Lebenserwartungsprognosen
OGH, Urteil vom 20.5.2008, 4 Ob 18/08p
***** Zusammenfassung *****
Die Beklagte bot auf mehreren Internetseiten SMS-Dienste und die Erstellung von „Lebenserwartungsprognosen" an. Dabei erweckte sie zunächst blickfangartig den Eindruck von Gratisleistungen. Aus dem "Kleingedruckten" ergab sich, dass durch das Anklicken ein Vertrag geschlossen wurde, der nur während eines 14-tägigen Testzeitraumes gekündigt werden konnte. Die Bundesarbeitskammer klagte auf Unterlassung.
Das Erstgericht gab der Klage statt. Das Berufungsgericht bestätigte, beschränkte aber das Veröffentlichungsbegehren auf die Website der Beklagten.
Der OGH stellt das erstgerichtliche Urteil wieder her. Die in §§ 5c und 5d KSchG geforderten Informationen müssen ganz allgemein so „erteilt" werden, dass
sie vom durchschnittlich informierten und verständigen („europäischen")
Verbraucher - bei gehöriger Aufmerksamkeit - vor Vertragsabschluss überhaupt
wahrgenommen werden können. Eine irreführende und damit unlautere
Geschäftspraktik bei der Erteilung einer Information über wesentliche
Vertragspunkte iSv § 2 UWG bzw Art
6 RL-UGP wird im Regelfall auch die „Klarheit" und „Verständlichkeit" dieser
Information iSv § 5c Abs 2 KSchG
bzw Art 4 Abs 2 FernabsatzRL ausschließen. § 5d
KSchG soll dem Verbraucher ermöglichen, die für die Abwicklung des Vertrags und
für allfällige Streitigkeiten maßgebenden Punkte dauerhaft zu dokumentieren. Sie
geht daher in Bezug auf die Form der Information über
§ 5c KSchG (Art 4 FernabsatzRL)
hinaus. Eine E-Mail mit einem Link auf eine Internetseite mit Informationen über
das Rücktrittsrecht des Verbrauchers reicht jedenfalls dann nicht als
Bestätigung iSv § 5d Abs 2 KSchG
(Art 5 Abs 1 FernabsatzRL) aus, wenn ein durchschnittlich informierter und
verständiger Verbraucher aufgrund der Gestaltung der E-Mail und des Links nicht
erkennt, dass sich die Informationen über das Rücktrittsrecht auf der über den
Link erreichbaren Internetseite befinden.
Suchen voraussichtlich nicht alle ehemaligen Kunden eines Unternehmens, die ein
objektives Interesse an der Information über dessen bedenkliche
Geschäftspraktiken bei Vertragsabschlüssen haben, neuerlich die Internetseiten
dieses Unternehmens auf, so ist ein Unterlassungsurteil im Regelfall nicht nur
dort zu veröffentlichen.
- Anmerkung: Diese rein zivilrechtliche Beurteilung wird dem Phänomen dieser Websites, die treffender als "Abo-Fallen" bezeichnet werden, nicht gerecht. Die Gestaltung ist nämlich darauf angelegt, dass ein durchschnittlicher Internetnutzer - und der ist nicht mit einem Konsumenten in der analogen Welt vergleichbar, weil man im Internet bis zum Auftauchen dieses Phänomens davon ausgehen konnte, dass tatsächlich alles gratis ist, wenn nicht unmissverständlich auf eine Entgeltpflicht hingewiesen wird - getäuscht wird. Hinzu kommt, dass derartige Dienste im Web normalerweise wirklich gratis sind und daher kein internetgewöhnter Mensch auf die Idee kommt, dass durch das Anklicken eines Angebotes tatsächlich eine Zahlungspflicht ausgelöst wird. Richtigerweise muss man daher derartige Dienste als Betrug ansehen, dessen Strafbarkeit unter Umständen nur deswegen nicht gegeben ist, weil es sich um einen untauglichen Versuch handelt. Hier setzt allerdings der zweite Teil des Konzeptes an, denn die Hereingefallenen werden in der Folge solange mit Drohungen bombardiert, bis der eine oder andere doch zahlt. Bereits eine geringe Zahlungsquote scheint aber bei diesem Massentreiben bereits auszureichen, dass diese Firmen ein Vermögen verdienen und immer neue Abofallen aufbauen. Eine strafrechtliche Prüfung wäre längst überfällig.
***** Entscheidung *****
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner als Vorsitzenden und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Musger in der Rechtssache der klagenden Partei Bundesarbeitskammer, *****, vertreten durch die Kosesnik-Wehrle & Langer Rechtsanwälte KEG in Wien, gegen die beklagte Partei I***** AG, *****, vertreten durch Dr. Rudolf Christian Stiehl, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert 21.500 EUR) und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 4.500 EUR), über die Revisionen beider Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien vom 30. November 2007, GZ 3 R 131/07t-11, mit welchem das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 9. Juli 2007, GZ 18 Cg 11/07t-7, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Revision der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben. Hingegen wird der
Revision der klagenden Partei Folge gegeben. Das angefochtene Urteil wird dahin
abgeändert, dass die Entscheidung des Erstgerichts zur Gänze wiederhergestellt
wird.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 3.888,70 EUR
bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin 599,45 EUR Umsatzsteuer, 292
EUR Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Die Beklagte bot auf mehreren Internetseiten SMS-Dienste und die Erstellung
von „Lebenserwartungsprognosen" an. Dabei erweckte sie zunächst blickfangartig
den Eindruck von Gratisleistungen. Darauf folgte ein Anmeldefeld in normaler
Schriftgröße, in das die Interessenten persönliche Daten einzutragen hatten.
Danach musste ein Feld angeklickt werden, wonach man die - nicht gesondert
angezeigten - AGB der Beklagten akzeptiere. Die Anmeldung selbst erfolgte durch
Anklicken eines neuerlich hervorgehobenen „Anmeldebuttons" („Anmeldung. Jetzt
abschließen").
