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Keine Auskunftspflicht des Access-Providers:

OGH, Urteil vom 26.7.2005, 11 Os 57/05z

StPO § 149a, TKG § 93, § 103

*****   Zusammenfassung   *****

In der ersten Jahreshälfte 2005 gab es eine ganze Reihe widersprüchlicher Entscheidungen vor allem des OLG Wien zur Frage, ob und unter welchen Umständen Access-Provider den Vertretern der Musikindustrie Auskunft über die Identität von Tauschbörsenusern zu geben haben. Daher brachte die Generalprokuratur eine Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes ein.

Der OGH stellt fest, dass die Beschlüsse der Ratskammer und der Untersuchungsrichterin des LG Wien und des OLG Wien (22 Bs 23/05a; dies war eine Entscheidung gegen die Auskunftspflicht - siehe unten) das Gesetz in der Bestimmung des § 149a Abs. 1 Z 1 lit b und Abs. 2 Z 2 StPO verletzen.
Mit der Feststellung, welche Teilnehmeranschlüsse Ursprung einer Telekommunikation waren (§ 149a Abs 1 Z 1 lit b StPO) ist mehr als eine bloße Ermittlung, Auswertung, Zuordnung, Abgleichung, Verwertung oder sonstige Verarbeitung im internen Bereich des Providers gemeint, nämlich ein Vorgang mit Außenwirkung (Verschaffung der Kenntnis, vgl § 119 StGB), weil nur ein solcher das Telekommunikationsgeheimnis verletzen kann. § 149a Abs 1 Z 1 lit b StPO stellt auf die sogenannte „Rufdatenrückerfassung" ab, durch die offen gelegt wird, wann, wie lange und mit welchen Teilnehmern an der öffentlichen Telekommunikation mittels einer bestimmten Anlage aktiv oder passiv Verbindung aufgenommen wurde. Eine derartige Offenlegung ist bei der Mitteilung von Stammdaten des Benutzers einer IP-Adresse zu einer bestimmten Zeit nicht erforderlich. Die Erhebung des Namens und der Wohnadresse eines Internetbenutzers, dem eine bestimmte - sei es statische, sei es dynamische - Internetadresse zugewiesen ist oder war, ist unter keinen der Eingriffstatbestände des § 149a Abs 1 Z 1 StPO zu subsumieren. Stammdaten unterliegen nicht dem im Art 10a StGG verankerten Grundrecht des Kommunikationsgeheimnisses (§ 93 Abs 1 Satz 1 TKG 2003 e contrario). Selbst bei dynamischen IP-Adressen erfordert die Übermittlung der zugehörigen Stammdaten an ein rite ermittelndes Gericht - der das Grundrecht auf Datenschutz nicht entgegensteht (§ 7 Abs 2 DSG) - keine Feststellung, welche Teilnehmeranschlüsse Ursprung einer Telekommunikation waren (§ § 149a Abs 1 Z 1 lit b StPO). Die Erhebung des Namens und der Wohnadresse eines Internetbenutzers, dem eine bestimmte - sei es statische, sei es dynamische - Internetadresse zugewiesen ist oder war, ist unter keinen der Eingriffstatbestände des § 149a Abs 1 Z 1 StPO zu subsumieren; eine planwidrige Gesetzeslücke diesbezüglich ist weder nach dem Regelungsplan des StRÄG 2002 noch des Strafprozessreformgesetzes zu erkennen. Die Stammdaten des Namens und der Wohnanschrift des Inhabers eines bereits individualisierten Teilnehmeranschlusses können gemäß § 103 Abs 4 TKG 2003 formlos bekannt gegeben oder durch formelle Vernehmung einer physischen Person des Access-Providers als Zeugen ermittelt werden, was im Bedarfsfall durch die entsprechenden Zwangsmaßnahmen der Strafprozessordnung durchzusetzen ist. Bei elektronischer Kommunikation sind IP-Adressen Adressen iSd § 149 Abs 1 Z 3 StPO. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die IP-Adresse auf Dauer (statisch) oder nur für eine einzige Verbindung (dynamisch) vergeben ist, weil sie auch in letzterer Variante - im Zusammenhalt mit dem Zeitraum ihrer Zuteilung - den Teilnehmeranschluss eindeutig individualisiert.

