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gewinn.at

OLG Linz, Beschluss vom 8.5.2000, 1 R 81/00p

UWG § 9 ABGB § 43

*****   Zusammenfassung   *****

Die Klägerin ist Medieninhaberin der Monatszeitschrift "Gewinn" und Inhaberin der Wortbildmarke und Wortmarke "Gewinn", die auch Verkehrsgeltung hat, sowie Inhaberin der Domain "gewinn.co.at", unter der die Online-Ausgabe der Monatszeischrift abrufbar ist. Die Beklagten haben 1997 die Domain "gewinn.at" für sich registrieren lassen und verlangten von der Klägerin S 6.500,-- monatlich für die Überlassung. Nachdem sie von der Klägerin auf die Rechtswidrigkeit hingewiesen wurden, nahmen die Beklagten die Domain in Betrieb; sie führt zu einer "Homepage für Gewinner", auf der Produkte der Erstbeklagten angeboten werden und auf deren Website "officedv.at" weitergeleitet wird.

Das Erstgericht untersagte im Sicherungsverfahren den Gebrauch der Domain. Das Verhalten der Beklagten sei sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG (Besetzung einer Domain zur Erlangung eines finanziellen Vorteiles) und erfolge missbräuchlich im Sinne des § 9 Abs. 3 UWG (Schutz der Marke). Außerdem ergebe sich der Unterlassungsanspruch auch aus dem Namensrecht.

Das OLG bestätigt.

Begründung (Auszug)

Die klagende Partei ist seit 1.9.1990 Gesamtrechtsnachfolgerin der Weiland & Waldstein GmbH & Co KG und als solche seit 1982 Medieninhaberin der Zeitschrift "Gewinn" mit dem Untertitel "Das Wirtschaftsmagazin für Ihren persönlichen Vorteil". Die Zeitschrift "Gewinn" erscheint seit 1982 11 x jährlich in ganz Österreich. Nach der Mediaanalyse 1998 hatte das Monatsmagazin "Gewinn" zuletzt einen Leserkreis von 493.000 Lesern, was einer Reichweite von 7,4 % entspricht.

Ferner ist die klagende Partei Veranstalterin der seit 1990 jährlich stattfindenden internationalen Kongreß-Messe für Kapitalanlage und Management mit dem Titel "Gewinn-Messe".

Das Unternehmen der erstbeklagten Partei besteht seit Mai 1996. Der Zweitbeklagte ist Kommanditist der erstbeklagten Partei, darüberhinaus alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Röthler GmbH, die ihrerseits persönlich haftende Gesellschafterin der erstbeklagten Partei ist. Der Drittbeklagte ist Kommanditist der erstbeklagten Partei. Im Dezember 1998 war er im Firmenbuch des Landesgerichtes Salzburg noch nicht als Gesellschafter eingetragen. Über Antrag vom 19.11.1998 erfolgte dies aber am 24.2.1999 (Firmenbuchauszug, Beilage ./C).

Für die klagende Partei ist unter Nr. 112.084 des Österreichischen Patentamtes die Marke "Gewinn" eingetragen. Beginn der Schutzdauer war ursprünglich der 24.3.1986. Durch Einzahlung der Erneuerungsgebühr vor Ablauf der Schutzdauer am 31.3.1996 wurde die Schutzdauer dieser Marke um weitere 10 Jahre verlängert.

Darüberhinaus ist für die klagende Partei unter Nr. (richtig:) 185.192 die Marke "Gewinn" aufgrund eines Verkehrsgeltungsnachweises mit Schutzdauerbeginn 17.11.1999 registriert (Beilage ./H).

Weiters ist für die Klägerin der "Internet-Domain-Name" "gewinn.co.at" registriert. Unter dieser Internet-Adresse betreibt sie eine Homepage, über die der Inhalt ihres Magazins "Gewinn" abrufbar ist.

Für die erstbeklagte Partei ist seit 1.8.1997 bis 1.8.2000 der Domain-Name "gewinn.at" registriert. Im "Deskription-Feld" scheint als Inhaberin des Domain-Namens lediglich die erstbeklagte Partei auf. In Österreich verwaltet die nic.at-Internet Verwaltungs- und Betriebsgesellschaft mbH die Internet Namen im Domain at sowie in den Unterdomains co. at (kommerzielle Organisationen) und or. (richtig:) at (gemeinnützige Organisation). Innerhalb einer Domain kann ein Name nur einmal vergeben werden (Beilage ./K).