Auf das Anmeldefeld folgte ein Fließtext in wesentlich geringerer Schriftgröße.
Daraus ergab sich, dass durch das Anklicken ein Vertrag über die
Dienstleistungen abgeschlossen wurde, der (nur) innerhalb eines vierzehntägigen
„Testzeitraums" gekündigt werden konnte. Das Entgelt wurde erst im letzten Teil
des Fließtexts genannt. Am unteren Ende befand sich ein Link zu den AGB der
Beklagten. Bei Betrachten des Anmeldefelds war der Fließtext je nach Einstellung
des Browsers entweder gar nicht oder nur zum Teil sichtbar; jedenfalls der
untere Teil konnte nur durch Scrollen erreicht werden.
Nach der Anmeldung bekamen die Kunden eine E-Mail mit ihren Zugangsdaten. Auch
darin befand sich weder ein Hinweis auf die Entgeltlichkeit der Dienste noch ein
solcher auf Rücktrittsrechte, wohl aber wieder ein Link auf die AGB. Diese
enthielten (unter anderem) Einzelheiten zur Ausübung des Rücktrittsrechts. Die
Klägerin beantragt, der Beklagten zu untersagen,
a. im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs bei der Bewerbung ihres
Dienstleistungsangebotes in Österreich, insbesondere von SMS-Diensten,
insbesondere auf von ihr gestalteten Websites - etwa www.1sms.at, www.1sms.ch,
www.1sms.de, www.esims.at, www.esims.ch, www.esims.de, www.88sms.at und
www.88sms.ch - den unrichtigen Eindruck zu erwecken, die von ihr angebotene
Dienstleistung sei kostenlos, insbesondere durch Werbeangaben wie „125 SMS
gratis verschicken + Riesen Gewinnspiel" und/oder „111 SMS gratis und EUR
1.000,-- gewinnen" und/oder „88 gratis SMS plus Gewinnchance", wenn die beklagte
Partei tatsächlich für diese Dienstleistung ein Entgelt, insbesondere 8 Euro pro
Monat, bei Vertragsabschluss zur Zahlung im Voraus für ein Jahr fällig, verlange
und darauf nicht in eindeutiger und unmissverständlicher Weise hinweise;
b. im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern im Fernabsatz in Österreich,
insbesondere bei Geschäftsabschlüssen im Internet - etwa unter ihrer Website
www.lebensprognose.com - Verbraucher nicht rechtzeitig vor Abgabe ihrer
Vertragserklärung klar und verständlich über den Preis der von ihr angebotenen
Dienstleistung zu informieren, insbesondere dadurch, dass der Preis von 58 EUR
erst unterhalb dieses Anmeldebefehls und/oder nur im Kleindruck ersichtlich
gemacht werde;
c. im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern im Fernabsatz in Österreich,
insbesondere bei Geschäftsabschlüssen im Internet, Verbrauchern ein kürzeres als
ein dreimonatiges Rücktrittsrecht zu gewähren, obwohl sie ihnen die
Informationen über das Bestehen und den Entfall des Rücktrittsrechtes nach §§
5e, 5f Z 1 KSchG nicht auf einem dauerhaften Datenträger übermittle, sondern
insbesondere nur in ihren ausschließlich im Internet abrufbaren Allgemeinen
Geschäftsbedingungen veröffentliche.
Weiters beantragt die Klägerin die Urteilsveröffentlichung auf den
Internetseiten der Beklagten und in einer bundesweiten Samstagausgabe der Kronen
Zeitung.
Die Beklagte erwecke den irrigen Eindruck, die von ihr angebotenen Leistungen
seien unentgeltlich. Sie verstoße damit sowohl gegen das Irreführungsverbot des
§ 2 UWG (idF vor der Novelle 2007)
als auch gegen die Preisangabepflicht des
§ 5c Abs 1 Z 3 KSchG. Darüber
hinaus übermittle die Beklagte dem Verbraucher - entgegen § 5d
Abs 2 Z 1 iVm §§ 5e, 5f Z 1 KSchG - weder schriftlich noch auf einem für ihn
verfügbaren dauerhaften Datenträger Informationen über die Bedingungen und die
Einzelheiten der Ausübung seines Rücktrittsrechts. Daher sei die Beklagte nach
§ 5e Abs 3 KSchG verpflichtet,
ein dreimonatiges Rücktrittsrecht zu gewähren. Dennoch sähen ihre AGB bloß eine
vierzehntägige Rücktrittsfrist vor. Die Beklagte wendet ein, die Gestaltung
ihrer Internetseiten sei nicht irreführend und stehe auch mit den Bestimmungen
des KSchG im Einklang. Die erforderlichen Informationen zum Rücktrittsrecht
befänden sich in den AGB, die über die Links leicht zugänglich seien. Zudem
verweise die Beklagte in ihren Bestätigungs-E-Mails auf diese AGB. Dort finde
sich insbesondere ein Hinweis auf § 5f Z 1 KSchG, wonach kein Rücktrittsrecht
bestehe, wenn mit der Erbringung der Dienstleistung innerhalb von sieben
Werktagen ab Vertragsabschluss begonnen werde. Die von der Klägerin angestrebte
Urteilsveröffentlichung in der Kronen Zeitung sei unverhältnismäßig.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Die Beklagte habe gegen § 2 UWG (idF vor der Novelle 2007) und die in der Klage genannten Bestimmungen des KSchG verstoßen. Die von der Klägerin angestrebte Urteilsveröffentlichung sei zur Aufklärung des Publikums geboten.
Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung über das
Unterlassungsbegehren, beschränkte aber die Veröffentlichungsermächtigung auf
die Internetauftritte der Beklagten und wies das diesbezügliche Mehrbegehren
(Urteilsveröffentlichung in der Kronen Zeitung) ab. Weiters sprach es aus, dass
der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und die ordentliche
Revision nicht zulässig sei.
