Peter Bär - Sammlerverkauf
BG für Handelssachen Wien, Urteil vom 31.3.2004, 11 C 971/03d
KSchG § 1, § 5e
***** Zusammenfassung *****
***** Entscheidung *****
Das Bezirksgericht für Handelssachen Wien fasst durch seine Richterin Dr. Marianne Kodek in der Rechts sache der klagenden Partei Julie B***, Angestellte, USA, vertreten durch Dr. Christoph Gottesmann, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Burggasse 20, wider die beklagte Partei Renate N***, Hausfrau, 1110 Wien, vertreten durch Dr. Rudolf Christian Stiehl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Führichgasse 6, wegen € 1.356,92 samt Anhang
I. den Beschluss:
1. Die Unzuständigkeitseinrede der beklagten Partei wird verworfen.
2. Der Antrag auf Zurückweisung eines Teils des Klagsvorbringens wird abgewiesen.
II. und erkennt zu Recht:
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution den Betrag von € 1.356,92 samt 4 % Zinsen aus diesem Betrag seit dem 22.8.2003 und die mit € 961,-- (darin enthalten € 87,-- an Barauslagen sowie € l45,74 an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten binnen l4 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezah1en.
Entscheidungsgründe:
ad 1.1: Mit ihrer Unzuständigkeitseinrede begehrt die beklagte Partei die Klage in Folge sachlicher Unzuständigkeit des Bezirksgerichtes für Handelssachen Wien zurückzuweisen, da mangels Kaufmannseigenschaft der beklagten Partei die Rechtssache nicht in die Zuständigkeit der Handelsgerichtsbarkeit falle. Im Hinblick auf § 43 Abs 3 JN, nach welcher Bestimmung die Unzuständigkeitseinrede nicht darauf gestützt werden kann, dass ein anderes Bezirksgericht für die Streitsache sachlich zuständig wäre, war die Unzuständigkeitseinrede jedoch ohne Eingehen auf die Frage der Kaufmannseigenschaft der beklagten Partei zu verwerfen.
ad II: Die klagende Partei begehrte wie aus dem Spruch ersichtlich und brachte hiezu vor, sie habe von der beklagten Partei, die im Internet mittels einer Homepage samt Zahlungsbedingungen Waren feil biete, einen Teddybären um € l.232,-- (US-Dollar 1.400) erworben. Trotz Bezahlung des vereinbarten Kaufpreises sei das Kaufobjekt nicht bei der klagenden Partei eingelangt, sodass sie von ihrem Rücktrittsrecht gemäß § 5e KSchG Gebrauch gemacht habe und die Rückabwicklung des Kaufvertrages durch Rückzahlung des von ihr bezahlten Kaufpreises zuzüglich Mahnspesen begehre.
Die beklagte Partei bestritt, beantragte kostenpflichtige Klagsabweisung und wendete ein, sie habe den Kaufvertrag durch Absendung des Kaufgegenstandes mit der Post, was nach ständiger Rechtsprechung eine verkehrsübliche Versendungsart darstelle, erfüllt, sodass Eigentum und Gefahr mit Übergabe an die PoSt an die nunmehr klagende Partei übergegangen sei. Das Risiko des Verlustes des gekauften Bären auf dem Postwege trage daher die klagende Partei. Eine Versicherung des Kaufgegenstandes durch die beklagte Partei sei zwischen den Streitteilen nicht vereinbart worden. Die beklagte Partei sei weiters keine Unternehmerin, sodass das Fernabsatzgesetz, sowie insgesamt das KSchG, auf den gegenständlichen Kaufvertrag keine Anwendung finde, da die beklagte Partei lediglich hobbymäßig altes Spielzeug sammle und teilweise auch weiterverkaufe.
Weiters brachte die beklagte Partei vor, im Falle einer Verurteilung stünde der beklagten Partei gegenüber der Österreichischen Post AG ein Regressanspruch zu, weshalb sie dieser den Streit verkündete.