*****   Entscheidung   *****

Der Oberste Gerichtshof hat am 26. Juli 2005 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Danek, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Wagner als Schriftführer, in der Strafsache gegen u.T. wegen des Vergehens des Eingriffes nach § 91 Abs 1 UrhG, AZ 286 Ur 300/04y des Landesgerichtes für Strafsachen Wien, über die Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen die Beschlüsse der Ratskammer vom 1. Dezember 2004 (ON 9) und der Untersuchungsrichterin vom 2. Dezember 2004 (ON 10) sowie des Oberlandesgerichtes Wien vom 8. Februar 2005 (AZ 22 Bs 23/05a; ON 14 der genannten Ur-Akten) nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Fabrizy, des Vertreters der Privatanklägerin L***** GesmbH, Dr. Felix D***** und des Vertreters der T***** AG, Dr. Bernhard S*****, zu Recht erkannt:

Im Strafverfahren AZ 286 Ur 300/04y des Landesgerichtes für Strafsachen Wien verletzen die Beschlüsse der Ratskammer vom 1. Dezember 2004 (ON 9), der Untersuchungsrichterin vom 2. Dezember 2004 (ON 10) sowie des Oberlandesgerichtes Wien vom 8. Februar 2005 (AZ 22 Bs 23/05a; ON 14 der Ur-Akten) das Gesetz in der Bestimmung des § 149a Abs 1 Z 1 lit b, Abs 2 Z 2 StPO.

Gründe:

Mit am 4. November 2004 beim Landesgericht für Strafsachen Wien eingebrachtem Schriftsatz beantragte die Privatanklägerin L***** GesmbH die Vornahme gerichtlicher Vorerhebungen gegen u.T. wegen des Vergehens nach § 91 Abs 1 UrhG iVm § 86 Abs 1 Z 3 und 4 UrhG in Form eines gerichtlichen Auftrages an den Internet-Service-Provider (Access-Provider) T***** AG, dem Gericht unverzüglich Name und Anschrift jenes Kunden bekannt zu geben, dessen Anschluss am 7. August 2004 im Zeitraum 7:08:23 PM EDT bis 7:54:39 PM EDT die IP-Nummer 62.47.158.36 zugeordnet war.

Zur Begründung brachte die Privatanklägerin im Wesentlichen vor, sie nehme als Dachgesellschaft der I***** Österreich und der O***** die Rechte der Tonträgerhersteller an ihren weltweit produzierten Aufnahmen sowie die Rechte der ausübenden Künstler an ihren Darbietungen in Österreich treuhändig wahr. Ein unbekannter Täter habe beim User mit dem KaZaA-internen Namen s*****@KaZaA über die obgenannte IP-Adresse des Access-Providers T***** AG im beschriebenen Zeitraum 1858 Files, davon 1802 Musikfiles, öffentlich zugänglich gemacht und zum Herunterladen angeboten.

Mit Beschluss vom 17. November 2004, GZ 286 Ur 300/04y-4, gab die Untersuchungsrichterin des Landesgerichtes für Strafsachen Wien diesem Begehren statt und wies die T***** AG an, bekannt zu geben, wem die genannte IP-Adresse im angeführten Zeitraum zugewiesen war. Der gegen diesen Beschluss gerichteten Beschwerde der T***** AG (ON 6 = 8) gab die Ratskammer des Landesgerichtes für Strafsachen Wien mit Beschluss vom 1. Dezember 2004 (ON 9) Folge, hob die angefochtene Entscheidung auf und wies die Untersuchungsrichterin an, über den Antrag der Privatanklägerin gemäß § 149a Abs 1 Z 1 lit b, Z 2 und 3, Abs 2 Z 2 StPO Beschluss zu fassen.

Mit Beschluss vom 2. Dezember 2004 (ON 10) wies die Untersuchungsrichterin hierauf den erwähnten Antrag mit der Begründung ab, die Telefonüberwachung sei in den Fällen des § 149a Abs 1 Z 1 lit a und b, Abs 2 Z 2 StPO nur zulässig, wenn zu erwarten ist, dass dadurch die Aufklärung einer vorsätzlich begangenen, mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedrohten strafbaren Handlung gefördert werden kann und durch die Überwachung Daten des Verdächtigen ermittelt werden können. Da der mit der Privatanklage vorgeworfene Eingriff nach § 91 Abs 1 UrhG lediglich mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen bedroht ist, seien die Voraussetzungen einer Telekommunikationsüberwachung nicht gegeben.

