Heise-Haftung für Forenbeiträge: Hanseatisches OLG, Urteil vom 22.8.2006, 7 U 50/06

MDStV § 6, § 9, BGB § 823, § 1004

Dem Heise-Verlag war mit einstweiliger Verfügung untersagt worden, Forenbeiträge zu verbreiten, in denen dazu aufgerufen wurde, durch den massenhaften Download des Programmes k.exe den Server eines Unternehmens zu blockieren; dies obwohl der Verlag die Beiträge nach Aufforderung gelöscht hatte. Die geforderte Unterlassungserklärung hatte der Verlag unter Hinweis darauf, dass er nur bei Kenntnis hafte, verweigert. Das Erstgericht bestätigte die EV mit Urteil vom 22.12.2005.

Das OLG bestätigt diese Entscheidung, schränkt aber die Anforderungen an Prüfpflicht ein. Es zieht Analogien zu Leserbriefen und Live-Sendungen im Rundfunk an. In Anlehnung an die dort geltenden Grundsätze gilt für ein Internetforum, bei dessen Nutzung nicht einmal der Eindruck erweckt wird, der Beitrag gebe die Meinung des Forumsbetreibers wieder, dass schon im Hinblick auf die garantierte Freiheit der Meinungsäußerung auch eine Haftung als Störer im Regelfall nicht in Betracht kommt, soweit lediglich der Vorgang des Einstellens des Beitrags durch Dritte in Frage steht. Soweit nicht der Forenbetreiber durch sein eigenes Verhalten Rechtsverletzungen durch die Nutzer provoziert, sind ihm diese nicht zuzurechnen. Eine generelle Verpflichtung zu einer vorherigen "Eingangskontrolle" würde die Möglichkeiten des freien Meinungsaustauschs in grundrechtswidriger Weise einschränken und gegen § 6 Abs.2 MDStV verstoßen. Bei Abwägung der widerstreitenden Grundrechte der Meinungsäußerungsfreiheit einerseits und dem Persönlichkeitsrecht bzw. dem Schutz des Eigentums andererseits ist eine spezielle Überprüfungspflicht des Betreibers zumindest des von den inkriminierten Äußerungen betroffenen Forums dann angemessen, wenn dieser entweder

durch sein eigenes Verhalten vorhersehbar rechtswidrige Beiträge Dritter provoziert hat, oder

wenn ihm bereits mindestens eine Rechtsverletzungshandlung von einigem Gewicht im Rahmen des Forums benannt worden ist, und sich damit die Gefahr weiterer Rechtsverletzungshandlungen durch einzelne Nutzer bereits konkretisiert hat.

In diesen Fällen ist der Betreiber zur selbstständigen Kontrolle und Löschung verpflichtet. Das Gericht geht aber nicht von einer Prüfpflicht vor Freischaltung aus.