Unvollständiges Impressum
OGH, Beschluss vom 18.11.2008, 4 Ob 186/08v
ECG § 5, MedienG § 25, UWG § 1
***** Zusammenfassung *****
Die Erstbeklagte, deren Geschäftsführer der Zweitbeklagte ist, betreibt als Medieninhaberin auf ihrer Website ein „Online-Fernsehen" als Mischform aus Internet, Printmedium und Fernsehen. Im Impressum fehlen fast alle Angaben über Unternehmensgegenstand, Beteiligungen, Organe, grundlegende Richtung usw. Die Klägerin betreibt eine ähnliche Website und klagt auf Unterlassung.
Das Erstgericht gab dem Sicherungsantrag hinsichtlich der Angaben nach § 5 ECG statt und wies hinsichtlich der Angaben nach § 25 MedienG ab, das Rekursgericht wies zur Gänze ab.
Der OGH gibt dem Revisionsrekurs nicht Folge. Berührt eine Handlung,
Unterlassung oder sonstige Verhaltensweise oder Erklärung eines Unternehmers -
mag sie an sich auch gegen berufliche Sorgfaltspflichten verstoßen - abstrakt
und nach objektiven Kriterien beurteilt das wirtschaftliche Verbraucherverhalten
nicht und ist sie daher nicht geeignet, geschäftliche Entscheidungen eines
Verbrauchers zu dessen Nachteil zu beeinflussen, so handelt es sich weder um
eine unlautere Geschäftspraktik nach der Generalklausel des
§ 1 Abs 1 Z 2 UWG, noch um den
Sonderfall einer irreführenden Geschäftspraktik nach
§ 2 UWG. Diese Sach- und Rechtslage
besteht gewöhnlich dann, wenn das Verhalten eines Unternehmers nicht geeignet
ist, geldwerte Veränderungen im Vermögen eines Verbrauchers herbeizuführen.
Nach der Absicht des Gesetzgebers soll die Pflicht zur periodischen Offenlegung
der Eigentumsverhältnisse und Beteiligungsverhältnisse sowie der grundlegenden
Richtung periodischer Druckwerke dem Leserpublikum Hinweis auf allfällige
Abhängigkeitsverhältnisse geben, welche unter Umständen auch die redaktionelle
Gestaltung beeinflussen können und im Impressum oder in Titeln keinen Ausdruck
finden müssen. Die geforderten Offenlegungen sollten sowohl der Information des
Medienkonsumenten dienen als auch den Überzeugungsschutz der Medienmitarbeiter
sichern. Die Offenlegung soll zur Aufhellung der wirtschaftlichen Zusammenhänge
und Abhängigkeiten im Hinblick auf die Pressekonzentration und die Bildung von
Meinungskartellen beitragen; sie ist eine "Produktdeklaration".
- Anmerkung von Martin Auer, jusIT 2009, 25, 57
***** Entscheidung *****
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Zechner als Vorsitzenden und durch die Hofrätin Dr. Schenk sowie die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Musger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei P***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Birgit Noha LL.M., Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. d***** GmbH, 2. Wolfgang B*****, beide vertreten durch Dr. Peter Burgstaller LL.M., Rechtsanwalt in Linz, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Sicherungsverfahren 35.000 EUR), infolge ordentlichen Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 18. August 2008, GZ 1 R 122/08d-11, mit dem der Beschluss des Landesgerichts Linz vom 3. Juni 2008, GZ 15 Cg 56/08s-4, teilweise abgeändert wurde, den
Beschluss
gefasst:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit 2.155,43 EUR
(darin 359,24 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen
14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
Die Erstbeklagte, deren Geschäftsführer der Zweitbeklagte ist, betreibt als
Medieninhaberin auf ihrer unter der Domain „www.l*****.at" aufrufbaren Website
ein „Online-Fernsehen" als Mischform aus Internet, Printmedium und Fernsehen,
bei dem ein Benutzer - ähnlich einer Lokalzeitung - Berichte und Informationen
über Stadtentwicklung, Kultur, Wirtschaft, Tourismus und Sport individuell und
unentgeltlich abrufen kann. Die Website wird von namhaften Sponsoren finanziell
unterstützt, denen auf der Startseite Raum für Werbung zur Verfügung steht. Das
Impressum der Website enthält keine Informationen zu folgenden Umständen:
Unternehmensgegenstand; Art und Höhe der Beteiligung der Medieninhaber; Organe
und Gesellschafter der Gesellschaft; eventuelle Beteiligung der Medieninhaber an
anderen Medienunternehmen; grundlegende Richtung des Mediums; Firmenbuchnummer
und Firmenbuchgericht; Kammer, Berufsverband oder eine ähnliche Einrichtung, der
die Erstbeklagte als Diensteanbieterin, die gewerbe- und berufsrechtlichen
Vorschriften unterliegt, angehört;
Berufsbezeichnung und Mitgliedstaat, in dem diese verliehen worden ist;
anwendbare gewerberechtliche Vorschriften;
Umsatzsteueridentifikationsnummer. Auch die Klägerin betreibt
„Online-Fernsehen".
Zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs beantragt die
Klägerin, den Beklagten mit einstweiliger Verfügung aufzutragen, es bis zur
Rechtskraft des über die Klage ergehenden Urteils zu unterlassen,
a) auf individuellen Abruf des Empfängers elektronisch im Fernabsatz einen
Dienst der Informationsgesellschaft zu erbringen und/oder erbringen zu lassen,
ohne den Nutzern ständig die nach dem ECG idgF gesetzlich vorgeschriebenen
Informationen leicht und unmittelbar zugänglich zur Verfügung zu stellen,
insbesondere die Firmenbuchnummer und das Firmenbuchgericht, die Kammer, den
Berufsverband oder eine ähnliche Einrichtung, der er angehört, die
Berufsbezeichnung und den Mitgliedsstaat, in dem diese verliehen worden ist, die
anwendbaren gewerberechtlichen Vorschriften und die
Umsatzsteueridentifikationsnummer;
b) eine Website zu betreiben und/oder betreiben zu lassen, die einen über die
Darstellung des persönlichen Lebensbereichs oder die Präsentation des
Medieninhabers hinausgehenden Informationsgehalt aufweist, der geeignet ist, die
öffentliche Meinungsbildung zu beeinflussen, ohne die nach dem MedienG idgF
vorgeschriebenen Angaben ständig leicht und unmittelbar auffindbar zur Verfügung
zu stellen, insbesondere den Unternehmensgegenstand, Art und Höhe der
Beteiligung, der Organe und Gesellschafter und die grundlegende Richtung des
Mediums.
Die Erstbeklagte biete einen von Sponsoren finanzierten, für Nutzer
unentgeltlich abrufbaren Dienst der Informationsgesellschaft an, der ihren
Unternehmenswert steigere. Aufgrund unvollständiger Angaben im Impressum ihrer
Website verstoße sie gegen § 5
ECG, § 14 Abs 1 UGB und § 25
MedienG. Nach geltendem Lauterkeitsrecht liege eine irreführende unlautere
Geschäftspraktik vor, die den Erfordernissen der beruflichen Sorgfalt
widerspreche und geeignet sei, das wirtschaftliche Verhalten des
Durchschnittsverbrauchers wesentlich zu beeinflussen. Für einen Leser sei
wesentlich, dass ihm Beteiligungsverhältnisse, Blattlinie und
Unternehmensgegenstand nicht verschwiegen würden. Die (kollektive) Spürbarkeit
einer Rechtsverletzung sei kein Tatbestandselement einer gegenüber Verbrauchern
unlauteren Geschäftspraktik. Die fehlende Angaben nach den genannten
Bestimmungen seien gemäß § 2 Abs 4 UWG wesentlich; soweit gegen das ECG
verstoßen werde, folge dies auch aus §
2 Abs 5 UWG.
Die Beklagten wendeten ein, die beanstandeten Verstöße seien geringfügig
und lägen unter der Spürbarkeitsgrenze. Die Spürbarkeit eines allfälligen
Rechtsbruchs sei weiterhin Voraussetzung für lauterkeitsrechtlich begründete
Unterlassungsansprüche. Impressumsverpflichtungen seien keine
wettbewerbsrelevanten Normen, sondern bloße Ordnungsvorschriften.
