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onlaw.co.at

OGH, Urteil vom 16.10.2001, 4 Ob 226/01s

MSchG § 4, UWG § 1, § 9

*****   Zusammenfassung   *****

Die Klägerin, ein Rechtsverlag, hat seit Frühjahr 2000 die Domain "onlaw.at" registriert und beabsichtigt dort eine Website zu rechtlichen Themen einzurichten; sie ist auch Lizenzinhaberin der Marke "onlaw". Die Beklagte, eine Rechtsanwältin, ließ im Juli 2000 die Domain "onlaw.co.at" für sich registrieren und richtete dort eine Website mit der Überschirft "onlaw austria" (Oesterreichisches Notariatsrecht) ein.

Das Erstgericht wies die Klage ab, das Berufungsgericht hob das Urteil auf.

Der OGH gibt dem Rekurs Folge und hebt den Aufhebungsbeschluss des OLG Linz auf und entscheidet in der Sache selbst und gibt der Unterlassungsklage im wesentlichen statt. Das aus den englischen Wörtern "on" und "law" neu gebildete Kunstwort "onlaw" sei eine eigenständige Wortschöpfung und kein rein beschreibendes Zeichen. Auch bei einer Kollision zwischen Domain und der besonderen Bezeichnung eines Unternehmens gilt der allgemeine Grundsatz des Zeitvorrangs. Die Berechtigung des Begehrens nach Urteilsveröffentlichung hängt davon ab, ob ein schutzwürdiges Interesse des Klägers an der Aufklärung des Publikums im begehrten Ausmaße besteht. Art und Umfang der Veröffentlichung müssen in angemessenem Verhältnis zur Wirkung des Wettbewerbsverstoßes stehen.

*****   Entscheidung   *****

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei (bisher:) O***** Verlags AG, ***** vertreten durch Hausmaninger Herbst Wietrzyk Rechtsanwälte-Gesellschaft mbH, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Mag. Ulrike K*****, Rechtsanwältin, ***** vertreten durch Haslinger/Nagele & Partner, Rechtsanwälte in Linz, wegen Unterlassung (Streitwert 90.000 S), Löschung (Streitwert 90.000 S), Feststellung (Streitwert 50.000 S) und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 90.000 S), infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 18. Mai 2001, GZ 4 R 57/01g-16, womit das Urteil des Landesgerichtes Wels vom 18. Jänner 2001, GZ 6 Cg 184/00s-8, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

I. Die Bezeichnung der klagenden Partei wird auf "Onlaw Internet-Technologie GmbH" berichtigt.

II. Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und in der Sache selbst dahin zu Recht erkannt, dass das Ersturteil wie folgt zu lauten hat:

  1. Die Beklagte ist schuldig, es ab sofort zu unterlassen, die Buchstabenkombination 'www.onlaw.co.at' im geschäftlichen Verkehr als Domain-Name im World Wide Web des Internet zu verwenden.
  2. Die Beklagte ist schuldig, in eine Löschung des zu ihren Gunsten bei nic.at Internet-Verwaltungs- und Betriebsgesellschaft mbH, 5020 Salzburg, Jakob-Harrin- ger-Straße 8, registrierten Domain-Namen 'www.onlaw.co.at' zugunsten der klagenden Partei einzuwilligen.
  3. Die klagende Partei wird ermächtigt, den stattgebenden Teil des Spruchs des über diese Klage ergehenden Urteils binnen sechs Monaten nach Rechtskraft auf Kosten der beklagten Partei in einer Ausgabe der Zeitschrift "homepages" im redaktionellen Teil in Normallettern, wie für redaktionelle Beiträge verwendet, mit Fettdruckumrandung, Fettdrucküberschrift sowie gesperrt und fettgedruckten Namen der Prozessparteien veröffentlichen zu lassen.
  4. Das Mehrbegehren, es werde mit Wirkung zwischen der klagenden Partei und der beklagten Partei festgestellt, dass der klagenden Partei aufgrund der rechtswidrigen Benutzung der Domain 'www.onlaw.co.at' durch die beklagte Partei Schadenersatzansprüche zustehen; die klagende Partei werde ermächtigt, den stattgebenden Teil des Spruchs des über diese Klage ergehenden Urteils auf Kosten der beklagten Partei je einmal in einer Sonntag-Ausgabe der Tageszeitungen "Neue Kronen Zeitung" und "Kurier" veröffentlichen zu lassen, wird abgewiesen.
  5. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 20.689 S (darin 2.682,50 S USt und 4.594 S Barauslagen) bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen.
  6. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 11.675,80 S bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung:

