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Entscheidungen aus Österreich

letzte Änderung 28.4.2006

Nutzungsentgelt bei Rücktritt: OGH, Urteil vom 27.9.2005, 1 Ob 110/05s

KSchG § 5g

Der VKI fordert in Vertretung eines Konsumenten die Rückzahlung des Kaufpreises für einen Monitor.

Das Erstgericht wies die Klage ab. Das Berufungsgericht erkannte sowohl die Klagsforderung als zu Recht bestehend an, als auch eine Gegenforderung der Händlerin als Entschädigung für den Gebrauch.

Der OGH gab den Revisionen beider Seiten keine Folge. Das Rücktrittsrecht soll dem Verbraucher die Möglichkeit geben, bei Erhalt des Erzeugnisses und dessen Überprüfung vom Vertrag zurücktreten zu können; es dient als Korrektiv für unüberlegte Bestellungen, zu denen der Verbraucher mittels entsprechender Werbe-und Marketingmaßnahmen verleitet wurde. Der Verbraucher im Fernabsatz soll einem Käufer, der die Ware vor Vertragsabschluss begutachten und überprüfen kann, im Ergebnis gleichgestellt werden. Nur der Widerruf ermöglicht dem Verbraucher, die Vorteile des Distanzvertriebs zu nutzen und sich dennoch in einer vergleichbaren Position zu sehen wie jemand, der den Vertragsgegenstand vor Vertragsschluss intensiv untersuchen kann. Ist ein Kaufvertrag im Fernabsatzweg gem § 5a KSchG zustandegekommen und hat der Käufer vor Erklärung des Rücktritts nach § 5e KSchG den der Abnützung und Wertminderung unterliegenden Kaufgegenstand während der Rücktrittsfrist nicht nur begutachtet, sondern dermaßen extensiv in Gebrauch genommen (hier 43 Stunden), dass der Unternehmer den Kaufgegenstand nur mehr zu einem erheblich niedrigeren Kaufpreis „gebraucht" weiterveräußern konnte, steht der Auferlegung eines angemessenen Nutzungsentgelts einschließlich einer Entschädigung für eine durch die Nutzung entstandene Minderung des gemeinen Werts gemäß § 5g KSchG nichts im Wege. Diese Norm steht nicht im Widerspruch zu Art 6 der „Fernabsatz-Richtlinie".

 

Herausgabe des Quellcodes: OGH, Beschluss vom 3.8.2005, 9 Ob 81/04h

ABGB § 914, § 1165, § 1168a

Die Bekl beauftragte den Kl mit der Erstellung eines Softwareprogramms für Physio- und Trainingstherapie. Das Programm sollte vorerst offline in Betrieb genommen werden; eine online-Verbindung für mehrere Therapieinstitute war im Gespräch, aber noch nicht Gegenstand der vorliegenden Vereinbarung. Der Kl lieferte der Bekl das Programm. Die Bekl verweigert die Bezahlung ua mit dem Hinweis, dass ihr auch der Quellcode für das Softwareprogramm überlassen werden müsse. Im Übrigen verweigere der Kl die Behebung der geltend gemachten Mängel.

Das Erstgericht gab dem Zahlungsbegehren statt, das Berufungsgericht bestätigte.

Der OGH gab der Revision Folge und hob das Urteil zur neuerlichen Entscheidung durch das Berufungsgericht auf. Die Ausfolgung des Quellcodes ist nicht unverzichtbarer Bestandteil des Softwareerstellungsvertrags. Ob aus dem Vertrag die Überlassung des Quellcodes geschuldet wird, hängt primär von der getroffenen Vereinbarung ab; bei deren Fehlen ist die Frage einer Herausgabepflicht des Herstellers durch am Zweck des Vertrags orientierte Auslegung zu klären. Angesichts des legitimen Interesses des Herstellers am Schutz seiner Programme und des darin verkörperten Werts ist bei Fehlen einer ausdrücklichen Vereinbarung aber Zurückhaltung bei der Bejahung der Herausgabepflicht angebracht, weil es nicht sachgerecht wäre, ohne deutliche Hinweise im Vertrag, aus denen ein entsprechender Parteiwille ableitbar ist, dem Hersteller einen Vertragsinhalt aufzuzwingen, den er - wäre die Frage besprochen worden - nicht oder nur gegen höheres Entgelt akzeptiert hätte. Der Vertrag über die Herstellung und Lieferung von Individualsoftware allein ist kein Werklieferungsvertrag im Sinn des § 381 Abs 2 HGB, der die Rüge- und Untersuchungsobliegenheit des  § 377 Abs 1 HGB auslösen könnte. Der Umstand, dass über Hardware- und Softwareleistungen verschiedene Verträge geschlossen wurden, schließt die Annahme eines als rechtliche Einheit zu wertenden Geschäftes nicht aus.

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