Da die Beklagte die Leistungen, die der Verbraucher durch eine Anmeldung
erlangen könne, blickfangartig in den Vordergrund gerückt und den Hinweis auf
das zu entrichtende Entgelt im untersten Bereich jeder Website - insbesondere in
einem deutlichen Abstand zum Anmeldebutton - angeordnet habe, laufe auch ein
mündiger und verständiger Verbraucher Gefahr, das Angebot der Beklagten als
unentgeltlich einzustufen. Die Ankündigungen seien daher irreführend iSd § 2 UWG
(idF vor der Novelle 2007). Weiters verstießen sie gegen § 5c Abs 1 Z 3 und Abs
2 KSchG, wonach der Verbraucher vor Abgabe seiner Vertragserklärung klar und
verständlich über den Preis der Dienstleistung informiert werden müsse.
Nach § 5d Abs 2 Z 1 KSchG müssten
dem Verbraucher schriftlich oder auf einem für ihn verfügbaren dauerhaften
Datenträger Informationen über die Bedingungen und die Einzelheiten der Ausübung
des Rücktrittsrechts nach § 5e
KSchG, einschließlich der in § 5f Z 1 KSchG genannten Fälle, übermittelt werden.
Nach § 5e Abs 1 und Abs 2 KSchG
könne der Verbraucher von einem im Fernabsatz geschlossenen
Dienstleistungsvertrag binnen sieben Werktagen, beginnend mit dem Tag des
Vertragsabschlusses, zurücktreten. Sei der Unternehmer seinen
Informationspflichten nach § 5d
Abs 1 und 2 KSchG aber nicht nachgekommen, so betrage die Rücktrittsfrist nach
§ 5e Abs 1 und 3 KSchG drei
Monate.
Fülle der Verbraucher auf den Internetseiten der Beklagten das Anmeldeformular
aus und klicke er daraufhin auf das Anmeldefeld, so sende die Beklagte zwar eine
E-Mail mit den Zugangsdaten. Diese enthalte aber keine Informationen über die
Rücktrittsmöglichkeiten, sondern nur einen Link zu den AGB. Der Konsument
beziehe daher von der Beklagten keinen für ihn verfügbaren dauerhaften
Datenträger, worunter der Gesetzgeber etwa Disketten, CD-ROMs und Videokassetten
verstehe. Zwar entspräche auch eine E-Mail dem Schriftlichkeitsgebot. Ein damit
übermittelter Link, der auf eine Internetseite der Beklagten und die dort
angezeigten AGB führe, genüge aber nicht. Denn der Verbraucher müsse die in § 5d
Abs 1 und 2 KSchG vorgesehenen Informationen „erhalten"; es reiche nicht aus,
dass er sie in irgendeiner Weise „abholen" könne. Die gegenteilige Ansicht,
wonach ein Link zu einer dauerhaft lesbaren Internetseite des Unternehmers
ausreiche, lasse sich mit den klaren Intentionen des Gesetzgebers nicht in
Einklang bringen.
Zweck der Urteilsveröffentlichung sei es, über die Rechtsverletzung aufzuklären
und den beteiligten Verkehrskreisen Gelegenheit zu geben, sich entsprechend zu
informieren, um vor Nachteilen geschützt zu sein. Die Urteilsveröffentlichung
diene damit der Sicherung des Unterlassungsanspruchs. In der Regel sei das
Urteil in jener Form und Aufmachung zu publizieren, in der auch die beanstandete
Werbebotschaft veröffentlicht worden sei. Von der Internetwerbung der Beklagten
hätten nach der Aktenlage nur jene Verkehrskreise Kenntnis erlangt, die die
Internetseiten der Beklagten aufgesucht hätten. Die Urteilsveröffentlichung sei
daher - wie in 4 Ob 174/02w - auf das Internet zu
beschränken.
Gegen dieses Urteil richten sich außerordentliche Revisionen beider Parteien.
Die Klägerin strebt die Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung auch in der
Kronen Zeitung an, die Beklagte beantragt die Abweisung der Klage.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der Beklagten ist zulässig, weil Rechtsprechung zu den
Erfordernissen einer wirksamen Belehrung über Rücktrittsrechte des Verbrauchers
im Fernabsatz fehlt; sie ist aber nicht berechtigt. Die Revision der Klägerin
ist zulässig und berechtigt.
A. Zur Revision der Beklagten
1. Punkt (a) des Unterlassungsbegehrens ist auf eine Verletzung des
lauterkeitsrechtlichen Irreführungsverbots gestützt. Die Beklagte macht hier
geltend, dass die Vorinstanzen die Irreführungseignung zu Unrecht als Rechts-
und nicht als Tatfrage beurteilt hätten. Weiters liege - nach dem
Beurteilungsmaßstab eines mündigen Verbrauchers - keine blickfangartige Werbung
vor.
1.1. Grundlage der Entscheidungen der Vorinstanzen war
§ 2 UWG idF vor der Novelle 2007
(BGBl I 2007/79). Diese Novelle ist seit 12. Dezember 2007 in Kraft und enthält
keine Übergangsvorschriften. Nach der Rechtsprechung des Senats (4 Ob 225/07b, 4
Ob 42/08t ua) ist für die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs sowohl die alte
als auch die neue Rechtslage maßgebend: Ein Verbot kann nur erlassen oder
bestätigt werden, wenn das darin umschriebene Verhalten auch nach der neuen
Rechtslage unlauter ist. Ein vor Inkrafttreten der Novelle gesetztes Verhalten
begründet zudem nur dann die Vermutung der Wiederholungsgefahr, wenn es schon zu
diesem Zeitpunkt rechtswidrig war. Im Ergebnis ist ein Unterlassungsanspruch
daher nur dann zu bejahen, wenn das beanstandete Verhalten sowohl gegen das alte
als auch gegen das neue Recht verstößt (4 Ob 42/08t mwN).