Zu 1.:

Die Klägerin hat im Zuge einer am 1. 8. 2001 beschlossenen Umwandlung gem §§ 239 ff AktG ihre Firma geändert. Ihre Parteibezeichnung war daher gem § 235 Abs 5 ZPO zu berichtigen (SZ 53/64; EvBl 1986/163; ecolex 1992, 243 uva).

Zu 2.:

Unternehmensgegenstand der am 15. 2. 2000 als O***** Verlags AG errichteten, seit 6. 4. 2000 im Firmenbuch eingetragenen Klägerin ist der Betrieb eines elektronischen Rechtsverlags - insbesondere im Bereich Rechtsinformation - unter Verwendung moderner Telekommunikationssysteme (Internet) und der Vertrieb von Rechtsinformationen über online-Dienste. Die Entwicklung des dafür notwendigen Systems ist derzeit noch nicht abgeschlossen, weshalb die anzubietenden Dienstleistungen im Internet noch nicht zur Verfügung gestellt werden; die Aufnahme des operativen Geschäftsbetriebs steht aber unmittelbar bevor.

Im Frühjahr 2000 hat die Klägerin den Domain-Namen "www.onlaw.at" für sich registrieren lassen und verwendet diesen auch im geschäftlichen Verkehr. So hat sie seit 10. 4. 2000 eine Homepage ins Internet gestellt, die vier Eier (derzeit mit der Jahreszahl 2001) und den Slogan "kein ei gleicht dem anderen" zeigt. Über ein Link ("wer gackert schon über ungelegte eier") gelangt man zu einer zweiten Seite mit dem Text: "Onlaw, der neue Weg zum Recht". Seit Herbst 2000 gibt es eine dritte Seite mit dem Impressum, das folgenden Wortlaut hat: "Die O***** Verlags AG, der erste ausschließlich online publizierende juristische Fachverlag Europas, wurde im Frühjahr 2000 von Kristin H***** und Lucas S***** gegründet. Um von Beginn an höchst mögliche juristische Kompetenz garantieren zu können, ist onlaw eine strategische Partnerschaft mit dem größten österreichischen Fachverlag eingegangen. onlaw stützt sich nicht alleine auf die Quantität von Information, sondern hat sich der Qualität des Wissens für den Praxisnutzen und der Rechtssicherheit verschrieben. onlaw wird mehr als nur ein Portal sein: onlaw wird Rechtswissen und Hilfe der kompetentesten Autoren so aufbereiten und anbieten, dass dem professionellen Rechtsanwender - tagesaktuell - eine dreidimensionale und vernetzte Abbildung des Wirtschafts- und Steuerrechts zur Verfügung steht. In Kürze wird sich Ihnen onlaw als tägliches "Arbeitswerkzeug" an dieser Stelle präsentieren. Wenn Sie vom Start von onlaw verständigt werden wollen, schreiben Sie an (...)

