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Forget EVs!
Wie man nicht schneller zu seinem Domain-Namen kommt und
wie sich das Namensrecht doch noch durchsetzt, am Beispiel "adnet.at"
Nicht nur wo Bundesheer draufsteht, muss Bundesheer drinnen sein, auch den österreichischen Gemeinden gebührt dieses Vorrecht. Nachdem schon das Landesgericht Salzburg 1 im Rechtsstreit um die Domain "adnet.at" entschieden hatte, dass der Domaininhaber, ein Webdesigner, der selbst nicht "Adnet" heißt, die Domain an die Klägerin, die Salzburger Gemeinde Adnet, herausgeben 2 muss, wurde nun diese Entscheidung in zweiter Instanz vom Oberlandesgericht Linz 3 bestätigt. Die ordentliche Revision wurde nicht zugelassen, eine außerordentliche Revision an den OGH ist aber noch möglich.
Dabei war im Verfahren über die EV 4 noch alles ganz anders gelaufen. So wie in diversen anderen Verfahren war die Klägerin an der Bescheinigung der Gefahr eines unwiederbringlichen Schadens gescheitert, die für die Erlassung einer einstweiligen Verfügung zur Sicherung des Unterlassungsanspruchs nach § 43 ABGB notwendig ist. Verkürzt ausgedrückt impliziert die Verwendung eines fremden Namens nicht automatisch, dass der rechtmäßige Träger des Namens in seinem Namensrecht beeinträchtigt wird. Genau das wäre aber erforderlich, damit dem Gegner für die Dauer des Verfahrens durch eine einstweilige (bis zur Beendigung des Hauptverfahrens) Verfügung die Verwendung des Namens untersagt werden könnte. Diese Gefährdung ist aber nur für das Provisorialverfahren 5 notwendig, nicht für das Verfahren über die Klage an sich.
Genau das war aber der Grund, dass bisher Kläger, die wegen einer Domain, gestützt auf das Namensrecht klagten, häufig abblitzten. Die veröffentlichten Fälle täuschen hier; es handelte sich fast immer um Provisorialverfahren. Vorschnelle Analysten sahen darin schon das Wiederauferstehen des Rechtsgrundsatzes aus dem mittelalterlichen Sachsenspiegel 6 "Wer zuerst kommt, mahlt zuerst" 7, im österreichischen Recht gemeiniglich als Prioritätsgrundsatz bekannt, in Internetkreisen aber besser bekannt in der amerikanisierten Form "first come, first served" 8. Jetzt ist es aber endgültig (mit der Einschränkung einer - unwahrscheinlichen - Abänderung durch den OGH) klar, dass das Provisorialverfahren in solchen Fällen nur leere Kilometer gebracht hat.
Die Lehre daraus ist ungewöhnlich: Wer rasch zu seiner Namens-Domain kommen will, sollte das sogenannte "Schnellverfahren" meiden wie die Pest; er handelt sich damit eine Verzögerung von rund einem Dreiviertel Jahr ein.
Fußnoten:
- 1 - LG Salzburg, Urteil vom 28.6.2002, 1 Cg 11/01m
- 2 - Sie haben richtig gelesen, das Urteil lautet entgegen der bisherigen Judikatur auf Übertragung der Domain und nicht bloß Unterlassung; das OLG geht darauf überhaupt nicht ein, möglicherweise war dieser Punkt nicht angefochten.
- 3 - OLG Linz, Urteil vom 8.1.2003, 2 R 186/02i
- 4 - Eine Übersicht über die öst.Entscheidungen finden Sie auf i4j
- 5 - Näheres zu den Vor- und Nachteilen des Provisorialverfahrens auf i4j
- 6 - Im Internet finden sich wunderbare Darstellungen, etwa bei der Uni Heidelberg
- 7 - Siehe Mathilde Diederich, Laudatio für Eike Repgow
- 8 - Siehe Franz Schmidbauer, First come - first served: Der große Irrtum mit dem Prioritätsprinzip auf i4j
Siehe auch:
23.1.2003
Nachtrag: Der OGH hat den Fall aber dann doch wieder anders gesehen; siehe