Der dagegen gerichteten Beschwerde der Privatanklägerin (ON 12) gab das Oberlandesgericht Wien mit Beschluss vom 8. Februar 2005, AZ 22 Bs 23/05a, ON 14 der Ur-Akten, mit der - auf das Wesentliche reduzierten - Begründung nicht Folge, dass die weitere Zuordnung der von der Privatanklägerin bekannt gegebenen IP-Adresse dem Regime des § 149a StPO unterliege, weil dadurch zwangsläufig auf Verkehrsdaten gegriffen werden müsse, welche dem Kommunikationsgeheimnis unterlägen.

Rechtssatz

Diese Rechtsansicht steht - wie der Generalprokurator in seiner gemäß §§ 33, 292 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt - mit dem Gesetz nicht im Einklang:

Technisch ist vorauszuschicken (vgl Einzinger/Schubert/Schwabl/Wessely/Zykan MR 2005, 113): IP (Internet Protocol)-Adressen erscheinen als Folge von je vier Zahlen, die durch Punkte getrennt werden, zB 217.204.27.214. Sie erlauben eine logische Adressierung von Computern und anderen Endgeräten im Internet. Einem Endgerät wird dabei pro Netzwerkschnittstelle eine eindeutige IP-Adresse zugeordnet. Abgesehen von solchen, die für private Netze verwendet werden, sind IP-Adressen weltweit eindeutig.

Access Provider verfügen normalerweise über ihnen zugeordnete Bereiche von IP-Adressen (IP-Ranges). Aus diesen wird dem Endgerät des Kunden eine einzelne IP-Adresse zugeordnet. Hiebei kann zwischen einer fixen (statischen) und einer dynamischen Zuordnung unterschieden werden.

Wenn vertraglich eine bestimmte unveränderliche IP-Adresse vereinbart ist, so wird dem Kunden eine solche fix zugewiesen (sogenannte „statische IP-Adresse"). In allen anderen Fällen wird die IP-Adresse an den Kunden dynamisch vergeben (sogenannte „dynamische IP-Adresse"): Das Endgerät authentifiziert sich am Remote Access Server (RAS) meist mit Benutzerkennung und Passwort. Der RAS weist ihm dann eine IP-Adresse aus einem dafür vorgesehenen Bereich zu. Bei jeder Authentifizierung wird dem Kunden eine neue IP-Adresse zugeteilt.

Die gerichtliche Erhebung von Daten einer Telekommunikation zum Zwecke der Strafverfolgung hat grundsätzlich nach den Bestimmungen der Strafprozessordnung zu erfolgen. Das Telekommunikationsgesetz (TKG) 2003 erkennt diesen Primat ausdrücklich an: Gemäß § 92 Abs 2 leg cit bleiben die Bestimmungen der Strafprozessordnung durch die Bestimmungen des 12. Abschnittes des Telekommunikationsgesetzes 2003 (Kommunikationsgeheimnis, Datenschutz) unberührt.

Die Strafprozessordnung regelt in den §§ 149a ff die Überwachung einer Telekommunikation, wobei sie für bestimmte tiefgreifende Maßnahmen einschränkende Voraussetzungen aufstellt und besondere Verfahren anordnet. Unter dem Titel „Überwachung einer Telekommunikation" definiert § 149a Abs 1 Z 1 StPO drei Eingriffstatbestände, von denen jener der lit b leg cit - welche den auch als „Rufdatenrückerfassung" bezeichneten Vorgang (Reindl, WK-StPO § 149a Rz 48; Fabrizy StPO9 § 149a Rz 5) umschreibt - für das vorliegende Verfahren von Bedeutung ist. Demnach ist die Feststellung, welche Teilnehmeranschlüsse Ursprung oder Ziel einer Telekommunikation sind oder waren, eine - einschränkenden Bedingungen unterliegende - Überwachung einer Telekommunikation.

