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Happy Birthday

OGH, Beschluss vom 12.3.1996, 4 Ob 9/96

UrhG § 1, § 5, UWG § 1

*****   Zusammenfassung   *****

Die beklagte Werbeagentur konzipierte im Auftrag einer Bank eine Werbekampagne, für die sie Teile des Refrains des Stevie-Wonder-Liedes "Happy Birthday" verwendete; der Sänger klagte auf Unterlassung.

Das Erstgericht gab dem Sicherungsbegehren aus urheberrechtlichen Gründen Folge, das Rekursgericht bestätigte im Hinblick auf § 1 UWG.

OGH: Der Kläger hat, da sowohl Ö. als auch die USA Mitgliedsländer der RBÜ sind, die gleichen Rechte wie ein inländischer Urheber. Ein Erzeugnis des menschlichen Geistes ist nach stRsp dann eigentümlich, wenn es das Ergebnis schöpferischer Geistestätigkeit ist, das seine Eigenheit, die es von anderen Werken unterscheidet, aus der Persönlichkeit seines Schöpfers empfangen hat; diese Persönlichkeit muss in ihm so zum Ausdruck kommen, dass sie dem Werk den Stempel der Einmaligkeit und der Zugehörigkeit zu seinem Schöpfer aufprägt, also eine aus dem innersten Wesen des geistigen Schaffens fließende Formung vorliegt. Ein Werkteil genießt (nur) dann Urheberrechtsschutz nach § 1 Abs 2 UrhG, wenn er als solcher die Schutzvoraussetzungen des Gesetzes erfüllt, also für sich allein die notwendige Individualität als eigentümliche geistige Schöpfung aufweist. Der Refrain hat infolge einer in der Popularmusik ungewöhnlichen Phasenverschiebung eine unregelmäßige Melodie und erhält damit eine individuelle ästhetische Ausdruckskraft, worin die schöpferische Eigentümlichkeit bei Musikwerken liegt. Das zeigt sich auch für den Laien auf dem Gebiet der Musik darin, dass er diese Melodie beim abermaligen Hören als bekannt erfasst und dem Kläger zuordnet. Derartiges könnte nicht geschehen, hätte der Kläger nur musikalisches Allgemeingut verwendet, weil seiner Melodie dann jede Unterscheidungskraft fehlte. Auf die Höhe des individuellen ästhetischen Gehaltes kommt es nicht an, weil an diese bei Musikwerken keine besonderen Anforderungen zu stellen sind.
Die im Werbespot der Beklagten verwendete Melodie ist dem Refrain des Klägers überaus ähnlich und enthält auch dessen Charakteristikum, die rythmische Phasenverschiebung; sie weist gegenüber dem Lied des Klägers nur kurze harmonische Erweiterungen auf, der Gesamteindruck ist der gleiche. Der Unterlassungsanspruch nach § 81 ist daher gerechtfertigt.

*****   Entscheidung   *****

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Griß und Dr.Prückner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Stevie Wonder, Komponist, Textautor und Interpret, *****, vertreten durch E***** GmbH, ***** diese vertreten durch Dr.Michel Walter, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Dr.P***** GmbH, ***** vertreten durch Dr.Christian Klemm, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung, Urteilsveröffentlichung und Zahlung (Streitwert im Provisorialverfahren S 300.000), infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 19.Dezember 1995, GZ 3 R 205/95-10, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 21.August 1995, GZ 38 Cg 101/95d-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei hat die Kosten ihres Revisionsrekurses selbst zu tragen; die klagende Partei hat die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen.

Begründung:

Der Kläger ist Musiker, Textautor und Komponist; er schuf Text und Musik des Liedes mit dem Titel "Happy Birthday".

Die beklagte Werbeagentur konzipierte im Auftrag der Ersten Österreichischen Spar-Casse im Jahr 1994 eine Werbekampagne anläßlich des 175jährigen Bestehens dieser Sparkasse. Sie produzierte dabei ua einen Hörfunk-Werbespot, dessen Hintergrundmusik ein Geburtstagslied mit der Textzeile "Happy Birthday" bildet. Die Komposition dieses Liedes hatte die Beklagte beim Tonstudie "Sounddesign" von Max P***** und Manfred S***** in Auftrag gegeben. Der Hörfunk-Werbespot wurde im Herbst 1994 mehrmals im ORF gesandt.