Mit der am 28.2.2000 überreichten Klage begehrt die klagende Partei zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Anspruches auf Unterlassung von Eingriffen in ihr Namensrecht sowie der Ansprüche auf Unterlassung urheberrechts‑ und wettbewerbswidriger Handlungen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, womit den beklagten Parteien geboten werde, den unbefugten Gebrauch der Bezeichnung "gewinn.at", in eventu im geschäftlichen Verkehr die Verwendung der Bezeichnung "gewinn.at", in eventu im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs die Verwendung der Bezeichnung "gewinn.at" zu unterlassen.

Rechtliche Beurteilung:

Als zweckmäßig erweist es sich aber auch, die in jüngster Zeit ergangene sachbezogene Judikatur des Obersten Gerichtshofes voranzustellen, die auch vorliegendenfalls zu beachten ist:

Zu 4 Ob 320/99h setzte sich der Oberste Gerichtshof mit dem Namensschutz nach § 43 ABGB für Domain-Namen auseinander. Danach vertritt der Oberste Gerichtshof die Auffassung, daß der Datenverkehr gewohnt sei, in der Domain-Bezeichnung, wenn sie aus einem Namen besteht, einen Hinweis auf den Inhaber der Homepage zu sehen. Der Inhaber der Internet-Adresse bringe mit der ihm freigestellten Wahl eines Namens zur Kennzeichnung einer Datei zum Ausdruck, daß der Namensinhaber zugleich Inhaber der Internet-A­dresse und der damit verbundenen Homepage ist, oder daß er dem Gebrauch des Namens als wesentlichem und prägendem Bestandteil der Internet-Adresse zumindest zugestimmt hat. Domain-Namen, die einen Namen enthalten oder namensmäßig anmuten, fallen demnach unter den Schutz des § 43 ABGB. Geschützt wird der Name als Kennzeichen einer bestimmten Person, es wird nicht der Name an sich geschützt, sondern die damit identifizierte Persönlichkeit. § 43 ABGB räumt dem Namensträger das Recht ein, seinen Namen zu führen und jeden anderen vom Gebrauch auszuschließen. Der darauf gestützte Unterlassungsanspruch setzt eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen des Namensträgers durch unbefugten Gebrauch seines Namens durch einen Dritten voraus. Hiebei genügt es, daß der Namensträger zu Unrecht mit bestimmten Handlungen des anderen in Zusammenhang gebracht wird oder der Anschein ideeller oder wirtschaftlicher Beziehung zwischen dem verletzten Namensträger und dem Dritten erweckt wird. Welches Interesse schutzwürdiger ist, wenn zwei Personen im Rahmen der allgemeinen Handlungsfreiheit konkurrierende Wahlnamen gebrauchen, ist nach dem Prioritätsprinzip zu bestimmen, wonach idR derjenige, der Kennzeichen zuerst gebraucht, das bessere Recht besitzt. Dieser Grundsatz gilt beim Zusammentreffen mehrerer Schutzrechte ganz allgemein, also auch bei einer Kollision zwischen Namensrecht und der besonderen Bezeichnung eines Unternehmens (4 Ob 320/99h mwN).

Nach dem unstrittigen Sachverhalt bzw. nach den Feststellungen des Erstgerichtes erscheint die Zeitschrift "Gewinn" mit dem Unterti­tel "Das Wirtschaftsmagazin für Ihren persönlichen Vorteil" seit 1982 ohne Unterbrechung 11 x jährlich in ganz Österreich, gerichtet an einen Leserkreis von 493.000 Lesern.

Soweit nun die erst- und zweitbeklagte Partei die Registrierung des Domain-Namens "gewinn.co.at" bestreiten und es sich bei der Bezeichnung ".co" um eine bis 1997 noch völlig übliche und gängige Adressenbezeichnung gehandelt habe bzw. für die klagende Partei bis Juni/Juli 1997 die Möglichkeit bestanden hätte, sich den Domain­Namen "gewinn.at" registrieren zu lassen und aus dieser Unterlassung die beklagten Parteien nicht haftbar gemacht werden könnten, kann es im Hinblick auf die voranstehenden Ausführungen auf sich beruhen, ob der Domain-Name "gewinn.co.at" registriert wurde oder nicht, weil bei der Kollision zweier Namen oder Kennzeichen nicht auf das Datum der Registrierung sondern des Gebrauchs abzustellen ist. Daß die klagende Partei den Domain-Namen "gewinn.co.at" bereits vor der Registrierung des Domain-Namens "gewinn.at" durch die erstbeklagte Partei gebrauchte, bildet keinen Streitpunkt. Demnach kann die klagende Partei unter dem Gesichtspunkt des Namensschutzes das bessere Recht für sich in Anspruch nehmen.