1.2. Die Irreführungseignung ist nach dem Verständnis eines durchschnittlich
informierten und verständigen Adressaten zu beurteilen, der eine dem Anlass
angemessene - unter Umständen daher auch bloß „flüchtige" (4 Ob 58/06t) -
Aufmerksamkeit aufwendet (4 Ob 196/00b = SZ 73/161 - Lego-Klemmbausteine;
zuletzt etwa 4 Ob 208/06a = ÖBl-LS 2007/9 - medizinischer Disclaimer; siehe
ferner RIS-Justiz RS0114366). Daran ist auch nach der Neufassung des
lauterkeitsrechtlichen Irreführungstatbestands festzuhalten (4 Ob 42/08t mwN).
Die Ermittlung des Verständnisses einer solchen Maßfigur ist eine Rechtsfrage,
wenn zu ihrer Beurteilung die Erfahrungen des täglichen Lebens ausreichen; es
ist eine Tatfrage, wenn das nicht zutrifft (4 Ob 62/95 = MR 1995, 189 -
Österreichs größte Qualitätszeitung; RIS-Justiz RS0039926 T26, T28, T32).
Letzteres wurde insbesondere dann angenommen, wenn sich eine Werbeaussage an
Fachkreise richtete und es auf deren inhaltliches Verständnis ankam (4 Ob 58/07v
- Micardis mwN); bei einer an Verbraucher gerichteten Werbung trifft das
regelmäßig nicht zu. Auch hier kam es durch die UWG-Novelle 2007 zu keiner
Änderung (4 Ob 42/08t).
Die Revision zeigt nicht auf, weshalb davon speziell für Fälle der
Internetwerbung abgegangen werden sollte. Denn auch hier genügen zweifellos die
Erfahrungen des täglichen Lebens, um die Wirkung einer Ankündigung auf die
angesprochenen Kreise beurteilen zu können. Die Vorinstanzen haben die Frage der
Irreführungseignung daher zutreffend als Rechtsfrage behandelt.
1.3. Die Auffassung der Vorinstanzen, die Ankündigungen der Beklagten verstießen
gegen § 2 UWG idF vor der Novelle
2007, trifft uneingeschränkt zu (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO).
Bei blickfangartigem Herausstellen einzelner Teile einer Ankündigung sind
Gesamteindruck und Irreführungseignung in erster Linie nach diesen Teilen zu
bestimmen (RIS-Justiz RS0078542). Aufklärende Hinweise reichen zur Beseitigung
der Irreführungseignung nur aus, wenn ein durchschnittlich informierter,
verständiger Adressat die Hinweise bei anlassbezogener Aufmerksamkeit überhaupt
wahrnimmt (RIS-Justiz RS0118488). Der Hinweis muss daher „ausreichend deutlich"
sein (4 Ob 131/07d = wbl 2007, 551 - Energiekostenvergleich II, 4 Ob 208/06a =
ÖBl-LS 2007/9 - medizinischer Disclaimer).
Im vorliegenden Fall läge die angekündigte Unentgeltlichkeit nur vor, wenn der
Dienstleistungsempfänger von seinem „Kündigungsrecht" während des „Testzugangs"
Gebrauch machte. Ansonsten geht er eine entgeltliche Bindung ein, ohne dass ihn
die Beklagte darüber in ausreichend deutlicher Form informiert hätte. Der klein
gedruckte Fließtext nach dem Anmeldefeld reicht dafür nicht aus. Denn auch ein
durchschnittlich informierter und verständiger Verbraucher wird bei
Inanspruchnahme eines ausdrücklich als „gratis" bezeichneten Dienstes nicht
annehmen, dass sich aus dem „Kleingedruckten" das Gegenteil der blickfangartig
herausgestellten Unentgeltlichkeit ergeben könnte. Vielmehr wird ein nicht
unbeträchtlicher Teil solcher Verbraucher den erst auf die eigene
Vertragserklärung folgenden Text im Vertrauen auf die ohnehin zugesagte
Unentgeltlichkeit gar nicht lesen. Damit ist die blickfangartige Bezeichnung
„gratis" jedenfalls zur Irreführung des Publikums geeignet.
1.4. Die Revision zeigt nicht auf, weshalb diese Frage nach neuem Recht anders
beurteilt werden sollte. Die unzutreffende Bezeichnung eines Produkts als
„gratis" ist eine nach Punkt 20 der Anlage zum UWG ausdrücklich missbilligte
Geschäftspraktik; jedenfalls liegt eine zur Irreführung geeignete Angabe über
den Preis der Dienstleistung iSv § 2 Abs 1 Z 4 UWG vor. Wie eine Ankündigung zu
verstehen ist, ist auch bei Anwendung des neuen Rechts nach dem - zuvor
erörterten - Verständnis eines Durchschnittsverbrauchers zu beurteilen.
1.5. Die beanstandete Internetwerbung enthielt somit irreführende Angaben iSv
§ 2 UWG idF vor der Novelle 2007;
sie ist eine irreführende und damit unlautere Geschäftspraktik iSv § 2 Abs 1 Z 4
UWG und Punkt 20 des Anhangs zum UWG. Das Verbot ist daher zu bestätigen.
2. Punkt (b) des Unterlassungsbegehrens gründet sich auf einen Verstoß gegen
§ 5c Abs 1 Z 2 iVm Abs 2 KSchG.
Nach § 5c Abs 1 Z 1 KSchG muss
der Verbraucher bei der Anbahnung eines Vertragsabschlusses im Fernabsatz
rechtzeitig vor Abgabe seiner Vertragserklärung über Informationen zum Preis der
Ware oder Dienstleistung „verfügen". Diese Informationen müssen ihm nach
§ 5c Abs 2 KSchG „klar und
verständlich in einer dem verwendeten Fernkommunikationsmittel angepassten Art
und Weise erteilt werden". Eine Verletzung dieser Verpflichtung führt zu einem
Unterlassungsanspruch nach § 28a
Abs 1 KSchG.
