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galtuer und die Folgen

Ein weiterer Mosaikstein im Domain-Namensrecht

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In der Entscheidung "galtuer.at" hat der Oberste Gerichtshof (13.11.2001, 4 Ob 255/01f) den Antrag des Tourismusverbandes Galtür gegen einen privaten Informationsanbieter auf Untersagung der Verwendung der Domain "galtuer.at" abgewiesen. Der Private hatte ein ähnliches Informationsangebot wie der TVB, wies aber in der Homepage auf den privaten Charakter der Website hin. Der OGH hat auch eine Verletzung des Namensrechtes verneint.

Bisher ist die Geltendmachung des Namensrechtes in Verfahren über eine einstweilige Verfügung (die meisten bisherigen OGH-Entscheidungen sind in solchen Provisorialverfahren ergangen) meist an der für einen Sicherungsanspruch erforderlichen Gefährdungsbescheinigung gescheitert. Es gibt daher noch nicht viele Entscheidungen, in denen sich der OGH inhaltlich mit namensrechtlichen Ansprüchen im Domainbereich auseinandergesetzt hat.

Was bisher bekannt ist, fügt sich aber lückenlos in das Namensrecht des § 43 ABGB, das im Domainbereich wieder sehr aktuell wird, ein. Die Anwendbarkeit des § 43 ABGB auf "Domain-Namen" war in Österreich schon nach den ersten Domain-Entscheidungen nicht mehr strittig, die Frage war aber bis zuletzt, wie sich das im Rahmen einer speziellen Domain, meist ".at", auswirkt. Ein Namensträger hat nämlich viele Möglichkeiten, im Internet unter seinem Namen aufzutreten. Der TVB Galtür tut dies etwa unter den generischen Domains ".com", ".org" und ".net" sowie unter der österreichischen Sekond Level Domain ".or.at". Daneben werden auch die neuen generischen Domains wie ".info", ".biz", ".name" und ".coop" immer beliebter. Nächstes Jahr soll noch die ".eu"-Domain hinzukommen. Hat nun der TVB Galtür Anspruch auf alle diese Domains?

Wohl kaum. Abgesehen davon, dass es neben dem TVB jedenfalls noch die Gemeinde Galtür gibt und allenfalls auch natürliche oder juristische Personen namens Galtür und diese ebenso einen namensrechtlichen Anspruch auf die Domain "galtuer.at" (Umlaute sind bei Domainnamen aufgrund des internationalen Zeichensatzes nicht möglich) hätten, ergibt sich aus der nunmehrigen Entscheidung, dass auch ein Privater mit gänzlich anderem Namen die Domain verwenden darf, wenn er einige Regeln einhält. Wenn aber mehrere Personen Namensrechte vorweisen können oder durch den Domaininhaber keine Namensrechte anderer verletzt werden, entscheidet das Zuvorkommen (zum Prioritätsgrundsatz).

Was sind aber jetzt im Detail diese Voraussetzungen? Warum darf Klaus T die Domain "galtuer.at" nutzen, aber Gerhard E. nicht "bundesheer.at" oder Alain L. "fpo.at"?>/p>

§ 43 ABGB gewährt einen Unterlassungsanspruch bei unbefugtem Gebrauch eines Namens. Unter Gebrauch ist nicht das bloße Nennen des Namens gemeint, sondern die Verwendung eines fremden Namens zur Kennzeichnung einer vom Namensträger verschiedenen Person, die zu einer Identitäts- oder Zuordnungsverwirrung führen kann. Unbefugt ist der Gebrauch, wenn er weder auf eigenem Recht beruht, noch vom berechtigten Namensträger gestattet worden ist. Unbefugter Gebrauch alleine gibt aber noch keinen Unterlassungsanspruch, vielmehr muss als weiteres Tatbestandselement eine Beeinträchtigung des Namensträgers durch den unbefugten Gebrauch treten. So muss insbesondere der Namensträger einen für ihn nachteiligen Gebrauch nicht zulassen. Bezogen auf den Domainbereich bedeutet das, dass es ganz wesentlich darauf ankommt, welche Website unter der Domain betrieben wird und was deren Inhalt ist.

