung vorzugehen gewesen.
Allerdings könne sich die Antragsgegnerin auch nicht auf den
§ 16 ECG
berufen, dieser Bestimmung komme rückwirkende Geltung nicht zu. Es
handle sich nämlich nicht um eine Frage des Günstigkeitsvergleiches (§
61 StGB), sondern um eine Regelung des Haftungsausschlusses hinsichtlich
zivilrechtlicher Ansprüche, die nicht durch eine abweichende spätere
gesetzliche Regelung außer Kraft träten.
Rechtssatz
Die dagegen erhobene Berufung ist unberechtigt.
Zutreffend ist zwar die erstgerichtliche Rechtsansicht, der § 16 ECG betreffe (auch) einen zivilrechtlichen Haftungsausschluss, mit dieser sehr restriktiven Sicht wird freilich zur Gänze vernachlässigt, dass diese Regelung nach allen Kommentarmeinungen ebenso als Strafausschließungsgrund zu verstehen ist (z.B Blume-Hammerl ECG Rz 2, 27 f,31 zu § 16; Burgstaller/Minichmayr ECG § 16, S 120; Brenn ECG Pkt e./ zu § 16; vgl auch Brenn S 2, 264 Pkt./ b), wie dies zweifelsfrei aus den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (§ 16) erhellt, wo dezidiert festgehalten ist, dass Medienunternehmen durch diese Bestimmung unter bestimmten, dort normierten Voraussetzungen von einer strafrechtlichen Verantwortlichkeit freigestellt werden sollen.
Dem Antragsteller, der sich gleichfalls zu dieser Rechtsmeinung bekennt (vgl AS 195 = ON 22a S 12), stützt sich in seiner Argumentation für die Nichtanwendbarkeit darauf, dass der Günstigkeitsvergleich nur zwischen Strafnormen anzustellen sei und daher das ECG vorliegend außer Betracht zu bleiben habe, da seine Einordnung in das Strafrecht nicht plausibel sei, regle es doch vorrangig zivilrechtliche Schadenersatzfragen.
Unter Zugrundelegung, dass das ECG nach übereinstimmender Überzeugung einen Strafausschließungsgrund geschaffen hat und somit die bis dato in Kraft stehenden Strafgesetze materiell-rechtlich ergänzt, ergibt sich aber klar und deutlich, dass die Bewertung einer Norm als strafrechtlich oder außerstrafrechtlich unabhängig von ihrer Fundstelle ausschließlich nach ihrer inhaltlichen Gestaltung vorzunehmen ist und eine rein formale Betrachtungsweise zu krassen Benachteiligungen führen könnte, läge es doch sonst nur an der zufälligen Technik und nicht am Willen des Gesetzgebers, ob bestimmte Verhaltensweisen weiterhin zu kriminalisieren sind oder nicht.
Dass jedoch ein - auch vom Antragsteller
zugestandener - Strafausschließungsgrund immer eine strafrechtliche Norm
darstellt, bedarf keiner Erörterung.
Ist sohin - bezogen auf den vorliegenden Fall - grundsätzlich von einer
Anwendbarkeit des § 61 StGB auszugehen, sind bei der Günstigkeitsprüfung
nach dieser Vorschrift auch nachträglich geschaffene Bestimmungen über
Rechtfertigungs-, Schuldausschließungs-, Strafauschließungs- und
Strafaufhebungsgründe maßgeblich, sodass insgesamt jenes Gesetz
günstiger ist, nach welchem der Täter derart privilegiert wird (vgl
Leukauf-Steininger Komm zum StGB3 Rz 8 zu § 61; Liebscher in WK Rz 11 zu
§ 61).
Wie nun eine Verlesung der Beweisanträge der Antragsgegnerin ON 22 und
ON 26 (Pkt 6.3) deutlich macht, wurde der inkriminierte Leserbrief
unmittelbar nach Bekanntwerden gesperrt.
Wenn daher nach § 16 Abs 1 Z 2 ECG der Betreiber eines Online-Forums für
von fremden Nutzern gespeicherte Informationen nicht verantwortlich ist,
wenn er, sobald er Kenntnis davon hat, unverzüglich tätig wird, um die
Information zu entfernen bzw zu sperren, kommt die Antragsgegnerin
gegenständlich jedenfalls in den Genuss dieser strafrechtlichen
Freistellung, sodass die Antragsabweisung schon unter diesem
Gesichtspunkt rechtlich einwandfrei ist.