Der Begriff des „Teilnehmeranschlusses" wird in § 149a Abs 1 Z 3 StPO - angelehnt an § 2 Z 2 ÜVO (Überwachungsverordnung, eine Ausführungsverordnung nach dem TKG) - definiert: Dies ist die Adresse, welche die technische Einrichtung, die Ursprung oder Ziel einer Telekommunikation ist, kennzeichnet.

„Adresse" ist gemäß § 2 Z 3 ÜVO die Gesamtheit aller Adressierungselemente, die zur Festlegung eines Zieles einer Kommunikationsverbindung dienen. Bei elektronischer Kommunikation sind IP-Adressen solche Adressen (Reindl aaO Rz 3; Fabrizy aaO Rz 8; RV zum StRÄG 2002 1166 BlgNR XXI. GP 51). Dabei macht es keinen Unterschied, ob die IP-Adresse auf Dauer (statisch) oder nur für eine einzige Verbindung (dynamisch) vergeben ist, weil sie auch in letzterer Variante - im Zusammenhalt mit dem Zeitraum ihrer Zuteilung - den Teilnehmeranschluss eindeutig individualisiert.

Im vorliegenden Fall ist die Privatanklägerin im Wege der - wenngleich mit anderer Intention als die übrigen Benutzer vorgenommenen - Teilnahme am Filesharing-System (was somit § 93 Abs 3 TKG 2003 nicht widerstreitet) bereits in Kenntnis der Internetadresse, von der aus der Verdächtige agiert hat. Ihr Auskunftsbegehren zielt lediglich dahin, Namen und Anschrift desjenigen Kunden des Access Providers in Erfahrung zu bringen, dem diese Adresse in einem bestimmten Zeitraum zugeordnet war, maW auf Stammdaten iSv § 92 Abs 3 lit a, lit c TKG 2003. Eine Auskunft über den Partner bei diesem elektronischen Verkehr wird in diesem Zusammenhang weder begehrt noch erteilt, weil nur die Vergabe der IP-Adresse durch den Provider Bestätigung findet.

Stammdaten unterliegen indes nicht dem im Art 10a StGG verankerten Grundrecht des Kommunikationsgeheimnisses (§ 93 Abs 1 Satz 1 TKG 2003 e contrario). Sie dürfen (unter anderem) für die Erstellung von Teilnehmerverzeichnissen ermittelt und verarbeitet werden (§ 97 Abs 1 Z 3 TKG 2003), deren Löschung steht (neben weiteren Gründen) die Erfüllung gesetzlicher Pflichten entgegen (Abs 2 leg. cit.)

Gemäß § 103 Abs 4 TKG 2003 (inhaltlich entsprechend § 96 Abs 7 TKG 1997) gelten die einschränkenden Bestimmungen über die zulässige Verwendung, Auswertung und Übermittlung der einen Teilnehmer betreffenden Daten nicht gegenüber Ersuchen der Gerichte, die sich auf die Aufklärung und Verfolgung einer bestimmten Straftat beziehen (vgl Fabrizy aaO Rz 17 und der weiterhin bedeutsame Erlass des BMJ vom 11. April 2003, Zl 430.002/34-II 3/2003).

Stammdaten können - aber müssen nicht - Ergebnis der Überwachung einer Telekommunikation sein (§ 149a Abs 1 Z 2 erster Fall StPO). Selbst bei dynamischen IP-Adressen erfordert die Übermittlung der zugehörigen Stammdaten an ein rite ermittelndes Gericht - der das Grundrecht auf Datenschutz nicht entgegensteht (§ 7 Abs 2 DSG) - keine Feststellung, welche Teilnehmeranschlüsse Ursprung einer Telekommunikation waren (§ 149a Abs 1 Z 1 lit b StPO). Die grundrechtsschutzorientierte Auslegung dieses durch das StRÄG 2002 neu eingeführten, in den Materialien (vgl oben) nicht erläuterten Begriffes ergibt, dass damit mehr als eine bloße Ermittlung, Auswertung, Zuordnung, Abgleichung, Verwertung oder sonstige Verarbeitung im internen Bereich des Providers gemeint ist, nämlich ein Vorgang mit Außenwirkung (Verschaffung der Kenntnis, vgl § 119 StGB), weil nur ein solcher das Telekommunikationsgeheimnis verletzen kann. § 149a Abs 1 Z 1 lit b StPO stellt auf die sogenannte „Rufdatenrückerfassung" ab, durch die offen gelegt wird, wann, wie lange und mit welchen Teilnehmern an der öffentlichen Telekommunikation mittels einer bestimmten Anlage aktiv oder passiv Verbindung aufgenommen wurde (vgl RV aaO 51 f und die dort bezogene Judikatur - ua 12 Os 152/00 = EvBl 2001/115 = JBl 2001, 531 mit Anm von Burgstaller - und Literatur). Eine derartige Offenlegung ist bei der Mitteilung der in Rede stehenden Stammdaten des Benutzers einer IP-Adresse zu einer bestimmten Zeit nicht erforderlich.

