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music-channel.cc

OGH, Beschluss vom 18.2.2003, 4 Ob 38/03x

MSchG § 4, UrhG § 80

*****   Zusammenfassung   *****

Die klagende Verlagsgesellschaft macht Titelschutzrechte und Kennzeichenrechte gegen den Inhaber der Domain geltend.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab, das Rekursgericht bestätigte.

Der OGH weist den außerordentlichen Revisionsrekurs zurück. Der Bezeichnung „Music-Channel als Bestandteil der Marke „music-channel.cc fehlt es an Unterscheidungskraft und damit an Schutzfähigkeit. Die Bezeichnung ist rein beschreibend. Als rein beschreibend iSd § 4 Abs 1 Z 4 MSchG gelten Zeichen, deren Begriffsinhalt von den beteiligten Verkehrskreisen zwanglos und ohne komplizierte Schlussfolgerungen oder Gedankenoperationen erschlossen werden kann und die als beschreibender Hinweis auf die Art der Tätigkeit des betreffenden Unternehmens verstanden werden. Auch die im § 80 UrhG genannten Kennzeichen sind - wie alle gewerblichen Kennzeichen - nur geschützt, wenn sie kennzeichnungsfähig sind, ihnen also Unterscheidungskraft zukommt.

*****   Entscheidung   *****

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Prückner und Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** Verlagsgesellschaft mbH, *****, vertreten durch Korn Frauenberger Rechtsanwälte OEG in Wien, gegen die beklagte Partei J***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Andreas Manak, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung, Urteilsveröffentlichung und Feststellung (Streitwert im Sicherungsverfahren 35.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 9. Dezember 2002, GZ 4 R 177/02g-9, den

Beschluss

gefasst:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Als rein beschreibend iSd § 4 Abs 1 Z 4 MSchG gelten Zeichen, deren Begriffsinhalt von den beteiligten Verkehrskreisen zwanglos und ohne komplizierte Schlussfolgerungen oder Gedankenoperationen erschlossen werden kann und die als beschreibender Hinweis auf die Art der Tätigkeit des betreffenden Unternehmens verstanden werden (ÖBl 1998, 241 - jusline mwN; ÖBl-LS 01/95 - Dermanet; ecolex 2002, 266 [Schanda] = wbl 2002, 89 [Thiele] - Best Energy; 4 Ob 255/02g - mobile office). Enthält das Zeichen nur Andeutungen einer bestimmten Beschaffenheit, ohne die damit bezeichnete Ware oder Dienstleistung konkret oder umfassend zu beschreiben, ist es nicht rein beschreibend (vgl MR 1999, 354 - Wirtschaftswoche; ÖBl-LS 01/20 - E-MED = ecolex 2001, 127 [Schanda]; 4 Ob 237/01h = wbl 2002, 182 - drivecompany; wbl 2002, 183 - internetfactory; ÖBl-LS 02/163 - air...; OPM 4/01 - Holztherm; OPM 7/01 - DERMACURE). Abzustellen ist dabei auf das Verständnis der beteiligten Verkehrskreise, worunter - etwa bei seltenen Waren oder hochspezialisierten Dienstleistungen - auch nur bestimmte Fachkreise fallen können (ÖBl 1991, 32 - EXPO-Technik mwN; ÖBl 1998, 241 - jusline mwN). Ob ein Zeichen zur Bezeichnung bestimmter Gattungen von Waren oder Dienstleistungen im Verkehr allgemein gebräuchlich ist, ist eine Rechtsfrage, wenn zu ihrer Beurteilung die Erfahrungen des täglichen Lebens ausreichen (ÖBl 1991, 32 - EXPO-Technik mwN; 4 Ob 29/98p = ecolex 1998, 929); sie ist aber immer dann eine Tatfrage, wenn dies nicht der Fall ist (ÖBl-LS 02/163 - air...).

Ob ein Zeichen rein beschreibend ist, ob also die gewählte Wortverbindung in Bezug auf die damit beworbenen Waren und Dienstleistungen als normale Ausdrucksweise aufgefasst werden kann, um im üblichen Sprachgebrauch diese Ware oder Dienstleistung zu bezeichnen oder ihre wesentlichen Merkmale wiederzugeben, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, denen - vom Fall grober Fehlbeurteilung abgesehen - keine über diesen hinausgehende Bedeutung zukommt (4 Ob 255/02g - mobile office).

Bescheinigt ist, dass die Bezeichnung "Channel" im Internet-Bereich als gängiger Begriff für den Zugang zu bestimmten Informationen verwendet wird ("Web-Channel"), und dass für die Beschreibung von Musik-Inhalten im Zusammenhang mit Internet-Angeboten der Begriff "Music-Channel" gebräuchlich ist, indem eine große Anzahl von Internet-Plattformen und Websites als "Music-Channel" bezeichnet werden. Wenn das Rekursgericht unter diesen Umständen die Schutzfähigkeit des Bestandteils "Music Channel" der Marke "Music-Channel.cc" - an der die Klägerin die ausschließliche Lizenz besitzt - unter dem Gesichtspunkt mangelnder Deskriptivität verneint hat, liegt darin kein Rechtsirrtum.

Für die Beurteilung unter dem Gesichtspunkt eines urheberrechtlichen Titelschutzes gilt nichts anderes, sind doch auch die im § 80 UrhG genannten Kennzeichen - wie alle gewerblichen Kennzeichen - nur geschützt, wenn sie kennzeichnungsfähig sind, ihnen also Unterscheidungskraft zukommt (stRsp ua SZ 62/155 = ÖBl 1990, 138 - Take off; SZ 65/49 = ÖBl 1992, 75 - Servus Du; MR 1995, 188 - Österreichischer Juristenkalender), weil andernfalls keine Verwechslungsgefahr hervorgerufen werden kann. Diese Unterscheidungskraft fehlt insbesondere den Gattungstiteln (EB zum UrhG 1936, abgedruckt bei Ciresa, Urheberrecht, § 80 Rz 10). Es ist daher nicht weiter erheblich, ob das von der Klägerin geplante Internet-Portal ein urheberrechtlich geschütztes Werk ist oder ob die Beklagte das strittige Zeichen kennzeichenmäßig gebraucht.

Auch die Verneinung einer Verletzung des § 1 UWG begegnet keinen Bedenken: Die Klägerin berief sich insoweit auf den Bruch der zwischen den Streitteilen vereinbarten Vertraulichkeit. Mit der Verwendung des - bloß beschreibenden und demnach nicht unterscheidungskräftigen - Begriffs "music channel" hat die Beklagte aber keinerlei Mitteilungen über das seinerzeit geplante gemeinsame Projekt an die Öffentlichkeit getragen. Dass die Verwendung des Begriffs allein vertraglich ausgeschlossen worden wäre, ergibt sich aus den vorgelegten und vom Erstgericht festgestellten Vertraulichkeitserklärungen in keiner Weise.

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