Nach
§ 8a Abs 1 MedienG gelten für das Verfahren über einen
selbständigen Antrag, sofern das MedienG nichts anderes bestimmt, die
Bestimmungen für das strafgerichtliche Verfahren auf Grund einer
Privatanklage dem Sinne nach. Das bedeutet, dass auch den
medienrechtlichen Antragsteller die Vorschriften der StPO für die
Ausübung des Anklagerechtes (§§ 483,484 iVm § 207 StPO) mit den sich
daraus ergebenden prozessualen Konsequenzen treffen.
So gesehen ist eine „Berichtigung" der Parteienbezeichnung wohl möglich, setzt aber, wie schon vom Erstgericht erkannt, unbedingt voraus, dass die Parteienidentität nicht gewechselt wird. Der „Streitgegenstand" ist nämlich durch den Strafantrag begrenzt, nur die dort angeführte und unter Anklage gestellte Person, deren Namen bei Bedarf selbstverständlich zwanglos richtig gestellt werden kann, ist als Prozessubjekt angesprochen und solcherart Verfahrensbeteiligter, der damit auch das Recht auf ein Urteil erwirbt. Während eines offenen Verfahrens ist jedoch nach Einbringung der Anklageschrift (Entschädigungsantrag) der vom Antragsteller intendierte Austausch eines zu Unrecht herangezogenen Anspruchsverpflichteten auf den tatsächlichen Medieninhaber nicht zulässig, der bei dieser Sachlage als Prozessfremder nicht streitverfangen ist. Vielmehr ist diese „Umstellung des Begehrens" als neuer Strafantrag zu qualifizieren, der sich deshalb aber auch am § 8a Abs 2 MedienG zu orientieren hat.
Nur nebenbei sei bemerkt, dass die begehrte analoge Anwendung der ZPO eine nicht gegebene
und vom Berufungswerber nicht einmal behauptete planwidrige Lücke der
StPO voraussetzt.
Die gesetzmäßige Ausführung eines materiellrechtlichen
Nichtigkeitsgrundes erfordert unbedingtes Festhalten am gesamten im
Urteil festgestellten Sachverhalt, dessen Vergleichung mit dem darauf
angewendeten Gesetz und den Nachweis, dass das Erstgericht bei
Beurteilung eben dieses Tatsachensubstrates einem Rechtsirrtum
unterlegen sei.
Mit seinem Einwand, das Erstgericht habe nicht dargelegt, welche anderen
Informationsquellen als eine Anfrage bei „nic.at" zur Verfügung
gestanden seien, den Medieninhaber zu eruieren, bekämpft der
Antragsteller - freilich nicht ordnungsgemäß - die rechtlichen
Erwägungen und entzieht sich damit einer sachgerechten Erwiderung.
Dagegenzuhalten ist dessen ungeachtet, dass der Mediengesetzgeber nur deshalb eine im Vergleich zur sechswöchigen Verjährungsfrist des § 46 Abs 1 StPO ungleich längere Frist von sogar sechs Monaten eingeräumt hat, um dem Betroffenen gerade für einen Fall wie den vorliegenden die Möglichkeit einzuräumen, durch zielgerichtete Anträge im Vorfeld des Entschädigungsantrages im Rahmen beantragter Vorerhebungen die verantwortliche Antragsgegnerin zu ermitteln, so z.B durch - neben der vom Erstgericht bedachten Anfrage an den Herausgeber - Einsichtnahme in das Firmenbuch, in das österreichischen Pressehandbuch 2000 etc, Informationsqeuellen, die unter Umständen die von ihm vermisste Auskunft erbracht hätten.
Schließlich sei auf die erfolgsträchtige
Prozessstrategie verwiesen, - vor Erhebung der "Anklage" - den Antrag
auf zeugenschaftliche Vernehmung der aus dem Online Impressum
ersichtlichen Verantwortlichen zu stellen, die unter Wahrheitspflicht
den tatsächlichen Medieninhaber hätten preisgeben müssen. Rechtlich
unhaltbar ist nämlich der vom Erstgericht (vgl AS 93) in diesem
Zusammenhang unwidersprochen als gegeben erachtete Entschlagungsgrund
des § 152 Abs 1 Z 1 StPO - der Mitarbeiter von Medienunternehmen
fallbezogen von ihrer Aussage nicht befreit - bzw
§ 31 MedienG, der nur
jene Beweisthemen absichert, die die Person des Verfassers, Einsenders
oder Gewährsmannes von Beiträgen sowie Unterlagen oder die einem
Journalisten im Hinblick auf seine Tätigkeit gemachten Mitteilungen
betreffen (Brandstetter-Schmid MedienG2 Rz 10 zu § 31).