Auch nach dem am 1. Jänner 2008 in Kraft tretenden Strafprozessreformgesetz - das die Bestimmungen über die Überwachung einer Kommunikation neu strukturiert (Pilnacek/Pleischl Das neue Vorverfahren Rz 584) - läge der Eingriffstatbestand der „Auskunft über Daten einer Nachrichtenübermittlung" (§ 135 Abs 2) nicht vor. Denn nach der Legaldefinition des § 134 Z 2 leg cit ist darunter die Erteilung einer Auskunft über Verkehrsdaten (§ 92 Abs 3 Z 4 TKG), Zugangsdaten (§ 92 Abs 3 Z 4a TKG) und Standortdaten (§ 92 Abs 3 Z 6 TKG) ua eines Telekommunikationsdienstes zu verstehen.

Da die Erhebung des Namens und der Wohnadresse eines Internetbenutzers, dem eine bestimmte - sei es statische, sei es dynamische - Internetadresse zugewiesen ist oder war, unter keinen der Eingriffstatbestände des § 149a Abs 1 Z 1 StPO zu subsumieren ist, bleibt zu prüfen, ob eine planwidrige Gesetzeslücke vorliegt. Eine solche ist jedoch weder nach dem Regelungsplan des StRÄG 2002 noch des Strafprozessreformgesetzes zu erkennen. Der Vorgang der Erhebung der Stammdaten des Inhabers eines bestimmten Teilnehmeranschlusses war schon vor der jeweiligen Gesetzwerdung bekannt und wurde von der strafgerichtlichen Praxis als außerhalb der Regeln für die Telekommunikationsüberwachung stehend angesehen. Das legislatorische Schweigen zwingt somit zur Annahme, der Gesetzgeber habe diesen Vorgang nicht den einschränkenden Bedingungen der Überwachung einer Telekommunikation unterwerfen wollen, zumal es sich um die am wenigsten eingriffsintensive Maßnahme handelt.

Die Stammdaten des Namens und der Wohnanschrift des Inhabers eines bereits individualisierten Teilnehmeranschlusses können gemäß § 103 Abs 4 TKG 2003 formlos bekannt gegeben oder durch formelle Vernehmung einer physischen Person des Access-Providers als Zeugen ermittelt werden, was im Bedarfsfall durch die entsprechenden Zwangsmaßnahmen der Strafprozessordnung durchzusetzen ist.

Daraus folgt, dass die Auffassung des Oberlandesgerichtes Wien, wonach die weitere Zuordnung der von der Privatanklägerin bekanntgegebenen IP-Adresse dem Regime des § 149a StPO unterliege, weil dadurch zwangsläufig auf Verkehrsdaten gegriffen werden müsse, welche dem Kommunikationsgeheimnis unterlägen, verfehlt ist. Diesem Rechtsirrtum unterliegen auch die Beschlüsse der Ratskammer vom 1. Dezember 2004 und der Untersuchungsrichterin vom 2. Dezember 2004 insoweit, als darin die in Rede stehenden Stammdaten als der Regelung des § 149a StPO unterworfen angesehen werden.

Mangels eines konkreten Nachteils für den (unbekannt bleibenden) Beschuldigten musste es mit der spruchgemäßen Feststellung der Gesetzesverletzung sein Bewenden haben.

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