Die Revision macht geltend, dass §
5c KSchG einen anderen Zweck als §
2 UWG verfolge. „Klarheit" bedeute - offenbar nur - Kostentransparenz bei
Steuern und Versandkosten; „Verständlichkeit" beziehe sich auf die verwendete
Sprache. Die Vorinstanzen hätten diese Zielsetzung verkannt und statt dessen
lauterkeitsrechtliche Kriterien herangezogen. Tatsächlich sei die Information im
Fließtext und in über Links erreichbaren Teilen der Website „klar und
verständlich" vorhanden gewesen.
2.1. Mit den §§ 5a bis 5j und § 31a
KSchG wurde die Richtlinie 97/7/EG vom 20. 5. 1997 über den Verbraucherschutz
bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz (FernabsatzRL) umgesetzt. Ihr Ziel ist es,
den besonderen Risiken des Fernabsatzes zu begegnen. Der Schutz der Verbraucher
soll insbesondere durch Informationspflichten und ein Rücktrittsrecht erreicht
werden (Krejci in Rummel, ABGB³ §§ 5a - 5i KSchG Rz 1; 4 Ob 92/03p = SZ 2003/52;
4 Ob 149/03w = SZ 2003/79). Die Informationspflichten des
§ 5c KSchG dienen dem Zweck,
klare Verhältnisse zu schaffen; sie sollen dem Verbraucher den Vergleich mit
anderen Angeboten erleichtern und ihm eine rationale Entscheidung über den
Vertragsabschluss ermöglichen (Apathy in Schwimann, ABGB3 V § 5c KSchG Rz 1 mwN).
2.2. Daraus folgt, dass „Klarheit" und „Verständlichkeit" nicht auf den in der
Revision genannten Bedeutungsinhalt reduziert werden können. Vielmehr muss die
Information ganz allgemein so „erteilt" werden, dass sie vom Verbraucher - bei
gehöriger Aufmerksamkeit - vor Vertragsabschluss überhaupt wahrgenommen wird.
Denn sonst kann sie ihre oben genannte Funktion nicht erfüllen.
Ob diese Voraussetzung zutrifft, ist im Einzelfall nach der Maßfigur des
durchschnittlich informierten und verständigen („europäischen") Verbrauchers zu
beurteilen. Wird ein solcher Verbraucher - wie hier - durch Angaben über die
angebliche Unentgeltlichkeit der Dienstleistung darüber in Irrtum geführt, dass
er in Wahrheit einen entgeltlichen Vertrag abschließt bzw abschließen soll (oben
Punkt 1), so besteht für ihn auch bei gehöriger Aufmerksamkeit kein Anlass, im
Kleingedruckten oder „versteckt in AGB" (Apathy aaO § 5c KSchG Rz 4) nach
Informationen über den Preis dieser Dienstleistung zu suchen. Von einer „klaren
und verständlichen" Information über den Preis kann unter diesen Umständen keine
Rede sein. Insofern laufen die lauterkeitsrechtliche und die
fernabsatzrechtliche Beurteilung daher tatsächlich parallel.
2.3. Dieses Ergebnis folgt auch aus richtlinienkonformer Interpretation. Nach
Art 4 Abs 2 FernabsatzRL sind bei der Beurteilung von „Klarheit" und
„Verständlichkeit" einer Information „insbesondere die Grundsätze der Lauterkeit
bei Handelsgeschäften" zu beachten („with due regard, in particular, to the
principles of good faith in commercial transactions" bzw „dans le respect,
notamment, des principes de loyauté en matière de transactions commerciales").
Weiters heißt es in EG 11 der FernabsatzRL, dass die Übermittlung der
Informationen entsprechend den „sonstigen einschlägigen
Gemeinschaftsvorschriften" erfolgen müsse, und zwar insbesondere gemäß der RL
84/450/EWG über irreführende Werbung. Auch die Regeln über den Fernabsatz sollen
verhindern, dass unlautere Geschäftspraktiken sanktionslos bleiben (Schurr in
Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang3 vor §§ 5a ff KSchG Rz 8). Die Parallelität
von Fernabsatz- und Lauterkeitsrecht ist damit schon in der FernabsatzRL
angelegt. Zwar wurde der Hinweis auf den lauteren Handelsverkehr nicht in das
KSchG übernommen. Das liegt aber offenkundig daran, dass der Gesetzgeber die
Maßgeblichkeit dieses Standards für die Konkretisierung des Transparenzgebots
als selbstverständlich ansah. Daher wird eine irreführende und damit unlautere
Geschäftspraktik bei der Erteilung einer Information über wesentliche
Vertragspunkte iSv Art 6 RL-UGP bzw § 2 UWG im Regelfall auch die „Klarheit" und
„Verständlichkeit" dieser Information iSv Art 4 Abs 2 FernabsatzRL bzw § 5c Abs
2 KSchG ausschließen.
2.4. Dass durch die Vorgangsweise der Beklagten „allgemeine Interessen der
Verbraucher" iSv § 28a Abs 1 KSchG beeinträchtigt werden, ist offenkundig. Der
Unterlassungsanspruch der Klägerin besteht daher auch in diesem Punkt zu Recht.
3. Punkt (c) des Unterlassungsbegehrens gründet sich auf einen Verstoß gegen § 5d
Abs 2 KSchG. Danach sind dem Verbraucher die Informationen über sein
(allfälliges) Rücktrittsrecht „schriftlich oder auf einem für ihn verfügbaren
dauerhaften Datenträger zu übermitteln." Wird diese Pflicht nicht erfüllt, so
beträgt die Rücktrittsfrist nach §
5e Abs 3 KSchG drei Monate. Die Revision macht geltend, dass die Beklagte
der Übermittlungspflicht nach § 5d
Abs 2 KSchG durch das Zusenden einer Bestätigungs-E-Mail entsprochen habe, die
einen Link zu den AGB enthalten habe. Dort wiederum hätten sich die
Informationen zum Rücktrittsrecht befunden. Daher müsse sie die längere Frist
nicht gewähren.