Das Erstgericht gab dem Sicherungsantrag in seinem Punkt a) (Verletzung
des § 5ECG) statt und wies ihn
in seinem Punkt b) (Verletzung der Offenlegungspflicht gemäß
§ 25 MedienG) ab. Eine
Geschäftspraktik gelte dann als irreführend, wenn sie unter Berücksichtigung der
Beschränkungen des Kommunikationsmediums wesentliche Informationen nicht
enthalte, die der Marktteilnehmer benötige, um eine informierte geschäftliche
Entscheidung zu treffen, und die somit geeignet sei, einen Marktteilnehmer zu
einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht
getroffen hätte. Als wesentliche Informationen iSd § 2 Abs 4 UWG gälten die im
Gemeinschaftsrecht festgelegten Informationsanforderungen in Bezug auf
kommerzielle Kommunikation einschließlich Werbung und Marketing (§
2 Abs 5 UWG). Mit dem E-Commerce-Gesetz-ECG seien gemeinschaftsrechtliche
Informationspflichten umgesetzt worden, die
§ 2 Abs 5 UWG für jedenfalls
wesentlich erkläre; insoweit bedürfe es keiner Spürbarkeitsgrenze, weshalb der
Sicherungsantrag insoweit berechtigt sei. Anderes gelte für nach
§ 25 Abs 1 MedienG fehlende
Angaben; hier stelle das Gesetz auf die Unterlassung wesentlicher Informationen
ab. Im Bereich verbraucherschützenden Lauterkeitsrechts sei eine unwesentliche
Beeinflussung als Bagatellfall nicht tatbildlich. Dass fehlende Angaben im
Impressum die Spürbarkeitsgrenze nicht überschritten, räume die Klägerin selbst
ein. Hinsichtlich des aufgezeigten Verstoßes gegen
§ 25 MedienG sei der
Sicherungsantrag mangels Wesentlichkeit einer Beeinflussung somit unbegründet.
Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss in seinem abweisenden Teil und änderte ihn im übrigen dahin ab, dass es auch das Teilsicherungsbegehren zu Punkt a) abwies; es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 4.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs mangels höchstgerichtlicher Rechtsprechung zu § 2 Abs 4 und 5 UWG jeweils zulässig sei. Voraussetzung für eine irreführende Geschäftspraktik (§ 2 Abs 4 UWG) sei es, dass der Marktteilnehmer wesentliche Informationen nicht erhalte, die er benötige, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, und die somit geeignet sei, einen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Im Anlassfall sei nicht ersichtlich, welche geschäftliche Entscheidung der Marktteilnehmer hätte treffen können, die er in Kenntnis aller Informationen nach § 5 ECG oder § 25 MedienG allenfalls nicht getroffen hätte. Die Website der Erstbeklagten werde nach den Behauptungen der Klägerin zwar von verschiedenen Institutionen gesponsert, sei aber für den Nutzer unentgeltlich und unbeschränkt zugänglich und abrufbar. Die Erstbeklagte schließe mit dem Nutzer ihres Dienstes keinen Vertrag ab; auf allfällige Geschäftsabschlüsse mit den Sponsoren der Website komme es hingegen in Bezug auf die Verletzung der Impressumspflicht nicht an. Mangels möglicher geschäftlicher Entscheidung des Marktteilnehmers fielen Verstöße gegen § 5 ECG und § 25 MedienG nicht unter § 2 Abs 4 UWG und seien keine irreführende Geschäftspraktik. Der Unterlassungsanspruch sei aber auch nicht auf dem Boden der Generalklausel des § 1 Abs 1 Z 2 UWG begründet. Im verbraucherschützenden Bereich des Lauterkeitsrechts sei eine Geschäftspraktik unlauter, wenn sie dem Gebot der beruflichen Sorgfaltspflicht widerspreche, dieser Verstoß geeignet sei, die Fähigkeit des Durchschnittsverbrauchers, eine informierte Entscheidung zu treffen, zu beeinträchtigen und diese Beeinflussung wesentlich sei. Mit dem Erfordernis der „wesentlichen Beeinflussung" bestehe auch im Verhältnis zu Verbrauchern eine Art Spürbarkeitsgrenze. Diese werde - soweit sie auch in das neue Lauterkeitsrecht Eingang gefunden habe - durch die entgegen § 5 ECG und § 25 MedienG fehlenden Angaben im Impressum nicht überschritten. Es fehle die Eignung des beanstandeten Verhaltens, einen sachlich nicht gerechtfertigten Vorsprung vor gesetzestreuen Mitbewerbern zu erlangen, und es sei nicht erkennbar, welche informierte geschäftliche Entscheidung der Nutzer der Website der Erstbeklagten treffen solle.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zur Auslegung des Begriffs der unlauteren
Geschäftspraktik zulässig; das Rechtsmittel ist aber nicht berechtigt.