Das Zeichen "onlaw" ist seit 1. 1. 1999 beim Österreichischen Patentamt als Marke zugunsten der Markeninhaberin Dr. Kristin H***** für die Klassen 35, 38 und 42 (Werbung, Telekommunikation, Rechtsberatung) registriert. Die Markeninhaberin war (bis zur Umwandlung der Klägerin in eine GmbH) Vorstandsmitglied der Klägerin und hat dieser eine unentgeltliche Lizenz zur Nutzung ihrer Marke eingeräumt. Zwischen Frühjahr und August 2000 erschienen in fünf Zeitschriften (neben zwei kleinen Fachbroschüren auch im "Wirtschaftsblatt", im "Profil" und in "News") Artikel, die über die zunehmende Bedeutung von online abrufbaren Rechtsdatenbanken für Juristen berichteten und in denen jeweils auch - mit unterschiedlicher Intensität – die Klägerin genannt und ihre (beabsichtigte) Geschäftstätigkeit beschrieben wurde.

Die Beklagte ist Rechtsanwältin und Gesellschafterin einer Rechtsanwalts-KEG, deren zweiter Gesellschafter Rechtsanwalt Dr. Norbert G***** ist. Dr. G***** ist Aktionär und alleiniger Vorstand der J***** AG mit dem Sitz in Wien, die insbesondere einen online-Rechtsverlag betreibt und Internet-Dienstleistungen anbietet. Die Beklagte hat zu Beginn des Jahres 1999 von sich aus (und ohne eine Einflussnahme von oder Bezugnahme auf die J***** AG) die Idee gehabt, im Internet Informationen über das Österreichische Notariatsrecht anzubieten. Mitte des Jahres 1999 entstand die Vorstellung, für die Bezeichnung dieses Angebotes das Kunstwort "onlaw" zu verwenden, wobei "on" für "Österreichisches Notariatsrecht" stehen sollte.

Aus dieser Idee ergab sich die Internetadresse "www.onlaw.co.at", bei der sich die Beklagte auch an der früheren e-mail-Adresse ihrer Kanzlei orientiert hat, die "eclaw.co.at" lautete (es sollte einfach die Abkürzung "ec" für "european community" durch "on" ersetzt werden). Die Beklagte kannte damals weder die Klägerin noch die von dieser verwendete Marke "onlaw". Sie hat den Domain-Namen "onlaw.co.at" am 14. 7. 2000 für sich registrieren lassen. Die von der Beklagten ins Netz gestellte Homepage trägt die Überschrift "onlaw austria", darunter steht (in kleineren Buchstaben) "Österreichisches Notariatsrecht". Es folgen sieben Links mit den Bezeichnungen Notariatsordnung, Notariatstarifgesetz, Notariatsverzeichnis (via Notarkammer), Österreichische Notarkammer, Notarsvereinigungen im Ausland, Weitere Links, Impressum.

Die Klägerin begehrt mit ihrer auf § 43 ABGB, §§ 51 und 52 MSchG, §§ 1, 2 und 9 UWG gestützten Klage, die Beklagte schuldig zu erkennen, es zu unterlassen, die Buchstabenkombination "www.onlaw.co.at" im geschäftlichen Verkehr als Domain-Namen im World Wide Web des Internet zu verwenden und in die Löschung des zu ihren Gunsten bei nic.at I***** Betriebsgesellschaft mbH, ***** registrierten Domain-Namen "www.onlaw.co.at" einzuwilligen; die Klägerin begehrt weiters die Feststellung, dass ihr aufgrund der rechtswidrigen Benutzung des Domain-Namens "www.onlaw.co.at" durch die Beklagte Schadenersatzansprüche zustehen, sowie die Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung in zwei Tageszeitungen und einer Fachzeitschrift.

