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Die Umsetzung schreitet zurück

Über den "Fortschritt" der Urheberrechtsreform in Österreich und Deutschland

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Am 13.9.2003 ist die deutsche Urheberrechtsnovelle in Kraft getreten, die österreichische bereits am 1.7.2003. Beide Novellen dienen der Umsetzung der EU-Informations-Richtlinie, deren Ziel die Angleichung des Urheberrechtes an das Informationszeitalter ist. Die Richtlinie harmonisiert die wichtigsten Rechte der Urheber und einiger anderer Rechteinhaber, den Rechtsschutz für Kopierschutzvorrichtungen und die Rechteverwertung und legt bestimmte Ausnahmen vom Urheberrecht fest. Neben der Verhinderung der Umgehung von Kopierschutz-Mechanismen hat sie durch eine Ausnahmeregelung für das Caching klargestellt, dass die technisch bedingten Vervielfältigungen von den Urhebern nicht untersagt werden können. Daneben wurde mit dem "öffentlichen Zugänglichmachen" ("making available"; in Österreich nunmehr "Zurverfügungstellung" § 18a UrhG) eine neue Verwertungsart eingeführt, mit der vor allem Websites erfasst werden.

Ansonsten bringt das neue Urheberrecht vor allem deutliche Beschränkungen bei der digitalen Vervielfältigung. Und hier ist es konkret die Privatkopie, an der sich der Streit entzündet hat. War der Urheberindustrie dieses Instrument schon immer suspekt und zielte sie zuletzt unverhohlen auf eine Abschaffung, haben Vertreter der Verbraucher sie quasi in den Status eines Grundrechtes erhoben, verkennend den Umstand, dass es sich bei der Privatkopie immer nur um einen Ausnahmetatbestand vom ausschließlichen Verwertungsrecht der Vervielfältigung des Urhebers gehandelt hat, wenngleich sie auch praktische Auswirkungen auf die Informationsfreiheit hat.

Gerade die Privatkopie wird in der deutschen Umsetzung noch weiter eingeschränkt als in Österreich. In beiden Ländern war schon längere Zeit strittig, ob die Zulässigkeit der Privatkopie eine rechtmäßige Vorlage voraussetzt. Während dies in Österreich bei der Novelle offengelassen wurde, hat sich in Deutschland vor allem die Musikindustrie auch in diesem Punkt durchgesetzt - mit dem Erfolg, dass ab sofort die Anfertigung einer zulässigen Privatkopie voraussetzt, dass nicht eine offensichtlich rechtswidrig hergestellte Vorlage benutzt wird (§ 53 UrhG neu). Das zielt wohl primär auf die Musik-Tauschbörsen, den Feind Nummer 1 der Musikindustrie, geht aber in seinen Auswirkungen weit darüber hinaus.

"...soweit nicht zur Vervielfältigung eine offensichtlich rechtswidrig hergestellte Vorlage verwendet wird.
Auch diese Formulierung wirft aber mehr Fragen auf, als sie beantwortet. Die offensichtlich rechtswidrige Tätigkeit bezieht sich nämlich nach dem eindeutigen Gesetzestext auf die Herstellung der Vorlage und nicht auf deren Veröffentlichung. Nun ist es aber ohne weiteres denkbar, dass Tauschbörsenmitglieder ihre gekauften CDs in den Tauschbörsen anbieten. In diesem Fall muss die Herstellung der Vorlage nicht rechtswidrig sein; nämlich dann, wenn die Herstellung der Kopie auf dem PC zunächst nicht zum Zweck der Veröffentlichung (zur Verfügung Stellung) erfolgt, sondern zum eigenen Musikgenuss, und erst später das Anbieten in der Tauschbörse ("Upload") dazukommt; ein Fall der nicht so selten sein dürfte. In diesem Fall ist zwar das Anbieten im Internet rechtswidrig, aber nicht die Herstellung der Vorlage. Auch von kopiergeschützten CDs können legal Kopien hergestellt werden, indem die Stücke analog oder digital aufgenommen werden.  Dabei wird kein Kopierschutz umgangen, weil der Kopierschutz nur das schnelle Kopieren am PC verhindern soll.

Hinzu kommt noch, dass in manchen Ländern das Herstellen jedweder Art von Privatkopie legal ist, also auch eine solche durch Download (zu Kanada: ORF-Artikel vom 17.9.2003). Geht man aber davon aus, dass ein nicht unbeträchtlicher Teil der Tauschbörsennutzer legale Vorlagen für die Zurverfügungstellung im Internet verwendet, kann man nicht mehr unterstellen, dass eine Musikdatei, die über eine Tauschbörse bezogen wird, von einer "offensichtlich rechtswidrig hergestellten Vorlage" stammt. Es ist zwar möglich aber längst nicht offensichtlich. Damit wäre die passive Teilnahme an Tauschbörsen weiterhin legal. Welche Auslegung die Richtige ist, werden die Gerichte entscheiden müssen.

Insgesamt hängt die Beurteilung der Reform sehr vom Standpunkt des Betrachters ab. Von Seiten der wenigen Rechteinhaber und deren Funktionärslobby ist sie ein Schritt in die richtige Richtung; von Seiten der Millionen Konsumenten ist sie eine Verteuerung, eine Rechte-Reduzierung oder gar ein Nepp - jedenfalls aber ein Schritt zurück.

Nachstehend finden Sie diverse Materialien zu den Reformen in Österreich und Deutschland, die einen Vergleich der alten und der neuen Rechtslage erleichtern sollen. Diese Aufstellung wird laufend ergänzt werden. Eine eingehendere Auseinandersetzung mit der neuen österreichischen Rechtslage folgt in Kürze.

EU

Österreich

 Deutschland

13.9.2003 (letzte Ergänzungen 29.9.2003)

Franz Schmidbauer

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