Die Klägerin macht geltend, dass die als fehlend beanstandeten Informationen auf
der Website der Erstbeklagten per se wesentlich seien, weil es sich - soweit es
Verstößte gegen das E-Commerce-Gesetz-ECG betreffe - um im Gemeinschaftsrecht
festgelegte Informationsanforderungen in Bezug auf kommerzielle Kommunikation
handle (§ 2 Abs 5 UWG). Durch die
Unvollständigkeit könne schon ein einziger Durchschnittsverbraucher irregeführt
werden, was für einen Lauterkeitsverstoß ausreiche. Es liege auf der Hand, dass
die Marktteilnehmer durch die fehlenden Angaben in ihrem Leserverhalten,
insbesondere in der Entscheidung, ein on-line-Medium zu lesen oder nicht,
beeinflusst werden könnten. Subsidiär läge eine Verstoß gegenüber Verbrauchern
im Sinne der Generalklausel des § 1 Abs
1 Z 2 UWG vor, bei dem es auf dessen (kollektive) Spürbarkeit nicht ankäme.
Soweit Verstöße gegen § 25
MedienG betroffen seien, bestehe kein Grund, diese anders zu behandeln als jene
gegen § 5 ECG; die Kenntnis
der grundlegenden Richtung eines Mediums sei eine Verbraucherschutzbestimmung,
die der wesentlichen Information des Lesers diene und Grundlage seiner
informierten Geschäftsentscheidung sei.
1.1. Die UWG-Novelle 2007 setzt die Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen
Parlaments und des Rates vom 11. 5. 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im
binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern (im
Folgenden: RL-UGP) in nationales Recht um.
1.2. Die RL-UGP regelt nur unlautere Geschäftspraktiken zwischen Unternehmen und
Verbrauchern (Art 3 Abs 1 RL-UGP), sie betrifft also allein den Bereich des
verbraucherschützenden Lauterkeitsrechts. In diesem Bereich verfolgt die RL-UGP
das Ziel einer vollständigen Harmonisierung der lauterkeitsrechtlichen
Vorschriften der Mitgliedstaaten (Art 1 RL-UGP; vgl ErwGv 6, 11, 12). Die
verbraucherschützenden Bestimmungen des Lauterkeitsrechts sind daher im Lichte
der RL-UGP auszulegen.
2.1. Die zweigeteilte Generalklausel des § 1
Abs 1 UWG berücksichtigt in Umsetzung der RL-UGP die unterschiedlichen
Tatbestandserfordernisse unlauterer Geschäftspraktiken im -
gemeinschaftsrechtlich unberührt gebliebenen - Verhältnis zwischen Mitbewerbern
(Z 1) und im - gemeinschaftsrechtlich harmonisierten - Verhältnis zwischen
Unternehmern und Verbrauchern (Z 2).
2.2. Die Klägerin stützt ihr Begehren auf das Vorliegen einer gegenüber
Verbrauchern unlauteren, weil irreführenden Geschäftspraktik; auf der Website
der Erstbeklagten fehlten nach E-Commerce-Gesetz-ECG, Unternehmensgesetzbuch und
Mediengesetz zur Veröffentlichung vorgeschriebene wesentliche Informationen, die
der Marktteilnehmer benötige, um eine informierte geschäftliche Entscheidung
treffen zu können.
Angesprochen ist mit diesem Vorbringen allein die lauterkeitswidrige Verletzung
von Verbraucherinteressen, also ein gegen § 1
Abs 1 Z 2 UWG verstoßendes Verhalten, nicht hingegen das Erlangen eines
ungerechtfertigten Vorsprungs infolge Rechtsbruchs der Erstbeklagten zum
Nachteil gesetzestreuer Mitbewerber als ein gegen § 1 Abs 1 Z 1 UWG verstoßendes
Verhalten.