Die Beklagte gebrauche den Namen der Klägerin als Domain-Name ohne entsprechendes Namensrecht. Bei der registrierten Marke "onlaw" handle es sich um ein frei erfundenes, keiner Sprache angehörendes Phantasiewort mit Unterscheidungskraft. Die Marke habe Verkehrsgeltung erlangt. Die Klägerin habe ein berechtigtes Interesse an der (ausschließlichen) Benutzung des Domain-Namens "www.onlaw.at", die in einem inneren Zusammenhang mit ihrem Firmennamen und ihrem Leistungsangebot stehe. Die Beklagte versuche, den von der Klägerin erworbenen guten Ruf durch Verwendung desselben Domain-Namens planmäßig auszubeuten und habe die Registrierung ihres Domain-Namens ausschließlich in der Absicht vorgenommen, sie in der Erbringung ihrer Dienstleistungen zu behindern. Die Beklagte ziele bewusst darauf ab, die aufwendigen Bemühungen der Klägerin, die Bezeichnung für die eigene Tätigkeit im Verkehr durchzusetzen, zu sabotieren. Wenn auch der Klägerin bisher durch das rechtswidrige Handeln der Beklagten kein Schaden entstanden sei, sei doch ein zukünftiger Schadenseintritt möglich; die Klägerin habe daher ein rechtliches Interesse an der gerichtlichen Feststellung ihrer Schadenersatzansprüche gegen die Beklagte. In Anbetracht der engen Verbindung der Beklagten zur J***** AG, einer unmittelbaren Konkurrentin der Klägerin, habe die Klägerin berechtigtes Interesse an der Aufklärung der beteiligten Verkehrskreise durch Urteilsveröffentlichung.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. "onlaw" sei keine neue Wortschöpfung, habe nur beschreibenden Charakter und keine Unterscheidungskraft. Dies zeige schon der Umstand, dass eine Reihe von Registrierungen der Bezeichnung der Klägerin bei anderen Vergabestellen und zugunsten anderer Personen, etwa "onlaw.com", "onlaw.net" und "onlaw.de", bestünden. Verkehrsgeltung könne die Bezeichnung "onlaw" im Zusammenhang mit der Klägerin schon deshalb nicht erlangt haben, weil diese ihre eigentliche Geschäftstätigkeit noch nicht aufgenommen habe. Die Beklagte habe nicht zielgerichtet gegen die Klägerin gehandelt. Im Zeitpunkt ihrer Wahl des Domain-Namens habe sie weder von der Klägerin noch von deren Internet-Adresse Kenntnis gehabt. Die Klägerin sei aktiv nicht legitimiert, weil sie nur Lizenznehmerin sei und ihre Berechtigung zur Rechtsverfolgung aus dem Markenrecht nicht bewiesen sei. Die Beklagte habe ihr Informationsangebot unter dem strittigen Domain-Namen bisher nicht gezielt beworben; berechtigtes Interesse an einer Urteilsveröffentlichung bestehe daher - wenn überhaupt – nur gegenüber solchen Personen, die bisher auf die Homepage der Beklagten gestoßen seien, also vornehmlich Personen der Anwaltschaft oder aus rechtsberatenden Kreisen, in einem Fachmedium.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Der für die Klägerin registrierte Domain-Name sei dem für die Beklagte registrierten Domain-Namen nicht so ähnlich, dass die in Frage kommenden Verkehrskreise unter Berücksichtigung der spezifischen Gegebenheiten im Internet der Gefahr einer Verwechslung ausgesetzt wären. Der Zusatz "co." im Domain-Namen der Beklagten sei ausreichend unterscheidungskräftig. Mangels erwiesener Absicht der Beklagten, die Klägerin im Wettbewerb behindern zu wollen, könne dieser auch keine Sittenwidrigkeit im Sinn des § 1 UWG bei der Wahl ihres Domain-Namens vorgeworfen werden.

Das Berufungsgericht hob dieses Urteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück; es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 260.000 S übersteige und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof mangels Rechtsprechung zu einem vergleichbaren Sachverhalt zulässig sei. Der Unterschied zwischen dem Domain-Namen der Klägerin und jenem der Beklagten sei zu gering, als dass er zur Vermeidung einer wettbewerbsverzerrenden Ähnlichkeit ausreichte. Der Zusatz "co." im Domain-Namen der Beklagten sei eine Zeichenfolge, an der der Benutzer bloß erkennen könne, dass es sich um ein kommerzielles Unternehmen handle; dieser Zusatz genüge bei dem ähnlichen Unternehmensgegenstand der Streitteile zur Verhinderung zeichenrechtlicher Verwechslungsgefahr nicht.