Die Österreichische Post AG beteiligte sich nicht am Rechtsstreit.
Beweis wurde erhoben durch: Einsichtnahme in die vorgelegten Urkunden sowie Einvernahme der beklagten Partei.
Aufgrund der aufgenommenen Beweise steht nachstehender entscheidungsrelevanter Sachverhalt fest:
Die beklagte Partei sammelt seit ca. 15 Jahren altes Spielzeug. Sie hat ihre Sammlung in einem Zimmer im Haus ihrer Mutter untergebracht. Für die Benützung dieses Zimmers zahlt sie nichts. Sie geht zu Spielzeugbörsen, die ca. 10 bis 12 Mal im Jahr in Wien stattfinden. Ca. zweimal im Jahr mietet sie auch dort einen Tisch und verkauft bzw. vertauscht eigene Sachen anderen Sammlern. Vor ca. zwei Jahren wurde ihr von ihrem Lebensgefährten eine Homepage mit der Adresse „www.oldtoys.info" eingerichtet.
Auf dieser Homepage bietet die beklagte Partei die von ihr für den Verkauf bestimmten alten Spielzeuge an. Die Homepage ist sowohl auf Englisch, als auch auf Deutsch gestaltet und weist eigene Zahlungsbedingungen auf (./D, ./E, ./F und . /G). Sie beteiligt sich an der Internetbörse "Ebay". Dort verweist sie auch auf ihre Homepage mit Zahlungsbedingungen (./H).
Im Jahr 2003 bot die Beklagte über 400 Stück Waren über die Internetbörse "Ebay" an. Es kam zu mindestens 150 Verkäufen über Ebay durch die beklagte Partei. Weiters verkauft sie ca. 20 Stück Waren jährlich auf den von ihr besuchten Spielzeugbörsen. Aufzeichnungen über ihren Geschäftsgang führt die beklagte Partei nicht.
Die Klägerin trat mit einem Mail vom 15.1.2003 aufgrund eines Ebay-Angebots der beklagten Partei hinsichtlich des "Peter Bär" an die beklagte Partei heran und erkundigte sich nach dem besten Preis. Die Beklagte gab ihr diesen mit Dollar 1.400 bekannt. Schließlich einigten sich beide Streitteile auf einen Kaufpreis von Dollar 1.400 inkl. Versandkosten, welcher vereinbarungsgemäß von der klagenden Partei mittels Scheck an die Beklagte übermittelt wurde.
Zwischen den Streitteilen war nicht vereinbart, dass der zu versendende Teddybär von der beklagten Partei zu versichern wäre (./A). In ihren Zahlungsbedingungen (./H und ./G) weist die Beklagte darauf hin, dass eine Versicherung durch sie nach einer ausdrücklichen Vereinbarung erfolgt.
Die Beklagte versandte daraufhin vereinbarungsgemäß Peter Bär mit der Österreichischen Post AG. Dieser langte jedoch nicht bei der nunmehr klagenden Partei ein.
Nachdem beide Streitteile einige Monate zugewartet und diverse Recherchen bei der Post angestellt hatten, erklärte die Klägerin, den Kaufpreis zurückzufordern (E-Mail vom 21.4.2003, Nr. 31 in ./A). Weiters erklärte der Klagevertreter mit Schreiben vom 13.8.2003 aus- drücklich den Rücktritt vom gegenständlichen Vertrag.
Zu diesen Feststellungen gelangte das Gericht aufgrund der übereinstimmenden Beweismittel, die teilweise auch neben den bezughabenden Feststellungen angegeben sind, insbesondere ergibt sich aus dem E-Mail-Verkehr der Streitteile (./A), dass von einer Versicherung keine Rede war.