Gerade im letzten Punkt unterscheiden sich aber die drei Fälle:

Man sieht daraus, dass diese Entscheidung keine Kehrtwendung in der Judikatur zur Namens-Domain bedeutet, sondern nur einen weiteren Mosaikstein in der Summe der denkbaren Konstellationen. Wo die Landkarte der Domainrechtsprechung im Bereich des Namensrechtes noch weiß ist, sind etwa die Fälle, in denen eine Gemeinde gegen einen nicht namensgleichen Anbieter von Information über die Gemeinde steht, und jene Fälle, in denen ein Name mit überragender Verkehrsgeltung gegen einen Domaininhaber gleichen Namens steht.

Die Entscheidung galtuer.at ist aber auch wettbewerbsrechtlich interessant. Da die Website auch auf Seiten des Klägers nicht von diesem selbst, sondern vom Webunternehmen T-GmbH betrieben wird, das laut Vorbringen der Beklagten teurer ist als der Zweitbeklagte, der ebenfalls Tourismusbetrieben gegen Bezahlung eine Plattform für ihren Internetauftritt bietet, scheint das ganze ein Stellvertreterkrieg gewesen zu sein. Die Entscheidung des OGH bedeutet damit wirtschaftlich eine Freigabe des Wettbewerbes und eine Abkehr vom Monopol des TVB und lässt insoferne eine Verbilligung der Internetauftritte der Fremdenverkehrsbetriebe erwarten. Jeder darf für einen Ort oder eine Region werben, soferne er den Internetbenutzer nicht in Irrtum führt. Was der OGH nicht sagt, aber eine Folge daraus ist: Jene Personen, die die Pionierarbeit geleistet haben, verlieren die Früchte ihrer Arbeit nicht an die, die erst später aufgesprungen sind.

Zuletzt noch drei Gedanken: 

  1. Die namensrechtliche Beurteilung wird häufig überlagert durch eine wettbewerbs-, kennzeichen- oder markenrechtliche. Selbst wenn daher die Verwendung eines Namens als Domain nicht nachteilig ist, weil etwa die Domain gar nicht verwendet wird, kann die Registrierung 
    • unter dem Aspekt des Domaingrabbings unzulässig sein (Behinderungswettbewerb)
      (Beispiel: A registriert den Namen des Konkurrenten B, damit dieser seinen Namen nicht verwenden kann) oder 
    • bei einer Marke mit Verkehrsgeltung ein unzulässiger Markenrechtseingriff sein 
      (Beispiel: A registriert kunert.at, obwohl er nicht Kunert heißt)
  2. Nachdem es bei der Beurteilung eines namensrechtlichen Unterlassungsanspruches ganz wesentlich auf den Inhalt der Website ankommt, kann jede Änderung der Website theoretisch zu einer neuen Unterlassungsklage führen. Soferne nach der Änderung tatsächlich ein nachteiligerer Gebrauch des Namens vorliegt, müsste eine neue Klage auch erfolgreich sein.
  3. >Man muss bei der Beurteilung derartiger Gerichtsentscheidungen immer im Auge behalten, dass sich das Gericht nur mit Argumenten auseinandersetzt, die von den Parteien vorgebracht worden sind. Wenn der Anspruch nur aus dem Rechtsgrund A geltend gemacht wird, hat das Gericht nicht zu prüfen, ob vielleicht der Anspruch aus dem Rechtsgrund B zustehen würde. Das ist der Ausfluss der im Zivilverfahren geltenden Parteienmaxime. Es ist daher durchaus denkbar, dass man für das Erlangen einer Domain noch andere Ansprüche heranziehen kann. So wäre etwa unabhängig vom Namensrecht in bestimmten Fällen eine Verletzung des Persönlichkeitsrechtes denkbar. Und auch im Gesellschaftsrecht gibt es noch Zündstoff. Wenn das Internet kein rechtsfreier Raum ist, darf dann wirklich eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung im Internet machen, was ihr außerhalb sofort eine Unterlassungsklage einbrächte, nämlich den Zusatz GmbH einfach weglassen?

Salzburg, am 11.2.2002 (Korrektur 19.2.)

Franz Schmidbauer