Daraus folge allerdings noch nicht die Berechtigung des Klagebegehrens. Wer seine Leistungen nicht unter einer unterscheidungskräftigen Bezeichnung anbiete, sondern sich bloß auf eine den Inhalt beschreibende Darstellung beschränke, könne sich nicht dagegen wehren, dass auch Dritte sich einer derartigen beschreibenden Bezeichnung bedienten. Die Wortkombination "onlaw" löse bei den an die englische Sprache gewöhnten Internet-Benutzern, die an juristischer Information interessiert seien, zwangsläufig und ohne besondere Denkarbeit die Assoziation aus, "onlaw" ermögliche den Abruf von Informationen zum Thema Recht und Gesetz. Dass die beiden Wörter "on" und "law" zusammengeschrieben sind, führe zu keinem anderen Verständnis, dürften doch Domain-Namen keine Leerzeichen aufweisen.

Die unter diesem Begriff angekündigten Dienstleistungen der Klägerin, nämlich der Vertrieb von Rechtsinformationen über online-Dienste, würden damit ihrer Art nach hinreichend deutlich beschrieben, was die Registrierbarkeit des nur aus beschreibenden Wortteilen zusammengesetzten Begriffs erst im Fall der Verkehrsgeltung ermögliche. Die Klägerin könne daher für "onlaw" nur dann namens- und/oder kennzeichenrechtlichen Schutz beanspruchen, wenn die angesprochenen Verkehrskreise darin einen eindeutigen Hinweis auf das Unternehmen der Klägerin und nicht bloß eine Bezeichnung ihres Unternehmensgegenstandes erblickten. Feststellungen dazu fehlten. Dieser Mangel verhindere eine abschließende Entscheidung, weil das Klagebegehren auch aus keinem anderen Rechtsgrund als berechtigt erkannt werden könne. "Domain-Grabbing" könne der Beklagten nicht vorgeworfen werden, weil der festgestellte Sachverhalt keine Anhaltspunkte für eine Reservierung des Domain-Namens in Behinderungsabsicht biete. Das Erstgericht werde daher die zum Thema Verkehrsgeltung angebotenen Beweismittel aufzunehmen und danach zu beurteilen haben, ob die angesprochenen Verkehrskreise in dem Begriff "onlaw" einen eindeutigen Hinweis auf das Unternehmen der Klägerin erblickten.

Rechtssatz

Der Rekurs der Beklagten ist zulässig, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zu einem vergleichbaren Sachverhalt fehlt; auf Grund dieses Rechtsmittels ist infolge Entscheidungsreife in der Sache selbst zu entscheiden (§ 519 Abs 2 letzter Satz ZPO). Nach Ansicht der Beklagten sei dem Berufungsgericht darin zuzustimmen, dass "onlaw" für den Vertrieb von Rechtsinformationen über online-Dienste ein rein beschreibendes Zeichen sei; selbst unter der Annahme einer Verkehrsgeltung zugunsten der Klägerin beseitige aber der von der Beklagten verwendete Zusatz "co." die Verwechslungsgefahr. Zu beachten sei in diesem Zusammenhang der begrenzte Vorrat an tauglichen und merkfähigen Domain-Namen; dies sei den Internet-Nutzern auch bekannt, und sie seien deshalb daran gewöhnt, schon auf geringe Unterschiede bei Domain-Namen zu achten. Der Klägerin komme im Übrigen schon deshalb kein Kennzeichenschutz zugute, weil sie ihren Domain-Namen nicht entsprechend benutze (die Aufnahme des operativen Geschäftsbetriebs der Klägerin stehe ja erst bevor).