Rechtlich folgt aus dem festgestellten Sachverhalt:
Zwischen den Streitteilen ist ein Kaufvertrag über einen Versendungskauf zustandegekommen, wobei sich aus den Feststellungen ergibt, dass eine Versicherung der zu versendenden Kaufsache nicht vereinbart war.
Da der Kaufgegenstand nach Bezahlung des Kaufpreises bei der Übersendung verlorengegangen ist, war zu überprüfen, wer die Gefahr für den Verlust zu tragen hat.
Hier war zunächst zu klären, ob die beklagte Partei als Unternehmerin im Sinne des KSchG gegenüber der Klägerin anzusehen ist, oder ob sich die beiden als Sammlerinnen und Verbraucherinnen auf gleicher Ebene gegenüber gestanden sind. In letzterem Fall wäre die Gefahr für den Verlust von Peter Bär mit Übergabe desselben an die Post als einer allgemein als genehmigt anzusehenden Versendungsart auf die Klägerin übergegangen.
In dem Fall, dass die beklagte Partei als Unternehmerin im Sinne des KSchG zu qualifizieren ist, ist zu hinterfragen, ob der Klägerin das Rücktrittsrecht nach § 5e KSchG zur Verfügung steht.
Im Sinne des § 1 Abs 2 KSchG ist ein Unternehmen im Sinne dieses Gesetzes jede auf Dauer angelegte Organisation selbständiger wirtschaftlicher Tätigkeit, mag sie auch nicht auf Gewinn gerichtet sein.
Aus den Feststellungen ergibt sich, dass die beklagte Partei durch die Installierung ihrer Homepage, die im Sinne eines Internetshops auch mit Zahlungsbedingungen ausgestattet ist und auf die sie bei ihrer Teilnahme an der Internetbörse Ebay verweist, durch den regelmäßigen Ein- und Verkauf von altem Spielzeug sowohl über ihre Homepage, als auch über Ebay, einer wenn auch zeitlich nicht ganz regelmäßig ausgeübten selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit nachgeht. Im Hinblick auf die Einrichtung der Homepage samt Zahlungsbedingungen ist diese Tätigkeit auch durchaus auf eine gewisse Dauer angelegt. Wie hoch die Kosten für eine solche unternehmerische Organisation sind, spielt - offensichtlich entgegen der Annahme der beklagten Partei - für die Frage der Unternehmereigenschaft keine Rolle. Selbst die Absicht der Gewinnerzielung ist für die Annahme des Unternehmertums im Sinne des Wortlautes der zitierten Gesetzesbestimmung nicht erforderlich, sodass es auf die Motivation der beklagten Partei für die von ihr getätigten Ein- und Verkaufsgeschäfte nicht weiter ankommt. Selbst unter der Voraussetzung, dass die Beklagte sämtliche von ihr getätigten Ein- und Verkaufsgeschäfte lediglich aufgrund ihrer Sammelleidenschaft tätigt, wäre davon auszugehen, dass aufgrund der Anzahl der abgeschlossenen Geschäfte sowie der vorhandenen Vertriebsorganisation die beklagte Partei als Unternehmerin im Sinne des KSchG zu qualifizieren wäre.
Im Sinne des § 5a Abs 1 KSchG ist ferner davon auszugehen, dass die beklagte Partei durch die Installierung ihrer Homepage sowie ihren Auftritt in Ebay unter Hinweis auf die Homepage sich eines für den Fernabsatz organisierten Systems bedient - wurde doch gerade die Einrichtung einer dem Vertrieb der Produkte gewidmeten Homepage als klassisches Beispiel eines solchen Vertriebssystems genannt (siehe Mohr, KSchG-Novelle 1999 - Verbraucherschutz im Fernabsatz, Ecolex 1999, 755).
Da unstrittigerweise die Klägerin über Ebay mittels E-Mail mit der beklagten Partei in Kontakt getreten ist und auch auf diese Weise der Kaufvertrag abgeschlossen worden ist, ist auch an der Anwendbarkeit des Fernabsatzgesetzes auf das gegenständliche Geschäft nicht zu zweifeln, sodass der Klägerin das Rücktrittsrecht nach § 5e KSchG zur Verfügung steht.