3.1. § 5d Abs 2 KSchG beruht auf
Art 5 Abs 1 der FernabsatzRL. Diese Bestimmung lautet:
„Der Verbraucher muss eine Bestätigung der Informationen gemäß Artikel 4 Absatz
1 Buchstaben a) bis f) rechtzeitig während der Erfüllung des Vertrags, bei nicht
zur Lieferung an Dritte bestimmten Waren spätestens zum Zeitpunkt der Lieferung,
schriftlich oder auf einem anderen für ihn verfügbaren dauerhaften Datenträger
erhalten, soweit ihm diese Informationen nicht bereits vor Vertragsabschluss
schriftlich oder auf einem anderen für ihn verfügbaren dauerhaften Datenträger
erteilt wurden. Auf jeden Fall ist folgendes zu übermitteln:
- schriftliche Informationen über die Bedingungen und Einzelheiten der Ausübung
des Widerrufsrechts [...]"
Die für den Streitfall maßgebenden Teile dieser Bestimmung lauten in englischer
und französischer Sprache wie folgt:
„The consumer must receive written confirmation or confirmation in another
durable medium available and accessible to him of the information [...] In any
event the following must be provided [...]" „Le consommateur doit recevoir, par
écrit ou sur un autre support durable à sa disposition et auquel il a accès
[...] En tout état de cause, doivent être fournies: [...]"
3.2. Diese Vorschrift soll dem Verbraucher ermöglichen, die für die Abwicklung
des Vertrags und für allfällige Streitigkeiten maßgebenden Punkte dauerhaft zu
dokumentieren. Sie geht daher in Bezug auf die Form der Information über
§ 5c KSchG (Art 4 FernabsatzRL)
hinaus (Kathrein in KBB2 § 5d KSchG Rz 1; Krejci aaO §§ 5a - 5i KSchG Rz 15;
Schurr aaO § 5d KSchG Rz 1).
Nach den Gesetzesmaterialien (1998 BlgNR 20. GP 24, zu § 5d KSchG) ist
grundsätzlich auch eine E-Mail als „dauerhafter Datenträger" anzusehen, wenn der
Empfänger eine E-Mail-Adresse angegeben hat und die Sendung empfangen sowie ohne
besonderen Aufwand lesen, speichern und ausdrucken kann. Diese Auffassung wird
auch in der Lehre vertreten (Apathy aaO § 5d KSchG Rz 1; Krejci aaO §§ 5a - 5i
KSchG Rz 15, Schurr aaO § 5d KSchG Rz 4; Hahn/Wilmer, Handbuch des
Fernabsatzrechts [2005] 61 f). Sie stimmt mit der Begriffsbestimmung in § 3 Z 4
Fern-Finanzdienstleistungs-Gesetz (BGBl I 62/2004) überein. Danach ist ein
dauerhafter Datenträger „jedes Medium, das es dem Empfänger gestattet, an ihn
persönlich gerichtete Informationen derart zu speichern, dass er sie in der
Folge für eine für die Zwecke der Informationen angemessene Dauer einsehen kann,
und das die unveränderte Wiedergabe der gespeicherten Informationen ermöglicht."
Bei einer E-Mail trifft das in der Regel zu.
3.3. Die Besonderheit des vorliegenden Falls liegt darin, dass die Informationen
über das Rücktrittsrecht nicht in der Bestätigungs-E-Mail selbst enthalten
waren, sondern nur über einen damit übermittelten Link erreicht werden konnten.
Ob das ausreicht, wurde vom Europäischen Gerichtshof bisher noch nicht
entschieden. Die Frage ist auch in der Lehre strittig. Apathy (aaO § 5d KSchG Rz
3) und (wohl auch) Krejci (aaO §§ 5a - 5i KSchG Rz 15) nehmen aufgrund des
Wortlauts („übermitteln") an, dass die bloße Abrufbarkeit nicht genüge.
Demgegenüber vertritt Schurr (aaO § 5d KSchG Rz 5) die Auffassung, dass ein mit
E-Mail übermittelte Link zu einer Internetseite den Erfordernissen ausreiche,
wenn die Seite längerfristig im Internet lesbar bleibe, sodass sich der
Verbraucher mit dem Öffnen, Lesen und Abspeichern des Links Zeit lassen könne.
Ähnlich wird auch zum deutschen Recht argumentiert. Dort sind die Bestimmungen
der FernabsatzRL nun im BGB umgesetzt. Nach § 312c Abs 2 BGB ist die Information
in „Textform" mitzuteilen. Dieser Begriff wird in § 126b BGB wie folgt
definiert: „Ist durch Gesetz Textform vorgeschrieben, so muss die Erklärung in
einer Urkunde oder auf andere zur dauerhaften Wiedergabe in Schriftzeichen
geeignete Weise abgegeben, die Person des Erklärenden genannt und der Abschluss
der Erklärung durch Nachbildung der Namensunterschrift oder anders erkennbar
gemacht werden." Die Lehre nimmt zum Teil - wenngleich ohne nähere Begründung -
an, dass dafür auch „eine Internetseite, die heruntergeladen werden kann und
dann beim Nutzer dauernd abrufbar ist" (Einsele in Münchener Kommentar zum BGB5
§ 126b Rz 9) oder eine „abgerufene Internetseite" (Hertel in Staudinger [2004] §
126b Rz 27; vgl auch Ruff, Vertriebsrecht im Internet [2002] 254) ausreiche. Dem
wird allerdings entgegengehalten, dass eine Internetseite jederzeit geändert
werden könne und daher für den Verbraucher nicht dauerhaft verfügbar sei (Mankowski,
Fernabsatzrecht: Information über das Widerrufsrecht und Widerrufsbelehrung bei
Internetauftritten, CuR 2001, 767, 772 mwN).