Dazu ist zu erwägen: Auch Bestandteile einer Firma sind als Firmenschlagwort zufolge der ihnen innewohnenden Namensfunktion schutzfähige Kennzeichen iSd § 9 Abs 1 UWG (Koppensteiner, Österreichisches und europäisches Wettbewerbsrecht3 § 29 Rz 20; ÖBl 1972, 68 - Metro II), wenn sie Unterscheidungskraft (Kennzeichnungskraft) besitzen, also etwas Besonderes, Individuelles an sich haben, das sich schon ihrer Art nach dazu eignet, ihren Träger von anderen Personen oder Unternehmen zu unterscheiden (ÖBl 1992, 54 - NEMSA mwN; ÖBl 1995, 219 – Klasse statt Masse).

Markenschutz kann für ohne Verkehrsgeltungsnachweis registrierte Wortmarken nur dann in Anspruch genommen werden, wenn es sich dabei um frei erfundene, keiner Sprache angehörige Phantasiewörter oder um ein Wort handelt, das zwar dem allgemeinen Sprachgebrauch angehört, mit der Ware oder Dienstleistung, für die es bestimmt ist, aber in keinem Zusammenhang steht (ÖBl 1998, 241 - jusline mwN). Beschreibenden Angaben kommt gem § 4 Abs 1 Z 4 und Abs 2 MSchG der durch Registrierung erworbene markenrechtliche Schutz nur dann zu, wenn das Zeichen Verkehrsgeltung erlangt hat (wbl 2001, 335 [Thiele] - Immobilienring.at mwN). Als rein beschreibend gelten Zeichen, deren Begriffsinhalt von den beteiligten Verkehrskreisen zwanglos und ohne komplizierte Schlussfolgerungen erschlossen werden kann und die als beschreibender Hinweis auf die Art der Tätigkeit des betreffenden Unternehmens verstanden werden (ÖBl 1998, 241 - jusline mwN).

Auch für die besondere Bezeichnung eines Unternehmens (§ 9 Abs 1 UWG) gelten die gleichen Grundsätze wie für Marken (vgl ÖBl 1959, 89 - Haus der Dame; ÖBl 1994, 85 - TÜV I ua). Auch hier kommt es darauf an, ob und in welchem Maß das verletzte Zeichen kennzeichnungskräftig ist (4 Ob 169/01h). Als Unternehmungsbezeichnungen sind demnach von Haus aus nicht schutzfähig reine Gattungsbezeichnungen - sofern sie nicht in einem ungebräuchlichen Sinn verwendet werden – und beschreibende Angaben (ÖBl 1996, 143 [Koppensteiner] - Plus). Gleiches gilt für Bestandteile einer Firma als Firmenschlagwort.

Das aus den englischen Wörtern "on" und "law" neu gebildete Kunstwort "onlaw" ist eine eigenständige Wortneuschöpfung und - entgegen der Auffassung der Beklagten und des Berufungsgerichts - kein rein beschreibendes Zeichen. Seine wörtliche Übersetzung ("über Recht") enthält nämlich noch keine Aussage über die Art der Dienstleistungen des so bezeichneten Unternehmens. Die (offenbar beabsichtigte) Assoziation zwischen "onlaw" und "online-law" - welches Wort als Hinweis auf über Internet angebotene juristische Informationen verstanden werden kann - liegt nicht auf der Hand, sondern bedarf einer gedanklichen Schlussfolgerung. "onlaw" ist demnach als Firmenschlagwort eines elektronischen Rechtsverlags, der Rechtsinformationen im Wege moderner Telekommunikationssysteme (Internet) und über online-Dienste vertreibt, ein originelles Zeichen mit starker Kennzeichnungskraft, das auch ohne Verkehrsgeltung unter den Schutz des § 9 Abs 1 UWG fällt.

Der erkennende Senat hat erst jüngst (4 Ob 73/01s = wbl 2001, 449 - pro-solution.at) insbesondere unter Berufung auf Fezer (Die Kennzeichenfunktion von Domainnamen, WRP 2000, 669 ff) und andere Lehrmeinungen ausgesprochen, dass zur Vermeidung einer unerträglichen Diskrepanz zwischen dem virtuellen und dem nicht-virtuellen Geschäftsverkehr die im allgemeinen Kennzeichenrecht entwickelten Grundsätze zur Verwechslungsgefahr auch bei der Beurteilung von Kollisionsfällen unter Beteiligung eines Domain-Namens oder zwischen mehreren Domain-Namen heranzuziehen sind.

