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Gefahren des Drogenkonsums

OGH, Beschluss vom 23.5.2006, 4 Ob 43/06m

UrhG § 78

*****   Zusammenfassung   *****

Der minderjährige Kläger hatte sich nach Einnahme eines aus Engelstrompeten hergestellten Tees bei einer Bergwanderung im Wald verirrt und musste in einer groß angelegten Rettungsaktion gesucht werden. Diese Aktion rief lokal großes Medieninteresse hervor. Die beklagte Zeitung veröffentlichte im Rahmen eines breit angelegten Berichtes über die Suchaktion und deren Auslöser sowie die Gefahren des aus Engelstrompeten hergestellten Tees zwei Bilder des Klägers, die ihn unmittelbar nach seiner Entdeckung im Wald mit nacktem Oberkörper und in offensichtlich leicht benebeltem Zustand zeigten. Auf einem Bild war der Kläger deutlich erkennbar. Er begehrte im Verfahren Unterlassung, Beseitigung und Schadenersatz wegen Verletzung des Bildnisschutzes nach § 78 UrhG.

Das Erstgericht gab der Klage statt, das Berufungsgericht bestätigte.

Der OGH weist die außerordentliche Revision zurück. Die Veröffentlichung des Bildes diente keinen schutzwürdigen Interessen der Öffentlichkeit, weshalb die Abwägung der Interessen des minderjährigen und daher besonders schutzwürdigen Klägers gegenüber jenen des Verlages oder der Öffentlichkeit zugunsten des Klägers ausfiele. Die bloßstellende Abbildung kann auch nicht mit der Warnung der Öffentlichkeit vor den Gefahren des Drogenkonsums gerechtfertigt werden.

*****   Entscheidung   *****

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß als Vorsitzende und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Musger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei mj. Ramon K*****, Schüler, vertreten durch die Eltern Claudia und Theodor K*****, alle *****, diese vertreten durch Dr. Andreas Brandtner, Rechtsanwalt in Feldkirch, als Verfahrenshelfer, gegen die beklagte Partei Z*****gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Bertram Grass und Mag. Christoph Dorner, Rechtsanwälte in Bregenz, wegen Unterlassung, Beseitigung und Entschädigung (Streitwert 37.000 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck vom 23. November 2005, GZ 2 R 259/05p-30, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtssatz

Die Vorinstanzen haben die Beklagte verurteilt, es zu unterlassen, „das vom Kläger hergestellte Foto, welches diesen lediglich mit einer Hose bekleidet im Wald darstellt", zu veröffentlichen, das Foto zu vernichten und dem Kläger eine Entschädigung von 2.000 EUR zu zahlen. Die Beklagte macht als erhebliche Rechtsfrage geltend, die Annahme der Vorinstanzen, in diesem Fall seien nicht nur die berechtigten Interessen des Abgebildeten verletzt worden, sondern die gebotene Abwägung der Interessen des Abgebildeten und jene der Allgemeinheit an der Veröffentlichung des beanstandeten Bildes sei zugunsten des Klägers zu entscheiden, widerspreche den Grundsätzen der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs.

Die Revisionswerberin vermag den (pauschal) behaupteten Widerspruch aber nicht aufzuzeigen.

Nicht nur bei der Frage, ob durch die Verbreitung des Bildes berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden, sondern auch bei der Frage, ob der Abgebildete für Personen des näheren oder weiteren Umfelds zu erkennen ist, kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an, sodass regelmäßig keine Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO vorliegt (vgl 4 Ob 266/05d mwN). Gleiches gilt auch für die Interessenabwägung. Die Revisionsausführungen entfernen sich im Übrigen vom festgestellten Sachverhalt, wenn sie die Erkennbarkeit des Klägers auf dem beanstandeten Bild zu leugnen/einzuschränken versuchen und die mehrfachen durch die Verbreitung des Bildes veranlassten Belästigungen/Verspottungen des minderjährigen und daher besonders schutzwürdigen Klägers unberücksichtigt lassen. Es kann überdies keine Rede davon sein, dass die Abbildung des Klägers vom Geschehen nicht zu trennen oder für dessen Darstellung erforderlich gewesen wäre (vgl 4 Ob 20/88 = SZ 61/59 - Lachen ist gesund mwN). Mit der Warnfunktion des Artikels (gegen die „verheerende Wirkung" des Konsums des aus Engelstrompeten hergestellten (Gift-)Tees) lässt sich die - im Zusammenhang mit dem Artikel - bloßstellende Abbildung des minderjährigen Klägers keinesfalls rechtfertigen; der von der Beklagten zitierten Entscheidung 4 Ob 101/96 (= MR 1996, 149 - Haftentlassener) lag ein nicht vergleichbarer Sachverhalt zugrunde (Warnung vor einem aus der Haft entlassenen, vielfach vorbestraften Betrüger).

Der außerordentliche Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen.

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