Vorher hatte die Beklagte im Sommer 1994 bei der Austro Mechana nach den Kosten einer Werknutzungsbewilligung für den Titel "Happy Birthday" des Klägers angefragt und dabei erfahren, daß die dafür veranschlagten Kosten von S 172.875 das von der Ersten Österreichischen Spar-Casse festgelegte Budget überschreiten würden.

Der Kläger hat die E***** GmbH beauftragt, seine Interessen in bezug auf die Komposition "Happy Birthday" wahrzunehmen und Urheberrechtsverletzungen, insbesondere in Anbetracht des Hörfunkspots der Ersten Österreichischen Spar-Casse, zu ahnden.

Der Kläger begehrt zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu verbieten, das von ihm geschaffene Musikstück mit dem Titel "Happy Birthday" in bearbeiteter und/oder veränderter Form ohne Genehmigung der Berechtigten erkennbar zu Werbezwecken zu verwenden, insbesondere zur Produktion (Vervielfältigung) von Rundfunk-Werbespots, deren Verbreitung und/oder Sendung zu benutzen. Der Kläger habe das Lied mit dem Titel "Happy Birthday" (Text und Musik) dem Gedenken des bekannten Bürgerrechtskämpfers Martin Luther King gewidmet. Dabei handle es sich um einen "Geburtstagssong" ganz besonderer Art und Qualität, der mit dem bekannten Allerwelts-Geburtstagslied "Happy Birthday to you" weder vom gedanklichen Hintergrund her noch aus musikalischer Sicht ewas zu tun habe. Die Beklagte verwende in ihrem Werbespot wesentliche musikalische Teile des Refrains des vom Kläger stammenden Liedes. Dieses sei jedenfalls deutlich schon beim einfachen Abhören und ohne jede musiktheoretische Analyse erkennbar. Das erkennbare Anhängen an ein urheberrechtlich geschütztes Musikstück im geschäftlichen Verkehr bedeute einen Verstoß gegen § 1 UWG. Die Beklagte habe offenbar in der Absicht gehandelt, den Bekanntheitsgrad des vom Kläger stammenden Werks werbewirksam auszunützen und die Aufmerksamkeit des Publikums auf die mit Hilfe des Spots transportierte Werbeaussage zu lenken. Das treffe selbst dann zu, wenn der Werbespot im Hinblick auf die vorhandenen Abweichungen oder die Gemeinfreiheit der verwendeten Gestaltungselemente tatsächlich keine Verletzung urheberrechtlicher Verwertungsrechte oder Persönlichkeitsrechte des Klägers wäre. Es liege ein sittenwidriges Schmarotzen an fremder Leistung, insbesondere am Bekanntheitsgrad des Musiktitels vor, durch das dem Kläger die Möglichkeit genommen werde, den Originaltitel für ähnliche Werbezwecke zu verwenden. Auch eine unmittelbare Leistungsübernahme liege vor. Zwischen den Streitteilen bestehe ein Wettbewerbsverhältnis, weil die Kompositionen, Texte und Interpretationen des Klägers grundsätzlich auch für Werbezwecke verwendet werden könnten. Zumindest bestehe ein ad hoc-Wettbewerbsverhältnis, das sich aus der beanstandeten Rechtsverletzung ergebe.