Der aus einem geschützten Kennzeichen Berechtigte kann daher - bei Vorliegen der sonstigen Schutzvoraussetzungen - gegen den Inhaber eines Domain-Namens nicht nur bei vollständiger Zeichenidentität, sondern immer schon dann vorgehen, wenn der Domain-Name vom Kennzeichen einen so geringfügigen Abstand hält, dass Verwechslungsgefahr besteht. Die Gefahr einer Verwechslung geht nämlich über die Zeichenidentität hinaus. Im Verhältnis zwischen zwei Domain-Namen ist Zeichenidentität zwar technisch nicht möglich (weil sie sich ja auf Grund der technischen Vorgaben im Internet zwingend voneinander unterscheiden müssen), doch kann der Ähnlichkeitsbereich bereits dort beginnen, wo sich die Domain-Namen nur in einem einzigen Zeichen unterscheiden. Der Grad der Ähnlichkeit, ab dem eine Verwechslungsgefahr zu bejahen ist, kann naturgemäß nicht exakt festgelegt werden und hängt vom jeweiligen Einzelfall ab. Das bloße Einfügen eines Bindestrichs und das Austauschen eines einzigen Buchstabens, wenn es sich dabei um einen üblichen Tippfehler handelt, ist jedenfalls nicht geeignet, eine Ähnlichkeit auszuschließen.

Bedarf es demnach keiner originären domainrechtlichen Rechtskultur, weil Domain-Namen als Kennzeichen unter Anwendung des immaterialgüterrechtlichen Rechtsinstrumentariums in das Kennzeichenrecht zu integrieren sind (Fezer, Die Kennzeichenfunktion von Domainnamen, WRP 2000, 669 ff), ist den Argumenten der Beklagten, es gäbe nur einen begrenzten Vorrat an tauglichen und merkfähigen Domain-Namen, und Internet-Nutzer seien daran gewöhnt, schon auf geringe Unterschiede bei Domain-Namen zu achten, der Boden entzogen. Den Grundsätzen der Entscheidung 4 Ob 73/01s = wbl 2001, 449 - pro-solution.at folgend ist unter den hier vorliegenden Umständen des Einzelfalls dem Berufungsgerichts im Ergebnis darin zuzustimmen, dass die Zeichenfolge "co." im Domain-Namen der Beklagten - bei sonstiger Identität mit dem kollidierenden Firmenschlagwort der Klägerin und bei den nahezu identen Unternehmensgegenständen der Streitteile – zur Verhinderung zeichenrechtlicher Verwechslungsgefahr nicht ausreicht.

Auch bei einer Kollision zwischen Domain und der besonderen Bezeichnung eines Unternehmens gilt der allgemeine Grundsatz des Zeitvorrangs (WBl 2001, 449 - pro-solution.at). Dieser kommt hier der Klägerin zu; ihr Unterlassungs- und Löschungsbegehren erweist sich demnach schon jetzt im Lichte des § 9 Abs 1 UWG als berechtigt. Auf die der Klägerin als Lizenznehmerin der Marke "onlaw" zustehenden Rechte kommt es damit ebensowenig an wie auf die Frage der Verkehrsgeltung des verletzten Zeichens.

Das Feststellungsbegehren zielt auf eine Feststellung der Haftung der Beklagten für zukünftig entstehende Schäden, setzt demnach schuldhaftes Verhalten voraus. An einem solchen mangelt es aber nach den Feststellungen der Vorinstanzen, wonach die Beklagte den strittigen Domain-Namen von sich aus und ohne jede Einflussnahme durch oder Bezugnahme auf Dritte gewählt hat und (wie im Rahmen der Beweiswürdigung näher ausgeführt) damals weder die Klägerin noch die von ihr verwendete Marke kannte. Dieser Teil des Klagebegehrens ist demnach unberechtigt.