3.4. Ob das Übermitteln eines Links unter Umständen zur Erfüllung der
Erfordernisse von Art 5 Abs 1 FernabsatzRL ausreichen kann, lässt sich aus dem
Wortlaut dieser Bestimmung nicht eindeutig beantworten. Insofern liegt daher
wohl kein acte clair im Sinn der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs
vor (RS 283/81, Slg 1982, 3415 - Cilfit; vgl dazu zuletzt 1 Ob 90/07b). Anders
als bei einer E-Mail oder bei einer als E-Mail-Anhang übermittelten Datei, die
zumindest für eine gewisse Zeit (auch) am Mail-Server des Empfängers gespeichert
bleibt, müsste der Empfänger hier selbst aktiv werden, um sich durch Öffnen des
Links und Abspeichern oder Ausdrucken des damit erreichten Inhalts eine
dauerhafte Dokumentation der Informationen zu verschaffen. Das bloße Abspeichern
der E-Mail reichte nicht aus, da der Anbieter seinen über den Link erreichbaren
Internetauftritt jederzeit ändern könnte. Das könnte eine unterschiedliche
Behandlung der beiden Fallgestaltungen rechtfertigen.
Diese Frage kann hier aber auf sich beruhen. Denn ein Link zu einer
Internetseite kann jedenfalls nur dann genügen, wenn ein durchschnittlich
informierter und verständiger Verbraucher schon aus der Gestaltung der
Bestätigungs-E-Mail erkennt, dass die Informationen zum Rücktrittsrecht auf der
unter dem Link angezeigten Internetseite zu finden sind. Das folgt aus dem Zweck
des § 5d Abs 2 KSchG (Art 5 Abs 1
FernabsatzRL): Die damit angestrebte (dauerhafte) Aufklärung des Verbrauchers
über sein Rücktrittsrecht ist nur gewährleistet, wenn er sie bei gehöriger
Aufmerksamkeit überhaupt wahrnimmt. Das gilt auch bei einer Information über
verlinkte Seiten. Sie kann jedenfalls nur dann ausreichen, wenn ein Verbraucher
aufgrund der konkreten Gestaltung annehmen muss, dass er über den Link bestimmte
Informationen erreichen kann (Ott, Informationspflichten im Internet und ihre
Erfüllung durch das Setzen von Hyperlinks, WRP 2003, 945, 948 f, 954).
Diese Erwägung liegt im Kern auch der Entscheidung des BGH in der Sache I ZR
228/03 (= NJW 2006, 3633 - Anbieterkennzeichnung im Internet) zu Grunde. Dort
ging es zwar nicht um die Bestätigungspflicht nach Art 5 Abs 1 FernabsatzRL,
sondern um die Informationspflicht nach Art 4 FernabsatzRL (§ 312c Abs 1 BGB).
Die Frage, ob ein Link zur Vermittlung der Information ausreichen kann, stellt
sich aber auch dort. Der BGH ließ das Bereithalten der Information auf einer
Internetseite, die über zwei Links erreicht werden konnte, ausreichen, „wenn
diese Verfahrensweise und die entsprechenden Links im Verkehr zum Abruf der
Information bekannt sind". Im konkreten Fall bejahte er dieses Erfordernis für
die Link-Bezeichnungen „Kontakt" und „Impressum" als Hinweis auf Firma und
Adresse des Anbieters.
3.5. Im vorliegenden Fall enthielt die Bestätigungs-E-Mail der Beklagten nur
Zugangsdaten, nicht aber einen Hinweis auf die Entgeltlichkeit der Dienste. Der
Link selbst verwies nur auf die „Allgemeinen Geschäftsbedingungen". Ein von
Unentgeltlichkeit ausgehender Verbraucher (oben 1. und 2.) hatte daher keinen
Grund zur Annahme, dass er unter dem Link eine Information über Rücktrittsrechte
finden würde. Aus diesem Grund konnte die Bestätigungs-E-Mail dem
Transparenzgebot von vornherein nicht genügen. Auf die Fragen, ob ein anders
gestalteter Link den Erfordernissen nach § 5d
Abs 2 KSchG entsprochen, die AGB in diesem Fall ihrerseits an sich ausgereicht
und hier konkret dem Transparenzgebot entsprochen hätten, kommt es unter diesen
Umständen nicht an.
3.6. Mangels ausreichender Information über das Rücktrittsrecht hatte die
Beklagte nach § 5e Abs 1 und 3
KSchG eine dreimonatige Rücktrittsfrist zu gewähren. Das ist unstrittig nicht
erfolgt. Der Unterlassungsanspruch besteht daher auch in diesem Punkt zu Recht.
B. Zur Revision der Klägerin
1. Das Berufungsgericht hat das Begehren auf Ermächtigung zur
Urteilsveröffentlichung auch in einem Printmedium mit der Begründung abgewiesen,
dass bei Wettbewerbsverletzungen, die im Internet begangen wurden, regelmäßig
nur eine Urteilsveröffentlichung im Internet in Betracht komme. Die Klägerin
hält dem unter anderem entgegen, dass der Regelungszweck im konkreten Fall auch
eine Veröffentlichung in einem Printmedium erfordere.
2. Wie das Berufungsgericht an sich zutreffend ausführt, hat der Senat in
4 Ob 174/02w (= MR 2002, 396 [Korn] = ecolex
2003, 40 (Schönherr) = ÖBl 2003, 31 [Fallenböck] - Boss Zigaretten IV)
tatsächlich ausgesprochen, dass bei Wettbewerbsverletzungen im Internet auch die
Urteilsveröffentlichung regelmäßig nur im Internet zu erfolgen habe. Anlassfall
war die Ausbeutung des Rufs einer bekannten Marke als Bezeichnung für
Zigaretten. Es sei anzunehmen, dass an den Zigaretten interessierte Nutzer
wieder zur Website zurückkehren und so auch von der Veröffentlichung erfahren
würden; an der Ware nicht interessierte Nutzer, die nur zufällig auf die Website
gelangt wären und nicht dorthin zurückkehrten, müssten auch nicht aufgeklärt
werden. Die Aufklärung solle (nur) jene Kreise erfassen, die tatsächlich auch
die Werbung wahrgenommen hätten.