Die Beklagte verletze aber auch Urheberpersönlichkeitsrechte des Klägers, werde doch durch die Herstellung und Sendung des Werbespots beim Publikum der Eindruck erweckt, das vom Kläger stammende Lied werde, zum Teil mit einem anderen Text unterlegt und abgeändert, mit seiner Zustimmung zu Werbezwecken verwendet. Damit werde das Werk des Klägers mit kommerzieller Werbung in Verbindung gebracht und in ein Umfeld gestellt, das die geistigen Interessen des Urhebers an seinem Werk schwer beeinträchtige. Außerdem habe die Beklagte das dem Kläger originär zustehende Vervielfältigungs- und Verbreitungsrecht sowie das Recht der Nutzung in bearbeiteter Form verletzt. Sie habe auch in die dem Schutz der geistigen Beziehungen des Urhebers zu seinem Werk dienenden Vorschriften (Änderungsverbot nach § 21 UrhG) eingegriffen. Die Meinung der Beklagten, daß kein Plagiat vorliege, sei verfehlt. Das von der Beklagten herangezogene Gutachten sei in seiner Grundaussage unrichtig. Der vom Kläger beauftragte Sachverständige komme zum Ergebnis, daß ohne Zweifel ein Plagiat vorliege. Im Hinblick auf die vorliegenden einander widersprechenden Gutachten gründe der Kläger seine Ansprüche in erster Linie auf die Verletzung des UWG und/oder der Urheberpersönlichkeitsrechte und nur vorsorglich auch auf die Verletzung der urheberrechtlichen Verwertungsrechte.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsbegehrens. Der Kläger habe die E***** GmbH nicht rechtswirksam bevollmächtigt und sei im Hinblick auf die behauptete Urheberrechtsverletzung nicht aktiv legitimiert. Die Beklagte habe nicht gegen das Urheberrecht verstoßen, weil der Kläger den Refrain seines Liedes im wesentlichen aus Motiven und Phrasen des Volksliedes "Happy Birthday" und aus anderem frei zugänglichem Gemeingut der Musiktechnik arrangiert habe. Die Musik zu dem von der Beklagten in Auftrag gegebenen Hörfunkspot sei ein völlig selbständiges Werk und keinesfalls ein nur geringfügig abgeändertes Plagiat des Liedes des Klägers. Deswegen liege auch keine Rechtsverletzung nach dem UWG vor, weil der Hörfunkspot keine identische Übernahme des Liedes des Klägers sei; vielmehr sei er ein selbständiges Musikwerk und damit eine eigene Leistung der Komponisten. Es fehle auch an der Wiederholungsgefahr.

Das Erstgericht gab dem Sicherungsantrag statt. Es nahm noch als bescheinigt an, daß die in dem Hörfunkspot verwendete Komposition eine Nachahmung des Refrains des Liedes des Klägers sei; die Ähnlichkeit der Melodien bei der Wortfolge happy birthday sei so offenkundig, daß sie jeder Laie auch ohne musiktheoretische Ausbildung sofort erkenne. Lediglich die für die Eigentümlichkeit des Spots nicht mehr so wesentliche Tonfolge bei den Worten "to you" sei anders gestaltet.

Rechtlich meinte das Erstgericht, daß der Kläger als Urheber gemäß § 26 (zweiter Satz) UrhG ungeachtet der Einräumung ausschließlicher Werknutzungsrechte berechtigt sei, alle urheberrechtlichen Abwehransprüche im eigenen Namen geltend zu machen. Da die Beklagte ein vom Kläger geschaffenes Lied ohne dessen Bewilligung bearbeitet und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht habe, sei der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nach § 81 Abs 1 UrhG zu bejahen. Die Wiederholungsgefahr sei gegeben, so lange die Beklagte im Prozeß ihr Verhalten verteidige.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluß und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs 1 Z 5 ZPO liege nicht vor. Die vorgelegte, mit zwei Fingerabdrücken gefertigte Vollmachtsurkunde berechtige ihrem Wortlaut nach die E***** GmbH als Vollmachtnehmerin, die Interessen des Klägers im Zusammenhang mit der Verwendung seiner Komposition in der Radiowerbung für die Erste Österreichische Spar-Casse zu vertreten. Die Frage der Gültigkeit der Vollmacht sei - welche der verschiedenen in der Lehre vertretenen Anknüpfungskriterien man auch heranzieht - nach österreichischem Recht zu beurteilen. Da keine Zweifel an der Geschäftsfähigkeit des Klägers bestehen, sei auch eine wirksame mündliche Bevollmächtigung der E***** durch den Kläger zu bejahen.