Festzuhalten ist aber grundsätzlich, dass es nicht Aufgabe des
erkennenden Gerichtes ist, dem Ankläger zukommenden Obliegenheiten
inquisitorisch zu besorgen. Ing. Glock hat zudem, abgesehen von einer
WHOIS-Abfrage, im Wesentlichen keine anderen Versuche unternommen, die
nach dem MedienG verantwortliche Gesellschaft zu ermitteln, und dabei
nicht einmal berücksichtigt, dass die vom ihm als Antragsgegnerin
ausgewählte „Kurier Redaktions GmbH & Co KG" und die Medieninhaberin der
parallelen Printausgabe nicht ident waren. Ein Umstand, der zumindest
Anlass für weitere Überlegungen hätte sein müssen, wäre es doch
naheliegend gewesen, letztere auch für die Online Ausgabe haftbar zu
machen.
Voraussetzung für den vom Antragsteller relevierten Vertrauensschutz ist aber nach ständiger Judikatur der Mediengerichte nicht der von ihm behauptete Umstand fehlender weiterer Erkenntnisquellen zur Ausforschung der Medieninhaberin, sondern ausschließlich ein solches Impressum, das die tatsächlichen Strukturen eines Medienunternehmens undeutlich oder unrichtig wiedergibt und auf diese Weise geeignet ist, den Betroffenen über prozessrelevante Umstände in Irrtum zu führen und ihn dazu bringt, gerade nicht den von ihm ins Auge gefassten, aber nicht identifizierbaren Medieninhaber in Anspruch zu nehmen.
Gerade dies ist aber fallbezogen zu verneinen, weil das vorliegende Impressum keinen Medieninhaber benennt und solcherart einen möglichen, wenn auch unzutreffenden Verantwortlichen gar nicht anbietet. Dies gilt auch für die nicht vorhandene Offenlegung nach § 25 MedienG; erst unrichtige Informationen hätten den Antragsteller in seinem Vertrauen möglicherweise verletzen können.
Die „beharrlichen Weigerung", den Medieninhaber bekannt zu geben, vermag
aber angesichts der fehlenden Online-Impressumsverpflichtung die
Antragsgegnerin nicht zu belasten.
Insoweit sich der Antragsteller auf das den Medieninhaber verschweigende
Impressum des "Online-Kurier" beruft und daraus eine Unklarheitenregel
zum Nachteil des Mediums konstruiert, geht er aus den schon zuvor
genannten Argumenten fehl, hat doch der "Online-Kurier" gerade in diese
Richtung überhaupt keinen Grund für daraus ableitbbare
Schlussfolgerungen geboten. Die Erstantragsgegnerin ist weder im
Online-Impressum noch in jenem der Printausgabe zu ersehen.
Der Rechtssatz, dass im Falle eines unklaren Impressums ein
medienrechtlicher Ersatzanspruch auch nach Ablauf der sonst keine Ausnahmen
zulassenden Frist des
§ 8a Abs 2 MedienG als rechtzeitig
eingebracht zu gelten habe, wenn er zunächst rechtzeitig gegen den im
Impressum fälschlich bezeichneten Medieninhaber eingebracht worden war,
vermag auf die vorliegende Rechtssache schon deshalb nicht
auszustrahlen, weil die freiwillig ins Netz gestellten
Unternehmensangaben des "Online-Kurier" überhaupt keinen Medieninhaber
namhaft machten.
Auch die in den Vordergrund gestellte Judikatur der Zivilgerichte bringt abstrahiert nur zum Ausdruck, dass ein Unternehmen für den von ihm geschaffenen Anschein nach außen einzustehen hat und mögliche dadurch verursachte Verwechselungen gegen sich gelten lassen muss.
Im vorliegenden Fall hat jedoch der Antragsteller nicht den Namen des Rechtsträgers verfehlt, sondern, wenn er auch das zutreffende Prozessubjekt gemeint hat, ein anderes „getroffen", ähnlich wie bei einer „aberratio ictus", und solcherart nicht den Anspruchsverpflichteten iSd § 6 Abs 1 MedienG verfolgt, sodass - noch einmal gesagt - die nunmehrige Umstellung des Strafantrages auf den tatsächlichen Medieninhaber strafprozessual als neuer Entschädigungsantrag zu bewerten ist, der als Prozessvoraussetzung die Frist des § 8a Abs 2 MedienG zu wahren hat.
