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bundesheer.at III?
Der Irrtum vom rechtsfreien Raum im Internet und die Folgen
Vor kurzem hat der Oberste Gerichtshof entschieden, dass die Verwendung der Domain bundesheer.at durch einen Tiroler, der sich die Domain zum Betrieb eines bundesheerkritischen Forums registrieren hatte lassen, unzulässig ist. Nach Medienberichten (z.B. Standard) wurde die Domain zwar nach der Entscheidung gelöscht, aber noch am selben Tag von einer Wiener Web-Agentur registriert - das Bundesministerium für Landesverteidigung hatte es versäumt, rechtzeitig selbst einen Registrierungsantrag zu stellen.
Hier zeigt sich eine der Schwächen des gerichtlichen Domainverfahrens. Anders als etwa im Markenrecht kann im österreichischen Namensrecht nach überwiegender Meinung keine Übertragung des Namens erzwungen werden. Es kann daher mit Erfolg nur auf Unterlassung der Namensführung oder Beseitigung der Namensdomain geklagt werden, aber nicht auf Übertragung der Domain.
Nachdem bei der Domainvergabe nach den Geschäftsbedingungen der nic.at keine Reservierung möglich ist, sondern streng nach dem Prioritätsprinzip entschieden wird, können bei der Neuregistrierung einer Domain Sekunden über das Zuvorkommen entscheiden. Angeblich wird in Fällen, in denen bekannt ist, dass eine begehrte Domain frei wird, nic.at minütlich mit Registrierungsanträgen bombardiert.
Der von nic.at eingeführte Wartestatus (Blockierung der Weitergabe der Domain bei Streitigkeiten über eine Domain) kann zwar verhindern, dass sich der Domaininhaber während eines Streites um die Domain dieser entledigt und sie an einen Dritten weitergibt, bei einer noch nicht vergebenen Domain versagt aber dieses Instrument.
Die Web-Agentur hat also die Schlacht um bundesheer.at gewonnen und die Domain ist wiederum in fremder Hand. Ob die Web-Agentur damit lange glücklich sein wird, steht auf einem anderen Blatt. Die Gründe, mit denen dem Beklagten aus dem ersten Gerichtsverfahren die Verwendung der Domain untersagt worden war, treffen nämlich auch auf den neuen Besitzer zu. Es ist daher nur eine Frage der Zeit, bis es auch gegen ihn ein vollstreckbares Urteil gibt, sodass er die Domain zurückgeben muss und vielleicht ein Dritter den Wettlauf gegen das Bundesheer gewinnt.
Scheinbar ein nettes Spiel. Aber nur scheinbar. Sicherlich hat der neue Domaininhaber den Zeitfaktor für sich. Das Bundesheer bekommt die Domain mittels einstweiliger Verfügung nicht heraus, wenn er es geschickt anstellt und ein normales Gerichtsverfahren durch drei Instanzen dauert mindestens ein Jahr. Aber die Reservierungsgebühr für dieses Jahr wird sehr teuer, weil er bei Prozessverlust die gesamten Prozesskosten bezahlen muss - und diese liegen in einem solchen Verfahren unter Umständen weit über 20.000 Euro.
Aber auch dann, wenn der neue Domaininhaber nur taktieren will und sich für die kampflose Freigabe Geld erwartet, spielt er ein gefährliches Spiel. In einem solchen Fall ist nämlich die Grenze zur Erpressung nicht mehr weit und dort wird es erst richtig ungemütlich (das OLG München hat bereits die Strafbarkeit bejaht (Urteil 14.9.2000, 70 Js 12730/99); zum Stand der Diskussion in Österreich: " Strafrechtliche Überlegungen zum Domain-Grabbing", Oliver Plöckinger / Sabine Gassner, MR 3/01, 180).
Leute, die nicht einsehen wollen, dass für die Innehabung von Domains dasselbe Recht wie außerhalb des Internets gilt, gefährden aber auch die (nicht in allen Staaten mögliche) freie Domainvergabe in Österreich. Damit wird dem Ruf nach dem Gesetzgeber Vorschub geleistet (So fordert etwa der Städtebund eine Domainverordnung).
Es ist also an der Zeit, dass die Domaininhaber zur Kenntnis nehmen, dass nicht nur fremde Markenrechte, sondern auch fremde Namen zu achten sind. Man darf sich nicht durch bisherige, meist abweisende Entscheidungen des OGH täuschen lassen. Es ist ein Irrtum zu glauben, der OGH entscheide einmal so und einmal so. Im Verfahren über einstweilige Verfügungen (ein Verfahren zur vorläufigen Sicherung eines Anspruches bis zur Entscheidung im Hauptverfahren) scheitern namensrechtliche Ansprüche meist an der Gefährdungsbescheinigung. Im Hauptverfahren schaut die Sache anders aus. Der Forderung "Wo Bundesheer draufsteht, muss auch Bundesheer drinnen sein", ist eine gewisse Berechtigung nicht abzusprechen.
Fremde Namen sollten daher einfach tabu sein. Das hindert schließlich niemanden, im Internet ein Forum über das Bundesheer oder eine Gemeinde zu betreiben, er darf nur nicht so tun, als sei er das Bundesheer oder die Gemeinde. Ein klärender Zusatz (im Domainnamen) genügt.
Salzburg, am 26.1.2002
Nachtrag vom 6.2.2002: Nach einem Bericht im Standard haben sich der neue Domaininhaber und das Bundesheer mittlerweile geeinigt - bundesheer.at III entfällt. Vielleicht war es auch nur ein Marketing-Gag. Unter bundesheer.at ist jedenfalls mittlerweile das BMLV erreichbar.