Ob dem Refrain des vom Kläger getexten und komponierten Liedes "Happy Birthday" Werkcharakter und damit Sonderrechtsschutz nach dem Urheberrechtsgesetz zukomme oder nicht, könne offen bleiben, weil der unbekämpft festgestellte Sachverhalt den zu § 1 UWG entwickelten Tatbestand der schmarotzerischen Ausbeutung fremder Leistung erfülle. Das vom Kläger geschaffene Lied "Happy Birthday" besitze in Österreich einen hohen Bekanntheitsgrad und sei älter als die von der Beklagten in Auftrag gegebene Komposition. Der Kläger habe auch bescheinigt, daß die beiden Musikstücke nicht nur in Text- und Tonfolge (Melodie), sondern auch in Rhythmus, Harmonie, Tempo und Art der Interpretation nahezu identisch sind. Entscheidende Bedeutung bei der Beurteilung dieser Frage komme in erster Linie dem unmittelbaren Höreindruck aufgrund der vorgelegten Musikkassetten zu, der auch noch durch die nähere Analyse der beiden Kompositionen im Gutachten Beilage N bekräftigt werde: Im Werbespot seien nur der erste und letzte Ton, welche auf unbetonte Textteile fielen, gegenüber der korrespondieren Melodie des Klägers verändert, sodaß von einer "selbständigen Melodie" keine Rede sein könne. Das Originallied des Klägers zeichne sich durch eine rhythmische Phasenverschiebung aus, die sich auch im Werbespot wiederfinde. Die Beklagte gestehe diese Analogie sogar zu, erkläre sie jedoch als "subtile eigenständige Variierung". Entscheidend sei dabei jedoch, daß diese "Subtilität" im Hörvergleich nicht als eigenständiger rhythmischer Unterschied erkennbar sei. Ähnliches gelte für die harmonischen Unterschiede. Der Hörspot weise - neben einem identischen harmonischen Grundgerüst - kurze harmonische Erweiterungen gegenüber dem Lied des Klägers auf; gemessen am Maßstab eines durchschnittlich aufmerksamen, musikalisch nicht vorgebildeten Hörers werde jedenfalls der Gesamteindruck vermittelt, daß beim Refrain des Liedes des Klägers und beim Werbespot ein- und dieselbe Komposition vorliege.

Die aufgezeigten Unterschiede zwischen den beiden Werken seien so gering, daß man von der glatten Übernahme eines fremden Arbeitsergebnisses in erheblichen Teilen durch die Beklagte ohne eigenen ins Gewicht fallenden Schaffensvorgang sprechen könne. Eine solche unmittelbare Leistungsübernahme sei aber sittenwidrig (§ 1 UWG), weil die Beklagte damit den Bekanntheitsgrad des Werks des Klägers auszunützen versuche und damit eine fremde Leistung schmarotzerisch ausbeute. Die Beklagte nehme damit dem Kläger auch die Möglichkeit, seinen Originaltitel für Werbezwecke zu verwenden und setzte ihn zugleich der irrigen Vermutung des Publikums aus, er habe einer Verwendung seines Liedes für Werbezwecke der Beklagten zugestimmt. Da die Kompositionen des Klägers grundsätzlich zur Vermarktung für Werbezwecke in Frage kommen, bestehe insofern zwischen den Streitteilen auch ein ad hoc-Wettbewerbsverhältnis, wirke sich doch unlautere Konkurrenz diesbezüglich zum Nachteil des Klägers aus. Das Unterlassungsbegehren sei daher - gleichgültig, ob dem Refrain des Klägers Sonderrechtsschutz nach dem UrhG zukomme oder nicht - schon nach §§ 1, 14 UWG berechtigt. Auch die Wiederholungsgefahr sei im Hinblick auf das Verhalten der Beklagten, insbesondere im Prozeß, aufrecht.

Rechtssatz

Der gegen diesen Beschluß erhobene Revisionsrekurs der Beklagten ist nicht berechtigt.