Dieses ist befristet mit 7 Werktagen ab dem Eingang der im Fernabsatz bestellten Ware beim Verbraucher. Dies unter der Voraussetzung, dass die in § 5d Abs 1 und 2 nominierten Informationspflichten durch den Unternehmer erfüllt wurden. Bei mangelnder Erfüllung der genannten Informationspflichten beträgt die Rück- trittsfrist 3 Monate ab dem Eingang der Ware beim Ver- braucher (§ 5e Abs 3 KSchG). Entgegen dem Beklagten- vorbringen beginnen die Fristen des § 5e KSchG jedoch keinesfalls vor Eingang der bestellten Ware beim Verbraucher zu laufen, sodass mangels Eingangs des Bären bei der Klägerin der Fristlauf für den Rücktritt noch nicht begonnen hat. Von einer Verfristung der Rücktrittserklärung durch den Klagevertreter vom 13.8.2003 kann daher keine Rede sein.
Der von der Klägerin durch den Klagevertreter am 13.8.2003 erklärte Vertragsrücktritt im Sinne des § 5e KSchG ist daher als rechtzeitig zu qualifizieren, weshalb es zur Rückabwicklung des zwischen den Streit- teilen abgeschlossenen Geschäftes zu kommen hat.
Die Rückabwicklung des Kaufvertrages im Falle des Untergangs bzw. Verlustes des Kaufgegenstandes ist nach § 5g Abs 3 KSchG unter Anwendung von § 4 Abs 2 und 3 KSchG zu lösen. Bei Untergang des Kaufgegenstandes ist daher der Verbraucher - hier die Klägerin - von der Rückgabepflicht insoweit befreit, als er ihm nicht zum klaren und überwiegenden Vorteil gereicht. Dass Peter Bär der Klägerin mangels Einlangens bei ihr zu keinem Vorteil gereicht hat, liegt auf der Hand, sodass sich im Sinne der zitierten Bestimmungen die Rückabwicklung des Kaufvertrages auf die Rückzahlung des Kaufpreises durch die beklagte Partei beschränken muss.
Hiezu ist auszuführen, dass mit der Ausgestaltung der Rücktrittsrechte nach den §§ 4 und 5e KSchG der Gesetzgeber ausdrücklich in Kauf genommen hat, dass sogar trotz Überganges des Kaufgegenstandes in die Gewahrsame des Käufers (Verbrauchers) die Gefahr für den zufälligen Untergang oder Verlust des Kaufgegenstandes bis zum Ablauf der Rücktrittsfrist beim Verkäufer zu verbleiben hat, um den Verbraucher ein absolutes und nicht durch Beweisschwierigkeiten belastetes Rücktrittsrecht zu ermöglichen. Dies muss natürlich umso mehr für den Fall gelten, dass der Kaufgegenstand gar nicht in die Gewahrsame des Käufers gelangt ist (siehe hiezu Kreji in Rummel ABGB3 Rz 23 zu § 4 KSchG).
Es ergibt sich sohin, dass die Klägerin aufgrund ihres rechtzeitigen Rücktritts Anspruch auf Rücker- stattung des Kaufpreises hat.
Die geltend gemachten Mahnspesen wurden seitens der beklagten Partei nicht substantiiert bestritten. Ad 1.1.) Anlass für die Zurückweisung des klägerischen Vorbringens hinsichtlich der Tätigkeit der beklagten Partei in Ebay gemäß § 179 ZPO fand sich keiner, dies umso mehr, als das äusserst relevante diesbezügliche Vorbringen der klagenden Partei zu keinerlei Verfahrensverzögerung geführt hat.
Insgesamt war sohin spruchgemäß zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung fußt auf § 41 ZPO.