3. Diese Entscheidung kann allerdings nicht auf den vorliegenden Fall übertragen
werden.
3.1. Zweck der Urteilsveröffentlichung (§ 25 UWG, hier teils iVm § 30 Abs 1
KSchG) ist es, unlautere Wettbewerbshandlungen in der Öffentlichkeit aufzudecken
und die beteiligten Verkehrskreise über die wahre Sachlage aufzuklären (stRsp ua
4 Ob 96/97i = ÖBl 1998, 53 - Ramtha; 4 Ob 312/99g = SZ 72/206; 4 Ob 149/03w = SZ
2003/79); dabei soll der Weiterverbreitung unwahrer Ansichten entgegengewirkt
werden (RIS-Justiz RS0079764 insb T15; 4 Ob 312/99g = SZ 72/206). Die
beteiligten Kreise sollen sich entsprechend informieren können, um vor
Nachteilen geschützt zu sein (4 Ob 221/06p = ÖBA 2007, 981 [Rummel]). Wie die
Veröffentlichung zur Erfüllung dieser Zielsetzung gestaltet sein muss, hängt von
den Umständen des Einzelfalls ab.
3.2. Im vorliegenden Fall dient die Veröffentlichung insbesondere dazu,
ehemalige Vertragspartner der Beklagten über die Rechtswidrigkeit einzelner von
der Beklagten angewandter Geschäftspraktiken aufzuklären. Dadurch werden diese
Kunden nicht nur vor neuerlichen Vertragsabschlüssen aufgrund ähnlicher
Praktiken gewarnt, sondern auch in die Lage versetzt, allfällige
Rückforderungsansprüche gegen die Beklagte geltend zu machen. Diese ehemaligen
Vertragspartner der Beklagten werden indes in vielen Fällen - verärgert über
deren Geschäftspraktiken - gerade nicht auf deren Internetseiten zurückkehren.
Damit unterscheidet sich der hier zu beurteilende Sachverhalt deutlich von
jenem, der der Entscheidung 4 Ob 174/02w zugrunde
lag. Denn dort war eine Information ehemaliger Kunden oder Nutzer, die nicht auf
die Website zurückkehrten, nicht notwendig. Hier erfordert der Zweck der
Urteilsveröffentlichung demgegenüber auch eine Veröffentlichung in einem
Printmedium. Denn nur so ist (weitgehend) sichergestellt, dass die ehemaligen
Kunden der Beklagten von der Rechtswidrigkeit der beanstandeten Praktiken
erfahren. Weiters wird dadurch verhindert, dass sich in Anbieterkreisen die
Auffassung verfestigt, eine dem Internetauftritt der Beklagten vergleichbare
Vorgangsweise entspreche den Erfordernissen des Lauterkeits- und
Fernabsatzrechts. Eine Beschränkung der Veröffentlichung auf die Internetseiten
der Beklagten würde dieser Zielsetzung nicht gerecht. Soweit sich der im
Veröffentlichungspunkt vergleichbaren Entscheidung 4
Ob 219/03i (= ÖBl 2004, 203 [Schmid] - pornotreff.at) Gegenteiliges
entnehmen lässt, hält sie der Senat nicht aufrecht.
4. Aufgrund dieser Erwägungen ist das Urteil des Erstgerichts im soeben
erörterten Punkt wiederherzustellen. Die Klägerin ist nicht nur zur
Urteilsveröffentlichung auf den Internetseiten der Beklagten, sondern auch in
einer Samstagausgabe der Kronen Zeitung zu ermächtigen.
C. Ergebnis und Kosten
1. Die diese Entscheidung tragenden Erwägungen sind wie folgt zusammenzufassen:
1.1. Eine irreführende und damit unlautere Geschäftspraktik bei der Erteilung
einer Information über wesentliche Vertragspunkte iSv
§ 2 UWG bzw Art 6 RL-UGP wird im
Regelfall auch die „Klarheit" und „Verständlichkeit" dieser Information iSv
§ 5c Abs 2 KSchG bzw Art 4 Abs 2
FernabsatzRL ausschließen.
1.2. Eine E-Mail mit einem Link auf eine Internetseite mit Informationen über
das Rücktrittsrecht des Verbrauchers reicht jedenfalls dann nicht als
Bestätigung iSv § 5d Abs 2 KSchG
(Art 5 Abs 1 FernabsatzRL) aus, wenn ein durchschnittlich informierter und
verständiger Verbraucher aufgrund der Gestaltung der E-Mail und des Links nicht
erkennt, dass sich die Informationen über das Rücktrittsrecht auf der über den
Link erreichbaren Internetseite befinden.
1.3. Suchen voraussichtlich nicht alle ehemaligen Kunden eines Unternehmens, die
ein objektives Interesse an der Information über dessen bedenkliche
Geschäftspraktiken bei Vertragsabschlüssen haben, neuerlich die Internetseiten
dieses Unternehmens auf, so ist ein Unterlassungsurteil im Regelfall nicht nur
dort zu veröffentlichen.
2. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagte hat der
Klägerin die Kosten ihrer Rechtsmittelschriften (Berufungsbeantwortung,
Revision, Revisionsbeantwortung) zu ersetzen. Gegenstand der
Revisionsbeantwortung war allerdings nicht das gesamte
Veröffentlichungsbegehren, sondern nur die vom Berufungsgericht ausgesprochene
und damit etwa auf die Hälfte beschränkte Veröffentlichungsermächtigung. Die
Revisionsbeantwortung ist daher nur auf einer Bemessungsgrundlage von 23.750 EUR
zu honorieren (Unterlassung 21.500 EUR, Veröffentlichung 2.250 EUR).