Die Beklagte macht auch in dritter Instanz Nichtigkeit nach § 477 Abs 1 Z 5 ZPO geltend, weil die Vollmachtserteilung durch den Kläger unwirksam sei. Sie übersieht dabei, daß nach ständiger Rechtsprechung auch im Revisionsrekursverfahren - wie im Revisionsverfahren - der Grundsatz gilt, daß eine vom Rekursgericht verneinte Nichtigkeit nicht mehr an den Obersten Gerichtshof herangetragen werden kann (Kodek in Rechberger, ZPO, Rz 1 zu § 528 mwN aus der Rsp).

Auch der Rechtsrüge der Beklagten kann kein Erfolg beschieden sein:

Entgegen der Meinung des Rekursgerichtes besteht kein Anlaß, die Frage, ob dem Lied des Klägers, insbesondere dem Refrain mit folgendem Notenbild:

(Wiedergabe der Noten)

Werkcharakter im Sinn des § 1 UrhG zukommt, offenzulassen.

Vorausgeschickt sei, daß der Kläger offenbar Staatsbürger der USA ist und sein Lied "Happy Birthday" zweifellos dort zum ersten Mal veröffentlicht worden ist. Da die USA - seit 1988 (Kundmachung des Bundeskanzlers betreffend den Geltungsbereich der Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst BGBl 1991/577) - ebenso wie Österreich der Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und der Kunst (RBÜ) in der Pariser Fassung (BGBl 1982/319) angehören genießt das Lied des Klägers - seinen Werkcharakter vorausgesetzt - als "verbandseigenes Werk" - also als Werk, dessen Ursprungsland (Art 5 Abs 4 RBÜ [Paris]) ein Verbandsland dieser Übereinkunft ist - den Schutz nach der RBÜ (ÖBl 1983, 28 - Otello; ÖBl 1985, 24 - Mart Stam-Stuhl; ÖBl 1991, 272 - Le-Corbusier-Liege). Nach Art 5 Abs 1 RBÜ (Paris) haben die einem Verbandsland angehörenden Urheber die gleichen Rechte wie ein inländischer Urheber (ÖBl 1981, 137 - Bacher-Krippe; ÖBl 1983, 28 - Otello; ÖBl 1985, 24 - Mart Stam-Stuhl I; ÖBl 1991, 272 - Le-Corbusier-Liege).

Nach § 1 Abs 1 UrhG sind Werke im Sinn dieses Gesetzes eigentümliche geistige Schöpfungen ua auf dem Gebiet der Tonkunst. Ein Werk genießt nach § 1 Abs 2 UrhG nicht nur als Ganzes, sondern auch in seinen Teilen urheberrechtlichen Schutz nach den Vorschriften dieses Gesetzes. Ein Erzeugnis des menschlichen Geistes ist nach stRsp dann eigentümlich, wenn es das Ergebnis schöpferischer Geistestätigkeit ist, das seine Eigenheit, die es von anderen Werken unterscheidet, aus der Persönlichkeit seines Schöpfers empfangen hat; diese Persönlichkeit muß in ihm so zum Ausdruck kommen, daß sie dem Werk den Stempel der Einmaligkeit und der Zugehörigkeit zu seinem Schöpfer aufprägt, also eine aus dem innersten Wesen des geistigen Schaffens fließende Formung vorliegt (ÖBl 1981, 137 - Bacher-Krippe; ÖBl 1985, 24 - Mart Stamp-Stuhl I; SZ 58/201 = ÖBl 1986, 27 - Tagebücher; SZ 65/49 = ÖBl 1992, 75 - Servus Du uva).

Ein Werkteil genießt (nur) dann Urheberrechtsschutz nach § 1 Abs 2 UrhG, wenn er als solcher die Schutzvoraussetzungen des Gesetzes erfüllt, also für sich allein die notwendige Individualität als eigentümliche geistige Schöpfung aufweist (Kucsko, Urheberrecht4; ÖBl 1978, 54 - Evviva Amico; ÖBl 1990, 283 = MR 1990, 227 - Das Lied von der Erde; ÖBl 1991, 42 - So ein Tag... je mwN aus der Literatur).