3.1. Nach Art 1 der RL-UGP ist es Zweck dieser Richtlinie, durch Angleichung der
Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über unlautere
Geschäftspraktiken, die die wirtschaftlichen Interessen der Verbraucher
beeinträchtigen, zu einem reibungslosen Funktionieren des Binnenmarkts und zum
Erreichen eines hohen Verbraucherschutzniveaus beizutragen. Die Generalklausel
des Art 5 Abs 2 lit b RL-UGP beschränkt den Anwendungsbereich der RL-UGP
folgerichtig auf Geschäftspraktiken, die geeignet sind, das wirtschaftliche
Verhalten des Durchschnittsverbrauchers wesentlich zu beeinflussen. Andere als
wirtschaftliche Verbraucherinteressen (wie etwa Sicherheits- und
Gesundheitsinteressen) sind ausdrücklich nicht Regelungsgegenstand der
Richtlinie (vgl Art 3 Abs 3 RL-UGP sowie deren ErwGr 7 und 8).
3.2. Eine gegenüber Verbrauchern unlautere Geschäftspraktik iSd
§ 1 Abs 1 Z 2 UWG liegt deshalb nur vor,
wenn es sich um eine gegen berufliche Sorgfaltspflichten verstoßende Handlung,
Unterlassung oder sonstige Verhaltensweise oder Erklärung (vgl § 1 Abs 4 Z 2
UWG) handelt, die geeignet ist, das wirtschaftliche Verhalten des
Durchschnittsverbrauchers, den sie erreicht oder an den sie sich richtet,
wesentlich zu beeinflussen.
3.3. Nach der Legaldefinition des § 1
Abs 4 Z 3 UWG (welche Bestimmung Art 2 lit e RL-UGP nahezu wörtlich umsetzt)
bedeutet eine „wesentliche Beeinflussung des wirtschaftlichen Verhaltens des
Verbrauchers" die Anwendung einer Geschäftspraktik, um die Fähigkeit des
Verbrauchers, eine informierte Entscheidung zu treffen, spürbar zu
beeinträchtigen und damit den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung
zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.
Unter „geschäftliche Entscheidung eines Verbrauchers" versteht das Gesetz jede
Entscheidung eines Verbrauchers darüber, ob, wie und unter welchen Bedingungen
er einen Kauf tätigen, eine Zahlung insgesamt oder teilweise leisten, ein
Produkt behalten oder abgeben oder ein vertragliches Recht im Zusammenhang mit
dem Produkt ausüben will, unabhängig davon, ob der Verbraucher beschließt, tätig
zu werden oder ein Tätigwerden zu unterlassen (§ 1 Abs 4 Z 7 UWG und Art 2 lit k
RL-UGP).
3.4. Ob unternehmerisches Verhalten eine wirtschaftliche Interessen eines
Verbrauchers betreffende geschäftliche Entscheidung beeinflussen kann, ist
abstrakt und nach objektiven Kriterien zu beurteilen (vgl Stuby, Unlautere
Praktiken 150). Wirtschaftliche Verbraucherinteressen bleiben in der Regel von
einem Verhalten eines Unternehmers unberührt, das nicht geeignet ist, geldwerte
Veränderungen im Vermögen eines Verbrauchers herbeizuführen.
3.5. Die voranstehenden Erwägungen lassen sich in folgender Weise
zusammenzufassen:
Berührt eine Handlung, Unterlassung oder sonstige Verhaltensweise oder Erklärung
eines Unternehmers - mag sie an sich auch gegen berufliche Sorgfaltspflichten
verstoßen - abstrakt und nach objektiven Kriterien beurteilt das wirtschaftliche
Verbraucherverhalten nicht und ist sie daher nicht geeignet, geschäftliche
Entscheidungen eines Verbrauchers zu dessen Nachteil zu beeinflussen, so handelt
es sich weder um eine unlautere Geschäftspraktik nach der Generalklausel des
§ 1 Abs 1 Z 2 UWG, noch um den
Sonderfall einer irreführenden Geschäftspraktik nach
§ 2 UWG. Diese Sach- und Rechtslage
besteht gewöhnlich dann, wenn das Verhalten eines Unternehmers nicht geeignet
ist, geldwerte Veränderungen im Vermögen eines Verbrauchers herbeizuführen.
4.1. Nach diesen Grundsätzen begründen die den Beklagten zur Last gelegten
Verstöße gegen bestimmte gesetzlich determinierte Informationspflichten im
Verhältnis zwischen Unternehmern und Verbrauchern keinen lauterkeitsrechtlichen
Unterlassungsanspruch.