Soweit die erst- und zweitbeklagte Partei die Feststellung des Erstgerichtes, wonach die beklagten Parteien den von ihnen registrierten Domain-Namen zunächst überhaupt nicht benutzt haben, auch nicht, um unter diesem Namen eine Web-Site ins Internet zu stellen, um auf dieser Gewinnspiele anzubieten, dies jedenfalls erst im September 1998 geschehen ist, nachdem die beklagten Parteien über Anfrage der Zeitschrift "Gewinn" vom 26.6.1998 erkannten, daß die Zeitschrift "Gewinn" bzw. deren Medieninhaberin an der Domain­Adresse "gewinn.at" Interesse zeigt, als überschießend zu entfallen habe, wird hiezu das darauf Bezug habende Vorbringen der klagenden Partei übersehen (AS 5). Damit ist aber in tatsächlicher Hinsicht als gesichert anzusehen, daß der Domain-Name "gewinn" von der klagenden Partei geraume Zeit vor Gebrauch dieses Namens durch die erstbeklagte Partei im Internet Gebrauch und Verwendung fand.

Damit haben die beklagten Parteien in das Namensrecht der klagenden Partei eingegriffen. Sie beeinträchtigen damit auch schutzwürdige Interessen der klagenden Partei. Ein potentieller Kunde der klagenden Partei wird nämlich dadurch auf die Internet‑Adresse der erstbeklagten Partei hingeführt, der dadurch verbundene Ausfall an möglichen weiteren Kunden ist aber als Gefahr eines unwiederbringlichen Schadens iSd § 381 Z 2 EO zu beurteilen (4 Ob 320/99h mwN). Daß der Zusatz im registrierten Domain-Namen der klagenden Partei "co." gegenüber dem von der erstbeklagten Partei ursprünglich nur registrierten und dann auch gebrauchten Domain‑Namen "gewinn.at" derart hinreichend unter­scheidungskräftig wirke, wurde von den beklagten Parteien ohnehin nicht behauptet.

Unabhängig von diesen rechtlichen Erwägungen ist aber auch unter Beachtung der Ed OGH vom 13.9.1999 (4 Ob 180/99w, 4 Ob 202/99f) zum gleichen Ergebnis, nämlich zur Erlassung der einstweiligen Verfügung zu gelangen:

Unstrittig ist, daß "Gewinn" als registrierte Marke den Schutz nach § 9 Abs 3 UWG genießt, wobei die Marke aufgrund eines Verkehrsgeltungsnachweises registriert wurde (Beilage ./H). Die beklagten Parteien gebrauchen nun die von der klagenden Partei geschützte Wortmarke als Domain-Namen im Internet zur Kennzeich­nung ihrer Internet-Adresse. Dadurch rufen sie nach dem Gesamtein­druck, den ein erheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise erhält, zumindest eine Verwechslungsgefahr WS hervor. Damit entsteht bei den angesprochenen Verkehrskreisen durchaus der Eindruck wirtschaftlicher und organisatorischer Beziehungen zwischen dem Unternehmen der klagenden Partei und jenem der erstbeklagten Partei.

Unter der Bezeichnung "Gewinn" gibt die klagende Partei als Medieninhaber ein Wirtschaftsmagazin heraus, das 11 x pro Jahr erscheint. Es ist nicht zu verkennen, daß die Homepage, über die Internet-Adresse "gewinn.at" der erstbeklagten Partei zu erreichen, "Gewinn" und Erfolg in den Vordergrund stellt (Beilage ./10). Dadurch entsteht aber für die beteiligten Verkehrskreise durchaus der Eindruck, daß auch die erstbeklagte Partei im gleichen Geschäftszweig wie die klagende Partei tätig ist. Der von der erstbeklagten Partei belegte und/oder benützte Domain-Name "gewinn.at" wird daher von den beklagten Parteien mißbräuchlich iSd § 9 Abs 3 UWG gebraucht.