Daß sich das Lied des Klägers insgesamt, aber auch der Refrain mit dem Text "Happy Birthday to you" von dem (in der Musik) Alltäglichen, Landläufigen, üblicherweise Hervorgebrachten abhebt und persönliche Züge des Kläges zur Geltung bringt (SZ 58/201 = ÖBl 1986, 27 - Tagebücher uva), kann hier nicht ernsthaft bezweifelt werden, hat doch der Refrain infolge einer in der Popularmusik ungewöhnlichen Phasenverschiebung eine unregelmäßige Melodie (Gutachten Beilage N). Damit erhält (auch) der Refrain eine individuelle ästhetische Ausdruckskraft, worin die schöpferische Eigentümlichkeit bei Musikwerken liegt (BGH GRUR 1981, 267, - Dirlada mwN; GRUR 1988, 810 - Fantasy; GRUR 1988, 812 - Ein bißchen Frieden; von Gamm, Urheberrechtsgesetz Rz 5 zu § 2 dUrhG). Das zeigt sich auch für den Laien auf dem Gebiet der Musik darin, daß er diese Melodie beim abermaligen Hören als bekannt erfaßt und dem Kläger zuordnet. Derartiges könnte nicht geschehen, hätte der Kläger nur musikalisches Allgemeingut verwendet, weil seiner Melodie dann jede Unterscheidungskraft fehlte. Da dies nicht der Fall ist, muß dem Werk jedenfalls auch die erforderliche Eigentümlichkeit zuerkannt werden. Auf die Höhe des individuellen ästhetischen Gehaltes kommt es nicht an, weil an diese bei Musikwerken keine besonderen Anforderungen zu stellen sind (BGH GRUR 1981, 267 - Dirlada; GRUR 1988, 810 - Fantasy; GRUR 1988, 812 - Ein bißchen Frieden ua; Schricker/Loewenheim, Rz 84 zu § 2 dUrhG).

Soweit die Beklagte meint, der Kläger habe zum Werkcharakter nicht die erforderlichen Behauptungen aufgestellt, ist dem nicht zu folgen. Er hat ja eine Kassette mit dem Originaltitel ebenso wie Musiknoten vorgelegt, sodaß es den Gerichten aller Instanzen möglich war, seine Musik zu hören. Das muß aber - zumindest in der Regel - ausreichen, weil die Frage, ob das vorgelegte Erzeugnis ein Werk im Sinn des UrhG verkörpert, eine vom Gericht zu beurteilende Rechtsfrage ist (SZ 55/25 = ÖBl 1982, 164 - Blumenstück; SZ 58/201 = ÖBl 1986, 27 - Tagebücher; ÖBl 1991, 272 - Le-Corbusier-Liege ua).

Wie schon die Vorinstanzen festgestellt haben und aus den vorgelegten Augenscheinsgegenständen - gerichtlicher Augenschein ist ja jede unmittelbare Sinneswahrnehmung der Richter, also auch eine akustische Wahrnehmung (Fasching LB2 Rz 945 und 1013; Rechberger in Rechberger, ZPO, Rz 1 zu § 368) - hervorgeht, ist die im Werbespot der Beklagten verwendete Melodie mit folgendem Notenbild

(Wiedergabe des Notenbildes)

dem Refrain des Klägers überaus ähnlich; dessen Charakteristikum - die rythmische Phasenverschiebung - findet sich im Werbespot wieder. Neben dem identischen harmonischen Grundgerüst weist der Hörfunkspot gegenüber dem Lied des Klägers nur kurze harmonische Erweiterungen auf; der Gesamteindruck ist der gleiche. Auch nach der Meinung des Privatgutachters K***** erweckt die Musik zu dem Werbespot "ohne Zweifel ..... Assoziationen zu dem Lied" des Klägers (Beilage N).