4.2. Die einen online-Dienste anbietenden Unternehmer treffenden und im
Gemeinschaftsrecht (Art 5 RL 2000/31/EG vom 8. 6. 2000 über den elektronischen
Geschäftsverkehr) wurzelnden Informationspflichten nach
§ 5 Abs 1 ECG sollen den
Nutzer eines online-Dienstes über bestimmte Eigenschaften des Diensteanbieters
informieren (ErläutRV 817 BlgNR 21. GP, abgedruckt bei Kresbach, E-Commerce²
94). Der Nutzer soll damit im Konfliktfall einen Anknüpfungspunkt für eine
etwaige Rechtsverfolgung erhalten (Hoeren in Fezer, Lauterkeitsrecht § 4-S13 Rz
6). Die Vorschriften greifen in die Anbahnung und Abwicklung von elektronisch
geschlossenen Verträgen ein, indem der Vertragspartner die bei herkömmlicher
Abwicklung von Verträgen leicht zu erlangenden Daten über die Person des
Vertragspartners erhält (Hoeren aaO Rz 77).
4.3. Das von der Erstbeklagten angebotene „online-Fernsehen" kann von Nutzern
unentgeltlich abgerufen werden. Der Mediendienst bietet - ähnlich einer
Lokalzeitung - Berichte und Informationen über Stadtentwicklung, Kultur,
Wirtschaft, Tourismus und Sport; dass der Dienst selbst etwa auch Kaufangebote
präsentiert habe, steht nicht fest. Unter diesen Umständen ist weder die
Entscheidung des Verbrauchers, den online-Dienst der Erstbeklagten zu nutzen,
mit finanziellem Aufwand für ihn verbunden, noch wird ihm im Zuge der Nutzung
unmittelbar die Möglichkeit eröffnet, entgeltliche Geschäfte abzuschließen. Das
Verhalten des diensteanbietenden Unternehmers (einschließlich der allfälligen
Verletzung ihn bindender Informationspflichten) betrifft demnach hier keine
wirtschaftlichen Interessen des Verbrauchers.
4.4. § 25 MedienG enthält
Bestimmungen zur Offenlegung der Eigentums- und Beteiligungsverhältnisse
periodischer Medien. Den Medienkonsumenten sollen die Eigentums- und
Einflussverhältnisse und die damit zu vermutenden wirtschaftlichen Interessen
transparent gemacht werden (Noll in Berka/Höhne/Noll/Polley, MedienG² § 25 Rz
1). Nach der Absicht des Gesetzgebers soll die Pflicht zur periodischen
Offenlegung der Eigentumsverhältnisse und Beteiligungsverhältnisse sowie der
grundlegenden Richtung periodischer Druckwerke dem Leserpublikum Hinweise auf
allfällige Abhängigkeitsverhältnisse geben, welche unter Umständen auch die
redaktionelle Gestaltung beeinflussen können und im Impressum oder in Titeln
keinen Ausdruck finden müssen. Die geforderten Offenlegungen sollen sowohl der
Information des Medienkonsumenten dienen, als auch den Überzeugungsschutz der
Medienmitarbeiter sichern. Die Offenlegung soll zur Aufhellung der
wirtschaftlichen Zusammenhänge und Abhängigkeiten im Hinblick auf die
Pressekonzentration und die Bildung von Meinungskartellen beitragen; sie ist
eine „Produktdeklaration" (4 Ob 59/92 = ÖBl 1992, 203 - Offenlegung).
4.5. Es mag nun zwar für die Entscheidung eines Verbrauchers, ob er den Dienst
der Erstbeklagten nutzen soll oder nicht, eine Rolle spielen, wie sich die
Eigentums- und Einflussverhältnisse dieses Dienstes darstellen. Es gilt aber
auch in diesem Zusammenhang, dass auf Grund der Unentgeltlichkeit der Nutzung
keine wirtschaftlichen Verbraucherinteressen mit dieser Entscheidung verbunden
sind, weil nicht erkennbar ist, inwieweit sie geeignet sein könnte, geldwerte
Veränderungen im Vermögen des Verbrauchers auszulösen. Auch eine allfällige
Verletzung des § 25 MedG (oder
des in Ansehung bestimmter Informationen sinngleichen § 14 Abs 1 UGB) kann daher
den geltend gemachten lauterkeitsrechtlichen Unterlassungsanspruch nicht tragen.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 393 Abs 1 EO iVm §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.