Ob darüberhinaus die beklagten Parteien ein sittenwidriges Vorgehen iSd § 1 UWG, wie vom Erstgericht angenommen, zu vertre­ten haben, kann daher auf sich beruhen. Soweit die Rekurse die dieser Rechtsauffassung zugrundeliegenden Feststellungen bekämpfen, ist darauf nicht näher einzugehen. Aus Beilage ./F ergibt sich zudem unbedenklich, daß die Zeitschrift "Gewinn" nicht nur 11 x sondern sogar monatlich erscheint und in Österreich um S 50,‑‑ zu erwerben ist. Desgleichen ist dieser Beilage eine Reichweite von 7,4 % bei 433.000 Lesern zu entnehmen. Soweit die erst- und zweitbeklagten Parteien in der Feststellung, für die Klägerin ist darüberhinaus der sogenannte Internet-Domain-Name "gewinn.co.at" registriert, eine Aktenwidrigkeit erblicken, weil Inhaber einer Domain lediglich der im Deskription-Eintrag eingetragene Vertragspartner mit der NIC.AT ist, dies aber nicht die klagende Partei sondern eine "Gewinn-Verlags- und Anzeigenleitung" sei, die nicht mit der (richtig:) klagenden Partei ident sei, wie dies der Beilage ./11 unzweideutig zu entnehmen sei, wird dies zumindest unter der von den beklagten Parteien vorgelegten Urkunde, Beilage ./17, widerlegt. Die Rekurswerber übersehen aber auch, daß die Marke "Gewinn" nicht für die Verlags- und Anzeigenleitung sondern für die klagende Partei registriert und geschützt ist.

Einzugehen ist noch, ob der geltend gemachte Sicherungsanspruch als verjährt anzusehen sei. Hiezu vertreten die Rekurswerber die Auffassung, daß es sich bei der jährlich zu erneuernden Domain­Vergabe nicht um einen Dauerzustand iSd § 20 Abs 2 UWG handle, weil die Domain-Registrierung ein weiteres Zutun der erstbeklagten Partei, nämlich die Bezahlung der Registrierungsgebühr erfordere, auf die der Drittbeklagte aufgrund seiner Stellung (als Kommanditist) keinen Einfluß habe.

Letzterem ist entgegenzuhalten, daß der Drittbeklagte keinesfalls als "unbeteiligter Dritter" anzusehen ist, wenn er, wie dem Schreiben vom 21.12.1998 zu entnehmen ist (Beilage ./N = Beilage ./8), über die Nutzungsrechte des von der erstbeklagten Partei registrierten Domain-Namens "gewinn.at" mit zeichnend verfügt. Andererseits ist die Frage der Verjährung nicht davon abhängig, ob die erstbeklagte Partei die jährlich zu leistende Registrierungsgebühr bezahlt, auf die der Drittbeklagte keinen Einfluß habe. Maßgeblich ist vielmehr, daß der Anspruch auf Unterlassung der Gesetzesverletzung gewahrt ist, solange ein gesetzwidriger Zustand fortbesteht. Daß die beklagten Parteien den Domain-Namen "gewinn.at" tatsächlich benützen, wird selbst von ihnen nicht bestritten. Die gesellschaftsrechtliche Stellung des Drittbeklagten hindert aber diesen nicht, diesen unbefugten Gebrauch zu unterlassen bzw. dagegen einzuschreiten (St 52/131).

Im übrigen werden die Rekurswerber mit ihrer Rechtsrüge auf die eingangs dargestellte und von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes getragene Rechtslage verwiesen. Stellt sich eine Rechtsverletzung in mehrfacher Hinsicht dar, dann reicht es hin, einen Gesetzesverstoß aufzuzeigen. Nach den voranstehenden Erwägungen liegt ohnehin ein mehrfacher Gesetzesverstoß vor.

Den Rekursen war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens gründet sich hinsichtlich der klagenden Partei auf § 393 EO, hinsichtlich der beklagten Parteien auf die §§ 402, 78 EO, §§ 40, 50 ZPO.

Die Bewertung des Entscheidungsgegenstandes konnte sich im Hinblick auf die wirtschaftliche Bedeutung des Sicherungsbegehrens an der von der klagenden Partei vorgenommenen Bewertung orientieren.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig, weil keine Rechtsfragen iSd § 528 Abs 1 ZPO zu lösen waren.

Oberlandesgericht Linz, Abt.1, am 8. Mai 2000

OGH-Entscheidung: 4 Ob 158/00i

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