Im Plagiatstreit entscheidet allein die Übereinstimmung zwischen dem Original und dem Verletzungsgegenstand im schöpferischen, also in jenem Teil des Originals, das diesem das Gepräge der Einmaligkeit gibt (ÖBl 1978, 54 - Evviva Amico; ÖBl 1985, 24 - Mart Stamp-Stuhl I ua). Im Hinblick auf die Übereinstimmung gerade in dem charakteristischen Teil des Refrains des Werkes des Klägers ist daher der geltend gemachte Eingriff in das Ausschließlichkeitsrecht (§ 81 Abs 1 UrhG) des Klägers als des Urhebers - dessen Aktivlegitimation trotz der Erteilung von Werknutzungsrechten oder -bewilligungen bestehen blieb (§ 26 UrhG) - zu bejahen.

Ob die Melodie des Werbespots als Bearbeitung des vom Kläger geschaffenen Refrains selbst wieder eine eigentümliche geistige Schöpfung der beiden Bearbeiter bildet (§ 5 Abs 1 UrhG), ist für diesen Rechtsstreit ohne Bedeutung, weil der Schutz der Bearbeitung nur unbeschadet des am bearbeiteten Werk bestehenden Urheberrechtes besteht, sodaß der Urheber einer Bearbeitung diese auf die ihm vorbehaltenen Arten nur verwerten darf, soweit ihm der Urheber des bearbeiteten Werkes das ausschließliche Recht oder die Bewilligung dazu erteilt hat (§ 14 Abs 2 UrhG; Peter, UrhG 47; ÖBl 1983, 173 - Die rote Brieftasche; SZ 65/49 = ÖBl 1992, 75 - Servus Du).

Entscheidend ist, daß die im Werbespot verwendete Musik gegenüber dem Refrain des Klägers kein selbständiges neues Werk iS des § 5 Abs 2 UrhG ist. Für eine "freie Benützung" im Sinn dieser Gesetzesstelle ist kennzeichnend, daß trotz des Zusammenhanges mit einem anderen Werk ein von diesem verschiedenes, selbständiges Werk vorliegt, demgegenüber das Werk, an das es sich anlehnt, vollständig in den Hintergrund tritt. An einer solchen freien Schöpfung besteht kein abhängiges, sondern ein selbständiges Urheberrecht, zu dessen Verwertung es keiner Einwilligung des Urhebers des benützten Werkes bedarf. Angesichts der Eigenart des neuen Werkes müssen die Züge des benützten Werkes verblassen. Freie Benutzung setzt also voraus, daß das fremde Werk nicht in identischer oder umgestalteter Form übernommen wird, auch nicht als Vorbild oder Werkunterlage, sondern lediglich als Anregung für das eigene Werkschaffen dient (SZ 65/49 = ÖBl 1992, 75 - Servus Du mwN aus dem Schrifttum).

Die von der Beklagten im Hörfunk ausgesendete Musik ist hingegen dem Werk des Klägers sehr ähnlich, übernimmt die charakteristischen Merkmale und weist nur geringfügige Abweichungen auf. Von einem selbständigen eigenen Werk kann daher nicht die Rede sein.

Da somit der Beklagten ein Eingriff in das Urheberrecht des Klägers vorzuwerfen ist, braucht auf die Frage, wie weit auch einzelne Urheberpersönlichkeitsrechte (§§ 19, 20 und 21 UrhG) verletzt wurden ebensowenig eingegangen werden wie darauf, ob auch ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch besteht.

Mit Recht hat das Rekursgericht die Wiederholungsgefahr bejaht. Ganz abgesehen davon, daß die Beklagte ihr Verhalten nach wie vor verteidigt - was allein schon in der Regel deutlich macht, daß es ihr um die Vermeidung weiterer Eingriffe nicht ernstlich zu tun ist (MR 1993, 226 - Sandler uva) - trifft auch das Argument der Beklagten, ihre Werbekampagne sei abgeschlossen, nicht den Kern des Problems. Es ist sehr leicht möglich, daß die Beklagte auch in Zukunft Werbespots für Unternehmen macht, die irgendwelche Jubliäen feiern. Dabei könnte sie durchaus Anlaß haben, die Melodie des Klägers mit dem Text "Happy Birthday...." neuerlich zu gebrauchen.

Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsrekurses gründet sich auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 40, 50 Abs 1, § 52 ZPO, jener über die Kosten der Klägerin auf § 393 Abs 1 EO.

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