Denn diese Norm statuiert ausdrücklich eine unter keinen Umständen verlängerbare materiellrechtliche Präklusivfrist für den einem Strafantrag iSd § 483 StPO gleichzusetzenden Entschädigungsantrag, der bei sonstigem Verlust des Anspruches binnen sechs Monaten nach Beginn der den Anspruch zugrundeliegenden Verbreitung bei dem nach § 41 Abs 2 zuständigen Strafgericht eingebracht sein muss; dies wird auch daraus deutlich, dass im Falle des Ablaufes dieser Frist der Anspruch unwiederbringlich verloren ist und nicht einmal das Instrumentarium einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 364 StPO) zulässig ist.
Nur nebenbei sei bemerkt, dass unter diesem stringenten Gesichtspunkt die aus dem Vertrauensschutz abgeleitete Fiktion der Rechtzeitigkeit eines objektiv verfristeten Entschädigungsantrages gegen einen bis dahin am Verfahren nicht beteiligten Medieninhaber nicht zu überzeugen vermag, weil ein derartiger „Wechsel des Angeklagten" nach eingebrachter Anklage der Strafprozessordnung zur Gänze fremd ist (vgl dagegen OGH 21.3.1996, 12 Os 3/96 = MR 1996/3 E 8, Seite 95, wo die gegenteilige Ansicht freilich nicht begründet wird).
Selbst nach dieser Sicht gewährt die Publizitätswirkung des Impressums
den Schutz des auf die Richtigkeit einer von einer Berichterstattung
betroffenen Person nur so lange, als diese mit Grund auf dessen
Richtigkeit vertrauen kann. Stellt sich aber die Unrichtigkeit des
Impressums heraus oder wird der durch Impressumsunklarheit eröffnete
Interpretationsfreiraum beseitigt, muss der Antragsteller - will er den
Vertrauensschutz in die Richtigkeit des Impressums nicht verlieren -
dieser geänderten Sachlage Rechnung tragen und seine Anträge gegen jene
Person richten, die sich als Medieninhaber herausstellt (vgl OGH
21.3.1996, 12 Os 3/96 = MR 1996 E 8, Seite 96).
Bezogen auf den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass der Antragsteller
seit der Hauptverhandlung am 31.5.2001 (ON 5), in welcher die
Antragsgegnerin ihre Passivlegitimation entschieden in Abrede stellte,
an der Medieninhaberschaft dieser Gesellschaft jene massiven Zweifel
hätte haben müssen, die sachdienliche Anträge zur Ausforschung der
richtigen Antragsgegnerin erfordert hätten. Demgegenüber reagierte er
nur mit einer Stellungnahme, mit welcher er seine bisherige
Argumentation bekräftigte (ON 9), bemühte sich darüber hinausgehend
nicht, den Prozessgegner zu eruieren, und stellte erst am 25. Juli 2002
den Antrag auf "Berichtigung der Parteienbezeichnung. Solcherart ist
auch unter dieser Prämisse Verfristung eingetreten.
Die Argumentation des Antragstellers krankt zusammengefasst insbesondere daran, dass er von einer Impressumsverpflichtung der Online-Zeitung ausgeht und auf diese Weise nicht existente Verpflichtungen der Gegenseite und daraus resultierende Versäumnisse herbeiredet, damit aber nicht zur Kenntnis nimmt, dass eine derartige gesetzliche Verpflichtung nicht bestanden hat und demzufolge gar keine „Verschleierungshandlungen" gesetzt werden mussten.
Das alleinige Anzweifeln der Negativfeststellung, die „Kurier Redaktions GmbH & Co KG" habe niemals eine Tätigkeit entfaltet, die sie als Medieninhaberin qualifizieren würde, ohne gleichzeitig auf im Verfahren hervorgekommene Indizien zu dringen, die das Gegenteil belegen, greift unter dem Titel einer Schuldberufung jedenfalls zu kurz. Liegt es doch im Wesen einer solchen Annahme, dass kein Umstand, der dagegenspricht, im Verfahren zu Tage getreten ist.
Im Übrigen wäre es am Antragsteller gelegen, durch geeignete Beweisanträge (§ 281 Abs 1 Z 4
StPO) den Prozesstoff zu seinen Gunsten zu erweitern.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.