Die Urteilsveröffentlichung soll nach Lehre und ständiger Rechtsprechung eine durch den Wettbewerbsverstoß hervorgerufene unrichtige Meinung richtig stellen und verhindern, dass diese Meinung weiter um sich greift; sie dient der Aufklärung des Publikums über einen bestimmten Gesetzesverstoß, der auch in Zukunft noch nachteilige Auswirkungen besorgen lässt. Normzweck ist demnach das Bedürfnis, den entstandenen Schaden gutzumachen und den Verletzten vor weiteren Nachteilen zu bewahren, nicht hingegen die Bestrafung des Verletzers (Ciresa, Handbuch der Urteilsveröffentlichung**2 Rz 51 ff mwN zur Rsp; Koppensteiner, Österreichisches und europäisches Wettbewerbsrecht3 § 34 Rz 18 ff; ÖBl 1992, 21 - Bausparer-Werbung mwN; ÖBl 1993, 212 - Ringe uva).

Der Anspruch auf Urteilsveröffentlichung ist ein von einer urteilsmäßigen Entscheidung über das Unterlassungsbegehren oder Beseitigungsbegehren des Klägers abhängiger Nebenanspruch (Schönherr, Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Rz 577.2; SZ 52/94 = ÖBl 1980, 7 - Das beste Kräutershampoo Österreichs; ÖBl 1980, 47 - K-WM-Farbförderungen). Das Gericht hat nach pflichtgemäßem Ermessen zu beurteilen, ob die besonderen Umstände des Einzelfalls, die zu beweisen dem Kläger obliegen (stRsp ÖBl 1980, 73 - Nerzölcreme "Mona Lisa" mwN), insbesondere ein berücksichtigungswürdiges Interesse der siegreichen Partei, das Veröffentlichungsbegehren rechtfertigen (ÖBl 1984, 81 - Rabattgewährung an Testkäufer mwN).

Die Klägerin hat zur Berechtigung des Veröffentlichungsbegehrens allein auf ihr Interesse verwiesen, die beteiligten Verkehrskreise darüber aufzuklären, dass der beanspruchte Domain-Name zukünftig ihr und nicht der Beklagten (die in einer Nahebeziehung zu ihrer Mitbewerberin J***** AG steht) zustehe; ein solches Interesse kann ihr auch nicht abgesprochen werden. Dass aber ein unzutreffender Eindruck über wirtschaftliche Zusammenhänge zwischen den Streitteilen in weiten Kreisen der österreichischen Bevölkerung entstanden sei, wurde weder behauptet, noch ist solches erkennbar. Dem Aufklärungsbedürfnis der Klägerin wird daher bereits mit Urteilsveröffentlichung in einer inländischen Fachzeitschrift ausreichend Rechnung getragen; weiterer Parallelveröffentlichungen in Tageszeitungen bedarf es unter diesen Umständen nicht.

Der Oberste Gerichtshof kann gem § 519 Abs 2 letzter Satz ZPO über einen Rekurs gegen einen Beschluss des Berufungsgerichtes nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO durch Urteil in der Sache selbst erkennen, wenn die Sache zur Entscheidung reif ist. Dies ist - wie zuvor ausgeführt - hier der Fall. Infolge Rekurses der Beklagten ist daher der angefochtene Beschluss aufzuheben und in der Sache selbst im Sinn der teilweisen Stattgebung des Klagebegehrens zu erkennen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 43 Abs 1, § 50 Abs 1 ZPO. Die Klägerin hat mit dem Unterlassungs- und Beseitigungsbegehren zur Gänze, mit dem Veröffentlichungsbegehren zu einem Drittel, insgesamt demnach mit rund zwei Drittel ihres Begehrens, obsiegt. Sie erhält ein Drittel ihrer Prozesskosten aller Instanzen zuzüglich zwei Drittel der Pauschalgebühren erster und zweiter Instanz, gekürzt um ein Drittel der Pauschalgebühr dritter Instanz.

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